Nazi-Symbolik ist in der Ukraine omnipräsent
(Red.) Sogar die «New York Times» stellte fest, dass es in der Ukraine unübersehbare Nazi-Symbolik gibt. Für die Zeitung verkörpern die Banderisten aber bloss eine kleine Minderheit ohne Einfluss. Die Realität ist eine andere. – Siehe dazu auch die redaktionellen Zusatz-Informationen am Ende dieses Beitrages. (cm)
Die New York Times (NYT) ist das Leibblatt der liberalen Eliten in den USA. Die Zeitung zählt zu den einflussreichsten Blättern an der US-Ostküste: Was in der NYT steht, hat Gewicht.
Einst zeichnete sich die Zeitung durch äusserst kritische Berichte über die Machthaber in den USA aus. Heute schießt sie gerne gegen Regierungen, welche die US-Machteliten im Visier haben. Das Feindbild Nummer eins verkörpert gegenwärtig Wladimir Putin. Es vergeht kein Tag ohne antirussische Propaganda. Scharfe Kritik am russischen Präsidenten ist in der Berichterstattung zum Ukrainekrieg omnipräsent.
Ganz anders sieht die Beurteilung der Ukraine aus. Präsident Wolodimir Selenskyj wird in der NYT – ähnlich wie in den meisten grossen westlichen Verlagshäusern – mit Samthandschuhen angefasst. Kritik ist nahezu inexistent.
Überraschend ist diese einseitige Haltung nur schon deshalb, weil die Selenskyj-Regierung keineswegs über jeden Verdacht erhaben ist. Von der Kontrolle der Medien, dem Ausschalten der Oppositionsparteien bis hin zum Einfluss, den rechtsradikale Bewegungen in der Ukraine ausüben: Selenskyj bietet mehr als genügend Gründe zur Kritik. Gerade auch letzteren Punkt kehrten die meisten grossen Medien im Westen seit längerem unter den Teppich. Dabei ist schon lange bekannt, dass innerhalb des ukrainischen Sicherheitsapparats und im Militär rechtsradikale Gruppierungen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss ausüben – darunter der Rechte Sektor und das Asow-Bataillon. Beide Organisationen verehren den ukrainischen Nazi-Kollaborateur und Nationalisten Stepan Bandera. Die Kritik an diesen Organisationen blieb seit dem russischen Angriff im Februar 2022 jedoch nahezu inexistent.
Am 5. Juni hat nun aber auch die NYT auf die Problematik der rechten Gruppen aufmerksam gemacht. Dies auch deshalb, weil aus zahlreichen Bildern hervorgeht, dass ukrainische Soldaten regelmässig Nazi-Symbole auf sich tragen.
«Die Fotografien und ihre Löschung verdeutlichen die komplizierte Beziehung des ukrainischen Militärs zu Nazi-Bildern», schreibt die NYT, die auf mehrere Bilder aufmerksam macht. So zum Beispiel auf ein Bild, auf dem ein ukrainischer Soldat zu sehen ist, der einen Aufnäher mit einem Totenkopf trägt. Ein anderes Foto wiederum zeigt einen Katastrophenschutzmitarbeiter mit einem Symbol der Schwarzen Sonne. Das Totenkopfbild hatte sich schon Adolf Hitlers Schutzstaffel (SS) zum Symbol gemacht. Die Schwarze Sonne ist bei Neonazis und weissen Rassisten sehr beliebt – das Symbol war auch im Schloss von Heinrich Himmler, dem Nazi-General und SS-Chef zu sehen.
Klar ist: Nazi-Symbole sind, wie die NYT schreibt, im ukrainischen Staatsapparat keine Seltenheit. Und selbst die Behörden scheuen sich nicht, solche zur Schau zu stellen. Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte am 23. April 2023 auf seinem Twitter-Account ein Foto eines Soldaten, der ein Abzeichen mit einem Totenkopf trug. Am 27. April 2023 konfrontierte die NYT das Verteidigungsministerium diesbezüglich. Kurz darauf löschte die Behörde das Foto wieder.
Man kann der NYT zugutehalten, dass sie auf die rechtsextremen Verbände und deren Symbole hingewiesen hat. Leicht irritierend dabei aber ist: Schenkt man der Zeitung Glauben, so handelt es sich bei diesen Gruppierungen lediglich um bedeutungslose Randgruppen, denen keine grosse Relevanz innerhalb des Militärs und des Sicherheitsapparats zukommt. Die NYT schreibt dazu:
«Die Ukraine bemüht sich seit Jahren, durch Gesetze und militärische Umstrukturierungen rechtsextreme Randbewegung einzudämmen, deren Mitglieder stolz Symbole aus der Nazigeschichte tragen und Ansichten vertreten, die gegen Linke, LGBTQ-Bewegungen und ethnische Minderheiten gerichtet sind.»
An anderer Stelle zitiert die Zeitung das ukrainische Verteidigungsministerium. Dieses sagte in einem Statement: «Wir betonen, dass die Ukraine jegliche Manifestationen des Nazismus kategorisch verurteilt.»
