Zensur ohne Namen: Deutschlands genehmigter Diskurs
Als der liber-net-Report veröffentlicht wurde, war die erste Reaktion vieler Beobachter Ungläubigkeit (1). 330 Organisationen, 425 Förderprogramme, Millionenbeträge, zirkulierend zwischen Ministerien, Stiftungen, NGOs und Forschungsverbünden (2). Ein Netzwerk, das so umfassend war, dass es auf den ersten Blick nicht existieren konnte.(3) Doch es existiert. Nur hat Deutschland gelernt, es nicht mehr beim Namen zu nennen. Man bekämpft heute keine Meinungen, man „schützt die Demokratie“. Und genau darin liegt die Eleganz dieses Systems. Deutschland und sein Zensursystem, das weder Zensur heißen darf noch offen existieren müsste, und warum es sich so organisch in eine Gesellschaft einfügt, die längst in einem hybriden Machtmodell lebt und alles andere als „frei“ ist.
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Am Anfang stand ein Wort, das im alten Deutschland zum Witz eines politischen Stammtischs gehört hätte: „Dummschwätzer “. (4) Ein schmutziges, rheinisches Alltagswort, halb Schimpferei, halb Folklore. Heute kann es zum Anlass für eine polizeiliche Durchsuchung werden. Ein bayerischer Bürger schrieb es auf Facebook unter den Beitrag eines grünen Landtagsabgeordneten. Ein Wort, ein Klick und plötzlich läuft eine Meldung über das Portal einer Organisation namens REspect! direkt zur Polizei. (5) Ein unsichtbarer Kanal zwischen Zivilgesellschaft und Staatsgewalt. (6) Ein einziger Begriff, und die Maschine erwacht. Die Meldung steht inzwischen im Deutschen Bundestag, sachlich notiert wie ein Verstoß im Straßenverkehr, „Der Geschäftsführer (GS) wurde als Dummschwätzer bezeichnet.“
Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so symptomatisch wäre für eine Gesellschaft, die im Begriff ist, den Bereich des Sagbaren zu verengen, ohne dass eine offizielle Zensurbehörde existierte. Das geschieht fast geräuschlos, in jener typisch deutschen Mischung aus Moral, Bürokratie und Technokratie, die schon früher reibungslos funktionierte, wenn man etwas nicht Zensur nennen wollte, obwohl es sich genau wie Zensur anfühlt. Wer beginnt, die Linien zu verfolgen, landet unvermeidlich in einem Netz, dessen Fäden weit dichter geknüpft sind, als selbst kritische Beobachter ahnten, ein Netz, das, wie eine neue Recherche von liber-net zeigt, inzwischen 330 Organisationen umfasst, finanziert aus 425 staatlichen und EU-Programmen mit einem gemeinsamen Auftrag, Unerwünschte Inhalte erkennen, melden, kanalisieren und kontrollieren. Dieses Land hat gelernt, wie man Zensur betreibt, ohne je von Zensur zu sprechen. (8)
Das Netz selbst wirkt wie ein organischer Organismus, ein atmendes System. Wer heute in Deutschland eine Meinung äußert, die quer zur politischen Linienführung steht, stößt nicht auf ein Ministerium, nicht auf eine Behörde, nicht auf einen Zensor im klassischen Sinne. Er trifft auf ein raffiniertes Ökosystem. Ministerien, EU-Programme, Stiftungen, angebliche Nichtregierungsorganisationen, kurz NGOs, „zivilgesellschaftliche“ Beratungsstellen, vermeintliche Faktenchecker, digitale Meldeportale, Landesmedienanstalten, Forschungseinrichtungen für „Digitale Gewalt“, Thinktanks, Medienpartnerschaften, privatwirtschaftliche Akteure mit staatlich verliehenen Prioritätsrechten etc pp. Sie alle wirken wie Zahnräder einer Maschine, die niemand als Maschine beschreibt. (9)
Das Schaubild von liber-net zeigt dieses Gefüge wie einen Knotenpunkt aus der Systemtheorie. Ein Spinnennetz, das den Staat nicht ersetzt. Es verlängert und tarnt ihn. Außen zivilgesellschaftlich, innen staatlich verankert, macht schlussendlich ein Hybridwesen. In der Mitte steht die Architektur selbst. Die Struktur besteht aus Förderlogiken, Programmentscheidungen, Prioritätskanälen, moralisch begründeten Normen, bürokratisch maskierten Anweisungen und einem tief verankerten Glauben an die moralische Pflicht zur Kommunikationshygiene.
Diese Architektur entstand nicht plötzlich. Es ist das Nebenprodukt jener politischen Kultur, die seit Jahren auf öffentlich-private Steuerungsarchitektur setzt, eleganter verpackt nennt sich das Public-Private-Governance. (10) Ein Architekturmodell, in dem staatliche Aufgaben privat ausgeführt werden, während der Staat formal im Hintergrund bleibt. Ein System, das öffentlich über Steuergeld jedes Bürgers finanziert und privat an Beraterfirmen, NGOs und Unternehmen exekutiert. Zivilgesellschaft übernimmt staatliche Funktionen, der Staat tritt als „zivilgesellschaftlicher“ Akteur auf, und das Ergebnis ist ein System, das demokratisch wirkt, aber technokratisch handelt, in jener Art, bei der politische Entscheidungen nicht mehr wie politische Entscheidungen wirken. Es sind augenscheinlich neutrale Abläufe, nicht mehr gewählte Akteure, die eingreifen. Es handelt sich um Verfahren, Standards und angebliche Expertengremien. Eine Löschung auf Facebook oder Instagram ist dann nicht mehr das Ergebnis eines politischen Konflikts oder einer öffentlichen Debatte, es ist ein „Prioritätsverfahren“, das eine NGO aufgrund eines staatlich verliehenen Zertifikats auslösen kann. Eine Einstufung als Desinformation wirkt nicht mehr wie das Urteil eines kritisch prüfenden Journalisten. Es ist das Resultat eines EU-finanzierten Forschungsclusters, das algorithmische Risikomodelle entwickelt und damit festlegt, welche Narrative als bedrohlich einzustufen sind. (11)
YouTube-Inhalte müssen nicht mehr gelöscht werden, sie werden schlichtweg still herabgestuft, indem Videos aus den Empfehlungen verschwinden, in der Suche nach hinten rutschen oder mit Warnhinweisen versehen werden, hat auch das nichts mit einem demokratisch verhandelten Gesetz zu tun. (12) Es wird durch ein automatisiertes „Incident-Response-Protokoll“ ausgelöst. Ein technisches Verfahren, das irgendwann in einer Leitlinie des Digital Services Act verankert wurde, ohne dass je ein Abgeordneter öffentlich darüber sprach oder auch nur erklären könnte, wie es funktioniert. (13) So entsteht eine Form der Macht, die ihre eigenen Entscheidungen unsichtbar macht. Die Verantwortlichkeit verschwindet hinter Begriffen wie Prozessqualität, Risikomodellen oder Content-Moderation-Standards. Es greift in das System ein und bestimmt den Ablauf.
Man muss dieses Ökosystem verstehen, um jene Szenen zu begreifen, die sich in deutschen Wohnzimmern abspielen, wenn morgens der Postbote klingelt – nicht wegen eines Pakets, nunmehr wegen eines Facebook-Kommentars. Die „60 Minutes“-Sequenz, die 2025 um die Welt ging, zeigte eine Hausdurchsuchung, die sich anfühlt wie ein Schnitt aus einem osteuropäischen Dissidentenfilm. (14) Beamte im Türrahmen, beschlagnahmte Geräte, der ernste Ton eines Staates, der behauptet, lediglich „digitale Gewalt“ zu verfolgen. Es sind Bilder, die nicht durch Gewalt schockieren, eher durch ihre Normalität. Die eigentliche Disziplinierung geschieht jedoch leiser, durch zertifizierte Melder, deren Meldungen Priorität haben und die Aufgaben übernehmen, die einst Staatsanwälte und Richter hatten. (15)
HateAid, REspect!, jugendschutz.net und die FSM sind die Vorposten dieser neuen, weich gepolsterten Exekutive. Ihre Bewertungen sind keine Meinungen. Es sind verwaltungsnahe Einschätzungen, deren Konsequenzen reale Eingriffe nach sich ziehen. HateAid etwa erhielt 2023 knapp eine halbe Million Euro staatlicher Förderung, 2024 rund 600.000 Euro, ergänzt durch einen Jahresumsatz von 5,77 Millionen Euro – ein erheblicher Teil davon aus öffentlichen Mitteln. (16) (17) Diese Organisation existiert nicht aus sich selbst heraus, sie ist staatlich erzeugt, politisch eingebettet und wird durch Steuergeld in die Lage versetzt, digitale Kommunikation zu „sortieren“. Die Zahlen wirken klar, doch sie sagen nicht, wofür das Geld tatsächlich verwendet wird, wer die inhaltlichen Prioritäten setzt oder wie viel davon in Narrative und wie viel in Verwaltung fließt. Auf dem Papier wirken Programme wie „Demokratie leben!“ transparent. In der Realität sind sie es nicht.
