Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis als Referent am 3. Gipfeltreffen der «Crimea Platform» in Kiev. (Screenshot)

Dem Schweizer Außenminister Ignazio Cassis sind die Menschen auf der Krim absolut egal

Eben hat das 3. Gipfeltreffen der «Crimea Platform» stattgefunden, diesmal in Kiev. Ein Video zeigt die ganze Sitzung – 6 Stunden und 18 Minuten und 31 Sekunden lang. Hatte am letzten, am 2. Gipfeltreffen der «Crimea Platform» in Zagreb in Kroatien, aus der Schweiz noch eine Delegation unter Leitung von Nationalratspräsidentin Irène Kälin teilgenommen – Globalbridge.ch hat darüber berichtet – so beschränkte sich die Schweizer Teilnahme diesmal auf einen Zoom-Auftritt von Bundesrat Ignazio Cassis, der immerhin fast 5 Minuten dauerte. Auch der Schweizer Außenminister plädierte dort natürlich für eine Rückgabe der Krim von Russland an die Ukraine und versicherte der Ukraine volle Unterstützung und Solidarität seitens der Schweiz.

War Ignazio Cassis schon mal auf der Krim? Hat er schon mal mit den Menschen dort gesprochen und sie nach ihren Freuden, Wünschen und Hoffnungen befragt? Weiss er, dass die nationalistische, von Victoria Nuland & Co. eingesetzte neue ukrainische Regierung in Kiev auch den Menschen auf der Krim ihre Muttersprache, Russisch, verbieten wollte? Wohl kaum. Die Realität zumindest ist, dass der Schweizer Außenminister in seiner Rede klar zum Ausdruck brachte, dass ihm die Menschen auf der Krim völlig egal sind und dass ihn nur die territorialen Grenzen interessieren. Dass die absolut große Mehrheit der Krim-Bevölkerung sich an einem freien Referendum im Frühling 2014 für eine Sezession von der Ukraine ausgesprochen und damit die darauffolgende Wiedervereinigung mit Russland eingeleitet hat, will er auch neun Jahre danach noch immer nicht zur Kenntnis nehmen. Was ist schon das in der UN-Charta festgehaltene Selbstbestimmungsrecht der Völker?

Ist es ein Zufall, dass die Schweizer Medien Ignazio Cassis‘ Auftritt am 3. Summit der «Crimea Platform» kaum erwähnt haben? Nicht nur in der Schweiz, auch in Kiev ist sein Ansehen offensichtlich im Schwinden. Schon Stunden vor Beginn seiner Rede war der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj bereits nicht mehr im Saal, und auch die Sitzplätze im Kongresszentrum waren schon fast alle leer. Es gab ja auch keinen Grund, fast sechs Stunden zu warten, nur um auch noch vom Schweizer Außenminister das Gleiche zu hören, was vorher schon all die Anderen gesagt hatten.

Ein voller Saal und alle erheben sich zur Begrüssung von Präsident Wolodymyr Selenskyj (Screenshot)
Nach bald sechs Stunden zeigt das Video-Bild nur noch die vordersten Sitze des Kongresszentrums, da die hinteren Sitze eh schon leer sind. Und Wolodymyr Selenskyj fehlt schon seit Stunden … (Screenshot)

Aber man höre selbst!

Hier zur Rede von Bundesrat Ignazio Cassis, beginnend bei Stunde 5, Minute 56 und Sekunde 37 und dauernd bis Stunde 6, Minute 01 und Sekunde 12. ACHTUNG: Am Anfang des Videos muss man etwas mehr als eine Minute einfach Geduld haben, weil nur der Name der Veranstaltung in verschiedenen Sprachen gezeigt wird. Erst danach kann auf die richtige Stelle im über sechsstündigen Video gefahren werden. – Vor allem jene, denen die Schweizer Neutralität noch etwas wert ist, werden sich sicher freuen …
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Eine kleine Ergänzung zum Beschluss der UNO, das Referendum auf der Krim nicht zu anerkennen: «Darum sind UNO-Abstimmungen wertlos – und manchmal sogar gefährlich.» (Die damalige UNO-Resolution kam nur dank den vier europäischen Miniaturstaaten Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino mit zusammen weniger als 200’000 Einwohnern, aber in der UNO-GV mit je einer vollen Stimme zustande. Die Sanktionen gegen die Krim wurden mit nur 100 von möglichen 193 Stimmen angenommen. Das Absolute Mehr lag bei 97 Stimmen.)

Siehe zur Situation auf der Krim heute

Recherche vor Ort auf der Krim

Der Autor der siebenteiligen Serie, Christian Müller, ist promovierter Historiker und Staatsrechtler und arbeitete über Jahrzehnte als Journalist und Redakteur und zuletzt als Medienmanager. Er besuchte die Krim zum ersten Mal im Jahr 2006 und wollte wissen, was sich seither verändert hat und wie die Situation auf der Krim für die dort lebenden Menschen heute ist. So recherchierte er im Frühling 2019 vor Ort auf der Krim. 

Um unabhängig zu sein und unabhängig informieren zu können, bestimmte Christian Müller alles selber: den Zeitpunkt seiner Reise, die Reiseroute, die Aufenthaltsorte (inkl. Hotels), von wem er sich informieren lassen und mit wem er reden wollte. Und er hat die ganze dreiwöchige Informationsreise aus eigener Tasche bezahlt. Das Einzige, wozu er die Unterstützung der Krim-Administration brauchte, waren der Besuch der neuen Schule für die Tataren in Simferopol, der Besuch des TV- und Radio-Senders der Tataren in Simferopol und die Besichtigung der sich noch im Bau befindlichen Moschee der Tataren (auch im Inneren), ebenfalls in Simferopol. Und aufgrund des aufgenommenen Kontakts mit den Behörden wurde er, da zeitlich zufällig übereinstimmend, zum fünften Forum zum Thema russische Sprache in Jalta eingeladen. 

Als Dolmetscherin diente Christian Müller seine Ehefrau Anna Wetlinska, die die russische Sprache studiert hat, sie lückenlos versteht und ebenso perfekt spricht. Etliche der Gesprächspartner auf der Krim waren aber ihrerseits in der Lage, auch englisch zu kommunizieren. 

Christian Müller hat auch die in den Krim-Konflikt involvierten Länder Russland und die Ukraine seit Mitte der 1980er Jahre mehrmals besucht.

PS zum Video der «Crimea Platform»: Interessant sind natürlich auch einige andere Auftritte, zum Beispiel jener des Stellvertretenden Generalsekretärs der NATO Mircea Geoana. Er bestätigt die Zusammenarbeit der NATO mit der ukrainischen Armee zwecks „Interoperabilität“, also optimaler Zusammenarbeit, was natürlich überhaupt keine Bedrohung von Russland darstellte … (im Video ab Stunde 5, Minute 1).