Noch weigert sich der ukrainische Staatspräsident Selenskyj, den ukrainischen Truppen die Erlaubnis zum Abzug aus Bakhmut zu geben, trotz aussichtsloser Lage. Er braucht Erfolge, um neue Waffen zu erhalten, die sich aber seit dem Herbst 2022 kaum mehr eingestellt haben. Bild: Die Innenstadt von Artjomowsk (Bakhmut), zerstört infolge der Kämpfe der ukrainischen Streitkräfte gegen die Soldaten der Russischen Föderation.

Jetzt aktuell aus dem Donbass: der Bakhmuter «Fleischwolf»

Artjomowsk (ukrainisch und auch in den deutschsprachigen Medien Bakhmut) ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Donbass – die Stadt liegt 89 Kilometer nordöstlich von Donezk –, wo viele Industriezweige entwickelt sind: Nahrungsmittelindustrie (Steinsalzförderung, Sektproduktion), Leichtindustrie, Baustoffherstellung sowie Maschinenbau. Um dieses Städtchen werden seit Wochen sehr harte Kämpfe zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation geführt, die zwischenzeitlich als „Bakhmuter Fleischwolf“ bezeichnet werden.

Die Kämpfe um Artjomowsk – oder eben Bakhmut, Red.) werden seit August 2022 geführt. Während dieser Periode befreite die russische Armee die nahegelegenen Orte in der Umgebung, um nach Artjomowsk näher vorzurücken. Am 31. Dezember letzten Jahres rückten russische Truppen in die Stadt ein. Die Ukraine warf dorthin immer wieder neue Reserven, von denen sie keine mehr hatte. In der letzten Zeit wurde diese Stadt von den russischen Kämpfern des privaten Sicherheits- und Militärunternehmens „Wagner“ beinahe eingekesselt. Dessen Gründer und Besitzer, Ewgenij Prigozhin, berichtete darüber am 3. März und erklärte, es bleibe nur noch ein einziger Weg aus Artjomowsk. Er wandte sich an den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, und rief ihn auf, die ukrainischen Truppen aus der Stadt abzuziehen: „Die Zange geht zu. Während früher gegen uns eine professionelle ukrainische Armee kämpfte, sehen wir heute immer mehr Alte und Kinder. Sie kämpfen, aber ihre Leben bei Bakhmut sind kurz, ein bis zwei Tage. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, die Stadt zu verlassen! Die Stadt ist faktisch eingekesselt.“ Im vorliegenden Video sind drei ukrainische Soldaten zu sehen, zwei von ihnen unter 18 Jahren und ein dritter, ein alter Mann mit grauem Bart. Sie wandten sich direkt auf Russisch an Selenskyj: „Wladimir Aleksandrowitsch, wir wenden uns an Sie als den Präsidenten unseres Landes. Geben Sie uns bitte die Möglichkeit, zu unseren Familien zurückzukehren! Zurück in unsere Heimat! Lassen Sie diese Bitte nicht unbeachtet! Bitte!“

Wie die drei zu den Milizen gerieten, bleibt rätselhaft. Höchstwahrscheinlich war die Ursache die Entscheidung über die totale Mobilmachung – mit der Konsequenz, dass schon 17-jährige Jungen als Kanonenfutter an die Front geschickt werden. Es sei noch hinzugefügt, dass der ukrainische Befehlshaber unter dem Tarnnamen „Madjar“ erklärte, seine Einheit aus der Stadt abzuziehen: „Einzelbefehl: Bakhmut unverzüglich zu verlassen und in den neuen Ort der Kriegshandlungen zu kommen.“ Zuvor hatte Madjar das Oberkommando der Ukraine gebeten, die Soldaten der ukrainischen Streitkräfte aus der Stadt abzuziehen und diese wegen der grossen Verluste zu räumen. Die ukrainischen Milizen versuchen wegen der aussichtslosen Lage das Feld selbst zu räumen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Kiew bald die Aufgabe des Ortes verkünden wird. 

Aber warum ist Bakhmut für die ukrainischen Streitkräfte so wichtig? Von dort aus geht der Weg nach Slawjansk, Kramatorsk, Konstantinowka, Sewersk, d.h. es würde dadurch ein Weg zur Befreiung des Donbass geöffnet. Und wenn das passiert, dann würde dies den Sieg Russlands bedeuten, was die feindliche Seite nicht zulassen wird. Auch das ist ein Grund dafür, warum die ukrainische Seite dort schon tausende ihrer Soldaten verloren hat. Die Ukraine steht unter dem Druck, Erfolge an der Front vorweisen zu müssen, weil sonst die westliche Waffenhilfe in Frage stünde und der Krieg unweigerlich zu Ende wäre.

Im Internet gibt es eine Menge von Videos, die zeigen, wie zusammengeschlagene Einheiten der ukrainischen Streitkräfte versuchen, aus dem Bakhmuter Fleischwolf herauszukommen: Verletzt, zu Fuss, durch schmutzige Ortsverbingungswege, watend durch Dreck, stossen sie immer wieder auf die zerschlagene Technik und die Leichen ihrer Landsleute. Aber Selenskyj wollte die Niederlage nicht eingestehen und traf die Entscheidung, das blutige Opfer weiter zu erbringen: Am 6. März veröffentlichte der Pressedienst des Präsidenten seine Anordnung.

