Der verstorbene belarussische Außenminister Wladimir Makei (Foto RIA Novosti, 26.11.2022)

Kant, Fukuyama, Makei und der Krieg in der Ukraine

(Red.) Am vergangenen Samstag starb völlig überraschend der Außenminister der Republik Belarus, der 64-jährige Wladimir Makei, offiziellen Angaben zufolge an einem Herzinfarkt (1). Natürlich schossen sofort Spekulationen über einen unnatürlichen Tod Makeis ins Kraut (2). In diesen Tagen hätte Makei am jährlich stattfindenden Ministerrat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE teilnehmen sollen. – Nachdem Globalbridge.ch am vergangenen Montag Wladimir Makeis letzten eigenen Artikel in deutscher Übersetzung publiziert hat, wirft Ralph Bossart nun einen genaueren Blick auf diese für Osteuropa äusserst wichtige Persönlichkeit.

Nachdem er von 2008 bis 2012 als Leiter der Präsidialadministration der Republik Belarus gedient hatte, wurde Wladimir Makei im Jahr 2012 zum Außenminister seines Landes ernannt. Unter der Devise der „multivektoralen Außenpolitik“ leitete Makei eine Tauwetterperiode in den Beziehungen zwischen Minsk und dem Westen ein, in deren Verlauf er die Aufhebung des Gros der westlichen Sanktionen gegen sein Land zu erwirken vermochte. Er selbst erklärte in regelmäßigen Abständen, dass diese Annäherung ohne Diktat und Druck erfolgen müsse (3).

Im Jahr 2013 stellte Wladimir Makei gar eine 180-Grad-Wende in der Außenpolitik seines Landes in Aussicht: Belarus könne die Integration in die Europäische Union einleiten, ohne aber aus der Allianz mit Russland auszuscheren (4). Das geschah zu einem Zeitpunkt, als man auch in Kiew noch glaubte, die Rolle eines Brückenbauers zwischen Ost und West spielen und gleichzeitig gute Beziehungen zu Brüssel und Moskau aufrechterhalten zu können. Der Umsturz in der Ukraine nach den Protesten auf dem Maidan Nezalezhnosti in Kiew im Jahr 2014 setzte auch diesen Träumen ein Ende. 

Angesichts der landesweiten Proteste nach der Präsidentschaftswahl in Belarus im August 2020 erklärte Makei, dass das Land Veränderungen brauche, aber nicht durch Revolutionen. Im Nachgang der Unruhen leitete Makei eine Säuberungsaktion im belarussischen Außenministerium ein, als er die Mitarbeiter des Ministeriums aufforderte, entweder der Regierungspolitik zuzustimmen, oder aber ihre Plätze zu räumen (5). Noch weiter ging er im November 2020 als er damit drohte, die Zusammenarbeit mit dem Europarat einzustellen und die diplomatischen Beziehungen zur Europäischen Union abzubrechen, falls erneut Sanktionen verhängt würden (6). 

In seiner Rede vor der alljährlich stattfindenden Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York machte Makei im vergangenen September den kollektiven Westen mitverantwortlich für den Krieg in der Ukraine und lehnte dessen Führungsanspruch in der Weltpolitik ab (7).  

Kurswechsel?

Wie aber ist der vermeintliche Kurswechsel von Wladimir Makei nach 2020 zu erklären? Im kurz vor seinem Tod erschienenen Artikel „Liberal International Order: Can It Be Saved in Today’s Non-Hegemonic World?“ wies sich Makei als Kenner europäischer Geistesgeschichte aus und ließ uns tief in seine Geisteshaltung blicken, die für weite Kreise auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nicht untypisch sein dürfte (8). Die Kenntnis dieser Geisteshaltung erlaubt es uns, gewisse Verhaltensweisen der Länder des Ostens in der Vergangenheit nachzuvollziehen und in einem gewissen Maß ihre Handlungen in der Zukunft zu antizipieren. Wie man diese Handlungen werten will, ist eine andere Frage. Es geht hier deshalb nicht darum zu entscheiden, ob Makei nun recht oder unrecht hatte, sondern zu erkennen, dass auch die, im Konflikt mit dem Westen befindliche östliche Seite ihre Handlungen auf rationale Überlegungen abstützt, mit denen man sich vertraut machen sollte, bevor man sich in einen Atomkrieg stürzt. 

Der „demokratische Friede“ – Krieg um des Friedens willen?