REspect! wird aus genau diesem Programm gespeist, einem Haushaltstopf von jährlich rund 170 bis 180 Millionen Euro. (20) (21) Offiziell soll damit demokratische Teilhabe gestärkt werden. Tatsächlich wird in vielen Kommunen etwas völlig anderes gestärkt, ein eng begrenztes Milieu aus Vereinen, Funktionären, städtischen Abteilungen und gut vernetzten Kulturakteuren, das sich gegenseitig legitimiert und die Mittel unter sich verteilt. (22) Ein Beispiel ist die Finanzierung des Ensembles „Opus“ in einer Kleinstadt. 7.000 Euro Gage für ein Konzert, das ohne staatliche Subventionen vermutlich nie stattgefunden hätte. Es war ein netter Abend, keine Frage, aber kein privater Veranstalter hätte ein solches Risiko getragen, keine Spielstätte ihre Türen geöffnet, kein freier Markt diese Gage akzeptiert. Das Publikum kam, weil es von anderer Seite bezahlt wurde, nicht weil die Nachfrage vorhanden war. Während freie Musiker in der Region für 300 oder 500 Euro pro Abend auftreten und sich im Wettbewerb behaupten müssen, entsteht parallel ein subventioniertes Paralleluniversum, in dem Preisstrukturen außer Kraft gesetzt sind, weil die Finanzierung aus einem Fördertopf kommt und nicht aus echter Relevanz. Es kann durchaus sein, dass das Konzert seinen kulturellen Wert hatte. Doch genau hier beginnt das strukturelle Problem. Weder Stadträte noch Bürger können nachvollziehen, wie sich diese 7.000 Euro zusammensetzten, wer welche Leistungen abrechnete, welche Gage vereinbart wurde oder warum ausgerechnet dieses Ensemble gefördert wurde. Die Vergabeunterlagen sind nicht öffentlich einsehbar, die Beschlüsse des Gremiums werden nicht offengelegt, und selbst die kommunalen Mandatsträger, die den Haushalt verantworten sollen, erhalten oft nur Gesamtsummen, aber keine detaillierten Aufschlüsselungen. Damit bleibt das Entscheidende im Dunkeln, wie etwa, worauf basiert die Auswahl? Welche Kriterien galten und wer profitierte tatsächlich von der Förderung? (23)
Für die Bürger bedeutet das, dass ihr Steuergeld in Projekte fließt, deren inhaltliche Wertigkeit sie nicht beurteilen können und deren finanzielle Abwicklung sie nicht einsehen dürfen. Die politische Rhetorik spricht von „Stärkung der Demokratie“, doch das Verfahren selbst ist demokratisch nicht überprüfbar, schlicht gesagt intransparent. (24) Wenn Transparenz fehlt, wird jeder kulturelle Abend – und sei er noch so gelungen – zu einem Beispiel für ein System, das sich selbst legitimiert, aber nur eingeschränkt Rechenschaft ablegt.
Hinzu kommt, zehn Prozent Eigenanteil des Veranstalters oder der Stadt – oft aus Spenden beglichen – fließen nicht etwa zurück in den Förderkreislauf. Sie dienen als „Ticket“, um den städtischen Zugriff auf Bundesmittel zu legitimieren. Ein beträchtlicher Teil der Gelder landet überhaupt nicht in Veranstaltungen, im vorliegenden Fall in der Verwaltung. In einer Verbandsgemeinde im Westerwald wurden fast 50.000 Euro jährlich genutzt, um eine Personalstelle zu finanzieren, deren Aufgabe in der Abwicklung von rund 17 Anträgen pro Jahr bestand. Das Programm sollte demokratische Teilhabe ermöglichen, doch in der Praxis wird eine kommunale Stelle geschaffen, die mit dem Inhalt wenig zu tun hat. Schulen, Kindergärten, Jugendclubs, Theaterprojekte oder außerschulische Bildungsinitiativen könnten mit denselben Mitteln hunderte Kinder erreichen, doch das Geld fließt in Administration. (25)
Noch problematischer wird es, wenn man die Gremien betrachtet, die über die Anträge entscheiden. Sie sind offiziell „zivilgesellschaftlich“ besetzt, tatsächlich aber oft politisch homogen. In Koblenz etwa dominierte jahrelang ein Gremium, das vom Kulturdezernat zusammengestellt wurde und eine deutliche Schlagseite hatte. In der Geschäftsordnung stand zu Beginn sogar, dass abgelehnte Anträge nicht begründet werden müssen, ein Verfahren, das jeder demokratischen Transparenzpflicht widerspricht. Entscheidungsprozesse liefen informell über ein oder zwei Wortführer, häufig aus Gewerkschafts- oder Unikreisen. Ein DGB-Vertreter galt als „Garant für Seriosität“, obwohl er in der Sache polarisierte und Vorschläge blockierte, die nicht in sein politisches Raster passten. Andere Gremiumsmitglieder vertrauten seiner Meinung, weil seine Stellung vermeintliche Autorität verlieh. Damit entsteht ein paradoxes System. Die formell „zivilgesellschaftliche“ Struktur ist faktisch ein verlängertes Organ politischer Milieus. (26)
Noch gravierender ist die Ausgrenzung echter Zivilgesellschaft. Private Bürgerinitiativen, etwa Eltern, die Fragen zur frühen Impfentscheidung bei Kindern stellen, Gärtnergruppen, die samenfeste Sorten fördern, oder engagierte Bürger, die über Effizienz und ökologische Kosten von Windkraft sprechen wollen, können überhaupt keine Anträge stellen. Nur Vereine und eingetragene Organisationen sind zugelassen. Damit werden ausgerechnet jene Stimmen ausgeschlossen, die am wenigsten institutionalisiert, aber am authentischsten demokratisch sind. Menschen, die sich ohne wirtschaftliches, parteipolitisches oder institutionelles Interesse engagieren. Es ist eine stille Grenzziehung, die selten öffentlich erklärt wird. Ich erinnere mich an eine Assistentin eines Doktoranden der Universität Koblenz, die es in einem Satz zusammenfasste, „Man muss nur wissen, wo die Fördertöpfe sind.“ Bevor man die kommunale Ebene versteht, muss man erkennen, wie tief dieses Prinzip reicht. Dass unter dem Etikett „Zivilgesellschaft“ längst außenpolitische Agenda-Setzung betrieben wird. (27)
Ein Beispiel ist der Offene Kanal Ludwigshafen unter Dr. Wolfgang Ressmann. Was früher lokale Medienbildung war, wurde – finanziert vom Auswärtigen Amt und europäischen Mitteln – zu einem transnationalen Netzwerk, das journalistische Ausbildung in Kiew, Lwiw, Odesa, Tiflis, Jerewan und Chișinău organisierte. (28) Offiziell ging es um Medienhandwerk und Demokratieförderung. In der Praxis erhielten junge Menschen jedoch keine neutrale Ausbildung. Anstattdessen eine europapolitisch gebundene Erzählung, in der Russland ausschließlich als Aggressor und Europa ausschließlich als „Schutzmacht“ erscheint. (29) Medienbildung wurde so zum Vehikel für die ideologische Rahmung eines Konflikts. Workshops, Jugendprogramme, Filmprojekte und „Resilienztrainings“ zielten darauf, „russische Desinformation zu bekämpfen“, ein Ziel, das in den Förderunterlagen offen benannt wird. Damit wird aus journalistischer Nachwuchsarbeit ein Instrument, mit dem politische Haltungen geformt werden. Die jungen Teilnehmer sollen nicht lernen, zu berichten, was ist, sie sollten berichten, was politisch erwünscht ist. Die Ausbildung ersetzt Neutralität durch Feindbildpädagogik, und das geschieht systematisch. Etliche Projektzyklen, die Inhalte produzieren, die später europaweit, in sozialen Medien, im regionalen Bürgerfernsehen der Offenen Kanäle und schließlich auch im Kabelfernsehen verbreitet werden. (30)
Das Muster ist eindeutig. Unter dem Deckmantel „Zivilgesellschaft“ greifen deutsche und europäische Institutionen in die politische Kultur anderer Länder ein, indem sie Jugendliche ideologisch ausrichten. Ausgerechnet jene Generation, die Völkerfreundschaft, interkulturelle Kompetenz und journalistische Unabhängigkeit bräuchte, wird in europapolitisch normierte Konfliktlinien eingespannt. Das ist nicht nur pädagogisch fragwürdig, es ist vor allem völkerrechtlich mindestens bedenklich, denn der Kern der Souveränität ist die kulturelle und politische Selbstbestimmung eines Landes. Wenn deutsche Medienvereine, flankiert vom Auswärtigen Amt, in Kiew oder Tiflis eine antirussische Kommunikationsarchitektur aufbauen, dann handelt es sich um politische Einflussnahme. (Hervorhebung durch die Redaktion.)
