Zum heutigen 75-Jahr-Jubiläum ist natürlich auch der US-Außenminister Antony Blinken im NATO-Hauptquartier eingetroffen, hier gezielt fotografiert beim Gruß mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (Foto NATO)

4.4.2024: Heute vor 75 Jahren wurde die NATO geschaffen.

Am 4. April 1949, knapp vier Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, haben die westlichen Alliierten – konkret die zehn Länder Belgien, Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, United Kingdom (Großbritannien) und die USA – ein Militärbündnis geschlossen: die NATO, die «North Atlantic Treaty Organization». Die damals verantwortlichen Staatsmänner und Politiker wussten, dass es die Truppen der Sowjetunion waren, die die Truppen der deutschen Wehrmacht besiegt hatten und damit die Wende im Krieg zuungunsten der Deutschen geschafft hatten. Und natürlich hatten die westlichen Alliierten Angst, dass der siegreiche Diktator der Sowjetunion, Josef Stalin, auf die Idee kommen könnte, noch über Berlin hinaus nach Westen vorzurücken und auch die westeuropäischen Länder zu erobern und damit auch Großbritannien und die beiden nordamerikanischen Staaten USA und Kanada zu schwächen. Und natürlich hatte man Angst, dass sich damit auch der Kommunismus weiterverbreiten könnte. Kernpunkt des Bündnisses war, dass wenn ein Mitgliedsland militärisch von außen angegriffen wird, die anderen Bündnismitglieder ihm zu Hilfe eilen müssen.

Wie weit schon damals das Ziel der NATO war, die Sowjetunion aktiv zu schädigen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Es dürften auch nicht alle zehn Gründungsmitglieder die gleiche Absicht gehabt zu haben. Es fehlt uns der Raum, hier ins Detail zu gehen. (Die Headline wurde deshalb geändert, Red.)

Politisch und militärisch interessant wurde die NATO aber vor allem 1955, als die Bundesrepublik Deutschland der NATO beitrat, also der Teil Deutschlands, der unter der Kontrolle der USA, UKs und Frankreichs stand. Das wurde von Moskau – seit zwei Jahren war dort Nikita Chruschtschow an der Macht – als Bedrohung verstanden und führte zur Gründung des sogenannten «Warschauer Pakts» der unter der Kontrolle der Sowjetunion stehenden mittel- und osteuropäischen Länder. Darauf folgte der langjährige sogenannte Kalte Krieg.

Ich habe mir erlaubt, hier die seit dieser Zeit wichtigsten zehn Schritte bis zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine bewusst kurz und nachvollziehbar aufzuzeichnen und sie in der hier folgenden Box festzuhalten:

Die zehn wichtigsten Schritte zum Krieg in der Ukraine

  1. Der damalige Generalsekretär der UdSSR und russische Staatspräsident Michail Gorbatschow erlaubt im Herbst 1990 die Wiedervereinigung Deutschlands gegen das Versprechen, dass die NATO um keinen Meter nach Osten erweitert wird. In dessen Folge wird auch der «Warschauer Pakt», der als Reaktion auf den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO im Mai 1955 gegründet worden war, im Sommer 1991 formell aufgelöst. Die NATO aber bleibt bestehen! Russland zieht alle seine Truppen bis 1994 aus der ehemaligen DDR ab, während die westlichen Alliierten ihre Militärbasen in Deutschland sogar mit einsatzbereiten Atombomben aufrechterhalten!
  2. Viele weltweit bekannte Politiker und Politologen warnen vor der Osterweiterung der NATO, darunter der damalige russische Staatspräsident Boris Yelsin Ende 1994, der damals berühmte US-Historiker und -Diplomat George F. Kennan 1997 – «would be the most fateful error of American policy in the entire post-cold-war era» –, der ehemalige US-Botschafter in der Sowjetunion Jack F. Matlock Jr und etliche andere prominente Politiker und Politologen aus aller Welt.
  3. Die NATO erweitert sich trotzdem 1999 (unter US-Präsident Bill Clinton) um Polen, Tschechien und Ungarn und 2004 (unter US-Präsident George W. Bush) um Bulgarien, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen – und kommt damit immer näher an Russland.
  4. An der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 hält Russlands Präsident Wladimir Putin eine Rede, in der er sich für eine friedliche multipolare Welt ausspricht und den Anspruch der USA auf eine weltweite Hegemonie kritisiert. Das nimmt Deutschlands selbsternannter medialer Opinon Leader Josef Joffe zum Anlass, eine allgemeine Anti-Russland-Stimmung und -Politik zu erzeugen und zu betreiben und fortan immer wieder lautstark eine verstärkte Militarisierung Deutschlands zu fordern.
  5. Im Jahr 2014 verhelfen die USA mit ihrer für die Ukraine zuständigen Diplomatin Victoria Nuland und mit ihrem Senator McCain und mit finanziellem Einsatz in Milliardenhöhe den Demonstranten auf dem Kiewer Maidan zum Putsch gegen den demokratisch gewählten ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch und zum Einsatz einer streng nationalistischen Regierung unter Beteiligung auch von bekennenden Neonazis.
  6. Nach der von der Bevölkerung der Krim mit Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker gewollten Wiedervereinigung der Krim mit Russland kommt es mit einem äusserst knappen Entscheid der UNO zu internationalen Sanktionen, in deren Folge vor allem die Bevölkerung der Krim zu Schaden kommt.
  7. Auch die Mehrheit der Bevölkerung im Südosten der Ukraine, im Donbass – Oblate Donezk und Luhansk – fühlt sich nach dem Putsch auf dem Maidan von der neuen Regierung in Kiew nicht mehr vertreten und erklärt sich deshalb als von der Ukraine unabhängig. In Minsk wird beschlossen, dass der Donbass eine verstärkte Autonomie erhalten soll, was von Kiew nicht eingehalten wird. Im Gegenteil: Der Donbass wird von der ukrainischen Armee ab 2014 immer wieder beschossen mit in der Summe um die 15000 Toten.
  8. März 2021: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verrät, dass die NATO ihre Statuten zu ändern beabsichtigt, damit sie künftig schon aufgrund einer Bedrohung ein anderes Land angreifen darf, nicht erst bei einem militärischen Angriff auf ein NATO-Land gemäß §5 der Statuten. 
  9. Nachdem in Polen und in Rumänien von den USA Raketenbasen installiert worden sind und nachdem die NATO immer größere Manöver an der russischen Grenze durchführt und Russland mit verschiedensten Maßnahmen immer wieder aufs Neue provoziert, verlangt Russland m Dezember 2021 von den USA und von der NATO Sicherheiten. Beide, die USA und die NATO, lehnen dies aber kategorisch ab.
  10. Russland reagiert darauf am 24. Februar 2022 mit der militärischen Sonderaktion und bombardiert militärische Objekte in der Ukraine.

Zu den Aktivitäten der NATO in Jugoslawien und außerhalb Europas wird Globalbridge.ch spätestens morgen Freitag, 5. April, einen weiteren Beitrag publizieren: Die NATO aus russischer Sicht.