Anlässlich der erwähnten Rede vor der UN-Generalversammlung verortete Makei die wahren Ursachen des aktuellen Kriegs in der Ukraine im geopolitischen Chaos, das beim Zerfall der Sowjetunion vor 30 Jahren entstanden sei. Heute müssen wir uns fragen, ob es dem Westen 1991 an Ideen für die Gestaltung der Zukunft nach dem Zerfall des kommunistischen Blocks fehlte. 

Mit der Bemerkung, die Geschichte habe kein Ende, wie in den Neunzigerjahren noch gedacht, nahm Makei Bezug auf die Theorien des US-amerikanischen Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama, der in seinem Artikel „The End of History“ und in seinem Buch „The End of History and the Last Man“ das Ende der Geschichte prophezeit hatte, insoweit diese aus einer Abfolge von Kriegen, Rivalität und Konfrontation bestehe. Fukuyamas Theorien stießen schon damals auf Kritik (9). Auch Fukuyama selbst musste inzwischen zugeben, dass der rasante wirtschaftliche Aufstieg der autoritär geführten Volksrepublik China seinen Theorien widerspreche (10). Der Glaube an das Ende der Geschichte basiert auf ideologischen Überzeugungen von Liberalen. Insofern ist ein neuer ideologischer Gegensatz entstanden, der nicht primär wirtschaftlich bedingt ist – d.h. dem Gegensatz zwischen Markt- und Planwirtschaft – sondern politisch. 

Trotz aller Kritik an den Thesen Fukuyamas machte der Westen sich daran, diese umzusetzen, denn man sah den Zerfall des kommunistischen Blocks als Höhepunkt des „American Century“ (11) und als Gelegenheit, die Theorie des „demokratischen Friedens“ in die Tat umzusetzen. Diese Theorie fußt wesentlich auf Immanuel Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ und besagt, dass politische Gebilde, in denen der Wille der Bevölkerung relevant sei, friedlicher seien, als Monarchien, in denen sich die Herrschenden für Krieg und den daraus resultierenden Verlust an Menschenleben und Vermögen nicht zu rechtfertigen brauchten. Diese Theorie ist aber nicht ganz unumstritten (12). 

Mangels demokratischer Legitimation rechtfertigen Autokraten heutzutage ihre Herrschaft oftmals mit den Erfolgen, die ihre Politik erzielt. Der Verlust von Menschenleben und Volksvermögen in großem Ausmaß lässt sich in der heutigen Informationsgesellschaft weder geheim halten noch als Erfolg verkaufen. Hierin liegt ein begrenzendes Moment, das Autokraten zuweilen davor zurückschrecken lässt, beim geringsten Anlass zur Waffe zu greifen. Insofern kommt man nicht umhin, Makei zuzustimmen, wenn er sagt, dass das von Kant generierte Bild der Konfrontation von Demokratien mit Autokratien der Komplexität der heutigen Welt nicht gerecht werde (13). Insbesondere der Versuch, die zahlreichen Konflikte auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion mit der unvollständigen Demokratisierung der Mehrzahl ihrer ehemaligen Teilrepubliken zu begründen, dürfte zu wenig weit greifen.

Nicht zu vergessen ist auch die unterschiedliche Einstellung gegenüber militärischer Gewaltanwendung in der damaligen und der heutigen Zeit. Zur Zeit Kants war diese eine rechtspositivistische: Der Monarch als Inhaber der höchsten Rechtsbefugnisse im Land hatte in Konflikten die Wahlfreiheit zwischen Verhandlungen und militärischer Gewaltanwendung. Schon nach den Verheerungen des Ersten Weltkriegs waren die Zeitgenossen nicht mehr dieser Auffassung, wie der Briand-Kellog-Pakt von 1928 zeigte (14). Nach dem noch verheerenderen Zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg, in welchem das Überleben der Menschheit als Ganzes auf dem Spiel stand, lehnen wir heute eine solche Wahlfreiheit gänzlich ab. 