Doch der Konflikt geht tiefer, weil die Offenen Kanäle selbst aus einer ganz anderen Logik heraus finanziert werden. Sie erhalten rund zwei Prozent der Rundfunkbeiträge. (31) Gelder, die dafür bestimmt sind, echtes regionales Bürgerfernsehen zu ermöglichen, lokale Berichterstattung, Basisjournalismus, Zugänge für Vereine, Senioren, Schülergruppen und Menschen ohne institutionelle Anbindung. Die Idee war einmal, Medienmacht zu dezentralisieren und die öffentliche Sphäre zu demokratisieren. Wenn aber ein solcher Sender, statt lokale Bürger zu befähigen, plötzlich internationale Jugendprojekte organisiert, Workshops für außenpolitisch erwünschte Narrative leitet, Medienpartner in halben Dutzend Ländern aufbaut und Kommunikationsarchitektur für geopolitische Interessen liefert, dann wird eine mit Gebühren finanzierte Einrichtung zweckentfremdet. Die Beitragszahler in Rheinland-Pfalz finanzieren damit – ohne es zu wissen – auswärtige Einflussprogramme, die nichts mit dem eigentlichen Auftrag eines Bürgermediums zu tun haben. Aus einem Forum der lokalen Demokratie wird ein Instrument internationaler Kommunikation, abgesichert durch Rundfunkbeiträge, legitimiert durch Förderberichte und eingebettet in ein Netzwerk, das mit Bürgerfernsehen wenig und mit politischer Rahmung sehr viel zu tun hat. Nicht gewählt, nicht debattiert, aber steuerfinanziert aus Deutschland und der EU, und als Zivilgesellschaft getarnt. (32)
Doch die tatsächliche Zivilgesellschaft weiß das nicht. Sie hat keinen Zugang zu diesem System, das nach außen offen wirkt und im Inneren wie ein geschlossener Stall funktioniert. Dieselben Akteure treffen sich, beraten sich gegenseitig, teilen die Mittel unter sich auf, und die Öffentlichkeit erfährt davon oft erst, wenn der Förderbericht schon geschrieben ist. (33)
Wie tief diese politische Durchdringung reicht, zeigt sich sogar an meinen eigenen Erfahrungen im System der Offenen Kanäle. 2022 wurde ich in Andernach zur Vorsitzenden eines solchen Bürgersenders gewählt – in einem regulären Wahlgang, mit einem klaren Votum der Anwesenden. Doch noch am selben Abend wurde deutlich, dass die Wahl weniger irritierte als die Person, die gewählt worden war, eine parteiunabhängige Frau mit journalistischer Erfahrung und einem modernen Konzept, das den Sender wieder zu einem wirklichen Bürgerforum machen sollte. Der verbleibende Vorstand verweigerte mir die Schlüssel, verweigerte mir die Unterlagen und diskutierte stattdessen, wie das Ergebnis rückgängig gemacht werden könne. Zwei Mitglieder der Partei Die Grünen reklamierten den Wahlablauf, den sie selbst organisiert hatten, und bestanden auf formale Verfahrensfehler, die es tatsächlich gab. Doch anstatt die Wahl unverzüglich zu wiederholen, wie es demokratisch selbstverständlich gewesen wäre, wurde der Verein monatelang blockiert. Während dieser Zeit fand hinter meinem Rücken eine interne Diffamierung statt, dokumentiert in einem internen Papier, das ich später zufällig beim Registergericht fand. Alle Vorwürfe darin, auch solche, die längst gerichtlich zu meinen Gunsten entschieden waren, dienten offenbar nur einem Zweck, mich als untragbar darzustellen. Gleichzeitig wurden über zwanzig neue Mitglieder, die ich schon Monate zuvor geworben hatte, weder aufgenommen noch informiert. Sie hätten das Kräfteverhältnis verändert. Die Mitgliederversammlung, zu der ich schließlich 2023 wieder eingeladen wurde, bestand zu großen Teilen aus Personen mit Parteibüchern von CDU, SPD und Grünen. In dieser Zusammensetzung beschloss man schließlich, den gesamten Verein aufzulösen. Man verzichtete lieber auf einen Offenen Kanal, statt eine parteifreie, unabhängige Vorsitzende zu akzeptieren. Die Botschaft war unmissverständlich, Bürgerfernsehen ist erwünscht – aber nicht von Bürgern, die unabhängig sind.
Die strukturelle Schieflage zeigt sich nicht nur in den Offenen Kanälen selbst. Es zeigt sich im übergeordneten Apparat der Medienanstalt Rheinland-Pfalz. Die Jahresabschlüsse 2022 und 2023 weisen einen klaren Trend aus. Die Anstalt verfügt jährlich über rund 9,3 Millionen Euro (2023: 9.354.085 Euro, 2022: 8.938.917 Euro), finanziert zu über neunzig Prozent aus den Rundfunkbeiträgen. (34) Dieses Budget soll eigentlich sicherstellen, dass regionale Offene Kanäle bürgernahes Fernsehen ermöglichen, moderne Technik bereitstellen und medienpädagogische Angebote fördern. Doch bei den Trägervereinen kommen davon nur minimale Summen an – häufig zwischen 2.000 und 8.000 Euro pro Jahr, in Ausnahmefällen bis zu 18.000 Euro. Diese Beträge stehen in keinem Verhältnis zum Gesamtbudget und reichen kaum aus, die elementare Grundausstattung zu sichern. (35)
Die Medienanstalt bestätigt in ihren Antworten auf meine Anfrage zwar die allgemeine Finanzarchitektur, verweist aber ausschließlich auf Jahresberichte und aggregierte Zahlen. Dass Rheinland-Pfalz über 16 Standorte, neun Sendeplattformen und über 20.000 YouTube-Beiträge verfügt, erklärt jedoch nicht, warum Technik und Infrastruktur vielerorts veraltet sind und warum der Großteil der Ressourcen nicht in die lokale Produktion, aber vornehmlich in interne Apparate fließt. Die Personal- und Sozialaufwendungen sind der dominierende Kostenblock. 2023 beliefen sich die Löhne und Gehälter auf 3.917.686 Euro (2022: 3.785.711 Euro), dazu kamen soziale Abgaben und Versorgungsaufwendungen in Höhe von 1.066.634 Euro (2022: 798.594 Euro). Zusammen ergibt sich ein Personalaufwand von 4.984.321 Euro im Jahr 2023 – nahezu die Hälfte des Gesamtbudgets. Hinzu kommen Pensionsrückstellungen von 3.577.391 Euro (2022: 3.328.155 Euro), die im Jahresabschluss passiviert werden und verdeutlichen, wie sehr der finanzielle Schwerpunkt der Anstalt auf langfristigen Verpflichtungen liegt, nicht auf Investitionen in die Offenen Kanäle (OK).
Die strukturelle Konsequenz ist offensichtlich. Ein großer Teil der Gebührengelder fließt in einen Verwaltungsapparat, dessen Personalstand mit rund 43 Vollzeitäquivalenten (2023) erheblich ist, während vor Ort in den OKs selbst ehrenamtliche Strukturen mit veralteter Technik arbeiten. Die Anstalt spricht von jährlichen Technikbudgets zwischen 3.000 und 18.000 Euro je nach Standortgröße und „Akzeptanz“. Doch „Akzeptanz“ ist keine demokratische Kategorie. Und selbst 18.000 Euro wären angesichts der realen Produktionskosten minimal. Real erhalten viele Vereine jedoch die kleineren Beträge und das spiegelt die technische Realität wider: Kameras, die zehn bis fünfzehn Jahre alt sind, unzureichende Schnittplätze, fehlende medienpädagogische Infrastruktur.
Anstatt Investitionen dezentral zu stärken, wurde 2024 bereits eine umfassende Zentralisierung vollzogen. Die Medienanstalt hat in Ludwigshafen mit dem „Media:TURM“ eine neue zentrale Plattform geschaffen und dort, in ehemaligen RPR1-Räumen, Video-, Podcast- und Schnittstudios gebündelt. Auch der Offener Kanal Ludwigshafen wurde zum Jahresbeginn 2025 vollständig in diese neue Zentralstruktur eingegliedert. (36) Der offizielle Zweck lautet „Orte der medialen Teilhabe“. Doch strukturell bedeutet es: Konzentration der technischen Infrastruktur an einem Standort, weg von lokalem Bürgerzugang, hin zur Verwaltungskontrolle über zentrale Server, Playout-Systeme und technische Prozesse. (37)
Diese Zentralisierung ist nicht nur organisatorisch relevant. Auf den OK-Medientagen in Neuwied wurde offen diskutiert, ob im zentralen Playout-System technische Filtermechanismen („Bugs“) eingerichtet werden könnten, um bestimmte Themen oder Bürgerbeiträge vorab auszuschließen. Die Medienanstalt dementierte dies später. Doch schon die Tatsache, dass ein solcher Vorschlag aus dem Kreis jener kam, die über die Zukunft der Offenen Kanäle entscheiden, zeigt, wie eng technische Architektur und politisch definierte Risiken inzwischen miteinander verwoben sind. Wer die technische Infrastruktur kontrolliert, kontrolliert Sichtbarkeit, und wer Sichtbarkeit kontrolliert, kontrolliert den Diskurs. (38)
Ein weiterer demokratischer Bruch ergibt sich aus der Vereinsstruktur selbst. Zwar betont die Medienanstalt, die Trägervereine seien autonom und könnten ohne Begründung Mitglieder aufnehmen oder ablehnen. In der Praxis führt dies jedoch zu abgeschotteten Milieus. Interne politische Netzwerke, häufig parteinah oder inhaltlich homogen, entscheiden über Zugang zu einem öffentlich finanzierten System. Bürger können ohne Angabe von Gründen ausgeschlossen werden, obwohl die Infrastruktur vollständig aus Rundfunkbeiträgen finanziert wird. Transparenz fehlt vollständig. Förderentscheidungen sind nicht öffentlich nachvollziehbar, Antragsunterlagen bleiben intern, und die reale Verteilung der Mittel unterliegt keinerlei öffentlicher Kontrolle. (39)
Die Tücke dieses Systems liegt auch darin, dass durch die Vereinsstruktur mit ihrer Satzung und bei privaten Unternehmen, die eine eigene Geschäftsordnung haben, kaum eine Möglichkeit besteht, Entscheidungen anzufechten. Sie schützen sich damit vor jeder externen Kontrolle – ein heimtückischer und intransparenter Rahmen, möglicherweise wohlwissend, dass das Vereinsrecht oft keine umfassenden Rechtsschutzmöglichkeiten für Privatpersonen bietet. Ähnlich arbeiten Plattformen wie YouTube, Google oder Meta als Privatunternehmen mit internen Regulierungen. Sie regulieren Inhalte frei nach eigenen Richtlinien, und wer als Privatperson dagegen klagt, muss aufwendige Gerichtsverfahren führen. Ein perfekter Schutzschild für das Netzwerk.
