Die Schweizer Verteidigungsministerin und Bundespräsidentin Viola Amherd verspricht anlässlich des 4. «Crimea-Platform»-Gipfels der Ukraine in Kiev die volle Solidarität der Schweiz. (Screenshot aus dem Video des Gipfels)

So kultiviert die Schweiz das außenpolitische Tohuwabohu

Viola Amherd hat es sich in ihrer Doppelrolle Verteidigungsministerin der Schweiz und Schweizer Bundespräsidentin nicht nehmen lassen, persönlich nach New York zu reisen, um an der UNO-Vollversammlung teilzunehmen. Darüber haben natürlich auch die Medien berichtet, nicht zuletzt auch das Öffentlich-Rechtliche Radio. Nicht berichtet wurde dagegen darüber, dass die Bundespräsidentin auch am 4. Gipfel der «Crimea Platform» in Kiev teilgenommen hat – mit der per Video-Rede abgegebenen Zusicherung der Unterstützung der Ukraine inklusive ihrer Forderung nach territorialer Integrität – also inkl. Kievs Verlangen nach der Rückgabe der Krim.

In New York äusserte sich Viola Amherd gegenüber Radio SRF als klare Befürworterin eines neuen Ukraine-Friedensgipfels im Nachgang zum Ukraine-Gipfel auf dem Schweizer Bürgenstock. Diesmal allerdings müsse auch Russland am Tisch sitzen, der Bürgenstock-Summit habe nur das Ziel gehabt, einen Friedensprozess anzustossen. Was allerdings eine klare nachträgliche Beschönigung des dortigen Ziels war, denn de facto ging es auf dem Bürgenstock darum, internationale Unterstützung für das 10-Punkte-Friedensziel von Wolodymyr Selenskyj zu finden. Der Gipfel fand auf Betreiben der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj statt. Russland war zu diesem «Summit» bewusst nicht eingeladen worden!

Und wie ist es jetzt mit der Krim, deren Bevölkerung sich 2014 in einem Referendum klar für eine Wiedervereinigung mit Russland ausgesprochen hat, nachdem Kiev die anlässlich der ukrainischen Unabhängigkeitserklärung 1991 der Krim versprochene Autonomie nie eingehalten hatte und jetzt verstärkt versuchte, die russische Sprache auch auf der Krim zu unterdrücken? Der damalige Beschluss der UNO, die Krim mit harten Wirtschaftssanktionen zu bestrafen, war nur dank der Zustimmung der vier Miniatur-Staaten Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino mit zusammen weniger als 200’000 Einwohnern zustande gekommen, während China und Indien mit ihren Milliardenbevölkerungen sich der Abstimmung enthalten haben. Wo blieb damals das in der UNO-Charta erwähnte Selbstbestimmungsrecht der Völker?

Am ersten «Parlamentarischen Gipfeltreffen» mit dem Namen «Crimea-Platform» 2022 in Zagreb hatte noch die Schweizer Nationalratspräsidentin Irène Kälin von der Partei der Grünen teilgenommen. Sie war damals persönlich nach Zagreb angereist, um Schweizer Präsenz zu markieren, ohne allerdings von der Krim eine Ahnung zu haben oder gar einmal dort gewesen zu sein. Globalbridge.ch berichtete. Im Jahr 2023 fanden Versammlungen der «Crimea Platform» nur noch in Kiev statt, und Außenminister Ignazio Cassis beschränkte sich darauf, mit einer per Video übertragenen Rede die dortige Versammlung nach bereits fast sechs Stunden Dauer auch noch zu langweilen. Selenskyj hatte den Saal längst verlassen. Globalbridge.ch berichtete.

Das VBS, das Schweizer Verteidigungsministerium, hat aber auch an der vierten «Crimea-Platform»-Versammlung in Kiev im August 2024 wieder teilgenommen, diesmal mit einer per Video übertragenen Rede der Bundespräsidentin Viola Amherd. Die Schweizer Medien haben darüber nicht berichtet. Eine offizielle Anfrage beim Schweizer Außenministerium zum Inhalt der Rede wurde wie folgt beantwortet:

«Die Schweiz hat am vierten Gipfel der Krim-Plattform mit einem Video-Statement der Bundespräsidentin teilgenommen. Sie erinnerte daran, dass die Krim nun seit zehn Jahren von Russland besetzt wird, wobei sie sich insbesondere über Berichte besorgt zeigte, die auf Folter sowie schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit der ukrainischen Bevölkerung auf der Krim hindeuten. Der ukrainischen Bevölkerung sprach sie die volle Solidarität der Schweiz aus und wiederholte, dass die Schweiz die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine auf das Schärfste verurteilt und den unverzüglichen Rückzug russischer Truppen aus dem ukrainischen Territorium fordert. Die Abschlusserklärung konnte von der Schweiz aus neutralitätsrechtlichen Gründen nicht mitgetragen werden.»

