
Lesenswerte Neuerscheinung | Wolfgang Bittner: Geopolitik im Überblick
(cm) Wer das Buch «Ausnahmezustand; Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts» von Wolfgang Bittner, das im Jahr 2023 (mit Redaktionsschluss November 2022) erschienen ist, gelesen hat, der weiß: Das Buch ist einfach absolut hervorragend und ist durch kein anderes so leicht zu ersetzen! Gerade lese ich es zum zweiten Mal und staune einmal mehr, wie richtig Wolfgang Bittner die historische Entwicklung, die zum Krieg in der Ukraine geführt hat, erkannt und beschrieben hat. In wenigen Tagen erscheint nun ein weiteres Buch von Wolfgang Bittner: Geopolitik im Überblick.
Wolfgang Bittner hat uns einen Text aus dem neuen Buch zur vorherigen Veröffentlichung schon mal zur Verfügung gestellt:
Die Unterwanderung der Demokratie: USA – NATO – WEF
Der Nordatlantikpakt
Am 4. April 1949 gründeten zwölf westliche Staaten die NATO, die North Atlantic Treaty Organization. Diese »Nordatlantische Vertragsorganisation« ist ein Bündnis, um sich gegenseitig militärisch und politisch zu unterstützen. Ihr gehören inzwischen 32 europäische und nordamerikanische Staaten an.
Im Nordatlantikvertrag, in dem die Rechte und Pflichten der Mitglieder geregelt sind, heißt es: »Die Parteien verpflichten sich, in Übereinstimmung mit der Satzung der Vereinten Nationen, jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sind, auf friedlichem Wege so zu regeln, dass der internationale Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden, und sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar sind.«
Von diesen Bekundungen hat sich die NATO spätestens mit dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien weit entfernt. Sie hat sich zu einer aggressiven Organisation unter der Dominanz der USA entwickelt und bis nach Südamerika und Asien ausgebreitet. 1998 erhielt Argentinien den Status eines wichtigen Verbündeten, und Kolumbien wurde 2022 ein »globaler Partner«. Hinzu kamen, ebenfalls als globale Partner, Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und Singapur.
Als 1991 in einer Entspannungsphase der Warschauer Pakt als östlicher Gegenpart aufgelöst wurde, blieb die NATO bestehen. Die Gründung eines europäischen Verteidigungsbündnisses unter Einbeziehung von Russland wurde von den USA hintertrieben. Stattdessen dehnte sich die NATO entgegen den Absprachen, die in Protokollen festgehalten sind, immer weiter nach Osten bis an die Grenzen Russlands aus. Zugleich wurden die geheimdienstliche Tätigkeit und die Beeinflussung von Politik und Medien intensiviert. Auch die USA nahmen Anfang der 1990er Jahre neben den zumeist hochkriminellen Aktivitäten von CIA und NSA ihre Infiltrations- und Indoktrinationsmaßnahmen verstärkt wieder auf und nutzten dafür die bewährten Organisationen.
