Banken, Banken, Banken. Aber auch große Banken können pleite gehen. (Symbolbild de.fxssi.com)

Nach dem «Credit Suisse»-Debakel sind System-Änderungen unvermeidlich

(Red.) In der Schweiz hatte im Jahr 2018 die stimmberechtigte Bevölkerung die erstmalige Chance, ein neues, wirklich sicheres Finanzsystem einzuführen: das sogenannte Vollgeld, bei dem nur die Nationalbank Geld «erzeugen» kann.  www.vollgeld-initiative.ch. Doch wenig überraschend waren alle politischen Parteien gegen das neue System und schworen – auch mit finanzieller „Unterstützung“ der Banken – auf das bisherige Finanzsystem. Auch alle großen Medien waren dagegen. Unsere Bankenwelt, so behaupteten sie alle, sei sicher genug. Und so wurde die sogenannte Vollgeld-Initiative mit 75 % der abgegebenen Stimmen abgelehnt.

Die Vollgeld-Initiative enthielt zwei wesentliche Vorschläge: Einerseits sollte alles Geld von der Nationalbank in Umlauf gebracht werden. Diese Idee wird heute unter dem Einfluss neuer technischer Entwicklungen weltweit unter dem Begriff des CBDC (Central Bank Digital Currency) diskutiert. Anderseits schlug die Vollgeld-Initiative vor, dass die Banken das Geld auf den Zahlungskonten ihrer Kunden nur noch treuhänderisch verwalten sollten. Der Umstand, dass diese Konten heute Bestandteil der Bankbilanz sind und zur Konkursmasse der Bank gehören, ist die wirkliche Ursache dafür, dass es bei einem Vertrauensverlusten zu einem Bankrun kommen kann – die CS in der Schweiz lässt grüßen.

Einer der damaligen Initianten für die Vollgeld-Reform, Reinhold Harringer, Ökonom und ehemaliger Finanzverwalter der Stadt St. Gallen, hat jetzt, nach der Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank «Credit Suisse» durch die noch gigantischere UBS, einen konstruktiven Kommentar dazu geschrieben, den wir sehr gerne der Öffentlichkeit bekanntmachen. (cm)

Ab hier Dr. Reinhold Harringer:

Nur sichere Zahlungskonten verhindern Bankruns 

Alle reiben sich verwundert die Augen: Wie konnte die CS in so kurzer Zeit kaputt gehen? Sind Bankruns wirklich unvermeidbar? Frau Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat mehrfach betont, dass man «Vertrauen nicht regulieren könne». Das ist zweifellos richtig, im Zusammenhang mit der aktuellen Situation ist diese Aussage aber Ausdruck großer Ratlosigkeit. Auch Alt-Bundesrat Couchepin hatte offenbar alle Hoffnung bereits aufgegeben, als er Bankenkrisen mit Erdbeben verglich, die auch nicht verhindert werden könnten. Dennoch gehen die meisten Vorschläge in die Richtung verstärkter Regulierungen und Vorschriften. Aber wer meint, dass mit mehr Regulierungen unser Geld sicherer würde, der wird in einigen Jahren wieder enttäuscht werden. Denn es ist falsch, wenn die Sicherheit des Geldes vom Wohlverhalten von Bankmanagern oder von hochkomplexen Regulierungen abhängig ist. Notwendig ist eine relativ bescheidene, aber wirksame Maßnahme im Bereich des Zahlungsverkehrs. 

Die wirkliche Ursache aller Bankkrisen

Die Ursache aller Bankruns ist bekanntlich der Umstand, dass die Sichtguthaben der Kundschaft sehr rasch von den Banken abgezogen werden können. Das Problem dieser Sichtguthaben besteht darin, dass ihre rechtliche Konstruktion völlig unklar ist: Einerseits gehören sie dem Einleger (dabei wird mit jeder Lohnüberweisung der Bank ein Kredit gewährt …), anderseits sind die Sichtguthaben der Kunden Teil der Bankbilanz und gehören zur Konkursmasse der Bank. Diese Konstruktion ist ein rechtliches Unding mit gravierenden Folgen. 

Die Banken sollten deshalb Zahlungskonten ihrer Kundschaft nur noch treuhänderisch verwalten – außerhalb der Bankbilanz und damit völlig sicher. Damit erübrigten sich sehr viele der heutigen Regulierungen und Bankruns könnten wirksam vermieden werden. Es sollte dem Kunden ermöglicht werden, dass er sein Geld auf ein «Sicheres Konto» überweisen bzw. einzahlen kann. Dieses Konto würde nicht verzinst, die Gebühren darauf sollten jedoch bescheiden sein. Wenn der Kunde einen Zins wünscht, kann er sein Geld auf ein anderes Konto der Bank überweisen, welches wie heute Bestandteil der Bankbilanz ist und von welchem Geld nur unter klar definierten Bedingungen abgehoben werden kann. Diese Mittel kann die Bank dann ausleihen und damit arbeiten. 