Ganz sicher geht es zu weit, Kants Theorien als Rechtfertigung für die Verbreitung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten mit Feuer und Schwert heranzuziehen, zumal Kant in erster Linie wohl in Monarchien die wahrscheinlichsten Aggressoren erblickte. Selbst demokratisch bemäntelte Interventionen stießen in jüngster Zeit auch in nicht-demokratischen Gesellschaften auf Widerstand, wie beispielsweise der Krieg in Afghanistan zeigte. Ferner bleibt bei solchen Interventionen immer der Verdacht, dass die Wahl der Aggressionsobjekte, gegen welche der kollektive Westen gerade vorgehen will, eher geopolitischen oder geoökonomischen Kriterien gehorche, als Kriterien von Demokratie, Menschenrechten oder Rechtsstaatlichkeit. Das Ganze soll uns dann unter dem Label des Kampfs des Guten gegen das Böse verkauft werden 

Den verschiedenen Demokratie-Indizes zufolge sind längst nicht alle Staaten der Erde vollständige Demokratien. Genau genommen umfasst diese Gruppe eine Minderheit der Staaten weltweit und selbst die USA gelten nicht immer als vollständig demokratisch (15). Allein daraus wird klar, dass der Führungsanspruch der USA, den gerade die Administration Biden wieder erhob, eher mit den Ressourcen des Landes begründet ist, als mit der Qualität der dortigen Demokratie. Wenn die circa 30 vollständig demokratischen Staaten der Erde permanent den Rest bekämpfen, dann resultiert ein globales Catch-As-Catch-Can: ein Ringen ohne Regeln. Es würde dem Geist Kants widersprechen, wenn die selbsternannten Hüter der Demokratie nach Belieben jene angreifen, die als etwas weniger demokratisch gelten. 

Führungsanspruch des Westens

In seinem Artikel definierte Makei seine Vorstellungen einer internationalen Ordnung, die er eher als informellen Mechanismus betrachtet denn als Regelwerk, das von selbsternannten Führungsmächten erstellt wurde. In der Tat wurde die liberale internationale Ordnung LIO am Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Basis der Werte und der Interessen der USA aufgebaut. Der Begriff des „American Century“ kommt nicht von ungefähr.

Als Ursprung der heutigen Weltordnung sieht Makei aber vor allem den Westfälischen Frieden von 1648, welcher dem Dreißigjährigen Krieg ein Ende setzte. In diesem verzichteten die Kriegsparteien auf Eingriffe in die inneren Angelegenheiten der ehemaligen Gegner. Damals ging es natürlich in erster Linie um die Religionszugehörigkeit der Untertanen. 

Vielsagend ist auch der Hinweis Makeis auf den Wiener Kongress von 1815, dem es gelungen sei, die ehemaligen Gegner in ein System internationaler Sicherheit zu integrieren, das über Jahrzehnte Bestand gehabt habe. Tatsächlich ging der Wiener Kongress weit über die Rückgängigmachung der Eroberungen des revolutionären und napoleonischen Frankreichs hinaus, indem er Frankreich wieder in das Konzert der Großmächte aufnahm und das auf Gleichgewicht ausgerichtete System der Pentarchie schuf. 

Ein ungerechter und für eine Seite erniedrigender Friede – so Makei – trage den Samen für neue Konflikte in sich. Nach 1990 hätten die selbsternannten Sieger des Kalten Kriegs aber den Mechanismus von 1919 gewählt. Auf die negativen Folgen des Versailler Friedens von 1919 muss man wohl kaum eigens hinweisen. Nach 1991 hätten die neuen unabhängigen Republiken der ehemaligen Sowjetunion keine andere Wahl gehabt, als zu neuen Satelliten des Westens zu werden. Heute träfen unvereinbare Vorstellungen einer konzentrischen, westlich geprägten und einer polyzentrischen Welt ohne Kontrollzentrum aufeinander (16).

Gerade diejenigen Länder, die in der Vergangenheit bei ihrem Kampf um Unabhängigkeit von den Kolonialmächten auf die Unterstützung der Sowjetunion bauen durften, sind heute nicht geneigt, sich um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte willen dem Willen Washingtons oder Brüssels unterzuordnen. Und die unabhängigen Republiken, die nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden, sind nicht bereit, die Weisungen Brüssels entgegenzunehmen, nachdem sie sich 1991 aus der Bevormundung Moskaus lösen konnten. Alle diese Länder sind als potenzielle Unterstützer Russlands und Chinas anzusehen, wenn diese sich als Verfechter einer multipolaren Welt zu profilieren suchen. Zu diesen Ländern zählt auch die Republik Belarus – unabhängig davon, ob deren Staatspräsident Alexander Lukaschenko heißt oder anders. Die Administration Biden kalkulierte möglicherweise nicht mit ein, dass die weniger demokratischen Staaten der Erde auf westliche Blockbildung ihrerseits mit Blockbildung reagieren würden. Hier zeigt sich, dass die selbsternannten Gewinner des Kalten Kriegs nicht genug aus der Vergangenheit gelernt haben (17).

