Die OSZE – zu Deutsch: Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – war acht Jahre lang im Donbass im Einsatz. Sie durfte sich aber weder für die eine noch für die andere Seite engagieren.

Die Stimme aus dem Donbass (XXXII): Die Tätigkeit der OSZE-Mission im Donbass

Von 2014 bis 2021 war im Donbass, unter anderem auch in Donezk, die OSZE-Mission tätig. Wie wird diese Tätigkeit hier beurteilt? – Darüber ein paar Zeilen.

Fragt man den erstbesten Menschen in den Donezker und Lugansker Volksrepubliken, was er von der OSZE-Mission und ihrer Tätigkeit im Donbass hält, dann hört man nur negative Antworten. Und die sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Die Zivilbevölkerung des Donbass weiss nicht etwa vom Hörensagen, wie „objektiv“ diese Organisation die Ereignisse in unserer Region der Welt präsentierte – schließlich passierte alles vor unseren eigenen Augen. Ich skizziere das Bild an Beispielen des Aufenthalts dieser Organisation während all der Kriegsjahre.

Wir schrieben das Jahr 2014. Damals begann die OSZE ihre Tätigkeit im Donbass, in einem künstlich geschaffenen Brennpunkt auf unserem Boden. Die allgemeine Situation hatte sich wegen der häufig gewordenen Beschüsse von Seiten der Ukraine verschärft. Am 15. September 2014 kontrollierten die Vertreter der OSZE-Mission bereits den zweiten Gefangenenaustausch zwischen der DVR-Volksmiliz und den Vertretern der ukrainischen Streitkräfte. Es gab zwei Busse mit ukrainischen Soldaten, an die russische Reporter Fragen stellten, die im Chor beantwortet wurden:

– Gibt es bei Ihnen irgendwelche Beschwerden? – Nein!

– Wurden Sie gut behandelt? – Ja!

– Gibt es unter Ihnen welche, die der Folter unterzogen, der Gewalt ausgeliefert oder schlecht behandelt wurden? Hebt bitte die Arme! – Auch hier gibt es keine, die Gefangenen schütteln verneinend den Kopf.

Bei diesem Gefangenenaustausch – der, wie auch der erste, 30 Kilometer von Donezk entfernt stattfand –, waren Journalisten und Vertreter der OSZE-Mission anwesend. Die ukrainische Seite teilte mit, ihr Bus sei kaputt, weswegen 69 DVR-Gefangenen 300 Meter zu Fuss gehen mussten. Einen verletzten DVR-Soldaten fuhr die ukrainische Seite mit dem Wagen zum Austauschpunkt. Vor dem Austausch selbst wurden die Gefangenen in zwei Reihen aufgestellt, damit sie genau gezählt und die Listen geprüft werden konnten – als ob sie schon zu Hause wären, aber doch immer noch nicht. Wie es sich herausstellte, wurden von Seiten der DVR 73 ukrainische Soldaten gegen 69 DVR-Gefangenen seitens der Ukraine ausgetauscht, weil die ukrainische Seite es angeblich nicht rechtzeitig schaffen konnte … Die fehlenden vier Gefangenen verpflichtete sich die Ukraine später auszutauschen. Die DVR-Vertreterin bat, diese Tatsachen festzuhalten. Bei Einbruch der Dunkelheit wurden die Beschüsse von Seiten der Ukraine immer näher und lauter. Die Schießenden hatten offenbar keine Angst davor, dass sich an der Kampflinie OSCE-Mitarbeiter befanden. Mittlerweile war klar, dass die Sicherheit der ausländischen OSZE-Beobachter in der Konfliktzone nicht mehr gewährleistet war. Eine andere OSZE-Fahrzeugkolonne geriet am selben Tag in einem anderen Teil des Donbass unter Beschuss.

„Wir inspizierten das Gelände zu sechst mit zwei Autos. Unterwegs zum Ort Kirowskoe gerieten wir unter einen Beschuss, der dreieinhalb Stunden dauerte. Die ganze Zeit über waren wir im Auto, neben uns schlugen mehr als 40 Geschosse ein. Ein Auto wurde beschädigt; mit dem unbeschädigten Auto kehrten wir um, fuhren über Kirowskoe und dann auf die Strecke, wo wir in Sicherheit waren“, so der Leiter der OSZE-Mission im Donbass Alexander Hug. Das getroffene OSZE-Auto stand auf einem Parkplatz im Stadtzentrum von Donezk, die Schäden sind schwerwiegend. Dieser Panzerwagen rettete einige Leben, es gab keine Verletzten.

