Alexej Navalny – eine atemberaubende Geschichte (Bild Watson)

Alexej Navalny: kein Thema für Globalbridge.ch?

Es war zu erwarten, dass nach der Meldung vom Tod Navalnys alle großen deutschsprachigen Medien sofort und aufwendig darüber berichten werden – und so ist es auch gekommen. Erwartungsgemäß sind fast alle Berichte voll des Lobes dieses Mannes, ohne auch nur mit einem Wort auf seine Schattenseiten einzutreten, streng nach dem Prinzip «De mortuis nihil nisi bene» (Über Verstorbene nichts außer Gutes). Wir beschränken uns in dieser Medienkritik auf zwei Beispiele: «CH-Media» und «Arte»

Den Vogel abgeschossen hat einmal mehr die «Schweiz am Wochenende». Auf der Frontseite ein riesiges Bild – eine Bildmontage – mit dem Gesicht des verstorbenen Navalny, umgeben von Blumen. Die Headline dazu: «Putins grösster Gegner Alexej Navalny ermordet». Dann auf der Doppelseite 2/3 vier Fotos und vier Artikel. Wiedergegeben seien hier nur vier kurze Zitate aus den vier Beiträgen:

Unter dem Titel «Editorial: Ein Martyrer für die Demokratie» stand da von Raffael Schuppisser, Stv. Chefredakteur von CH-Media, auch dies: «Wie er auch umgekommen ist, ob er umgebracht wurde oder ihn die Kräfte verlassen haben: Nawalny ist den Märtyrertod gestorben. Er hat sein Leben für die Demokratie und Freiheit gelassen. Und für alle, die diese Werte mit ihm teilen.»

Unter der Headline mit riesigen Buchstaben «Ein Mord, kein Tod» konnte man zum Beispiel das lesen: «‹Die Verantwortung für seinen Tod hat allein Putin, unabhängig vom formalen Grund›, so Michail Chodorkowski, ehemaliger Ölmagnat und Putins früherer Feind Nummer 1.»

Unter der mehr als seitenbreiten Headline «Mit Alexej Nawalny stirbt der Traum vom schönen Russland» schrieb ein (unbekannter) Ivan Ruslyannikov den Satz: «Die präzise Formulierung ist wichtig: Nawalny starb nicht, sondern wurde ermordet.»

Und unter der Headline «Ich will, dass Putin bestraft wird» schrieb Hansjörg Friedrich Müller aus Berlin: «Deutsche Politiker sehen die Schuld an Nawalnys wahrscheinlichem Tod ebenfalls im Kreml. Der Oppositionelle habe seinen Mut mit dem Leben bezahlt, sagte Kanzler Olaf Scholz.»

Nach dem Bildaufmacher auf der Frontseite dann also eine ganze Doppelseite, aber kein einziger Hinweis auf das wirkliche Leben Alexej Nawalnys und auf seine teilweise fürchterlichen Publikationen, etwa auf das Video, in dem er erklärte, um normale Insekten zu töten, genüge eine ganz normale kleine Fliegenklatsche – und er zeigte eine solche –, aber um diese «Kakerlaken», die Einwanderer aus dem Kaukasus abzuwehren, empfehle er den Einsatz einer Handfeuerwaffe – und er zeigte in diesem Video eigenhändig eine Pistole. Ist das Kampf für die Demokratie und Kampf für die Freiheit?

Für die meistgelesene Schweizer Zeitung «Schweiz am Wochenende» gab es erwartungsgemäß nur eines: Den Tod von Nawalny groß aufzumachen, um damit Putin schlecht zu machen. Informativer und redlicher Journalismus?

Es gibt bessere Berichte

Echt informativ dagegen ist zum Beispiel ein mehr als zweistündiges Video von «Arte», das man sich ansehen kann, das zwar auch der Verherrlichung von Nawalny dient, aber in dem immerhin auch seine Schattenseiten thematisiert werden. Wer sich das anschaut, kann sich da ab Minute 20 einiges ansehen, inkl. dieses Video mit dem Mordaufruf gegen die Einwanderer. Und was auch beachtenswert ist: So ab Minute 120 kommen Journalisten zu Wort, die sich lange Jahre für Nawalny eingesetzt hatten, dann aber von Nawalny schlicht fallengelassen wurden. Er duldete niemanden mit einer eigenen Meinung.

Der psychologisch geschulte – noch besser: der psychiatrisch geschulte – Betrachter sieht da ziemlich deutlich, dass es Nawalny nicht primär um den Kampf gegen Putin, sondern um seine eigene politische Karriere ging. So etwa begründete er die Unterstützung der Migranten-Hasser damit, dass er auf diesem Weg zusätzliche Unterstützer seiner anvisierten politischen Karriere zu gewinnen hoffte. Ausländerfeindlichkeit ist eine bekannte Methode, politische Unterstützung zu finden – nicht nur in Russland, wie man weiß.

Und hier zum Arte-Video:

Hier anklicken! Doch Achtung! Eine Youtube-Version, die am Samstagnachmittag noch funktioniert hatte, war am Sonntagabend bereits gesperrt. Das hier ist nicht mehr die gleiche Version wie noch am Sonntag, und nicht identisch mit der Version auf Youtube. Globalbridge.ch wird versuchen, die originale Version wieder zu finden und hier online zu stellen. – Eine schriftliche Anfrage bei «Arte», warum das Video massiv gekürzt wurde, wurde bisher nicht beantwortet. (cm)