Ein paar Sekunden vor der Explosion der Vladlen Tatarskij geschenkten Statuette, die Vladlen Tatarskij (vorne rechts im schwarzen T-Shirt) anlässlich einer Lesung in einem Café an de Universitetskaja Uferstrasse von Sankt Petersburg das Leben kostete.

Aktuell aus dem Donbass: Der Tod des Kriegsberichterstatters Vladlen Tatarskij

Der Kriegsberichterstatter Maxim Fomin, bekannt unter dem Decknamen Vladlen Tatarskij, war immer darauf gefasst, getötet zu werden. Aber als am 2. April 2023 bei der Lesung in einem Café von Sankt Petersburg die ihm mit seiner Abbildung von Darja Trepowa geschenkte Statuette explodierte, kam er tatsächlich ums Leben … 

Maxim war unser Landsmann: Er stammte aus dem Donbass, genauer gesagt: aus Makeewka, einer kleinen Industriestadt bei Donezk, die bei uns schon längst als dessen Vorort gilt. Er wurde am 25. April 1982 als Sohn eines Bergarbeiters geboren. Am 8. Dezember 2011 beraubte er eine Filiale der „Privatbank“ in Makeewka, wofür er zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Er verbüsste die Strafe im Gefängnis von Gorlowka. Nachdem es dort einen Volltreffer von Seiten der Ukraine gegeben hatte, brach er am 27. August 2014 aus diesem Gefängnis aus. Seitdem nahm er aktiv an der Verteidigung des Donbass gegen das ukrainische neonazistische Regime teil. Sein Pseudonym wählte er zu Ehren von Vavilen Tatarskij, des Protagonisten des Romans „Generation П“ von Viktor Pelewin. ‚Vladlen‘ war von Pelewins Schaffen sehr begeistert und verglich die Ereignisse im Donbass mit denen in seinem Roman „S.N.U.F.F“.

Alles passierte unerwartet. Und die Tatsache, dass der Kriegsberichterstatter und Blogger Vladlen Tatarskij nicht auf dem Schlachtfeld, nicht an der Front, nicht im Donbass, nicht mit der Waffe in der Hand, sondern ganz weit ab vom Schuss, während einer kreativen Veranstaltung – seiner eigenen Lesung, organisiert und durchgeführt im Café „Street Food Bar № 1“ in der Universitetskaja Uferstrasse von Sankt Petersburg –, nicht von einem ukrainischen Soldaten im Kampf, sondern von einer russischen Frau, die vom Sicherheitsdienst der Ukraine angeworben worden war, getötet wurde, macht dieses Attentat besonders zynisch und gemein. Die Feinde planten und durchdachten alles bis ins Detail: Der Sprengstoff wurde in die Statuette mit der Abbildung von Vladlen selbst versteckt, die Darja, in einem Karton verpackt – wie die Videoaufnahme festhielt –, mitbrachte. Sie kam selbst zu dieser Lesung: Eine auffallende langhaarige stattliche Blonde betrat den Zuschauerraum und stellte sich Vladlen nicht als Darja, sondern als „Nadezhda“ vor.

Das von Vladlen 2019 geschaffene Portal „Terrikony Donbassa“ wurde der Geschichte des Konflikts in unserer Region gewidmet, an dem die Vertreter der Volksmiliz teilnahmen. Dort konnte man beispielsweise die Besprechungen von einigen Kämpfen mit ihren direkten Akteuren finden – sowohl von Seiten der Volksmiliz als auch von denen der Ukraine. Tatarskij veröffentlichte dort auch analytische Artikel.

„Terrikony Donbassa“ wurde zum Sprungbrett für Tatarskijs Berühmtheit im Medienbereich. Er trat in Fernsehsendungen auf, eröffnete seinen Blog bei Telegram, wo er über das Überleben auf dem Schlachtfeld erzählte und psychologische Aspekte der an Kriegshandlungen Teilnehmenden beschrieb. Diese Veranstaltungen besuchten oft die Veteranen der Volksmiliz, die Militärs, die in Syrien waren. Ausserdem wurde Vladlen Tatarskij als Schriftsteller bekannt: In den letzten zwei Jahren verfasste er zwei autobiographische Bücher „Beg“ (= „Lauf“), „Wojna“ (= „Krieg“) und die Sammlung der schöngeistigen Erzählungen „Meditazija“ (= „Meditation“). Alle drei Werke sind den Kriegshandlungen im Donbass gewidmet.

