US-Generalmajor der Armee Michael Repass, zuständig für die Ausbildung der ukrainischen Armee in den letzten Jahren.

Zur Mitverantwortung der USA und der NATO am Einmarsch der russischen Armee

Die älteste und beste Informationssendung des öffentlich-rechtlichen Radios der Schweiz, das «Echo der Zeit», hat die militärische Provokation der USA in der Ukraine mit einem Interview mit einem US-General anschaulich bestätigt – wenn auch kaum mit dieser Absicht.

In einem Interview der USA-Korrespondentin des «Echos» Isabelle Jacobi mit dem US-Armee Generalmajor Michael Repass erklärt dieser voller Stolz, dass die Armee der Ukraine im Jahr 2014 – im Jahr des Putsches gegen den damaligen, ordentlich gewählten Präsidenten Wiktor Janukowytsch auf dem Maidan – noch schwach und ungenügend organisiert war und dass sie nur dank der intensiven Unterstützung durch die US-Berater und durch die massiven Waffenlieferungen aus dem Westen heute so stark sei. Michael Repass war persönlich seit 2016 in der Ukraine im Einsatz und für diese militärische US-Unterstützung der Ukraine bis im Januar 2022 dafür verantwortlich. Es lohnt sich, dieses vierminütige Interview hier anzuhören.

Leider versäumte Isabelle Jacobi die Frage an den US-General, ob es denn nicht sein könnte, dass gerade diese militärische Unterstützung der Ukraine durch die USA auch eine klare Provokation Russlands gewesen sei. Aber vielleicht fragte sie das den General nicht, weil die Antwort etwa so gelautet hätte: Wenn die USA mit mehreren Milliarden Dollar Aufwand und mit höchst prominenten persönlichen Auftritten von US-Politikern auf dem Maidan – man erinnere sich etwa an den Speech dort von US-Senator McCain – tatkräftig einen Regime Change bewirken konnten, dann seien sie jetzt eben auch interessiert, dieses neue – nach der US-Geige tanzende – Regime militärisch zu stützen, mit oder ohne NATO-Mitgliedschaft. 

Vielleicht könnte die «Echo der Zeit»-USA-Korrespondentin aber auch mal ein Interview mit dem Präsidenten des US-amerikanischen «Quincy-Institute», Andrew Bacevich, machen. Dieser veröffentlichte eben eine Analyse zum gleichen Thema. Die Headline: «US can’t absolve itself of responsibility for Putin’s Ukraine invasion». («Die USA können sich von der Verantwortung für Putins Invasion in der Ukraine nicht freisprechen».)

Hier einige Stellen aus seinem Artikel:

«Für die Medien und für die Öffentlichkeit im Allgemeinen entsteht bei einem Kriegsausbruch das dringende Bedürfnis, Schuld zuzuweisen und Schurken zu identifizieren. Solche Urteile helfen, einem ansonsten unerklärlichen Ereignis einen Sinn zu geben. Sie bieten die Gewissheit, dass das moralische Universum intakt ist und eine klare Linie zwischen Gut und Böse besteht. Dieses Bedürfnis nach moralischer Einordnung besteht natürlich auch im Fall der Invasion in der Ukraine. Russland ist der Aggressor und Präsident Wladimir Putin ein Bösewicht, wie er im Buche steht: In diesem Punkt ist die Meinung in den USA und Europa fast einhellig. Selbst in einem säkularen Zeitalter wissen wir, auf wessen Seite Gott steht. Doch solche Schnellschüsse halten dem Test der Geschichte selten stand. Im Laufe der Zeit weicht die moralische Klarheit der Zweideutigkeit. Klar umrissene Erzählungen erhalten eine bis dahin unerkannte Komplexität. Klare Linien verschwimmen.»

«Ja, die russische Aggression verdient eine breite Verurteilung. Doch die USA können sich von der Verantwortung für diese Katastrophe nicht freisprechen. Der Konflikt erlaubt im Gegenteil eine Beurteilung der US-Politik nach dem Kalten Krieg. Diese US-Politik hat nun in einem massiven diplomatischen Versagen ihren Höhepunkt erreicht.»

«Ein gewaltsamer Regimewechsel, der unter völliger Missachtung des Völkerrechts durchgeführt wird, war in den letzten Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil des amerikanischen Spielplans. Unabhängig von den erklärten Absichten Washingtons haben sich Demokratie, liberale Werte und Menschenrechte weder auf dem Balkan noch in Afghanistan, Irak oder Libyen durchsetzen können.»

«Das von mehreren US-Regierungen in jüngster Zeit vorgebrachte Argument, die NATO-Erweiterung stelle keine Bedrohung für die russische Sicherheit dar, ist keineswegs stichhaltig. Es geht davon aus, die Haltung der USA gegenüber Russland sei gutartig. Das aber ist nicht der Fall, und zwar schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Die NATO-Osterweiterung geht ferner davon aus, Moskau habe keine eigenen Interessen, ausser eben jene, die von den USA zugelassen werden. Keine verantwortungsbewusste Regierung wird aber zulassen, dass ein politischer Feind die Hierarchie ihrer eigenen Interessen bestimmt.»

«Durch ihre Einmischung in die ukrainische Politik in den letzten Jahren haben die USA Russland zu seiner rücksichtslosen Invasion praktisch aufgestachelt. Putin hat die Schmach, die ihm derzeit entgegenschlägt, redlich verdient. Aber die Politik der USA war sowohl leichtsinnig als auch verantwortungslos.»

Ob das Schweizer «Echo der Zeit» den Mut hat, seinen Hörerinnen und Hörern auch eine solche, etwas differenziertere Stimme als die des US-Generals zu vermitteln?

Siehe dazu auch:

«NATO: sie provoziert und und provoziert und provoziert»

«Englisch wird in der ukrainischen Armee obligatorisch»

Rede des russischen Diplomaten und Politikers Nikolaj Platoschkin, Video, deutsch, 20 Min.