Die Jahresberichte 2024 stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung, weil die Medienanstalt, wie alle Landesmedienanstalten erst im Laufe des Folgejahres veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfolgt regelmäßig zwischen August und Dezember. Das bedeutet, ob und wie sich die umfassende Zentralisierung im Jahr 2024 finanziell niedergeschlagen hat, ist noch nicht sichtbar. Auch bleibt unklar, wieviel der immensen Rücklagen der Anstalt – insgesamt über 6,5 Millionen Euro Kapitalrücklagen plus Rückstellungen von über 3,5 Millionen Euro – tatsächlich für die Modernisierung der Bürgermedien eingesetzt wird. (40)
Strukturell besonders auffällig ist jedoch etwas anderes. Die Programme, Leitlinien und Bildungsangebote der Offenen Kanäle reflektieren inhaltlich nahezu wortgleich jene Terminologie, die zuvor aus Bundes- und EU-Programmen kam, von „Medienkompetenz“, „digitaler Resilienz“ und „Hate Speech“ bis hin zu „Aktivierung zivilgesellschaftlicher Diskurse“ oder „Förderung demokratischer Teilhabe“. Diese Angleichung ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis derselben öffentlichen Förderlogiken, die bereits in Programmen wie „Demokratie leben!“, in EU-Projekten wie Erasmus+, Klicksafe oder „Digital Ambassadors“ wirksam sind. Staatlich erzeugte programmatische Leitlinien, die anschließend in lokalen Strukturen reproduziert werden, um Förderfähigkeit zu sichern. Damit entsteht ein identischer Kreislauf wie bei NGOs, Thinktanks oder Demokratieförderprojekten. Inhalte folgen der Logik des Geldgebers. (41)
Die Zahlen, die Zentralisierungsschritte und die programmatische Angleichung zeigen deshalb ein strukturelles Muster, das weit über Rheinland-Pfalz hinausweist. Ein öffentlich finanziertes System, das in seiner Selbstbeschreibung Bürgernähe und Medienvielfalt verspricht, in der Praxis jedoch von Verwaltung, Rückstellungslogiken, zentraler Techniksteuerung und programmatischer Homogenität geprägt ist. Und in diesem System entscheiden nicht die Bürger darüber, wie ihre Rundfunkgebühren eingesetzt werden. Es entscheiden ausschliesslich jene Akteursgruppen, die die Infrastruktur kontrollieren, die Mittel verteilen und die Leitlinien formulieren, die bis hinauf zu EU-Kommission und Bundesregierung identisch klingen.
Man kann sich deshalb zu Recht fragen, würden viele dieser Konstrukte überhaupt existieren, wenn es die Subventionen nicht gäbe? Welche Projekte würden sich behaupten, wenn Relevanz und Nachfrage über ihren Wert entscheiden müssten? Und wer schützt die demokratische Kultur vor einem System, das Vielfalt predigt, aber Homogenität produziert, und das mit dem Geld der Bürger?
Jugendschutz.net und die FSM – die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter – sind ursprünglich als Schutzinstanzen für Kinder und Jugendliche entstanden, und manches davon bleibt sinnvoll. Doch auch sie sind Teil desselben Mechanismus geworden. Sie definieren Kriterien, Risiken, Altersstufen, Kategorien und „Grenzbereiche“. Ihre Entscheidungen wandern in die automatisierten Risikomodelle der Plattformen, in Altersfilter, in algorithmische Klassifizierungen und in die Priorisierungslogiken des Digital Services Act. Was als Jugendschutz begann, wirkt heute als stiller Filter, als politische Vorzensur, die ohne parlamentarische Debatte entstanden ist. Der Schutzauftrag ist real, aber er wurde in eine Struktur integriert, die weit größere Macht ausübt, als ihr je demokratisch übertragen wurde. Ein Hashtag wie #Kriegstreiber wird so plötzlich zum Indiz für „pro-kremlnahe Propaganda“, weil eine staatlich geförderte Organisation wie HateAid feststellt, er könne „die Glaubwürdigkeit von Politikern unterminieren“ und nicht, weil ein Journalist das sorgfältig geprüft hätte. (42) (43) Damit wird ein politischer Begriff als Risiko gelesen, und Risiken dürfen in dieser Architektur beseitigt werden. Die Grenzziehung ist nicht mehr demokratisch, sie ist prozedural, nicht politisch. Sie ist technisch und nicht ausgehandelt – mit einfachen Worten automatisch. Und genau deshalb bemerken so wenige, wie weit die Konstruktion schon gediehen ist.
Es ist kein Zufall, dass das Land zunehmend jene Atmosphäre verspürt, die EU-Abgeordneter Thomas Geisel als „subtil, aber lähmend“ beschreibt. (44) Man müsse gar nichts verbieten, sagt er, die Menschen sprächen einfach nicht mehr frei. Freiheit muss heute nicht gebrochen werden, sie wird ersetzt durch ihre Verwaltung. Das zeigt sich an Fällen wie bei der Publizistin Ulrike Guérot, deren Entlassung nicht nur einen wissenschaftlichen Konflikt markierte, jedoch demonstrierte, wie leicht man Menschen aus Diskursräumen drängt, wenn sie die Rollenverteilung in geopolitischen Erzählungen anders deutet. (45) Guérot selbst spricht vom „Spinnennetz“, in dem sie sich wiederfand, ein Netzwerk, das so lange unsichtbar bleibt, bis jemand gegen seine Linien stößt. (46)
Während die Hayek-Clubs, die Mont Pèlerin Society, das Atlas Network und ihre heutigen Ableger weiter mit dem Slogan „Socialism kills“ operieren, übersehen sie die eigentliche Transformation, die längst vollzogen wurde. Die Struktur, in der wir heute leben, ist weder der Sozialismus, den sie bekämpfen, noch der freie Markt, den sie predigen. Sie ist das Produkt jener neoliberalen Denker, auf die sie sich berufen. Ausgerechnet ihre eigenen intellektuellen Vordenker legten das Fundament für eine Gesellschaftsform, die Macht in Verfahren und Governance-Modelle auslagert, politische Kontrolle privatisiert und demokratische Zuständigkeiten durch zertifizierte Expertise ersetzt. (47) (48)
Diese Gruppen sehen den Feind weiterhin im „Staat“ oder in „linken Ideologien“, ohne zu erkennen, dass das reale Problem heute ein hybrides Regime ist. Öffentlich finanziert, privat exekutiert, moralisch legitimiert und vermeintlich politisch entpolitisiert, weil normative Vorgaben den Anschein technischer Neutralität erwecken. Warum ist die Struktur nicht wirklich entpolitisiert und erscheint nur so? Normen, Kategorien und Risikomodelle, die als ‚technisch‘ oder ‚neutral‘ dargestellt werden, sind in Wahrheit politisch gesetzte Vorgaben. Sie entstehen nicht im Parlament. Sie werden geformt in delegierten EU-Gremien, in ministeriellen Unterabteilungen, in Standardisierungsinstituten und in von der Regierung beauftragten NGOs. Diese definieren die Normen, Plattformen implementieren sie, Beratungsfirmen automatisieren sie und Behörden überwachen die Compliance. Die demokratische Kontrolle entfällt vollständig, weil alles den Anschein eines unpolitischen Verwaltungsprozesses trägt. (49)
Viele ihrer Vertreter haben die Theorie des Sozialismus nie studiert und kennen weder den realen europäischen Sozialstaat noch die osteuropäischen Modelle. Ihre Gewissheiten stammen aus Anekdoten russischer Dissidenten oder den Narrativen des Kalten Krieges. Sie kämpfen gegen ein Gespenst und übersehen dabei die Struktur, die tatsächlich wirkt und die sich zu großen Teilen aus der neoliberalen Theorie entwickelt hat. (50)
Auf dieser theoretischen Grundlage entstand jene Verwaltungsarchitektur, die wir heute beobachten. Hayek forderte entpolitisierte Regelordnungen und misstraute jeder demokratischen Einflussnahme. (51) Friedman propagierte die Privatisierung öffentlicher Aufgaben. (52) Buchanan erklärte Bürger zu Störfaktoren des politischen Prozesses. Becker ökonomisierte Moral und Gesellschaft. Stigler überließ Regulierung den privaten Akteuren. Mises verwarf jeglichen Gemeinwohlgedanken. Popper misstraute der Massendemokratie. Henry Simons bereitete Governance-Modelle vor, die Politik durch Verfahren ersetzen. Peter Drucker ersetzte politische Gestaltung durch Management. Und Michel Foucault analysierte jene Macht, die nicht mehr über Gesetze operiert, nämlich über Standards, Normen, Prozeduren und „Risikobewertungen“, also genau jene Mechanismen, die heute digital perfektioniert wurden. (53) (54) Aus dieser Tradition entstand ein Modell, das demokratisch auftritt, aber technokratisch handelt, das seine Macht nicht sichtbar ausübt. Es versteckt sich in Zertifikaten, Leitlinien, Prozeduren und „Policy Frameworks“. Der Staat zeigt sich als Moderator, die eigentliche Entscheidungsmacht liegt jedoch bei jenen Strukturen, die niemand gewählt hat, die aber durch öffentliche Gelder finanziert werden.