Die Dame hörte dem Redner zu und wollte ihm später ein Geschenk – eine vergoldete Statuette mit seiner Abbildung – überreichen. Tatarskij erinnerte sich an Trepowa, die schon früher seine Lesungen besucht hatte. Diesmal stellte sie sich aber nicht als Darja, sondern Nastja vor. Der Kriegsberichterstatter schlug ihr vor, sich neben ihn zu setzen, aber Trepowa nahm weiter entfernt Platz. Sie reagierte merkwürdig, als Tatarskij das Geschenk betrachtete: Sie streckte die Arme nach vorne aus, als ob sie Angst vor der Gefahr hätte und schlug ihre Hände vors Gesicht. Tatarskij wollte gerade die Statuette in den Karton zurück verpacken, als sie explodierte. Er wurde getötet und es gab etwa fünfzig Verletzte, darunter zwei Kinder. Darja Trepowa verliess das Café wie ein Fisch im Wasser, stand eine Weile im Menschengedränge und fuhr zur Mietswohnung, die ein paar Minuten zu Fuss entfernt vom Tatort war. Dort schnitt sie ihre Haare ab, zog sich um und fuhr vier Stunden lang mit verschiedenen Taxis durch die Stadt. Sie hatte zwei Tickets, eines von ihnen für einen Flug nach Buchara um 21.20 Uhr vom Flughafen Pulkowo. Nach dem Attentat hätte sie dorthin rechtzeitig ankommen können, aber aus irgendeinem Grunde fuhr sie nicht dorthin, sondern blieb bei ihrem Bekannten Dmitrij Kassinzew im Norden der Stadt. Dort wurde sie festgenommen, ihr drohen nun 20 Jahre Haft. Sie gestand, dass sie Tatarskij die Bombe aushändigte. Die Detonationsleistung dieses todbringenden Geschenks betrug 200 g im Trotyläquivalent.

Die Mitarbeiter des Inlandgeheimdienstes und des Ermittlungskomitees der Russischen Föderation stellten den Mittäter des Mordes von Vladlen Tatarskij fest. Das war Jurij Denissow – ein Mitglied des ukrainischen terroristischen Vernichtungstrupps, der Darja Trepowa den getarnten Sprengsatz überreichte. Die unmittelbare Täterin dieses blutigen Attentats, Darja Trepowa, befindet sich nun in Untersuchungshaft. Heute wurde bei uns in den Nachrichten berichtet, dass der Sicherheitsdienst der Ukraine und seine Agenten (darunter sich im Ausland versteckende russische Oppositionelle), die Organisatoren dieses Attentats waren. So riefen die Leiter der extremistischen Organisation „Korruptionsbekämpfungsfonds“ (rus.: „Фонд борьбы с коррупцией“), L. Wolkow und I. Zhdanow, nach dem Anfang der Speziellen Militäroperation auf, die Zersetzungsarbeit in Russland durchzuführen zum Zweck der Veränderung der Verfassungsordnung mit allen verfügbaren Mitteln. Übrigens, die Interessen von Trepowa vertritt der Rechtsanwalt Daniil Bermann, in dessen Dienstliste die skandalösen Namen (L. Tschanyschewa – Koordinatorin des Stabs von Nawalnyj in Ufa, M. Aljochina – Teilnehmerin der Gruppe „Pussy Riot“, E. Gerschkowitsch – amerikanischer Journalist, der wegen der Spionage angeklagt wurde) waren. Jurij Denissow stammt aus der Stadt Tores (jetzt DVR), wo er 1987 geboren wurde. Daher rief sein ukrainischer Pass keinen Verdacht beim Grenzübergang hervor. Er kam im Februar 2023 aus der Stadt Kiew durch Litauen nach Moskau und stellte Ermittlungen über die Lebensweise und Aufenthaltsorte Tatarskijs an. In Russland kaufte er ein zweites Auto und verfolgte Vladlen Tatarskij, als dieser Moskau oder Sankt Peterburg besuchte. Nach dem Attentat flog Jurij Denissow über Armenien in die Türkei. Auch wurde schon die Vorgehensweise seiner Ausschreibung zur internationalen Fahndung initiiert.

Am 8. April wurde Vladlen Tatarskij auf dem Friedhof „Troekurowskoe“ in Moskau bestattet.

Leider wächst die Liste der Journalisten, die für die Wahrheit in diesen Kriegsjahren mit dem Leben bezahlten: Darja Dugina, Maxim Fomin …. Stop!