Und der Westen lernte in einem Vierteljahrhundert auch nicht dazu: Im Jahr 2016 bot Makei anlässlich des OSZE-Außenministerrats in Hamburg an, in Minsk eine Plattform für offene Gespräche zwischen Vertretern westlicher Länder, Russlands und Chinas über die Ursachen der Krise in den internationalen Beziehungen zu schaffen (18). Der Vorschlag wurde ebenso wenig angenommen wie 2009 der Vorschlag Russlands für einen europäischen Sicherheitsvertrag und der belarussische Vorschlag für einen globalen Sicherheitsvertrag von 2017 (19). 

In New York forderte Makei ein umfassendes Friedensabkommen im Geist von San Francisco (d.h. der Gründung der Vereinten Nationen 1945), in welchem die Bewegung der Non-Aligned-States und die BRICS einen angemessenen Platz finden müssten (20). Das ist bemerkenswert, denn es ist kaum anzunehmen, dass der russische Außenminister Sergej Lawrow vor dem Hintergrund des eigentlichen Stellvertreterkriegs, der momentan in der Ukraine in Gang ist, solches gefordert hätte. Das wäre ihm in einer Atmosphäre, in welcher Verhandlungsangebote als Schwächezeichen interpretiert werden, sofort als Kapitulation ausgelegt worden. Offenbar ist aber die belarussische Seite durchaus bereit, die Ordnung von San Francisco von 1945 zu bewahren, während viele westliche Experten diese schon als unrettbar betrachten. Eine solche Neuauflage dürfe allerdings nicht unbestritten zu den Konditionen des Westens erfolgen, sondern müsse die Interessen einer Mehrheit von Staaten, die sich nicht dem Westen zuordnen lassen wollen, berücksichtigen, forderte Makei: Ordnung ja, Gehorsam nein (21). 

Liberale Wirtschaftsordnung und Wirtschafssanktionen

In wirtschaftlicher Hinsicht, so räumte Makei ein, habe die liberale internationale Ordnung LIO den Entwicklungsländern durchaus einen Vorteil gebracht, weil weltweit tätige Wirtschaftsunternehmen die Produktion von Gütern weitgehend in Länder verlegt hätten, in denen der Faktor Arbeit kostengünstiger sei, als in den Industrienationen. Die der liberalen Wirtschaftsordnung inhärente Problematik des Entstehens sozialer Ungleichheit habe der Kommunismus zu überwinden versucht. Heute verfolge der Westen durch seine Wirtschaftssanktionen eine Strategie, die auf Hungerrevolten in den Zielländern setze. Kuba aber habe sechs Jahrzehnten westlicher Sanktionen widerstanden (22).

Eine derartige Strategie kommt einer Erniedrigung der Bevölkerung in all jenen Ländern gleich, in denen „Farbige Revolutionen“ mit Wirtschaftssanktionen kombiniert werden. Die liberale Weltwirtschaftsordnung wird uns immer dann in Erinnerung gerufen, wenn es westlichen Ländern zum Vorteil gereicht. Auf der anderen Seite mindert der Westen mit seinen inflationär zunehmenden Wirtschaftssanktionen die Attraktivität der liberalen Wirtschaftsordnung selbst. 

Makeis Vermächtnis

Die in seiner Rede in New York und seinem letzten Artikel vorgebrachte Kritik Makeis am Westen beinhaltet Hinweise auf eine mögliche Ordnung für die Zukunft. 

In politischer und wirtschaftlicher Hinsicht erscheint vielen der nicht-demokratischen Regierungen der Welt der „chinesische Weg“ attraktiver als der russische Weg der Neunzigerjahre, als kommunistische Funktionäre sich flugs zu Geschäftsleuten wandelten und die sowjetische bzw. russische Wirtshaft nach Belieben plünderten. Die Rubel- und Wirtschaftskrise in Russland 1998 war sicherlich auch Wladimir Makei in ebenso lebhafter Erinnerung wie vielen seiner Landsleute. Diese Klientel wird eine gewisse politische und wirtschaftliche Stagnation einem Experiment nach Art der Ukraine voraussichtlich vorziehen. 

Seit 2020 steht insbesondere Belarus vor einem Scheideweg: Soll es seine Wirtschaft liberalisieren, auf die Gefahr hin, dass wie im Russland der Neunzigerjahre alle noch rentablen Staatsbetriebe für einen Spottpreis an ausländische Investoren verscherbelt werden, die bis dato schon genug in die „Demokratie“ im Land investiert haben? Oder soll es auf dem aktuellen Stand verharren? Eine Entwicklung wie in der Ukraine wird wohl den wenigsten Menschen in Belarus als Vorbild vorschweben.

