Robert Fico, nach seinem Comeback am letzten Wochenende (Foto Tagesschau)

Wahlen in der Slowakei: Viel Kritik, aber auch ein paar positive Kommentare, z.B. aus Tschechien

(Red.) Am letzten Wochenende wurde in der Slowakei gewählt. Gewinner der Wahlen war Robert Fico mit seiner Partei «SMER – die Sozialdemokraten», mit 23 Prozent der Stimmen. Da Fico im Wahlkampf angekündigt hatte, im Falle eines Sieges und seiner Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten werde die Slowakei keine Waffen mehr an die Ukraine liefern, hagelte es in fast allen großen westeuropäischen Medien harte Kritik. Aus dem Nachbarland Tschechien aber zum Beispiel gab es auch prominente positive Stimmen. Drei Auszüge aus solchen Kommentaren – und eine bemerkenswerte Antwort Ficos auf eine Drohung aus Brüssel. (cm)

Jiří Paroubek, tschechischer Ministerpräsident 2005/2006:

«Die Slowakei, Ungarn und die Tschechische Republik wurden durch den Krieg in der Ukraine hart getroffen, was zu einem Rückgang des Lebensstandards ihrer Bürger geführt hat. Und dieser Rückgang ist viel gravierender als in den Ländern Westeuropas. Daher müssen sie ein größeres Interesse an der Beendigung dieses unnötigen Konflikts haben, der ja ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA ist und dabei die Leben der Ukrainer als Kampfmittel einsetzt.  

Auch unter diesem Gesichtspunkt kann Ficos Sieg nur begrüßt werden. Aber das Wichtigste für die Slowaken ist natürlich, dass sie Fico als einen Routinier betrachten, unter dessen Regierungen es die ganze Zeit über möglich war, den Lebensstandard breiter Teile der slowakischen Bevölkerung anzuheben. Ihm ist genau das gelungen, woran die rechten Regierungen von Radičová, Matovič und Heger gescheitert sind.

Robert Fico hatte seit seinem Ausscheiden als Premierminister (2006-2010 und 2012-2018) mehr Zeit, über die Fehler nachzudenken, die seine vorherige Regierung begleitet haben. «Smer» war in den vielen Jahren seiner Regierung zu einer Art Staatspartei geworden, und vor allem in den unteren Rängen der slowakischen Politik verhielten sich die «Smer»-Leute entsprechend. Fico hat sich einfach nicht um die unteren Ebenen der slowakischen Politik gekümmert, und das ist der Hauptgrund für seine politischen Probleme. Aber nicht nur deshalb. Er hat einfach zu lange regiert und auch starke ausländische Einflüsse haben nach seinen tatsächlichen und vermeintlichen Schwächen gesucht und sie auch gefunden.

Ich ziehe meinen Hut vor seiner Hartnäckigkeit und seinem hervorragenden Comeback. Ich denke, dass Ficos Sieg einen großen Einfluss haben könnte, wenn nicht auf die gesamte Europäische Union, so doch auf die Länder der mitteleuropäischen Region. Ficos «Smer» ist eine Partei des Friedens. Fico spricht offen über seine Ansichten zum imperialistischen Charakter des Konflikts in der Ukraine. Er will eine offene Politik gegenüber der ganzen Welt und auch gegenüber den Mächten des Ostens machen. Und er gibt auch ein Beispiel für die politischen Kräfte in der Tschechischen Republik, die seine Ansichten teilen und die die gleichen Probleme haben wie er, sich in den tschechischen Mainstream-Medien Gehör zu verschaffen. Es zeigt sich, dass ein Politiker, der eine Vision, ein klares Programm und eine geeinte Partei hinter sich hat, auch „gegen alle Widerstände“ ein gutes Wahlergebnis erzielen kann.»

Jiří Weigl, Exekutivdirektor des Václav Klaus Instituts in Prag

«Die Progressivisten in der Slowakei und hierzulande sind traurig – die slowakischen Wähler haben deutlich gezeigt, dass sie die Nase voll haben von dem Druck, der Verdummung, der Unterwürfigkeit gegenüber dem Westen und der Inkompetenz, die das derzeitige progressivistische Regime schon seit langem auf ihre Kosten an den Tag legt. Sie haben deutlich gemacht, dass sie es nicht länger hinnehmen werden, dass immer neue Nobodys, die sich als Heilsbringer ausgeben, aus dem Hut gezaubert werden. Mit ihren Stimmen haben sie dem dreimaligen Premierminister und Matador der slowakischen Politik, Robert Fico, einen überzeugenden Sieg beschert.

