So vermeldete heute das NATIONAL SECURITY ARCHIVE seine Kissinger-Bewertung mit zahlreichen Dokumenten. (Screenshot)

«Kissingers acht Jahre im Amt haben Chile, Kambodscha, Ost-Timor, Angola, und viel Anderes auf der Welt verändert – zum Schlechteren»

(NATIONAL SECURITY ARCHIVE) Washington, D.C., 25. Mai 2023 – Henry Alfred Kissinger (HAK) wird übermorgen, am 27. Mai 2023, 100 Jahre alt und sein hundertster Geburtstag sorgt für weltweite Berichterstattung über sein Vermächtnis als führender Staatsmann, Meisterdiplomat und außenpolitischer Stratege der Realpolitik. „Niemand auf der Welt hat mehr Erfahrung in internationalen Angelegenheiten“, wie es «The Economist» kürzlich in einer vorhersehbar lobenden Hommage an Kissinger ausdrückte. Aber die Geschichte dokumentiert auch die dunklen Seiten von Kissingers umstrittener Amtszeit: seine Rolle bei der geheimen Bombenkampagne in Kambodscha, bei der über 100.000 Zivilisten getötet wurden; der Sturz der Demokratie und der Aufstieg der Diktatur in Chile; die Verachtung der Menschenrechte und die Unterstützung schmutziger und sogar völkermörderischer Kriege im Ausland sowie die Beteiligung an den kriminellen Missbräuchen der Nixon-Administration, darunter die geheimen Abhörmaßnahmen gegen seine eigenen hochrangigen Mitarbeiter.

Um zu einer ausgewogenen und umfassenderen Bewertung von Kissingers Vermächtnis beizutragen, hat das «National Security Archive» ein kleines, ausgewähltes Dossier mit deklassierten Aufzeichnungen zusammengestellt – Memos, Memcons und „Telcons“, die Kissinger geschrieben, gesagt und/oder gelesen hat – und die streng geheime Überlegungen, Operationen und Strategien während Kissingers Zeit im Weißen Haus und im Außenministerium dokumentieren. Darunter sind neu erhaltene Dokumente über Kissingers Rolle bei der streng geheimen FBI-Überwachung von Beamten, die er verdächtigte, Informationen über die geheime US-Bombenkampagne in Kambodscha weiterzugeben, einschließlich seines eigenen NSC-Beraters Morton Halperin. „Die illegalen und regelwidrigen Abhörmaßnahmen der Regierung verletzten nicht nur das Recht auf Privatsphäre, sondern beeinträchtigten auch die politischen Rechte der Überwachten und derjenigen, mit denen sie sprachen“, sagte Halperin in einer Erklärung an das Archiv für diesen Beitrag. „Diese Überwachungsaufzeichnungen erinnern uns an die Notwendigkeit ewiger Wachsamkeit und Rechenschaftspflicht.“

(Red./cm) Henry Kissinger, im Jahr 1923 in Fürth in Deutschland geboren, entstammt einer jüdischen Familie, die 1938 anlässlich der Bedrohung durch das Nazi-Regime Deutschland Richtung USA verließ. Als späterer Berater von US-Präsidenten und als US-Außenminister ist Kissinger verantwortlich für mindestens 100.000 durch die USA ermordete Zivilisten. Nichtsdestotrotz erhielt er 1973 den Friedensnobelpreis und 1987 den deutschen Karlspreis. Und der ehemalige Chefredakteur der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit», Theo Sommer, schrieb anlässlich Kissingers 98. Geburtstag vor zwei Jahren als Einleitung seiner Wüdigung wörtlich: «Wer Henry Kissingerder am vorigen Donnerstag 98 Jahre alt wurde, für einen Kriegsverbrecher hält, der sollte die Lektüre hier abbrechen. Der Kissinger, der den Sturz des chilenischen Sozialisten Salvador Allende inszenierte und im Kampf gegen die Vietcong Bomben auf Kambodscha regnen ließ, ist nicht der ganze Kissinger – jener Staatsmann von Bismarckschem Format, Großmeister der Realpolitik, Friedensstifter und, zeitlebens in Sorge, ein Praktiker des Mächtegleichgewichts. Einen großen Denker und Gestalter von Weltpolitik hat ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier genannt.»

Das «NATIONAL SECURITY ARCHIVE», das aus Anlass von Kissingers 100. Geburtstag den obenstehenden Text veröffentlichte, veröffentlichte, wie oben erwähnt, gleichzeitig wichtige Dokumente zu den Aktivitäten von Henry Kissinger. Das achtseitige Dokument zu Kissingers Einfluss auf die militärische US-Intervention in Chile bis zum Militärputsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende im Jahr 1973 kann hier gelesen und auch heruntergeladen werden. (Zur US-Intervention in Chile siehe auch hier.)

Für Schweizer und Schweizerinnen interessant, weil gerade heute wegen einer skandalösen Beamten-Überwachungsgeschichte ein Bundesanwalt zurückgetreten ist: Auch Kissinger liess in den Jahren seines eminent wichtigen Einflusses auf die US-Politik unter Präsident Nixon eigene Mitarbeitende überwachen, wie vom NATIONAL SECURITY ARCHIVE ausdrücklich erwähnt.

Jede Menge weitere US-Dokumente zu den Taten und Untaten von Henry Kissinger können hier heruntergeladen werden.

US-Aussenminister Henry Kissinger trifft am 8. Juni 1976, drei Jahre nach dem von den USA inszenierten Militärputsch in Chile, den damaligen Diktator Augusto Pinochet, dem in späteren Untersuchungen über 3000 politische Morde und unaufhaltsam praktizierte Folterungen von politischen Gegnern nachgewiesen werden konnten.

Siehe dazu auch «Henry Kissinger is a Disgusting War Criminal»