Diese Idee sicherer Konten ist nicht neu: Einen ähnlichen Ansatz hat der Oekonom Irving Fisher bereits 1935 mit dem 100%-Geld verfolgt, als er vorschlug, dass die Sichteinlagen der Kundschaft zu 100 % durch Reserven bei der Notenbank gedeckt sein müssen. In neuerer Zeit hat die Vollgeld-Initiative die Idee der Treuhandkonten ebenfalls zur Diskussion gestellt. Sichere Zahlungskonten könnte auch die Postfinance anbieten, wenn sie sich auf den reinen Zahlungsverkehr beschränkt. Ob dies oder eine Staatsgarantie für die Postfinance der bessere Weg ist, müsste genauer geprüft werden. 

Weshalb ein höheres Eigenkapital nicht die Lösung ist

Die Erfahrung mit der CS hat gezeigt, dass auch ein Eigenkapital, welches den regulatorischen Vorschriften entspricht, einen Bankrun nicht ausschließen kann. Nach der Finanzkrise 2008 wurden die Vorschriften zwar etwas verschärft und umfangreiche, differenzierte Vorgaben erlassen. Von Fachleuten wurden schon früher eine Eigenkapitalquote von 20 – 30 Prozent ins Spiel gebracht, eine Forderung, die inzwischen auch von bürgerlichen Politikern unterstützt wird. 

Ein höheres Eigenkapital würde die Sicherheit der Banken zwar erhöhen, aber ein Bankrun kann damit nicht ausgeschlossen werden.  Denn nach wie vor wäre «Vertrauen» eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Löhne und Ersparnisse auf einem Bankkonto deponiert würden. 

Weshalb auch ein Trennbankensystem nicht die Lösung ist

Trennbanksystem bedeutet, dass es mehrere Arten von Banken gibt: Einerseits Geschäftsbanken, deren Aufgabe es ist, den allgemeinen Zahlungsverkehr abzuwickeln und die Wirtschaft mit Kredit zu versorgen. Anderseits Investmentbanken, die alle Arten von Wertpapiergeschäften abwickeln, selbst Beteiligungen halten und so wesentlich höhere Risiken eingehen. Mit Trennbanken wurden ab 1933 in den USA umfangreiche Erfahrungen gesammelt. 1999 wurde die Trennbankenverordnung aber aufgehoben und erst in letzter Zeit wieder vermehrt diskutiert. Ein Trennbankensystem brächte sicher eine Verbesserung der Situation – aber auch ein Trennbanken­system bleibt letztlich Flickwerk und erhöht die Sicherheit von Geschäftsbanken nur graduell: Der zentrale Mangel des Trennbanken­systems besteht darin, dass innerhalb der Geschäftsbanken der Zahlungsverkehr nach wie vor mit dem Kreditgeschäft vermischt bleibt. Das heisst, dass auch im Bereich der Geschäfts­banken nach wie vor umfangreiche Regulierungen erforderlich sind und die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit von Bankruns nach wie vor bestehen bleibt. 

Trennbanken könnten unterschiedlich ausgestaltet werden: «Ein Trennbanken-Ansatz des französischen Wirtschaftnobelpreisträgers Maurice Allais von 1988 zielt dagegen auf die Kontrolle der Geldmenge. Er sah vor, das Zahlungsmanagement von anderen Bankfunktionen zu separieren. Es solle «banques de dépôt» geben, deren Aufgabe darauf beschränkt ist, den Zahlungsverkehr abzuwickeln, und zwar zu 100% in Zentralbankgeld. Demgegenüber würden «banques de prêts» terminierte Einlagen aufnehmen und sie an wen auch immer weiterverleihen.  Das bedeutet also eine Trennung von Servicebanken und Kreditbanken (Geschäftsbanken), während die Rolle von Investmentbanken hier nicht thematisiert wird. Das ähnelt dem Ansatz von Gocht aus dem Jahr 1975. Der ehemalige Bundesbankdirektor wollte den gesamten Zahlungsverkehr auf das Postscheckamt verlagern. Es sollte der Zentralbank unterstellt werden und den Zahlungsverkehr ausschließlich in Zentralbankgeld abwickeln.» (Zitat aus Joseph Huber, Monetäre Modernisierung, Marburg 2013, S. 221). Die Diskussion um Banken und sicheres Geld ist also nicht neu – aber sie wurde zu lange den interessierten Kreisen überlassen. 

Schlussbemerkungen

Die Diskussion um die Zukunft der Schweizer Banken ist sehr komplex und es stehen sich viele Vorschläge zu einer Erhöhung ihrer Sicherheit gegenüber. Welche Maßnahmen letztlich umgesetzt werden, ist schwer zu sagen. Aber eines scheint sicher: Wir sollten weg kommen von dieser Dominanz der Banken und der Idee, dass wir Banken um jeden Preis sichern und erhalten müssen. Was wir brauchen ist ein stabiles Geld und einen sicheren Zahlungsverkehr. Das bereitzustellen ist die Aufgabe des Staates. Die private Investitionstätigkeit in allen Schattierungen kann man dem Markt überlassen, solange dieser dann auch die Folgen trägt. 

So erklärte nach der gescheiterten Vollgeld-Initiative im Jahr 2018 der damalige Schweizer Finanzminister Ueli Maurer, warum das Schweizer Bankensystem absolut sicher sei: zum Video hier anklicken.

Und so erklärte Christian Müller, Herausgeber der Plattform Globalbridge.ch, schon im Jahr 2015, wie die Banken Geld verdienen mit Geld, das sie selber gar nicht haben. Ein Beitrag, bei dem man auch lachen darf! Hier anklicken!