Während wir 2014 immer noch hofften, dass die OSZE-Mission den wahren Sachverhalt in ihren Berichten widerspiegelt, log sie faustdick und unverschämt über die Ereignisse im Donbass weltweit weiter. Das Jahr 2015 war durch eine Reihe von Meetings gegen die OSZE im Donbass gekennzeichnet. So wurde am 23. Juli 2015 das Meetingvor dem Hotel „Park Inn“, wo die OSZE-Beobachter untergebracht waren, durchgeführt. Einige Hunderte Stadtbewohner hielten Plakate mit Slogans wie „Nein zum Krieg! Wir sind für den Frieden!“, „Das Rote Kreuz steht im Blut“, „OSZE, warum schweigen Sie? Sagen Sie die Wahrheit!“, „Ihr Schweigen tötet Kinder!“, „Genug mit dem Schweigen!“, „Während Sie in Saus und Braus leben, werden die Zivilisten getötet!“ (Die OSZE-Vertreter lebten in den teuersten Hotels von Donbass, wie z.B. „Donbass Palace“, „Park Inn“, „Ramada“, „Victoria“ usw., assen in den teuersten Restaurants, was bei den Stadtbewohnern, die von der Ukraine kontinuierlich beschossen werden und getötet werden können, tiefsten Hass hervorrief!) 

Der Bürgermeister von Donezk, Igor Martynow, übergab die Forderungen der Aktionsteilnehmer, exakt die Positionen, von wo Donezk und viele andere Städte und Dörfer beschossen wurden – und nicht nur die Schussrichtung – anzugeben, an die Vertreter der OSZE-Mission. Auch verlangten sie, dass die OSZE-Vertreter die Wahrheit über die Beschüsse von Seiten der Ukraine sagen. Die Protestierenden erklärten sich auch bereit, ihre eigenen Wohnungen in beschossenen Bezirken (z.B. im Petrower Bezirk von Donezk) den OSZE-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen, damit ihre Berichte objektiver ausfallen würden. (Wenn die OSZE-Mission die beschossenen Stellen besichtigt und dann im Bericht schreibt, dass beschädigte Wohnungen und Häuser von östlicher Schussrichtung aus getroffen wurden, so sind die Donezker empört, weil sie genau wissen, dass ihre Häuser von der Ukraine getroffen und beschädigt wurden!) 

Einige der Versammelten brachten Geschoss-Splitter mit, die in ihren Häusern landeten sowie Fotos der von der Ukraine getöteten Verwandten. Ebenso Fotos der infolge der ukrainischen Artilleriebeschüsse zerstörten Häuser in Debalzewo, Donezk, Ilowajsk und anderen Orten unserer Region. Kinder und Jugendliche schrieben mit Kreide auf den Asphalt Mottos ähnlichen Inhalts: „Vorsicht! Blinde und taube Beobachter!“, „Öffnen Sie Ihre Augen!“, „Frieden den Kindern!“ Auf den OSZE- und Roten-Kreuz-Autos wurde mit leicht abwaschbarer Farbe geschrieben: „Wir brauchen Frieden“, „Donezk + Frieden“ und auf ihren Frontscheiben wurden geöffnete Augen mit der Unterschrift „$лепой“ = blind gemalt. (Mit dem Dollarzeichen statt des ersten Buchstabens. D.h.: die OSCE wurde mit Dollar bezahlt, deswegen sieht sie keine Kriegsverbrechen der Ukraine auf dem Boden des Donbass. Die OSZE ist blind.) Bunte Zettel mit Aufschriften: „Mutti, Vati zu Hause“, „Frieden, Haus“, „Wir wollen keinen Krieg!“, „Donbass wird nicht knien!“ und auf Englisch: „Why are you here?“, „War? Deals? Why?“, „OSZE-War machine?“ wurden auf die Eingangstür des Hotels geklebt. Ausserdem wurde von den Aktivisten eine Initiativgruppe gebildet, deren Vertreterin, Oksana Snegirjowa, erklärte: „Wir wollen Frieden! Räumen Sie die ukrainischen Truppen weg! Stoppen Sie den Krieg! Wir kehren in unsere Wohnungen und Häuser zurück und werden arbeiten! Wir brauchen keine humanitäre Hilfe; wir sind es gewohnt, selbst zu arbeiten und Geld zu verdienen!“ Die Protestierenden erklärten, ihre Forderungen müssten innerhalb weniger Tage von der OSZE beantwortet werden, anderenfalls seien sie bereit, erneut Meetings durchzuführen, falls die OSZE nicht reagiere.