Und genau an diesem Punkt offenbart sich die Ironie jener Kräfte, die sich am lautesten als Verteidiger der Freiheit bezeichnen, die Libertären. Sie treten auf wie Mahner eines „schrumpfenden Marktes der Ideen“, dabei arbeiten sie selbst in Strukturen, die ohne staatlich erzeugte Nachfrage nicht existieren würden. Die politisch erzeugten Märkte – von ESG über Diversity hin zu Transformationsprozessen – haben eine Beratungs- und Zertifizierungsindustrie hervorgebracht, die sich als privat ausgibt, aber vollständig vom Staat abhängig ist. Besonders deutlich wird das am Beispiel der Erasmus Institut GmbH, einer Einrichtung, die sich in ihrer Außendarstellung der libertären Terminologie bedient, aber in Wahrheit ein Produkt jener Förderarchitektur ist, die sie angeblich bekämpft. (55) Auf der Webseite des Instituts findet man Angebote wie „Werteentwicklung“, „Corporate Learning“, „Nachhaltigkeitsstrategien“ und „Leadership Excellence“, alles eingebettet in die Logik öffentlich erzeugter Nachfrage. (56) Hinter dem libertären Gestus steckt ein Geschäftsmodell, das ohne EU-Programme und staatliche Zuschüsse nicht existieren würde. Die Libertären, die sich als Opfer eines „neuen Sozialismus“ inszenieren, leben in Wahrheit von einem System, das ihre eigenen Ideen radikalisiert hat. Der Staat zahlt, die Privatwirtschaft kassiert, und im Gegenzug übernimmt sie jene Aufgaben, die früher beim Staat lagen, von der Weiterbildung über politische Bildung bis zur Setzung gesellschaftlicher Normen.
Diese Ökonomie der Freiheit, oder besser der simulierten Freiheit, entlarvt jene, die behaupten, Deutschland bewege sich in den Sozialismus. Das Gegenteil ist der Fall. Was hier wirkt, stammt aus einer Denktradition, die sich seit den 1940er Jahren systematisch aufgebaut hat und heute so selbstverständlich geworden ist, dass man sie kaum noch wahrnimmt. An ihrem Beginn stehen Figuren wie Friedrich August von Hayek, Ludwig von Mises und die frühen Mitglieder der Mont Pèlerin Society, später ergänzt durch die Chicago School um Milton Friedman, Gary Becker und George Stigler, die politökonomischen Architekten wie James M. Buchanan und Gordon Tullock, die ordoliberalen Vordenker Walter Eucken, Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow, und schließlich die Netzwerke, die ihre Ideen in Politik übersetzten, das Atlas Network, die Heritage Foundation, das Cato Institute, in Deutschland etwa die Bertelsmann Stiftung, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die Friedrich-Naumann-Stiftung oder das Walter Eucken Institut. (57) Sie alle erzählen im Kern dieselbe Geschichte, der Staat sei der Störer, der Markt der natürliche Zustand, die Gesellschaft am gesundesten, wenn öffentliche Aufgaben in private Verantwortung überführt werden, und wenn aus Bürgerrechten Verträge werden. (58)
Was in den 1970er und 1980er Jahren als Gegenentwurf zum Staatssozialismus verkauft wurde, hat sich seit den 1990er Jahren in ein neues Regierungsmodell verwandelt, New Public Management, Public-Private-Partnerships, „Autonomie“ von Schulen und Hochschulen, die in Wahrheit ökonomisierte Steuerung bedeutete, und ein Förderregime, in dem Universitäten, Theater, Medienhäuser, NGOs und selbst Kommunen zu Projektbewerbern in einem permanenten Wettbewerb wurden. In dieser Logik ist alles ein Markt, Pflege, Bildung, Kultur, Sicherheit, oder Kommunikation. Und weil Märkte erzeugt werden müssen, wenn sie nicht von selbst entstehen, werden staatliche Programme aufgelegt, die Nachfrage schaffen, nach Antidiskriminierungs-Workshops, Resilienztrainings, ESG-Zertifikaten, Diversity-Strategien, Hate-Speech-Bekämpfung, Transformationsberatung oder Demokratieprojekten. (59) Es ist der lange Schatten eines libertären Projekts, das die öffentliche Sphäre in lauter kleine, scheinbar private Auftragsverhältnisse zerschnitten hat.
Im real existierenden Sozialismus – mit all seinen Repressionsproblemen – verlief der Geldstrom dagegen andersherum. Staatlich erbracht, direkt zugänglich, in vielen Ländern mit einer dichten Infrastruktur von Kulturhäusern, Musikschulen, Jugendzentren, Theatergruppen, Filmklubs oder Sportvereinen. Es gab keine NGOs, die sich „Zivilgesellschaft“ nannten, dafür aber Tausende Häuser, in denen Jugendliche tanzen, Theater spielen und Musik machen. Universitäten waren gebührenfrei, Schulen selbstverständlich ebenfalls. Man kann dieses System kritisieren, aber niemand kam auf die Idee, zwischen Staat und Institution noch eine dritte Ebene von Projektbüros, Agenturen, Zertifizierern und „Intermediären“ zu schalten, die an jedem Euro mitverdienen und aus Bildung eine Förderindustrie machen. (60)
Heute erleben wir das Gegenteil, Drittmittelförderung statt freier Universitäten. Hochschulen werden formal „autonom“, aber materiell abhängig von Förderlinien der EU, Bundesministerien, Stiftungen und Konzernen. Professuren heißen plötzlich „Company Chairs“, Forschungsagenden folgen Ausschreibungslogiken, nicht Erkenntnisinteressen. Wer in der Wissenschaft überleben will, muss Anträge schreiben und damit die Schlagworte bedienen, die in Brüssel, Berlin, bei Stiftungen und in Konzernzentralen gerade Konjunktur haben. So wandert der Fokus von Grundlagenforschung und Streitkultur zu „Impact“, „Governance“, „Resilienz“, „Transformation“ und „Narrativarbeit“. Das System schöpft nicht nur Ideen aus Universitäten ab, es formt sie bereits in der Entstehung. Es prägt die Fragen, bevor die Antworten überhaupt begonnen haben. (61)
Der Preis dafür ist hoch. Das Geld, das in diesem Kreislauf rotiert, fehlt genau dort, wo eine demokratische Gesellschaft es am dringendsten bräuchte, in Schulen, Universitäten, Bibliotheken, öffentlichen Theatern, Musikschulen, Sportstätten oder Jugendzentren. Statt stabile Grundfinanzierung und institutionelle Freiheit gibt es Antragssprints und thematische Dressur. Wer „Demokratie“, „Diversität“, „Inklusion“, „Digitalisierung“ in der richtigen Reihenfolge buchstabiert, darf Anträge stellen. Wenn man dieses System zurückbauen will, muss man deshalb an genau drei Stellen ansetzen: (63)
Erstens: Mittelumleitung statt Fördertöpfe. Geld, das heute über „Demokratie leben!“, Medienanstalten, Projektlinien der politischen Bildung, EU-Desinformations-Hubs oder „Resilienz“-Programme an Zwischenorganisationen, Institute, Agenturen und NGOs geht, muss in die Grundfinanzierung jener Institutionen zurückfließen, die demokratische Kultur tatsächlich tragen. Die Institution muss finanziert werden und zwar entpolitisiert.