Ein sehr gutes Ergebnis erzielte auch sein ehemaliger Vizepräsident und ehemaliger Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten, Peter Pellegrini, mit seiner Partei «Die Stimme». Die Wähler setzten auf die Erfahrung und Kompetenz der beiden linken Parteien und ihrer Führer und ließen im Gegenteil den Sieg der massiv geförderten, bisher außerparlamentarischen Partei «Progresivné Slovensko», angeführt von dem jungen prominenten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Michal Šimečka, nicht zu.

Die Slowaken ließen sich weder von der Verunglimpfung Ficos und seiner «Smer»-Partei als Kriminelle und Putins Handlanger einschüchtern noch akzeptierten sie die Hysterie, die einen Sieg des ehemaligen Premierministers Fico als fast das Ende der Welt, den Abstieg der Slowakei in den Osten und ihren Ausschluss aus Europa darstellte. Sie haben die Drohungen des tschechischen Präsidenten (Petr Pavel) und den alten Prager Paternalismus nicht berücksichtigt, der wieder in voller Stärke gegen die Slowakei gerichtet war.

Sie haben ihre Erfahrungen mit den inkompetenten progressiven Präsidenten Andrej Kiska und Zuzana Čaputová, der erschreckenden Matovič-Regierung, dem Zusammenbruch der staatlichen Sicherheitskräfte und dem wachsenden Chaos gemacht. Die große Mehrheit der Slowaken interessiert sich nicht für die Homo-Ehe, geschlechtsneutrale Toiletten oder die Transgender-Themen der progressiven Slowakei. Sie interessieren sich nicht für die multikulturelle Bereicherung durch Migranten und sie sehen sehr wohl, in welchen Schlamassel uns der Green Deal und der ganze grüne Unsinn aus Brüssel treiben. Die Menschen erkennen bereits, dass die progressivistische politische Agenda nicht an die Armen denkt, zu denen im europäischen Vergleich ein großer Teil der Bevölkerung unserer Region gehört. Es kümmert sie nicht, was die Menschen essen und womit sie heizen. Die Eliten haben die einfachen Menschen völlig entfremdet und die Wähler spüren das auch.

Die slowakischen Wahlen haben das nun ganz deutlich gezeigt – das reiche Bratislava und Košice sind progressive Inseln in einem Meer von Unzufriedenen. Aber die Wähler haben sich ihren gesunden Menschenverstand bewahrt und unterstützen den endlosen Krieg in ihrer Nachbarschaft nicht. Sie wissen, dass er eine große Bedrohung darstellt und dass es für die Slowakei umso schlimmer ist, je länger er andauert. Die prowestlichen Kriecher in der heutigen Regierung ignorieren die Ansichten der Mehrheit ihrer Mitbürger. Sie versuchen nur, dem Ausland zu gefallen, und sie glauben, dass die Unterstützung von außen sie an der Macht halten wird. Die letzte Nacht hat nun gezeigt, dass diese Rechnung nicht aufgegangen ist.»

Václav Klaus, von 2003 bis 2013 Staatspräsident der Tschechischen Republik

Offener Brief an Robert Fico:

«Sehr geehrter Herr Präsident,

nur einen kurzen Sonntagmorgen-Glückwunsch zu Ihrem unerwarteten, aber wohlverdienten Sieg bei den Wahlen. Er hat gezeigt, dass der Wähler an einen glaubwürdigen Politiker geglaubt hat, dem sein Land am Herzen liegt, und nicht daran, eine mächtige, von den Medien unterstützte Gemeinschaft zu befriedigen, die etwas ganz anderes will.

Dies ist eine Chance, zu einer selbstbewussten slowakischen Politik zurückzukehren, und es ist auch ein Impuls für die Politik in den Ländern Ihrer Nachbarn, einschließlich der Tschechischen Republik.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei den Verhandlungen nach den Wahlen, die – wie ich weiß – nicht einfacher sind als die Wahlen selbst.