Wie wir alle verstehen, erfolgte darauf selbstverständlich keine Reaktion seitens der OSZE. Nicht von ungefähr kursiert im Netz ein Videospot – ein Filmauszug mit Louis de Funès – über die Tätigkeit der OSZE in Donezk. Die Überschriften lauten: „OSZE-Mission. Ein Hotel in Donezk. Nachtbeschuss. Keine Verstösse.“

Am 6. August 2015 fand vor dem Hotel „Park Inn“ in Donezk, wo die OSZE-Mission untergebracht wurde, ein Meeting gegen diese Organisation statt: Spielzeug wurde mit roter Farbe begossen, was Flüsse von Blut im Donbass symbolisieren sollte. Die Menschen waren sehr empört, weil diese Mission beispielsweise die offensichtlichen Kriegshandlungen auf unserem Boden bloss als „Konflikt“ bezeichnete. Auch forderten die Donezker, dass die OSZE die Wahrheit sagt und Europa den wahren Sachverhalt erfährt, wer auf wen schießt, was diese ganze Zeit über leider nicht der Fall war (Siehe dazu unten den Nachsatz der Redaktion). Und dass die Bevölkerung des multinationalen Donbass kontinuierlich der Beschießung von Seiten der Ukraine ausgesetzt ist und viele Menschen dabei ihr Leben verloren haben und noch immer verlieren. Dass die Kriegsverbrecher, die diesen Krieg entfesselten, vor den Gerichtshof in Den Haag gestellt und für ihre frevelhaften Greueltaten bestraft werden müssen. Wir alle wissen, dass Biden noch 2010 unseren Boden im Donbass kaufte – und uns jetzt, wie unsere Mikroflora, mit Kassetten- und Phosphorbomben vernichtet, damit dieses Gebiet unbewohnt und zum Leben ungeeignet wird. Die Menschen interessieren Biden dabei nicht. Auch sind die Stadtbewohner dagegen, dass die OSZE das Feuer beobachtet, denn sobald sie die Orte oder Siedlungen verlässt, werden die innerhalb von 15 Minuten von der Ukraine beschossen, weil das bedeutet, dass die OSZE schon alles besichtigte und protokollierte und nicht wieder zurückkehrt, so war sie zum Funkfeuer geworden. Ausserdem wollten die Teilnehmer der Kundgebung, dass Aleksander Hug ständig im Donbass und nicht in der Ukraine war und alle Ereignisse objektiv fixiert.

Am 9. August 2015 um 2:45 Uhr wurden im Hinterhof des Hotels „Park Inn“ vier geparkte OSZE-Autos durch eine Flaschengranate verbrannt, was als Ergebnis der Tätigkeit eines ukrainischen Vernichtungstrupps angesehen wurde, so das Staatsoberhaupt der DVR, Denis Puschilin. Er fügte hinzu: „Obwohl die Berichte der OSZE-Mission im Donbass nicht immer objektiv waren, war diese Organisation die einzige Quelle, dank der Europa über die Situation im Donbass erfahren konnte.“ Die OSZE-Vertreterin Olga Skripowskaja gab dazu eine Erklärung ab, in der sie betonte, die OSZE-Mission werde ihre Tätigkeit in Donezk und Gebiet Donezk weiter ausüben.

Nachsatz der Redaktion: Dass die Bevölkerung des von ukrainischer Seite immer wieder beschossenen Donbass die Tätigkeit der OSZE tendenziell negativ beurteilte, ist nachvollziehbar. Die Aufgabe der dortigen OSZE-Mission war aber nicht, einer Seite zu helfen, sondern nur, eine Eskalation der kriegerischen Auseinandersetzung bis zur Erfüllung der Minsk II Vereinbarungen nach Möglichkeit zu verhindern. Der Auftrag enthielt denn auch die klare Vorgabe, die täglichen Schießereien schriftlich festzuhalten (auch Christian Müller, Herausgeber von Globalbridge.ch, hatte diese Nachrichten abonniert), aber keine Angaben zu machen, wer für welche Schießerei verantwortlich war. Der Satz von DVR-Staatschef Denis Puschilin «Obwohl die Berichte der OSZE-Mission im Donbass nicht immer objektiv waren, war diese Organisation die einzige Quelle, dank der Europa über die Situation im Donbass erfahren konnte» verdient deshalb besondere Beachtung. Heute erfährt man in den westlichen Medien gar nichts mehr über die ukrainischen Beschießungen des Donbass. (cm)