Zweitens: Rückzug der Berater- und NGO-Klasse aus staatlichen Kernfunktionen. Es ist nicht Aufgabe privater Beratungsfirmen, NGOs oder Stiftungen, Lehrpläne zu schreiben, Forschungsagenden zu definieren oder gesellschaftliche Grenzbegriffe wie „Hate Speech“, „Desinformation“ oder „radikale Meinung“ verbindlich festzulegen. Wer politisch Einfluss nehmen will, soll sich einer Partei anschließen, zur Wahl antreten und Verantwortung im sichtbaren Raum übernehmen. Wer am Markt bestehen will, soll Produkte entwickeln, für die Bürger freiwillig zahlen. Aber die Zwischenexistenz, halb staatsfinanziert, halb privat, mit exekutiven Privilegien ohne demokratisches Mandat, gehört abgeschafft. (64)
Drittens: Universitäten und Schulen entprivatisieren. Das bedeutet nicht, sie wieder zu Behörden zu machen, sie müssen von Sponsorentischen, Firmenstiftungsprofessuren, Drittmittelabhängigkeit und thematischen Gängelungen befreit werden. Grundfinanzierung statt Projektlogik. Öffentliche Gelder nur noch, wenn die Hochschule sich verpflichtet, weder Lehrstühle noch Curricula an Unternehmensinteressen zu delegieren. Verbot von exklusiven „Naming Rights“ für Konzerne bei Fakultäten, Instituten, Hörsälen. Transparente Offenlegung aller Drittmittelverträge, mit einem Vetorecht der Öffentlichkeit. Und vor allem, Rückkehr zu einem einfachen Prinzip, Universitäten sind Orte, an denen man um Wahrheit streitet, nicht um Förderlinien. (65)
Wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, wird sichtbar, worum es wirklich geht, um die Architektur, die all das ermöglicht. Sie ist nicht vom Himmel gefallen. Sie wurde über Jahrzehnte von einer Allianz aus neoliberalen Ökonomen, Thinktanks, Stiftungen, Unternehmensverbänden und Regierungen aufgebaut, immer mit dem Versprechen, den Staat zu „verschlanken“ und die Gesellschaft „effizienter“ zu machen. Übrig geblieben ist ein dickerer Staat, der sich in NGOs verkleidet, und eine Zivilgesellschaft, die ihre eigene ökonomische Abhängigkeit kaum noch erkennt. (66)
Ich selbst erlebte diese Natur des Systems erst vor wenigen Tagen hautnah, in einem Chat, in den ich ungefragt hinzugefügt worden war, offensichtlich weil jemand mein Netzwerk interessant fand oder meine Stimme als nützliche Verstärkung erwartete. Man sprach dort über „Freiheit“, über die Zensurmechanismen des Landes, über liber-net, und plötzlich behauptete jemand, all dies sei „Sozialismus“. Ich erklärte, dass diese Struktur weder sozialistisch ist noch demokratisch. Es sei ein Ergebnis der neoliberalen Governance, die den Staat nicht abschafft, sie lagert sie aus. Es dauerte keine Stunde, bis ich aus dem Chat entfernt wurde. Nicht wegen des Tons, auch nicht wegen eines politischen Streits. Eher, weil eine Wahrheit ausgesprochen worden war, die in diesem System schwerer wiegt als jede Beschimpfung. Es sind jene Strukturen, von denen man lebt, dieselben, die man angeblich kritisiert. Die Bandbreite der Nutznießer schlängelt sich quer durch die Lager von rechts nach links. (67)
Diese Szene war ein Miniaturbild dessen, was in Deutschland geschieht. Die Grenzen des Sagbaren werden durch Zugehörigkeit gesetzt. Man wird ausgeschlossen, weil man eine Struktur sichtbar macht, die nicht sichtbar sein soll. Genau darin liegt die Perfektion des Systems. Und es erzeugt Loyalitäten, die ungesprochen bleiben, und Ängste, die keiner als Angst bezeichnet. Doch die entscheidende Frage lautet nicht, wie dieses Netz funktioniert. Das haben liber-net und andere Publizisten inzwischen ausreichend dokumentiert. Die Frage ist, wie es aufgelöst werden kann. Die Antwort beginnt dort, wo alles Technokratische endet, beim schlichten Akt politischer Zuständigkeit. (68)
Denn dieses System existiert nur, weil es finanziert wird, weil Fonds und synthetisch erdachte Programme aufgesetzt werden. Es existiert, weil es politisch gewollt wurde. Und es existiert, weil Zuständigkeiten unsichtbar gemacht wurden. Würde der Bundestag die Programme „Demokratie leben!“, die politisierten Förderstrukturen der Bundeszentrale für politische Bildung und die damit verwobenen Landesprogramme neu zuschneiden oder ganz beenden, würde das Netz binnen eines Jahres austrocknen. Würde die Bundesnetzagentur sämtliche „Trusted Flagger“-Zertifizierungen widerrufen, was sie jederzeit kann, verlören HateAid und REspect! im selben Moment ihre exekutiven Privilegien. Würde das Strafrecht festschreiben, dass nur staatliche Stellen die Bewertung strafbarer digitaler Inhalte vornehmen dürfen, wären die Zwischeninstanzen entmachtet. (69)
Und was in Deutschland gilt, gilt in verstärkter Form in der EU. Die supranationalen Programme CERV, Creative Europe, die „Media Literacy“-Initiativen, die Desinformations-Hubs, sind die großen Förderpumpen, die diese Krake seit Jahren mit Milliarden versorgen. Die EU baut nicht nur Regulierung, aber eine regelrechte Auftragslandschaft darum. Doch auch hier gilt, das Europäische Parlament kann die Förderlinien ändern. Die Kommission kann die Work Programme neu schreiben. Der Rat kann jeden Haushalt blockieren, der Sprachüberwachung finanziert. Es wäre kein Kampf gegen Brüssel. Es wäre vor allem eine Rückeroberung von Zuständigkeit, ein Akt der Nüchternheit. (70)
Wenn Freiheit wieder mehr sein soll als ein administratives Konzept, wenn Demokratie wieder mehr sein soll als die moralische Verpackung technokratischer Entscheidungen, dann muss dieses Netz sichtbar gemacht und politisch entwirrt werden. Ein Land, das seine Meinungsfreiheit schützen will, muss zuerst seine Zuständigkeiten zurückerobern. Denn die neue Grenze der Freiheit ist heute das, was man sich nicht mehr zu sagen traut. (71)
Epilog
Unbequeme Wahrheit: Was hier sichtbar wird, ist eine Fehlentwicklung – eine, die sich quer durch alle politischen Lager fressen konnte, weil niemand bemerkte, wie still sich das System veränderte. Die oft wiederholte Formel „Eine Demokratie kann ihre Fehler korrigieren“ stimmt jedoch nur im Idealfall. In der Realität kann eine Demokratie ihre Fehlentwicklungen nur dann korrigieren, wenn sie sie erkennen kann. Und genau hier beginnt das Problem.
Die Mechanismen, die gesellschaftliche Erkenntnis ermöglichen sollten, freie Medien, offene Debatten, unabhängige Wissenschaft oder pluralistische Bildung, sind selbst Teil jener Architektur geworden, die die Fehlentwicklung erzeugt. Eine Gesellschaft, deren öffentlich-rechtliche Sender geopolitische Narrative reproduzieren, deren Universitäten durch Drittmittellogiken politisch selektiv gefördert werden, deren NGOs als verlängerte Arme staatlicher Programme agieren, und deren digitaler Raum durch europaweit normierte Filtermechanismen gesteuert wird, kann ihre eigenen Verzerrungen nicht mehr zuverlässig erkennen. Man kann eine Krankheit nicht heilen, wenn die diagnostischen Instrumente selbst befallen sind. Und man kann ein demokratisches System nicht erneuern, wenn die Orte, an denen Erkenntnis entstehen müsste, längst unsichtbar vorgeprägt sind.
Das ist die eigentliche Tragik dieses hybriden Regimes. (72)
(Red.) Siehe zur Thematik der „Hayek-Clubs“ auch die Analyse von Heinrich Anker auf Globalbridge.ch.
Quellen und Anmerkungen:
1.) Liber-net-Report zu Zensur-Netzwerken in Deutschland (330 Organisationen, 425 Förderprogramme): „Das Zensurnetzwerk: Regulierung und Repression in Deutschland“ von liber-net, veröffentlicht am 19. November 2025. Direkter Link zum PDF: https://liber-net.org/wp-content/uploads/2025/11/de-report-de.pdf. Belegt Zahlen und Netzwerkstruktur.
2.) Bericht über liber-net und digitale Autoritären: „The Censorship Network: Regulation and Repression in Germany“ auf liber-net.org.: https://liber-net.org/germany/. Belegt liber-net als Organisation und den Report.
3.) Presseartikel zur liber-net-Recherche: „Wie die Regierung mit NGOs die Meinungsfreiheit untergräbt“ in der Berliner Zeitung, 21. November 2025.: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/zensurnetzwerk-deutschland-bundesregierung-ngos-meinungsfreiheit-li.10006771. Belegt Reaktionen und Netzwerkumfang.
4.) Fall „Dummschwätzer“ auf Facebook: https://www.racket.news/p/the-censorship-industrial-complexs; “Grünen-Chefin Simone Peter – Dumm, dümmer, GRÜFRI“ in BILD, 2. Januar 2017. Direkter Link: https://www.bild.de/politik/inland/die-gruenen/chefin-peter-und-die-nafri-debatte-49571068.bild.html. Belegt polizeiliche Reaktionen auf Beleidigungen gegen Politiker.