Mit freundlichen Grüßen

Václav Klaus

Und hier eine öffentliche Antwort Robert Ficos an die Adresse eines sozialdemokratischen Politikers aus Schweden

Robert Fico: «‹SMER – Die slowakische Sozialdemokratie› ist seit fast zwanzig Jahren Mitglied der Europäischen Sozialdemokraten (SPE). Die Linke verliert fast überall in Europa, so dass ein Sieg einer echten Linkspartei bei einer Parlamentswahl in einem EU-Mitgliedstaat eigentlich begrüßt werden sollte. Statt Glückwünschen erhielt SMER heute jedoch eine erpresserische Nachricht – vom Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Europas SPE und ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven. Dieser sagte, er werde persönlich dafür sorgen, dass der Prozess des Ausschlusses der SMER aus dieser internationalen politischen Organisation beginne, wenn die SMER in der Regierung auf ihren Positionen zum Krieg in der Ukraine beharre.»

Der ehemalige schwedische Ministerpräsident sagte: «Die SPE unterstützt die Ukraine und wir erwarten von unseren Mitgliedsparteien, dass sie die Ukraine weiterhin unterstützen.» Eine linke Gruppierung von Parteien im Europäischen Parlament habe die SMER aufgefordert, sich dieser Politik anzuschließen. «Wenn die derzeitige Rhetorik weitergeht und in der (slowakischen) Regierung angewandt wird, dann werde ich dafür sorgen, dass dieser Ausschluss-Prozess eingeleitet wird.» sagte Löfven in einem Interview mit ‹Dagens Nyheter›.»

Robert Ficos Antwort: «Das ist wirklich schön und demokratisch. Entweder wir sagen, was die USA wollen, oder wir werden abgewählt. Entweder wir fügen uns und verfolgen gehorsam eine einseitige Politik, oder wir werden zu Parias, wenn wir sagen, dass die EU die Friedensinitiative in der Ukraine ergreifen sollte und dass es besser wäre, das Töten sofort zu beenden und zehn Jahre lang über den Frieden zu verhandeln, als zuzulassen, dass sich die Russen und die Ukrainer zehn Jahre lang gegenseitig durchlöchern. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas SPE hat konsequent die Philosophie verfolgt, dass diejenigen, die den Frieden suchen, Kriegstreiber sind. Und wer auf der Seite des Krieges und des Tötens steht, ist ein Friedensaktivist.» Und Fico weiter, wörtlich: «Also, lieber Stefan, zunächst einmal: Ihre Botschaft ist undemokratisch, sie respektiert das Recht auf eine andere Meinung nicht. Sie ist autoritär. Zweitens: Es ist nicht angemessen, souveräne Politiker zu erpressen. Und wir sind souveräne Politiker. Drittens, lieber Stefan, schauen Sie sich um und versuchen Sie, eine linke Partei in Europa zu finden, die fünf Wahlen gewonnen hat und zum vierten Mal eine Regierung zu bilden bereit ist. Viertens, lieber Stefan, sollte es Sie als Linken interessieren, dass die Slowakei wegen einer katastrophalen Rechtsregierung zum zweitärmsten Land der EU geworden ist. Dass wir ruinierte Finanzen haben. Und dass wir die größten Preissteigerungen haben. Das sind unsere Probleme, auf die wir uns konzentrieren wollen. Es tut uns sehr leid, dass in der Ukraine Krieg herrscht. Wir haben den Einsatz russischer Militärgewalt verurteilt, aber wir werden unsere Ansichten nicht ändern, wenn es um den Frieden in der Ukraine geht. Herr Präsident der Sozialdemokratischen Partei Europas SPE, wir lehnen eine Politik der einen unfehlbaren Meinung ab. Und wenn der Preis dafür, dass wir in der Slowakei eine echte linke Agenda verfolgen und souveräne Meinungen äußern, der Ausschluss aus der internationalen Partei SPE sein sollte, sind wir bereit, diesen Preis zu bezahlen».

Diese vier Stellungnahmen wurden folgenden Artikeln in tschechischer Sprache entnommen:

Jiří Paroubek: Hier.
Jiří Weigl: Hier.
Václav Klaus: Hier.
Robert Fico: Hier.
Die Auswahl der Artikel-Auszüge und die Übersetzungen besorgten Anna Wetlinska und Christian Müller.