Alle Wege aus der Stadt liegen unter dichtem Feuer, deswegen können ukrainische Soldaten nur in kleinen Gruppen in der Nacht Artjomowsk verlassen. „In der Stadt bleiben noch etwa 10.000 ukrainische Soldaten, die eingekesselt sind. Wenn sie die Stadt verlassen möchten, dann können sie das ohne Verluste nicht machen. Und diejenigen, die bleiben, versuchen unter starkem Feuer des Mehrfachraketengewehrs ‚Grad‘ zu überleben“, so der russische Kriegsberichterstatter Ewgenij Poddubnyj. Im Video sind auch Filme aus einer Wohnung eines Hochhauses zu sehen, in der ukrainische Soldaten untergebracht sind und die Ereignisse filmen. Während die braven Ukrainer witzige Videos mit der Toilettenbrille für Tiktok in Artjomowsk aufnehmen – „Kolja fand endlich das, wovon er so lange träumte“ –, schickt der Leiter des privaten Sicherheits- und Militärunternehmens „Wagner“ die Särge der gestorbenen ukrainischen Soldaten in die Ukraine. „Wir schicken noch eine Partie Soldaten der Streitkräfte der Ukraine nach Hause. Sie kämpften tapfer und kamen ums Leben. Deswegen fährt sie der nächste Wagen in die Heimat“, so Prigozhin. Ausserdem gratulierte er den Ukrainerinnen zum Internationalen Frauentag und schickte ihnen einen LKW mit Sekt aus der hiesigen Sektfabrik. „Den ukrainischen Frauen vom privaten Sicherheits- und Militärunternehmen ‚Wagner‘ zum 8. März“, schrieb Prigozhin auf eine der Sektkisten. (Die ukrainischen Streitkräfte versprachen vorher, den „Wagner“-Rückzug aus der Stadt mit Schaumwein zu feiern.) Aber die „Wagner“-Soldaten rücken vorwärts und die Sektfabrik entfernt sich immer weiter von den ukrainischen Militärs.

Die deutsche „Bild-Zeitung“ will erfahren haben, dass Saluzhnyj (der ukrainische Armee-Chef, Red.) vor einigen Wochen auf dem Rückzug der ukrainischen Truppen aus Artjomowsk bestanden habe. Aber Selenskyj erklärte den Ort aus politischen Gründen zur Festung und hielt an seinem Standpunkt fest, weil am 6. März in der Oberbefehlshaber-Sitzung die Entscheidung getroffen wurde, dass ukrainische Soldaten weiterhin für Bakhmut sterben sollen. In den lokalen Medien wurde mitgeteilt, dass Sewersk das nächste Ziel für den Durchbruch der russischen Truppen sein könnte.

Um die Tätigkeit von „Wagner“ zu blockieren, bildeten die Streitkräfte der Ukraine einige Heeresgruppen: die 67. Brigade in Slawjansk, die 66. und die 81. Brigade in Sewersk sowie je eine Brigade in Tschassow Jar und Konstantinowka.

Was noch über die „Wagner“-Soldaten zu erwähnen ist, ist die Tatsache, dass sobald sie in die Gegend kommen, wo ukrainische Streitkräfte einheimische Zivilisten für Unmenschen halten, sie beleidigen und töten, beginnen die „Wagner“-Kämper zuerst mit der Evakuierung der Zivilisten, helfen ihnen, retten und schützen sie. Im vorliegenden Video erzählte der erste Mann, dass seine Frau, eine Russin aus der Stadt Wladimir, von den ukrainischen Scharfschützen getötet wurde. Bis jetzt kann er seinen zwei Söhnen, die in Moskau wohnen, über den Tod ihrer Mutter, die er in seinem Gemüsegarten „beerdigte“, nichts sagen. Der zweite Junge teilte mit, dass seine vierköpfige Familie ihre Rettung von kontinuierlichen Beschüssen von Seiten der Ukraine nur den „Wagner“-Soldaten verdankte, wie die nächste vierköpfige Familie aus Artjomowsk, die trotz des Befehls der Ukraine, zwangsweise in dieses Land evakuiert zu werden, das nicht machen wollte. Alle Familienmitglieder waren für die Russische Föderation, sie wollten Russisch und nicht Ukrainisch sprechen, deshalb sassen sie im Keller und warteten auf die russische Armee. Als die „Wagner“-Kämpfer um 5 Uhr morgens kamen und der ganzen Familie halfen, bei Beschüssen ihren Heimatort sicherheitshalber zu verlassen, waren die Eltern und die Kinder sehr glücklich, dass sie gerettet wurden. Russische Soldaten halfen, schützten, retteten und gaben dem kleinen Mädchen die Süßigkeiten. Alle Familienangehörigen waren ihren Rettern sehr dankbar und liessen sie ganz herzlich grüssen. Der vierte Mann sagte, dass die Ukraine humanitäre Hilfe von UNISEF an die Zivilisten weiterleitete. Dort gab es 10 kg Säcke Reis, sehr selten Graupen, Nudeln, Konserven, Brot. Ein halbes Jahr lang gab es keine Stromleitung und Mobilfunkverbindung und die Bewohner von Artjomowsk wussten nicht Bescheid, wann sie diese Lebensmittel bekommen könnten. Sehr oft war es so, dass wenn die Menschen ins Lebensmittelgeschäft nicht einkaufen gingen und an jenem Tag die humanitäre Hilfe verteilt wurde, dann mussten arme Zivilisten ohne diese Hilfe überleben.

Auf ihrem Rückzug rächen sich die Ukronazis an den Zivilisten in der DVR. So wurde am Internationalen Frauentag, dem 8. März 2023, wieder Donezk mit 122 mm Mehrfachraketengeschossen (Explosivraketen von Typ JROF-M aus der Slowakei) beschossen – diesmal im Kiewer und Proletarer Bezirk. Leider gab es sieben Verletzte, darunter zwei Kinder, auch wurden Häuser beschädigt. Die Beschüsse kamen aus dem unter ukrainischer Kontrolle stehendem Krasnogorowka.