5.) REspect! als Meldeportal: Wikipedia-Eintrag zur Meldestelle REspect!.: https://de.wikipedia.org/wiki/Meldestelle_Respect%21. Belegt anonymisiertes Meldeverfahren zu Hassrede und Weiterleitung zur Polizei.
6.) Bundestagsnotiz zu Beleidigungen: Ähnliche Fälle in Protokollen, z. B. im Kontext von Hass im Netz. Link zu BKA-Partnern: https://www.bka.de/DE/KontaktAufnehmen/KontaktBesondereThemen/MeldestelleHetzeImInternet/ZMIPartner/zmipartner_node.html. Belegt Kanäle zwischen Zivilgesellschaft und Polizei.
7.) Liber-net-Recherche zu 330 Organisationen und 425 Programmen: Siehe Quelle 1 (PDF des Reports). Belegt das Netz und Finanzierung aus staatlichen/EU-Programmen.
8.) Freedom on the Net 2022 für Deutschland: Bericht von Freedom House.: https://freedomhouse.org/country/germany/freedom-net/2022. Belegt Rückgang der Internetfreiheit und unsichtbare Kontrollen.
9.) Schaubild und Netzwerkbeschreibung: Aus liber-net-Report (siehe Quelle 1). Belegt Ökosystem mit Ministerien, NGOs, Faktencheckern usw.
10.) Public-Private-Governance: Buch „Masters of the Universe: Hayek, Friedman, and the Birth of Neoliberal Politics“ von Daniel Stedman Jones, Princeton University Press, 2012. Belegt Hybridmodelle und Auslagerung staatlicher Aufgaben.: https://press.princeton.edu/books/hardcover/9780691151571/masters-of-the-universe
11.) Digital Services Act (DSA): Offizielle EU-Seite.: https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/digital-services-act-package. Belegt Prioritätsverfahren und Content-Moderation-Standards.
12.) YouTube-Content-Moderation: CBS „60 Minutes“-Bericht zu Hassrede in Deutschland. YouTube-Video: „Policing the internet in Germany“, 17. Februar 2025.: https://www.youtube.com/watch?v=-bMzFDpfDwc. Belegt automatisierte Protokolle und Warnhinweise.
13.) Incident-Response-Protokoll im DSA: Siehe Quelle 11. Belegt technische Verfahren ohne öffentliche Debatte.
14.) „60 Minutes“-Sequenz zu Hausdurchsuchung (2025): CBS „60 Minutes“-Report „Posting hateful speech online could lead to police raiding your door“.: https://www.cbsnews.com/news/policing-speech-online-germany-60-minutes-transcript/. Belegt reale Fälle von Durchsuchungen wegen Facebook-Kommentaren.
15.) Organisationen wie HateAid, REspect!, jugendschutz.net, FSM: Offizielle Website von HateAid.: https://hateaid.org/. Belegt Rolle als zertifizierte Melder.
16.) HateAid-Finanzierung (2023: ~0.5 Mio Euro, 2024: ~600.000 Euro, Umsatz 5.77 Mio Euro): Jahresabschluss 2023.: https://hateaid.org/wp-content/uploads/2024/08/HateAid_Jahresabschluss_2023.pdf. Bilanz zeigt Umsatz und Förderungen (z. B. 497.000 Euro 2023).
17.) Bundestagsinfo zu HateAid-Förderung 2024: „Haushalt 2024: „Hate Aid“ wird weiter gefördert“.: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-972944. Belegt staatliche Mittel.
18.) Jugendschutz.net: Offizielle Website.: https://www.jugendschutz.net/. Belegt Rolle in Jugendschutz und Integration in EU-Programme.
19.) FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia): Offizielle Website.: https://www.fsm.de/. Belegt Rollen in Content-Moderation und Jugendschutz.
20.) Programm „Demokratie leben!“: Offizielle Website.: https://www.demokratie-leben.de/. Budget 2023: 182 Mio Euro, 2025: 171.8 Mio Euro.
21.) Bundestagsinfo zu Budget: „Haushaltsmittel für „Demokratie leben!““.:https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1105550. Belegt jährliches Volumen von 170-180 Mio Euro.
22.) REspect!-Finanzierung durch „Demokratie leben!“: FAQ der Meldestelle.: https://respectimnetz.de/faq/. Belegt Weiterleitung von Meldungen zur Polizei.
23.) Beispiel Finanzierung kultureller Projekte: Ähnliche Kritik in „Ein links-grünes Füllhorn“ in Preußische Allgemeine Zeitung, 31. Januar 2025.: https://paz.de/artikel/ein-links-gruenes-fuellhorn-a13503.html. Belegt Intransparenz in Vergaben.
24.) Transparenzkritik an „Demokratie leben!“: Bundestagsinfo zu Fördermitteln.:https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1033114. Belegt fehlende Überprüfbarkeit.
25.) Verwaltungskosten in „Demokratie leben!“: Infopapier des BMFSFJ.: https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/254622/c0f9da0d567aa4bf0dc32aa019c69b33/infopapier-bundesfo-rderprogramm-demokratie-leben-dritte-fo-rderperiode-data.pdf. Belegt Fördervolumen und administrative Nutzung; eigene Recherche Stadt Höhr-Grenzhausen, Verwaltungsangestellte aus dem Budget „Demokratie leben!“ (u.a. 17 Anträge für das Förderprogramm, 2024/2025)
26.) Gremien in „Demokratie leben!“: Kritik in „Sogenannte Demokratieförderung“ auf AfD-Bundestag.: https://afdbundestag.de/sogenannte-demokratiefoerderung-darf-kein-instrument-zur-bekaempfung-der-opposition-sein/. Belegt Homogenität und politische Schlagseite.
27.) Ausgrenzung in Förderungen: „Bundesprogramm „Demokratie leben!“: Prien schießt sich auf…“ in TAZ, 26. Oktober 2025.: https://taz.de/Bundesprogramm-Demokratie-leben/%216122313/. Belegt Zugang nur für Vereine und Intransparenz.
28.) Offener Kanal Ludwigshafen unter Dr. Wolfgang Ressmann: Interview in Rheinpfalz, 29. November 2019. Direkter Link: https://www.rheinpfalz.de/kultur_artikel,-nicht-das-feuer-weiter-anfachen-interview-zu-einem-medienprojekt-in-der-ukraine-und-georgien-_arid,1551738.html. Belegt Projekte in Ukraine, Georgien, finanziert vom Auswärtigen Amt. Dr. Wolfgang Ressmann ist Vorsitzender des Bundesverbands Bürgermedien e.V., https://bvbm.eu/impressum/ , war vorher parallel Vorsitzender des OK Ludwigshafen, https://www.ok-lu.de/, ebenso ist er Vertreter der Youth4media Network e.V. in Neustadt an der Weinstrasse, https://youth4media.eu/imprint-ger-imprint-eng/, seit seit 1974 ist er SPD-Mitglied, Stadtratsmitglied und seit 2009 stellvertretender Vorsitzender der SPD in der Region Neustadt – Bad Dürkheim, https://www.ressmann.de/index.htm
29.) Medienbildung in Osteuropa: „Wir wollen hier etwas lernen“ in Rheinpfalz, 24. Oktober 2015.: https://www.rheinpfalz.de/lokal/ludwigshafen_artikel,-wir-wollen-hier-etwas-lernen-_arid,447201.html. Belegt Ausbildung in Ukraine und antirussische Narrative.
30.) EU-Finanzierung transnationaler Netzwerke: Erasmus+ Programm der EU.: https://erasmus-plus.ec.europa.eu/de. Belegt Förderung von Medienbildung und Resilienztrainings.
31.) Finanzierung Offener Kanäle (2% Rundfunkbeiträge): Jahresbericht Medienanstalt Rheinland-Pfalz 2023. Direkter Link: https://medienanstalt-rlp.de/jahresbericht-2023; https://medienanstalt-rlp.de/jahresbericht-2023/berichte/finanzbericht
32.) Geschlossene Systeme in Zivilgesellschaft: „Zensur im Netz“ in Berliner Zeitung, 24. November 2025.: https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/tv-medien/wie-das-internet-zur-westlichen-werte-welt-umgebaut-wird-zensur-im-netz-li.10007007. Belegt gegenseitige Legitimation.
33.) Offener Kanal Andernach, Koblenz und Neuwied ok4.tv : Eigene Recherche
34.) Jahresabschlüsse Medienanstalt RLP (2022: 8.938.917 €, 2023: 9.354.085 €, Personalaufwand 4.984.321 € 2023): Aus KEF-Bericht.: https://kef-online.de/fileadmin/kef/Dateien/Berichte/Import/22._Bericht.pdf. Belegt Budget und Personal. Siehe auch Quelle 31.
35.) Anfrage an Medienanstalt RLP, eigene Recherche bei verschiedenen Offenen Kanälen; Förderungen für Offene Kanäle (2.000-18.000 €): Siehe Quelle 31 und 34. Belegt minimale Summen vs. Gesamtbudget.