US- und NATO-nahe Netzwerke
Das US-Außenministerium, Geheimdienste sowie sonstige interessierte Kreise aus den USA haben bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die ganze Welt und insbesondere den Frontstaat Deutschland mit einem Netz ihrer Thinktanks und Nichtregierungsorganisationen überzogen. Dazu gehören Atlantik-Brücke, Münchner Sicherheitskonferenz, European Council on Foreign Relations, Aspen Institute, Goldman Sachs Foundation, The American Interest, Atlantic Council, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Rockefeller Foundation, German Marshall Fund (GMF), Atlantische Initiative – insgesamt weit über hundert Organisationen.[1]
Fast alle führenden deutschen Politiker und Politikerinnen sowie viele Journalisten sind Mitglieder solcher Netzwerke, die zum Nachteil des eigenen Landes und einer europäischen Friedenspolitik die Interessen der USA und der NATO vertreten. Mitglieder der Atlantik-Brücke, deren Vorsitzender seit 2019 der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ist, sind zum Beispiel: Friedrich Merz (CDU), Angela Merkel (CDU), Christian Lindner (FDP), Norbert Röttgen (CDU), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen), Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Stefan Liebich (Die Linke), Kai Diekmann (ehemaliger Herausgeber der Bild-Gruppe), Martin Winterkorn (ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG), Michael Hüther (Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft), Birgit Breuel (ehemalige Präsidentin der Treuhandanstalt) und Wolfgang Ischinger (ehemaliger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz).[2]
Weitere Mitglieder US- und NATO-naher Netzwerke sind beispielsweise Ursula von der Leyen (CDU), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Claus Kleber (ehemaliger Moderator des ZDF-heute-journals), Jens Spahn (CDU), Edmund Stoiber (CSU), Klaus von Dohnanyi (SPD), Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen). Hinzu kommen Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.[3]
In den Medien sieht es ähnlich aus. Die westlichen Massenmedien sind in Privathand, die Eigentümer und Herausgeber regierungskonform und die Leitungsposten in den Redaktionen mit US-affinen Journalisten besetzt, die sehr oft Mitglieder in den verschiedenen US-Netzwerken sind. Auf diese Weise wurde der Einfluss auf die meinungsbildenden Medien ausgeweitet.
Kein Wunder, dass es unter diesen Voraussetzungen zu einer einheitlichen Berichterstattung gekommen ist, die nicht selten in Propaganda und Hetze ausartet. Auch für den »Nachwuchs« wird gesorgt. Die USA richteten an Eliteuniversitäten Seminare für sogenannte Young Leaders ein und zogen sich auf diese Weise eine Kerntruppe von jungen aufstrebenden Politikern und Journalisten heran. Das wird zwar in Abrede gestellt, aber nachweislich haben viele der leitenden Journalisten wie auch der Spitzenpolitiker solche Kurse und Seminare besucht, in denen sie auf die Politik der USA eingestimmt wurden.
Im Laufe der Jahre nahmen an diesen von den Netzwerken organisierten Schulungen beispielsweise folgende Einflusspersonen teil: Angela Merkel, Olaf Scholz, Friedrich Merz, Markus Söder, Christian Lindner, Jens Spahn, Cem Özdemir, Omid Nouripour, Annalena Baerbock, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Kai Diekmann, Claus Kleber, Sandra Maischberger; aber auch Emmanuel Macron, Tony Blair, David Cameron, Sebastian Kurz, José Manuel Barroso, Bill Gates oder Jeff Bezos – um nur einige wenige Namen zu nennen.[4]
Hin und wieder ist zu erleben, wie einzelne Personen gezielt für Propagandazwecke eingesetzt werden. So wurde der angeblich vom Kreml vergiftete Einflussagent Alexej Nawalny 2010 einige Monate an der Eliteuniversität Yale/Connecticut im »Yale World Fellows Program« auf seine Rolle als globale Führungskraft (d. h. »Regimechanger«) vorbereitet. Eine ähnliche Unterweisung erhielten der Ukrainer Arsenij Jazenjuk, der Georgier Micheil Saakaschwili, die Litauerin Dalia Grybauskaité, der Venezolaner Juan Guaidó und andere US-»Hoffnungsträger«.[5] Aber das geschieht im Verborgenen, bis diese zuvor unbedeutenden Leute plötzlich Prominenz erhalten und sich für die Interessenpolitik der USA einsetzen.
Einflussnahme und Ziele des Weltwirtschaftsforums
Parallel zu den Indoktrinationsmaßnahmen der USA und der NATO startete das außerordentlich einflussreiche Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) 1992 ein Programm für »Global Leaders of Tomorrow«, das seit 2004 »Young Global Leaders« heißt, ebenfalls zur Förderung geeigneter zukünftiger Führungskräfte. Dadurch entstand auch in diesem Wirkungsbereich ein globales Netzwerk mit bedeutenden Führungskräften aus Politik, Wirtschaft, Medien, Militär, Adel, Kunst, Kultur und so weiter, die sich für die Pläne des Weltwirtschaftsforums engagieren.
