Die Schweiz – die Confoederatio Helvetica – hat gelernt, friedlich zusammenzuleben, trotz unterschiedlicher Kulturen und Sprachen. Rot: deutsches Sprachgebiet, Blau: französisches Sprachgebiet, Grün: italienisches Sprachgebiet, Gelb: rätoromanisches Sprachgebiet. (Quelle: admin.ch)

Die Schweiz ist als neutraler Staat für Vermittlungen prädestiniert – und die Welt braucht Vermittler!

Bis vor kurzem gehörte es zum Schweizer Selbstverständnis, bei internationalen Konflikten auf der eigenen, historisch gewachsenen Neutralität zu bestehen und den Konfliktparteien die Guten Dienste zur Vermittlung anzubieten. Am 28. Februar 2022 hat der Bundesrat aber die Neutralität gebrochen oder vielleicht sogar für immer beerdigt, als er beschloss, die EU-Sanktionen gegen Russland pauschal zu übernehmen. Eine Schande! Gerade auch die gegenwärtigen geopolitischen Konflikte zeigen, dass nichts so gefragt ist, wie ein echt neutraler Mediator!

Ich habe auf Globalbridge.ch über diesen skandalösen Entscheid des Bundesrates, der Schweizer Regierung, ausführlich berichtet. Nun gibt es eine Chance, diesen Demokratie-fernen Entscheid zu korrigieren. Die Schweizer Bevölkerung muss das unbedingt tun, denn kaum ein anderes Land der Welt ist so prädestiniert, bei internationalen Konflikten die Vermittlerrolle zu übernehmen.

Die Vorteile der Schweiz:

1. Die geographische Lage der Schweiz in einmalig. Sie hat fast keine natürlichen Grenzen – Flüsse oder Berge – und sie hat es trotzdem geschafft, ein zusammenhängendes und zusammenhaltendes Staatsgebilde zu schaffen.

2. Die Alpen trennen Europas Norden und Süden. Die einzige Stelle, wo zur Überquerung der Alpen nicht zwei Bergketten überquert werden müssen, sondern nur eine, der Gotthardpass, ist nicht zu einem trennenden, sondern einem verbindenden Übergang geworden – nicht zuletzt dank dem Wiener Kongress, der 1815 beschloss, diesen Alpenübergang der Schweiz zuzuteilen und ihr die Neutralität zu verpassen, mit dem Ziel, keiner der europäischen Großmächte einen militärisch-verkehrstechnischen Vorteil zu verschaffen.

3. Die Schweiz ist ein Binnenland ohne Meerhafen, der geopolitisch wichtig sein könnte. Und, was viele vergessen, das Wasser der Schweiz fließt in vier verschiedene Meere! Aare, Reuss, Limmat fließen in den Rhein und dieser in die Nordsee. Die Rhone fließt ins (französische) Mittelmeer. Der Ticino fließt in das Adriatische Meer und der Inn im Engadin fließt über die Donau ins Schwarze Meer. So ist die Schweiz über den Kreislauf des Wassers mit ganz Europa verbunden. Welches andere Land ist so in allen vier Himmelsrichtungen über die Natur vernetzt?

4. Der höchste Punkt der Schweiz, die Dufour-Spitze im Monte Rosa-Massiv, ist 4634 Meter hoch, nur 175 Meter niedriger als der höchste Punkt Europas, der Mont Blanc. Und der tiefste Punkt, der Lago Maggiore, hat einen (durchschnittlichen) Wasserspiegel von 193 Metern über Meer, der tiefste Punkt im See ist sogar fast 200 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Schweiz kennt die Probleme aller Höhenlagen!