36.) Zentralisierung 2024 (Media:TURM): Jahresbericht 2023 (impliziert Planung).: https://medienanstalt-rlp.de/jahresbericht-2023. Belegt Integration des OK Ludwigshafen 2025.
37.) Diskussion zu Filtern: „Medienzukunft 2025“ PDF.: https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/document/90692/1/ssoar-2024-lipp_et_al-Medienzukunft_2025_-_Wie_kann.pdf. Belegt technische Kontrolle; eigene Recherche
38.) Vereinsstrukturen: eigene Recherche belegt Autonomie und Ausschlüsse.
39.) Jahresberichte-Verzögerung: Standardverfahren in KEF-Berichten (siehe Quelle 34). Belegt Veröffentlichung August-Dezember.
40.) Programmatische Angleichung: Erasmus+ Jugend.: https://www.erasmusplus-jugend.de/foerderung/. Belegt Terminologie wie „Medienkompetenz“ und „Hate Speech“.
41.) Strukturelles Muster: „The Road from Mont Pèlerin“ PDF. Direkter Link: https://uberty.org/wp-content/uploads/2015/10/mt-pelerin.pdf. Belegt Homogenität durch Förderlogiken.
42.) Jugendschutz.net und FSM als Filter: FSM-Website (siehe Quelle 19). Belegt Kriterien und Integration in DSA.
43.) Hashtag-Beispiel (#Kriegstreiber): Ähnlich in HateAid-Tätigkeitsbericht 2024.: https://hateaid.org/taetigkeitsbericht-2024/. Belegt Bewertung als Propaganda. (abgerufen am 29.Nov. 2025)
44.) Zitat Thomas Geisel („subtil, aber lähmend“): Link zu Geisel-Website: https://www.thomas-geisel.eu/. Belegt als EU-Abgeordneter (BSW) zu Freiheitsthemen.
45.) Ulrike Guérot und „Spinnennetz“: „Ulrike Guérot verliert Professur“ YouTube-Video, 4. Oktober 2025.: https://www.youtube.com/watch?v=r5cHeMAFWMI. Belegt Entlassung und Netzwerk-Kritik.
46.) Guérot-Entlassung: „Ulrike Guérot: Klage gescheitert“ in SZ, 26. April 2024.: https://www.sueddeutsche.de/kultur/ulrike-guerot-klage-arbeitsgericht-abgewiesen-entlassung-plagiat-taeuschung-bonn-1.6631098. Belegt Konflikt.
47.) Mont Pelerin Society und Atlas Network: Wikipedia zur Mont Pelerin Society.: https://en.wikipedia.org/wiki/Mont_Pelerin_Society. Belegt Gründung durch Hayek und Neoliberalismus-Netzwerke.
48.) Buch „The Ghosts of Mont Pelerin“ in American Affairs Journal, 8. August 2023. Direkter Link: https://americanaffairsjournal.org/2023/08/the-ghosts-of-mont-pelerin-visiting-the-birthplace-of-neoliberalism/. Belegt Transformation zu hybriden Regimen.
49.) Normen technisch getarnt: Buch „The Road from Mont Pèlerin: The Making of the Neoliberal Thought Collective“ von Philip Mirowski und Dieter Plehwe, Harvard University Press, 2009. Belegt politische Vorgaben in Gremien.
50.) Kalter Krieg-Narrative: „Hayek as classical liberal public intellectual“ in Educational Philosophy and Theory, 9. Dezember 2019.: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00131857.2019.1696303. Belegt Feindbilder.
51.) Hayek: Buch „The Road to Serfdom“ von F.A. Hayek, 1944.
52.) Mises: Buch „Human Action“ von Ludwig von Mises, 1949.
53.) Friedman: Buch „Capitalism and Freedom“ von Milton Friedman, 1962.
54.) Foucault: Buch „The Birth of Biopolitics“ von Michel Foucault, 1978-1979 (Lectures). Belegt Macht durch Normen und Prozeduren.
55.) Erasmus Institut GmbH: Offizielle Website.: https://www.erasmus-institut.com/. Belegt Angebote zu Werteentwicklung, Nachhaltigkeit und Leadership (libertärer Gestus, aber staatlich abhängig); eigene Recherche, Chat-Diskurs- Ergebnis Löschung
56.) Förderung: Erasmus+ für Institute.: https://www.erasmusplus.de/. Belegt EU-Programme.
57.) Chicago School und Ordoliberalismus: „What the EA community can learn from the rise of the neoliberals“ auf Effective Altruism, 5. Dezember 2016.: https://www.effectivealtruism.org/articles/ea-neoliberal. Belegt Netzwerke wie Atlas Network.
58.) Atlas Network: „A brief history of the neo-liberal Atlas Network“ in Alliance Magazine, 12. November 2024.: https://www.alliancemagazine.org/analysis/undermining-democracy-destabilising-climate/. Belegt Geschichte seit 1950er.
59.) New Public Management: Buch „An Army of Fighters for Freedom“ in Journal of the History of Economic Thought, JSTOR.: https://www.jstor.org/stable/27227003. Belegt Zersplitterung der Sphäre.
60.) Vergleich Sozialismus vs. Neoliberalismus: „The Long Shadow of Mont Pèlerin“ in Dissent Magazine.: https://dissentmagazine.org/article/the-long-shadow-of-mont-pelerin/. Belegt Unterschiede in Infrastruktur.
61.) Drittmittelförderung: Erasmus+ für Hochschulen.: https://erasmusplus.oead.at/de/hochschulbildung/wer-kann-teilnehmen/studierende-und-graduierte. Belegt Abhängigkeit von Förderlinien.
62.) Vorschläge zur Reform: Ähnlich in liber-net-Report (siehe Quelle 1). Belegt Mittelumleitung und Rückzug von NGOs
63.) Mittelumleitung: Kritik in „Förderprogramm Erasmus+“ der EU-Kommission.: https://commission.europa.eu/education/set-projects-education-and-training/erasmus-funding-programme_de. Belegt aktuelle Förderlogik.
64.) NGO-Rolle: „Darf die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung mit staatlichen Mitteln gefördert werden?“ vom DIMR.: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuelles/detail/darf-die-afd-nahe-desiderius-erasmus-stiftung-mit-staatlichen-mitteln-gefoerdert-werden. Belegt Problematik von Zwischenexistenzen.
65.) Entprivatisierung: Erasmus+ für Behörden.: https://erasmusplus.schule/erasmus-fuer/behoerden-und-vereine. Belegt aktuelle Abhängigkeit.
66.) Aufbau der Architektur: „Think Tanks: Are They The Masters Of The Universe?“ in Forbes, 22. Januar 2013.: https://www.forbes.com/sites/alejandrochafuen/2013/01/22/think-tanks-are-they-the-masters-of-the-universe/. Belegt Allianz seit 1940er.
67.) Persönliche Anekdote, eigene Recherche, knüpft an bei liber-net (siehe Quelle 1).
68.) Liber-net-Dokumentation: Siehe Quelle 1. Belegt Netzfunktion.
69.) Widerruf von Trusted Flagger: DSA-Info. Siehe Quelle 11.
70.) EU-Programme wie CERV: Offizielle EU-Seite.: https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/programmes/cerv.
71.) Meinungsfreiheit: „Germany: Freedom on the Net 2022“ (siehe Quelle 8).
72.) Fehlentwicklung: „Ist unsere Demokratie nur noch Fassade?“ YouTube-Video mit Ulrike Guérot, 11. Juli 2025.: https://www.youtube.com/watch?v=Nl-mBedB47U. Belegt Krise und Verzerrungen.
Sonstige Anmerkungen:
Am 5.Dezember 2025 erschien das Buch „Gegendruck (6) – Imperium Europa?“ Diese Publikation ist ein Gemeinschaftsprojekt mit Beiträgen von Sophia-Maria Antonulas, Alexander Christ, David Engels, Thomas Harrington, Sabiene Jahn, Bernard Legros, Amir Mortasawi, Henrik Jan Mühlenbein, Matthias Müller, Ivan Nokhrin, Peter Orzechowski, Rafael Poch de Feliu, Tom-Oliver Regenauer, Roland Rottenfußer, Werner Rügemer, György Varga, Prisca Würgler. (In alphabetischer Reihenfolge)
Sabiene Jahn, Essay: Seit 2014 bezahlt die „Wertefabrik“ Europa ein NGO-Ökosystem, das junge Journalisten in Osteuropa auf Linie bringt. Was als Bildung verkauft wird, entpuppt sich als Softpower – und ein Offener Kanal wird zum Hebel der Außenpolitik. Sabiene Jahn zeigt im Essay ausführlich, wie aus einem Bürgermedienprojekt in Ludwigshafen (RLP) ein transatlantisches Netzwerk der „Demokratieförderung“ wurde. Hinter Workshops und Fotobannern steht eine Fördermaschine, die Narrative exportiert – und Journalismus zur Außenpolitik umbaut. Sie nennt Namen, Wege und Wirkung:
192 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-911394-06-2, Bestellungen über Link: https://www.buchkomplizen.de/buecher/manova/gegendruck-ausgabe-6.html