«Wer hier mitmacht, ist Kriegspartei»
(Red.) Am 8. März 2022 hat Christian Müller, Herausgeber der Plattform «Globalbridge.ch», den Schweizer Bundesrat – die Schweizer Regierung – wegen seinem Entscheid, die EU-Sanktionen gegen Russland vollständig zu übernehmen und damit die Schweizer Neutralität massiv zu verletzen, hart kritisiert. (Sein Kommentar war zuvor schon am 3. März auf der deutschen Plattform «NachDenkSeiten» erschienen.) Leider gab es damals nur wenige ähnliche Stimmen in den Medien. Aber es gab sie – etwas versteckt zum Beispiel als Leserbrief im «Schweizer Bauer» vom 9. März 2022. Die Argumentation von Hans Bieri ist heute so richtig und so aktuell wie damals, weshalb sein damaliger Beitrag hier im vollen Wortlaut wiedergegeben sei. (cm).
Wer bei den Sanktionen gegen Russland mitmacht, ist Kriegspartei. Die Sanktionen beziehen sich auf den Einmarsch russischer Truppen in das Staatsgebiet der Ukraine. Wäre die Schweiz neutral, hätte sie zur Konfliktlösung etwas zu bieten.
Der Konflikt begann ja nicht erst mit dem russischen Truppeneinmarsch im Februar 2022, sondern vor acht Jahren. Er begann mit dem Putsch in der Ukraine, wo im Ergebnis die historisch ansässige, russisch sprechende Bevölkerung von den demokratischen Rechten ausgeschlossen wurde.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), damals unter schweizerischer Leitung, war daran, den gesetzlosen Putsch beim Namen zu nennen. Vor allem auch die verachtenswerte Asymmetrie, dass die ukrainische Armee die Wohngebiete der russisch sprechenden Ostprovinzen der Ukraine beschoss, wogegen die aufständischen Verbände der Ostprovinzen die Offensiven der ukrainischen Armee bekämpften. Diese Asymmetrie führte im Laufe von acht Jahren zu 14 000 Toten – mitten in Europa. Es ist kaum zu bestreiten, dass es der Schweiz, als sie den Vorsitz der OSZE innehatte, auch wegen ihrer Neutralität gelungen ist, ein Abkommen in Minsk auf den Weg zu bringen, um das durch den Putsch ausgelöste Unrecht zu ordnen. Die aussenpolitische Kommission der Schweiz war in der Folge nicht in der Lage, diesen Erfolg weiterzutragen. Minsk II wurde von Frankreich, Deutschland (mit den USA im Hintergrund), von der Ukraine und von Russland unterzeichnet. Dabei ist die OSZE diesen Ländern übergeordnet und nicht deren Sekretariat.
Die Schweiz wäre durch den Neutralitätsstatus in aller Form legitimiert gewesen, diese friedensstiftende und ordnende Rolle nicht aus der Hand zu geben. Diese Aufgabe der Schweiz in Europa hat die aussenpolitische Kommission vertan. Sie ist mental geschwächt und zu wenig eigenständig, weil sie Russland wegen dem Kalten Krieg immer noch aus Europa ausgrenzt und dabei den USA folgt, welche sich massiv in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt und den Putsch in Kiew mit seinen verbrecherischen Folgen zu verantworten haben.
Dieses politische Versagen der schweizerischen Aussenpolitik findet nun seine Fortsetzung in der Preisgabe der Neutralität. Und wie wenn das noch nicht genug der Fehlentscheide wäre, bekennt sich der Delegierte der Schweiz in der OSZE, Andreas Aebi, auf einer ganzen Seite im «Schweizer Bauer» als «Bewunderer» der Kiewer Kriegspartei, welche während acht Jahren die Wohngebiete im eigenen Land beschoss, was bisher vor den Augen der OSZE 14 000 Tote gefordert hat.
Hans Bieri
Geschäftsführer «Schweizerische Vereinigung Industrie und Landwirtschaft» (SVIL)
Achtung: Die skandalöse Missachtung der Neutralität durch den Schweizer Bundesrat hat zwischenzeitlich zu einer Neutralitätsinitiave geführt. Sie sollte von möglichst vielen stimmberechtigten Schweizern und Schweizerinnen unterschrieben werden! Zum Unterschriften-Formular hier anklicken.