5. Die Schweiz hat – wichtig! – keine Bodenschätze! Viele, ja fast alle Kriege der letzten Jahrzehnte in aller Welt, haben auch mit Bodenschätzen zu tun: mit Erdöl und Erdgas, aber auch mit Kupfer, Lithium oder Gold usw. Bodenschätze bringen Reichtum, schaffen Abhängigkeiten, sind vor allem aber auch die Ursache von Besetzungen mit militärischer Gewalt. Das Schweizer Wirtschaftswunder basiert nicht auf Bodenschätzen, es basiert auf Innovation und Fleiss – und, das sei nicht verschwiegen, in der Vergangenheit auch auf Ausbeutung der Unterschicht und auf Zwangsarbeit. Heute aber – positiv! – auch auf einem Bildungssystem, das auch Jugendlichen aus ärmlichen Verhältnissen eine gute Ausbildung ermöglicht und, ein zusätzlicher Vorteil, eine relativ späte Berufswahl-Entscheidung erlaubt. Die Schweiz wird also nie der Bodenschätze wegen militärisch angegriffen und besetzt werden, da sie – noch einmal: glücklicherweise! – über keine Bodenschätze verfügt und sich nie auf Reichtum aus Bodenschätzen verlassen konnte und kann. Und deshalb auch entsprechend unabhängig und nicht so leicht erpressbar ist. (Die Abhängigkeit der Großbanken von den USA lassen wir hier mal weg.)

6. In der Schweiz haben mehrere Religionen und Konfessionen nebeneinander Platz. Es gibt in der Schweiz Kirchen der Römisch-Katholischen Kirche, der Reformierten Landeskirche, der Altkatholischen bzw. Christkatholischen Kirche, etlicher sogenannter Freien Kirchen, es gibt aber auch Synagogen und Moscheen. Konflikte zwischen religiösen Gemeinschaften sind kaum bekannt.

7. Und nicht zuletzt hat es die Schweiz auch geschafft, vier verschiedene Sprachen nebeneinander formell zu anerkennen und zu sprechen. Selbst im Parlament dürfen die Parlamentarier in drei verschiedenen Sprachen referieren und Bundesakten werden immer mindestens in drei Sprachen erstellt.

Welches andere Land hat diese landschaftliche und kulturelle Diversität, und dazu ein politisches System, das so direktdemokratisch ist, wie das schweizerische? Wo die Bevölkerung gegen alle vom Parlament beschlossene Gesetze das Referendum ergreifen und sogar Vorschläge für Verfassungsänderungen machen und darüber abstimmen kann? Und in welchem Land ist die Parteien-Vielfalt bis in die Exekutive hinein repräsentiert und auf Konsens ausgerichtet? Und das nicht einen übermächtigen Bundespräsidenten, sondern nur einen Bundesratspräsidenten oder eine Bundesratspräsidentin hat, die nach dem Anciennitätsprinzip jedes Jahr wechseln?

Die meisten Kriege haben ihren Ursprung in nationalistischen und/oder machtpolitischen Ansprüchen. Welches Land wäre da geeigneter, in politischen und militärischen Konflikten als neutraler Vermittler zu dienen und mitzuhelfen, friedliche Lösungen zu suchen und zu finden?

Gerade die letzten Jahre (seit 2014 in der Ukraine), die letzten Monate (seit Februar 2022 in der Ukraine), die letzten Wochen (seit September in Armenien) und gerade auch die letzten Tage (in Israel und Gaza) zeigen in eindrücklicher Klarheit, dass es weltweit an geeigneten, politisch unbelasteten, unabhängigen – neutralen! – Vermittlern fehlt! 

Nicht nur für uns! Auch für Andere!

Die Schweizer Bevölkerung darf auf ihr friedliches Zusammenleben stolz sein. Sie sollte ihre diesbezüglichen Errungenschaften aber nicht nur nicht aufgeben, sondern auch die – oft schwer leidenden! – Menschen in den Konflikt-Regionen dieser Welt davon profitieren lassen: als unabhängige und faire Vermittlerin, im Falle abgebrochener zwischenstaatlicher Kommunikation auch als Interessenvertreterin beider Konfliktparteien. Viele Länder sehnen sich nach einem ehrlichen Mediator!

Ein erster und wichtiger Schritt muss gerade jetzt bei den Wahlen sein, jenen Politikern die Stimme zu verweigern, die sich der NATO nähern möchten und die die durch den Bundesrat bereits beschädigte Neutralität damit weiter beschädigen und zerstören. Und ein sinnvoller Schritt ist auch die Unterzeichnung der Neutralitäts-Volksinitiative, von wem auch immer sie initiiert worden ist. Die Neutralität darf nicht der Wahlpropaganda zwischen Rechts und Links zum Opfer fallen! Sie gehört zu unserer Schweizer Identität!