Mit der Realität haben diese Aussagen wenig zu tun. Man denke in diesem Zusammenhang nur einmal an Wolodimir Selenskyj. Der ukrainische Präsident trat einst an, um den Krieg gegen die russischsprechenden Bürger in der Ostukraine zu beenden. Das zumindest sagte er 2019 noch im Rahmen seiner Präsidentschaftskampagne. Er setze alles daran, dass die Minsker-Abkommen umgesetzt würden. Dies behauptete er damals noch.
Doch schon kurz nach seiner Inauguration bekam er den Einfluss der rechtsextremen Verbände zu spüren. Diese setzten ihn unter Druck und weigerten sich, die Waffen niederzulegen. Verhandlungen mit den Separatisten kamen beispielsweise für die Kämpfer des Asow-Bataillons nicht in Frage.
Später gab der Präsident sein ursprüngliches Versprechen auf. Er weigerte sich, mit den Führern im Donbass zu sprechen. Bezeichnend ist auch: Seit dem Sturz des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch 2014 ist in der Westukraine wieder eine Romantisierung von Stepan Bandera zu beobachten. Der ukrainische Nazi-Kollaborateur und Nationalist wird offiziell wieder als eine Art «Held» wahrgenommen. Bandera war während des Zweiten Weltkrieges verantwortlich für den Tod von Tausenden von Juden. Noch bis heute gibt es Strassen und Denkmäler zu Ehren von Bandera.
Im Jahr 2018 erklärte der Regionalrat von Lwiw 2019 zum Jahr von Stepan Bandera und markierte damit den 110. Jahrestag seiner Geburt. Anfang 2020 veranstalteten die Stadtverwaltungen von Kiew und Lwiw eine traditionelle Feier und einen Marsch zu Ehren von Banderas Geburtstag.
Brisant ist vor diesem Hintergrund, dass selbst jüdische Organisationen über die rechtsradikalen Gruppierungen bisher mehrheitlich geschwiegen haben. Auch die Nazi-Symbolik wurde kaum thematisiert. Das stellte sogar die NYT im erwähnten Artikel fest:
«Selbst jüdische Gruppen und Anti-Hass-Organisationen, die traditionell Hasssymbole anprangern, blieben weitgehend still. Insgeheim haben sich einige führende Persönlichkeiten Sorgen gemacht, dass sie als Anhänger der russischen Propaganda angesehen werden könnten.»
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass sogar die jüdische «Anti-Defamation League», die sonst an allen Ecken und Enden vor Rechtsextremismus warnt, zuletzt in diesem Zusammenhang auffällig ruhig blieb. 2022 stufte die Organisation das Asow-Bataillon nicht mehr als rechtsextrem ein.
Ergänzungen der Redaktion von Globalbridge.ch
Am 11. April 2023, also vor wenigen Wochen, schrieb, ebenfalls in New York, «The Sun» über einen Vorgang, der in den westlichen Medien weitestgehend verschwiegen wurde:
«Kiews Bürgermeister stoppt den seltsamen Versuch der Stadt, eine Straße nach einem ukrainischen Nazi-Kollaborateur zu benennen. Es bedurfte einer Intervention auf höchster Ebene, um eine bevorstehende Entscheidung zu verhindern, die symptomatisch für die uneinheitliche Bilanz der Ukraine bei der Versöhnung mit dem Holocaust ist.» Und «The Sun» weiter unten: «Der unerschütterliche Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, hat eine Abstimmung im Kiever Stadtrat abgesagt, durch die eine prominente Straße in der ukrainischen Hauptstadt nach einem berüchtigten Nazi-Kollaborateur und SS-Beamten hätte umbenannt werden sollen. Die Intervention in letzter Minute erfolgte offenbar nach einem außerplanmäßigen Treffen zwischen Klitschko und dem israelischen Botschafter in der Ukraine, Michael Brodsky.» (Hier zum Original des Artikels in «The Sun». «The Sun» stützte sich offensichtlich vor allem auf einen Artikel auf der israelischen Plattform bnaibrith.org.
Konkret ging es darum, die «Przhevalsky Street» in Kiev in «Volodymyr Kubijovitsch-Staße» umzubenennen. Wolodymyr Kubijowytsch war ein bekannter Nazi-Kollaborateur (siehe das Bild oben, Kubijowytsch zusammen mit dem prominenten deutschen Kriegsverbrecher Hans Frank).
Auch die «Jerusalem Post» berichtete über diesen Fall, und auch «The Press United» in Indien, und andere. Hat man aber in der Schweiz oder in Deutschland darüber lesen können? Dass in der Ukraine viele Straßen oder auch Sportstadien nach Stepan Bandera benannt sind, ist kein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten. Der jüngste Vorschlag des Kiever Stadtrates, die «Przhevalsky Straße» in «Volodymyr Kubijovitsch-Staße» umzubenennen, zeigt in aller Deutlichkeit, dass der äusserst prominente Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera und andere Nazi-Kollaborateure und -Größen in der Ukraine noch immer sehr populär und beliebt sind. (cm)
Siehe dazu auch «Stepan Bandera – trotz allem noch immer offizieller Held der Ukraine»