Die wenigsten Länder der ehemaligen Sowjetunion haben eine Tradition westlicher Demokratie und sie sind auf dem Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterschiedlich weit vorangeschritten. Es ist verständlich, dass sich diese Länder nicht ständig mit der Nase auf ihr Demokratiedefizit stoßen lassen wollen. Insofern hat jedes Land Anrecht auf seinen eigenen Weg. Der Westen wird lernen müssen, mit etwas weniger demokratischen Ländern der Welt adäquat umzugehen. 

Heute fragt sich, ob die Entourage Bidens und die Fraktion der Demokratischen Partei in den USA bereit sind, ihr nach 1991 aufgebautes Imperium ebenso gewaltlos preiszugeben, wie es seinerzeit Michail Gorbatschow mit dem Sowjetimperium tat. 

Meinungen in Beiträgen auf Globalbridge.ch entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Autor: Ralph Bosshard studierte Allgemeine Geschichte, osteuropäische Geschichte und Militärgeschichte, absolvierte die Militärische Führungsschule der ETH Zürich sowie die Generalstabsausbildung der Schweizer Armee und arbeitete 25 Jahre als Berufsoffizier (Instruktor). Er absolvierte eine Sprachausbildung in Russisch an der Staatlichen Universität Moskau sowie eine Ausbildung an der Militärakademie des Generalstabs der russischen Armee. Mit der Lage in Osteuropa und Zentralasien ist er aus seiner sechsjährigen Tätigkeit bei der OSZE vertraut, in der er als Sonderberater des Ständigen Vertreters der Schweiz und Operationsoffizier in der Hochrangigen Planungsgruppe tätig war.

Anmerkungen: 