Das WEF, eine Stiftung und weltweit vernetzte Lobbyorganisation, hat seinen Hauptsitz in der Schweiz bei Genf und veranstaltet jährliche Treffen, zumeist in Davos, an denen die Elite der Welt teilnimmt. Es unterhält Büros in New York, Tokio und Peking. Die Macht dieser Organisation wird – ebenso wie die der »Bilderberg-Gruppe«[6] – oft unterschätzt. Denn sie wird zumeist als eine harmlose Honoratiorengesellschaft wahrgenommen, die sich in den Schweizer Bergen zum Plaudern trifft.
Wie einflussreich das WEF tatsächlich ist, lässt sich allerdings erkennen, wenn man sich die lange Liste der Beteiligten anschaut. Es ist eine wirtschaftliche und politische Machtdemonstration der einflussreichsten Personen der Welt sowie etwa 1000 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über fünf Milliarden US-Dollar. (…)
Zum Autor: Wolfgang Bittner lebt als Schriftsteller und Publizist in Göttingen. Der promovierte Jurist hat über 80 Bücher veröffentlicht. Er erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen und ist Mitglied im PEN. Von 1996 bis 1998 gehörte er dem Rundfunkrat des WDR an, von 1997 bis 2001 dem Bundesvorstand des Verbandes deutscher Schriftsteller. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Vorderasien, Mexiko, Kanada und Neuseeland, Gastprofessuren 2004 und 2006 nach Polen. Er war viele Jahre freier Mitarbeiter bei Zeitungen, Zeitschriften sowie öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Zu seinen jüngsten Publikationen gehören Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise (2021), Deutschland – verraten und verkauft (2021), Ausnahmezustand. Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts(2023) sowie der Roman Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen (2019).
Quellen und Anmerkungen
[1] Dazu Wolfgang Bittner, Der neue West-Ost-Konflikt, S. 51 ff.
[2] Ebenda mit weiteren Nachweisen. Sowie: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Mitgliedern_der_Atlantik-Brücke [abgerufen 11. April 2025]
[3] Bittner, ebenda
[4] Ebenda
[5] Vgl. hier.
[6] Die »Bilderberger« sind eine informell zusammentreffende, ebenfalls außerordentlich einflussreiche, Gruppierung, die global agiert und deren Teilnehmerkreis sich ähnlich dem des WEF zusammensetzt; vgl. Wikipedia-Eintrag zu »Bilderberg-Konferenz«, https://de.wikipedia.org/wiki/Bilderberg-Konferenz#Organisation [abgerufen 17. März 2025]
Das neue Buch: Wolfgang Bittner, „Geopolitik im Überblick. Deutschland-USA-EU-Russland“, Verlag Hintergrund, Klappenbroschur, 144 S., 14,80 €, ISBN 978-3910568235
(cm) Das Buch neue Buch von Wolfgang Bittner kann nur empfohlen werden! Schon der kurze Ausschnitt zeigt wieder, wie Wolfgang Bittner sehr konkret bis in die kleinsten Details geht!
PS: Ausgerechnet heute ging der Newsletter eines technischen Problems wegen nicht rechtzeitig raus – ausgerechnet heute, wo ich es nicht einmal selbst bemerkte, weil ich Wartesaal eines Krankenhauses sass. Solche Zufälle laufen unter der Bezeichnung „Murphy’s Law“, dass nämlich Probleme genau dann auftreten, wenn niemand helfen kann, zum Beispiel an einem Sonntag. So oder so bitte ich die Leserinnen und Leser von Globalbridge freundlich um Entschuldigung. (cm)