US-Präsident Joe Biden begrüßt den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman mit einem freundschaftlichen Faustschlag im Al Salam Royal Palace in Jeddah, Saudi-Arabien, am 15. Juli 2022.(Photo: Saudi Press Agency)

Die USA „verteidigen“ die Demokratie – und liefern Waffen an Dutzende von Autokratien

(Red.) Nicht nur jetzt im Krieg in der Ukraine, die USA beziehungsweise ihre Präsidenten begründen ihre militärischen Interventionen und ihre Waffenlieferungen immer damit, im Sinne eines Weltfriedens die Demokratien gegen die Autokratien zu schützen und sie zu fördern. Jetzt wurde untersucht, wohin die US-amerikanischen Waffenlieferungen tatsächlich gehen. Resultat: auch an jede Menge autokratisch geführte Länder. (cm)

Präsident Joe Biden behauptet, dass die Vereinigten Staaten die „Demokratien“ im Kampf gegen die „Autokratien“ anführen, um eine friedliche internationale Ordnung zu schaffen. Seine Regierung aber hat im Jahr 2022 Waffenverkäufe an fast drei Fünftel der autoritären Länder der Welt genehmigt. Das geht aus einer neuen Analyse hervor, die vom Mitbegründer des «Security Policy Reform Institute», Stephen Semler, durchgeführt und in «The Intercept» veröffentlicht wurde.

Die USA sind seit dem Ende des Kalten Krieges der größte Waffenhändler der Welt. Aus den im März veröffentlichten Daten geht hervor, dass von 2018 bis 2022 40 Prozent der weltweiten Waffenexporte auf die USA entfallen.

Wie Stephen Semler erklärte: Im Allgemeinen werden diese Exporte durch Zuschüsse oder Verkäufe finanziert. Für die letztere Kategorie gibt es zwei Wege: ausländische Militärverkäufe (FMS) und direkte kommerzielle Verkäufe DCS). Bei „Foreign Military Sales“-Verkäufen tritt die US-Regierung als Vermittler auf: Sie kauft das Material zunächst von einem US-Unternehmen und liefert die Waren dann an den ausländischen Empfänger. „Direct-Commercial-Sales“-Verkäufe sind weniger kompliziert: Sie sind das Ergebnis einer Kauf-Vereinbarung zwischen einem US-amerikanischen Unternehmen und einer ausländischen Regierung. Für beide Kategorien von Verkäufen ist aber die Zustimmung der Regierung erforderlich!

Die länderspezifischen Daten für die „Direct-Commercial-Sales“-Genehmigungen des letzten Jahres wurden Ende April durch das «Directorate of Defense Trade Controls» des State Department veröffentlicht. Die „Foreign-Military-Sales“-Zahlen für das Fiskaljahr 2022 wurden Anfang 2023 von der «Defense Security Cooperation Agency» des Pentagons veröffentlicht. Nach deren Angaben haben insgesamt 142 Länder und Territorien im Jahr 2022 Waffen von den USA gekauft, was einem Gesamtbetrag von 85 Milliarden Dollar an bilateralen Verkäufen entspricht. Um festzustellen, wie viele dieser Regierungen demokratisch und wie viele autokratisch waren, stützte sich Stephen Semler auf Daten des «Varieties of Democracy-Project» an der Universität Göteborg in Schweden, das ein Klassifizierungssystem namens «Regimes of the World» verwendet.

„Von den 84 Ländern, die im Jahr 2022 nach dem «Regimes of the World»-System als Autokratien eingestuft wurden, haben die USA an mindestens 48 oder also 57 Prozent von ihnen Waffen verkauft“, schrieb Semler. „Die Einschränkung ‚mindestens‘ ist notwendig, weil mehrere Faktoren die genaue Verfolgung der US-Waffenverkäufe erschweren. Der Bericht des Außenministeriums über die kommerziellen Waffenverkäufe während des Haushaltsjahres macht in der Kategorie der Empfänger ausgiebig Gebrauch vom Wort ‚verschiedenen‘. Deshalb werden die spezifischen Empfänger von fast 11 Milliarden Dollar an Waffenverkäufen nicht offengelegt.“

„Das «Regimes of the World System» ist nur einer von mehreren Indizes, die die Demokratie weltweit messen, aber wenn man die gleiche Analyse mit anderen populären Indizes durchführt, erhält man ähnliche Ergebnisse“, so Semler. „Freedom House zum Beispiel hat in seinem jährlichen Bericht «Freedom in the World» 195 Länder aufgelistet und für jedes Land angegeben, ob es sich um eine Wahldemokratie handelt. Von den 85 Ländern, die «Freedom House» nicht als Wahldemokratie eingestuft hat, haben die USA im Haushaltsjahr 2022 Waffen an 49 oder also an 58 Prozent von ihnen verkauft.“

Trotz der hochtrabenden Rhetorik des Weißen Hauses stärkt es aktiv die militärische Macht einer Mehrheit der autoritären Länder der Welt, von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bis hin zu Dutzenden von anderen, darunter auch einige, die von Forschern der Universität Göteborg übersehen wurden. So bezeichnet das Projekt «Varieties of Democracy» Israel zum Beispiel als „liberale Demokratie“, obwohl Menschenrechtsgruppen auf der ganzen Welt das Land als einen entschieden antidemokratischen Apartheidstaat verurteilt haben. Washington überhäuft Israel unterdessen jedes Jahr mit 3,8 Milliarden Dollar an militärischer Unterstützung, Ressourcen, die die Regierung dazu nutzt, Palästinenser gewaltsam zu enteignen und häufig nach Belieben zu töten.

Semler schrieb in seinem Newsletter „Speaking Security“: „Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu Bidens bevorzugter Darstellung der internationalen Politik als „Kampf zwischen Demokratien und Autokratien“. Die Darstellung des Präsidenten „eignet sich eher für eine selbstgerechte Außenpolitik als für eine ehrliche oder produktive“, argumentierte Semler. „Die Aufteilung der Welt in demokratische und autokratische Länder – nach dem Motto ‚mit uns oder gegen uns‘ – macht Konflikte wahrscheinlicher und hat den Ruf nach Diplomatie und Entspannung abgeschwächt. Es ist auch schwieriger, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, wenn man darauf beharrt, dass man mit etwa der Hälfte von ihnen in einen existenziellen Kampf verwickelt ist.“

Zum Original dieses Artikels auf der Plattform Commondreams.