  1. Belarussisch Uladzimir Makei. Sein Lebenslauf findet sich auf der Homepage des belarussischen Außenministeriums https://mfa.gov.by/en/ministry/senior_staff/. Siehe „СМИ: причиной смерти Макея стал инфаркт“, bei Argumenti i Fakti AIF.ru, 26.11.2022, online unter https://aif.ru/politics/smi_prichinoy_smerti_makeya_stal_infarkt
  2. Vgl. „Смерць Макея: рука Масквы, помста Лукашэнкі ці проста інфаркт?“, bei Nasha Niva, 26.11.2022, online unter https://nashaniva.com/304053. Der Berater des ukrainischen Innenministers Anton Gerashchenko twitterte, dass Makei vergiftet worden sei. Gerashchenko betrachtete ihn als einen der wenigen belarussischen Beamten, die nicht unter russischem Einfluss standen und sah ihn schon als möglichen Nachfolger von Staatspräsident Lukaschenko. Siehe Twitter: https://twitter.com/gerashchenko_en/status/1596524311275503616.
  3. Siehe „Налаживал отношения с Западом, устраивал праздники вышиванки и оправдывал репрессии. Чем запомнится глава МИД Владимир Макей“ bei Зеркало, 26.11.2022, online unter https://news.zerkalo.io/economics/27011.html. Der Artikel bei Wikipedia.ru basiert im Wesentlichen auf diesem Beitrag.
  4. Ebd.
  5. Siehe „Два сотрудника МИД Белоруссии поддержали протестующих“, bei Lenta.ru, 17.08.2020, online unter https://lenta.ru/news/2020/08/17/bel_mid/
  6. Siehe „Макей: Беларусь готова прекратить любое сотрудничество с Советом Европы“, bei Nasha Niva, 26.11.2020, online unter https://nashaniva.com/?c=ar&i=263728&lang=ru und „Макей пригрозил разрывом дипотношений в качестве крайней меры при введении Евросоюзом санкций“, bei Tut.by, 18.09.2020, online unter https://web.archive.org/web/20201128093449/https://news.tut.by/economics/701019.html
  7. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei at the 77th Session of the UN General Assembly (September, 2022), in englischer Übersetzung online unter https://mfa.gov.by/en/press/video/e7217c2af0410e89.html, russisch unter https://mfa.gov.by/press/video/f8e9cf64af0339d0.html.
  8. Siehe Vladimir Makei: Liberal International Order: Can It Be Saved in Today’s Non-Hegemonic World?, bei: Russia in Global Affaitrs, 10.11.2022, online unter https://eng.globalaffairs.ru/articles/liberal-international-order/, eine deutsche Übersetzung findet sich bei GlobalBridge: „Vladimir Makei, der weissrussische Aussenminister, wusste, wovon er sprach“, 27.11.2022, online unter https://globalbridge.ch/vladimir-makei-der-weissrussische-aussenminister-wusste-wovon-er-sprach/
  9. Eine Zusammenfassung der Kritik durch Stefan Jordan: Francis Fukuyama und das „Ende der Geschichte“, Version 1.0, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), H. 1, S. 159-163, online unter https://docupedia.de/images/f/fd/Fukuyama,_Ende_der_Geschichte.pdf
  10. Siehe das Interview von Michael Thumann und Thomas Assheuer mit Francis Fukuyama: „Demokratie stiftet keine Identität“, ist das Modell des Westens am Ende? Ein Gespräch mit dem amerikanischen Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, bei Zeit Online, 17.03.2016, online unter https://www.zeit.de/2016/13/francis-fukuyama-politikwissenschaftler-populismus-usa/komplettansicht.
  11. Vgl. hierzu Paul Kennedy: Das Jahrhundert der Imperien, 1. Supermacht USA, in: Der Spiegel 46/1998, 08.11.1998, online unter https://www.spiegel.de/politik/supermacht-usa-a-87618b7b-0002-0001-0000-000008030968?context=issue
  12. Zur Kritik daran siehe Matthew White: Democracies Do Not Make War on One Another …or Do They? online unter http://users.erols.com/mwhite28/demowar.htm
  13. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei at the 77th Session of the UN General Assembly, a.a.O.
  14. Englischer Text des Pakts auf der Webseite der Yale-Universität, online unter https://avalon.law.yale.edu/20th_century/kbpact.asp, deutsche Übersetzung: „Briand-Kellogg-Pakt 1928 – Materialien zum Völkerstrafrecht“, auf der Website der Juristischen Fakultät an der Ludwig-Maximilians-Universität München, online unter https://www.jura.uni-uenchen.de/fakultaet/lehrstuehle/satzger/materialien/kellogg1928d.pdf
  15. Gemäß dem Demokratie-Ranking der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, online unter https://www.demokratiematrix.de/ranking, gibt es weltweit 35 funktionierende Demokratien. Vgl. René Bocksch: Der Stand der Demokratie, basierend auf dem Economist Democracy Index, 11.02.2022, online unter https://de.statista.com/infografik/20599/economist-democracy-index/. Gemäß der Economist Intelligence Unit sogar nur deren 20. Siehe Economist Intelligence UnitDemocracy Index 2021: the China challenge, online unter https://www.eiu.com/n/campaigns/democracy-index-2021/. Der Freedom Index des Freedom House:  Freedom in the World, online unter https://freedomhouse.org/report/freedom-world. Zu Demokratie-Indizes allgemein siehe Demokratie­Barometer: Die Ratingagenturen politischer Systeme, bei: Addendum, 18.10.2017, online bei https://www.addendum.org/demokratie/demokratie-barometer/. Vgl. auch Hauke Hartmann, Peter Thiery: BTI Transformation Index, Globale Ergebnisse, Abnehmende Resilienz, bei: Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2022, online unter https://bti-project.org/fileadmin/api/content/de/downloads/BTI_2022_Globale_Ergebnisse_DE.pdf. Eine gewisse Vorsicht im Umgang mit solchen Indizes ist folglich angebracht. 
  16. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei, a.a.O.
  17. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei, a.a.O., Minuten 3 – 5.
  18. Siehe „Налаживал отношения с Западом, устраивал праздники вышиванки и оправдывал репрессии. Чем запомнится глава МИД Владимир Макей“ bei Зеркало, 26.11.2022, online unter https://news.zerkalo.io/economics/27011.html
  19. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei, a.a.O.
  20. Siehe Makei: Liberal International Order, a.a.O.
  21. Eigentlich widerspricht die sicherheitspolitische Tätigkeit einer supranationalen Organisation wie der EU einer der Hauptforderungen Kants, wonach das Völkerrecht auf einem Föderalismus freier Staaten gegründet sein solle. Vgl. Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden. Mit den Passagen zum Völkerrecht und Weltbürgerrecht aus Kants Rechtslehre. Kommentar von Oliver Eberl und Peter Niesen, Frankfurt/M. 2011, S. 237.
  22. Siehe Statement by Foreign Minister Vladimir Makei, a.a.O., Minute 10f.