Aha, der Ukraine versichert man erneut die totale Solidarität, inklusive die Forderung nach Zurückgabe der Krim an die Ukraine. Und in New York? Hier behauptet die Schweizer Bundespräsidentin im Interview mit dem «Echo der Zeit», sie habe für den damaligen Bürgenstock-Summit von zahlreichen Staaten Komplimente erhalten. Für einen Friedensgipfel ohne Russland?

Jetzt meldet die «Berliner Zeitung» mit Verweis auf Reuters, dass die Schweiz einen Friedensvorschlag von Brasilien und China unterstütze, denn sie habe ihre Einstellung in dieser Sache total geändert.

Zitat:

«Erst vor zwei Wochen kritisierte der ukrainische Präsident den Plan Brasiliens und Chinas, den Krieg mit Russland zu beenden, als „destruktiv“. Nun hat das Außenministerium der Schweiz, das vor einigen Monaten einen Ukraine-Friedensgipfel ausgerichtet hatte, seine Unterstützung für denselben Plan bekundet und erklärt, dass sich seine Sichtweise auf solche Bemühungen geändert habe.

Nach einem Treffen am Rande der UN-Generalversammlung in New York mit dem chinesischen Außenminister und dem brasilianischen außenpolitischen Berater Celso Amorim sagte der Sprecher des Schweizer Außenministeriums, dass sein Land „als Beobachter“ teilnehme und „diese Dynamik unterstütze“. Im Gespräch mit Reuters sagte Nicolas Bideau, dass sich die Sichtweise der Schweiz auf den vergangenen Mai vorgestellten Plan zur Beendigung des Krieges in der Ukraine, geändert habe, nachdem ein Verweis auf die UN-Charta hinzugefügt worden sei. „Für uns bedeutet dies eine erhebliche Änderung unserer Sichtweise auf diese Initiativen“, so Bideau. „Eine konkrete diplomatische Anstrengung, die von der chinesisch-brasilianischen Gruppe organisiert wird, könnte für uns von Interesse sein.“»

Zitat Ende.

Nicolas Bideau, der Kommunikationschef des Schweizer Außenministeriums, sagte gemäß Reuters wörtlich: „For us, this translates into a significant change in our view of these initiatives. A concrete diplomatic effort organised by the Sino-Brazilian group could be of interest to us.“ Man liest richtig: ein „signifikanter Wechsel“ in unserer Sicht!

Und was sagen die Schweizer Medien zu diesem Gesinnungswechsel? Die NZZ, die schwer bedauert, dass Selenskyj in New York nicht erfolgreich war? Nichts. Die CH-Medien, die immer für eine Entscheidung des Krieges auf dem Schlachtfeld plädierten, notabene für einen militärischen Sieg der Ukraine gegen Russland? Nichts. Das «Echo der Zeit», bei dem ebenfalls die Regel gilt „Ukraine gut, Russland böse“? Nichts. Wahrscheinlich wissen auch die Journalisten nicht mehr, was jetzt gilt.

Kunststück, bei einer Bundespräsidentin, die in Kiev uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine verkündet, auch jetzt im August 2024, an einer Pressekonferenz in Bern aber darauf aufmerksam macht, dass die Schweiz ja neutral ist (Minute 33 ff), und jetzt in New York behauptet, sie habe für den Bürgenstock-Summit zahlreiche Komplimente erhalten? Auch die Medien sind da überfordert.

Zum über sechsstündigen Video der vierten Crimea-Platform-Versammlung in Kiev, an der auch US-Außenminister Antony Blinken oder auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock per Video teilgenommen haben. Der Auftritt von Viola Amherd ist ab Stunde/Minute 3.20 zu sehen.

(Red.) Siehe dazu den Kommentar von NZZ-Auslandredakteur Andreas Rüesch zum erfolglosen Besuch Selenskyjs in den USA. Für die NZZ müssten die USA und die anderen westlichen Länder einfach noch viel mehr Waffen und diese viel schneller liefern und ohne jede Beschränkung ihres Einsatzes in Russland, genauso wie Selenskyj es fordert, der alles tut, um die NATO noch mehr ins Kriegsgeschehen zu verwickeln. Wann endlich kann der Dritte Weltkrieg beginnen?