Der belarussische Botschafter in der Schweiz, Aliaksandr Ganevich, erzählt, wie es sich unter den Sanktionen der USA, der NATO und der EU – inklusive Schweiz – leben lässt. (Foto Christian Müller)

Die Schweiz hält die Sanktionen gegen Belarus besonders streng ein…

Am 30. Kongress «Mut zur Ethik» der ‹Genossenschaft Zeit-Fragen› Anfang September in Sirnach durfte auch der belarussische Botschafter in der Schweiz Aliaksandr Ganevich ein kurzes Referat halten. Dabei erwähnte er, dass die Schweiz die von der EU pauschal übernommenen Sanktionen gegen Belarus besonders genau einhalte. Wirklich? Wie das im Detail aussehen kann, habe nun auch ich persönlich erfahren …

Es war eine relativ kurze und spontane Rede, und in freundlichem Ton, aber was mir – ich sass unter den Zuhörern – natürlich besonders in Erinnerung geblieben ist: Während etliche Länder, die die Sanktionen gegen Russland und gegen Belarus mitinitiiert und einzuhalten versprochen haben, darunter auch die USA (!), betreiben, um einige Ecken herum, trotzdem Handel mit Belarus – nicht aber die Schweiz! Als Beispiel, so der Botschafter: Wenn Belarus jetzt Ersatzteile für defekte medizinische Geräte brauche, die sie in der Schweiz gekauft und aus der Schweiz importiert hatten, komme eine Absage. Mit Verweis auf die Sanktionen seien die Schweizer Unternehmen nicht bereit, Ersatzteile zu liefern, auch nicht Ersatzteile für medizinische Geräte! Ich war, man darf es mir glauben, ob dieser Aussage doch ziemlich entsetzt. Unnötig zu erklären, wer nun unter den defekten und mangels Ersatzteilen nicht mehr reparierbaren medizinischen Apparaturen zu leiden hat …

Szenenwechsel

Vor wenigen Wochen forderte ich Ralph Bosshard, den Analytiker für polit- und militärstrategische Fragen, der immer wieder auch für Globalbridge.ch schreibt und der Belarus gut kennt, auf, einen Bericht zum Thema Kalium zu schreiben, weil durch den blockierten Export dieses Düngemittels nicht nur Belarus, sondern auch etliche Bezugsländer «bestraft» werden, konkret die betroffenen Landwirtschaften und damit natürlich auch deren Bevölkerung. Ralph Bosshards Bericht erschien auf Globalbridge.ch am 14. September. Und wie abgesprochen, erhielt Globalbridge.ch deshalb auch die fällige Honorarrechnung. Dort standen auf der Zeile ‹Zweck der Zahlung› die Stichworte «Belarus Kalium». Globalbridge.ch wies die Zahlung wie üblich per eBanking an. Alles ganz normal. Aber dann kam ein Telefon der Bank. Die interne Kontrollstelle habe diese Zahlungsanweisung «Belarus Kalium» gesehen und müsse wissen, wofür dieses Geld bezahlt werden müsse und wer dieser Zahlungsempfänger Ralph Bosshard sei. Achtung: Es ging bei dieser Zahlung mit dem verdächtigen Zahlungszweck-Wort „Belarus“ um einen Betrag unter 300 Schweizer Franken! 

Mit der Erklärung, dass es sich um ein Autoren-Honorar für einen bestellten Artikel auf der Plattform Globalbridge.ch handle, und mit der Information, dass der Bezüger Ralph Bosshard 25 Jahre lang Mitarbeiter des Schweizer Verteidigungsministeriums VBS, drei Jahre lang Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der Schweiz bei der OSZE und drei Jahre lang Stabsoffizier bei der Hochrangigen Planungsgruppe der OSZE› war und im übrigen ganz normal in der Schweiz wohne, was man ja schon aus dem Zahlungsauftrag ersehen könne, gab sich die anrufende Dame der Bank dann immerhin zufrieden.  

Jetzt verstehe ich die Aussage des belarussischen Botschafters, die Schweiz halte die Sanktionen gegen Belarus besonders streng ein, natürlich sehr gut. Man stelle sich vor, ich hätte aus Belarus tatsächlich Kali-Dünger bestellt – für einen Betrag unter 300 Franken! – und ich hätte dafür, also für den Dünger, bezahlen  wollen … !

Der Botschafter hätte mit gutem Grund auch sagen können, die Schweiz halte die Sanktionen gegen Belarus besonders pingelig ein. Aber wie Botschafter eben sind: Sie sind anständig und diplomatisch. Aliaksandr Ganevich sagte: „besonders streng …“