US-amerikanischer Atomwaffengegner in Deutschland zu Gefängnis verurteilt
Der US-amerikanische Friedensaktivist John LaForge aus Luck, Wisconsin, wurde von einem deutschen Gericht zu 50 Tagen Gefängnis verurteilt, nachdem er sich geweigert hatte, 600 Euro Geldstrafe für zwei Verurteilungen wegen Hausfriedensbruchs zu zahlen. Er hatte an Protesten gegen die auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt Büchel stationierten US-Atomwaffen teilgenommen.
John LaForge, 66, aus Duluth stammend und langjähriger Mitarbeiter der Anti-Atomwaffen-Gruppe Nukewatch, nahm 2018 an zwei „Go-In“-Aktionen auf dem deutschen Luftwaffen-Stützpunkt teil. Bei der ersten, am 15. Juli, verschafften sich achtzehn Personen an einem Sonntagmorgen am helllichten Tag Zutritt zum Stützpunkt, indem sie den Maschendrahtzaun durchtrennten. Bei der zweiten Aktion am 6. August, dem Jahrestag des US-Bombenangriffs auf Hiroshima, schlichen sich LaForge und Susan Crane aus Redwood City, Kalifornien, in den Stützpunkt und kletterten auf einen Bunker, in dem vermutlich einige der etwa zwanzig dort stationierten thermonuklearen „B61“-Atombomben der USA untergebracht sind.
Das deutsche Landgericht Koblenz verurteilte LaForge nun zu einer Geldstrafe von 600 Euro oder 50 Tagen Haft und ordnete an, dass er sich am 25. September in Wittlich, Deutschland, in der Justizvollzugsanstalt zu melden hat. Der Gerichtsbeschluss wurde am 25. Juli 2022 erlassen, erreichte LaForge allerdings erst am 11. August per Post in den Vereinigten Staaten. Gegen die Verurteilung von LaForge ist derzeit noch eine Berufung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hängig, dem höchsten deutschen Gericht.
In der Berufung der Bonner Rechtsanwältin Anna Busl wird argumentiert, dass sowohl das Gericht der ersten Instanz als auch das Koblenzer Gericht einen Fehler begangen haben, indem sie sich geweigert haben, LaForges Einwand der „Verbrechensverhütung“ zu berücksichtigen und damit sein Recht auf Verteidigung verletzten. Beide Gerichte lehnten es ab, Sachverständige anzuhören, die das internationale Vertragsrecht erläutern sollten, das sowohl die Planung von Massenvernichtungswaffen als auch die Weitergabe von Atomwaffen von einem Land an ein anderes Land verbietet. Die Stationierung der US-Atomwaffen in Deutschland sei ein krimineller Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag (Nonproliferation Treaty, NPT), argumentiert LaForge, da der Vertrag jede Weitergabe von Atomwaffen von oder an andere Vertragsstaaten, zu denen sowohl die USA als auch Deutschland gehören, ausdrücklich verbiete. In dem Appell wird weiter argumentiert, die Politik der „nuklearen Abschreckung“ sei eine kriminelle Verschwörung, um mit Hilfe der US-Wasserstoffbomben eine riesige, unverhältnismäßige und wahllose Zerstörung zu begehen.
LaForge nahm an der Eröffnung der 10. Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags im UN-Hauptquartier in New York City teil und reagierte auf die dort am 1. August abgegebenen Erklärungen Deutschlands und der Vereinigten Staaten. „Außenminister Tony Blinken und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die (ehemalige) Vorsitzende der deutschen Grünen, verurteilten beide die russische Atomwaffenpolitik, ignorieren aber ihre eigenen ‚vorwärtsgerichteten‘ US-Atombomben in Büchel, die auf Russland gerichtet sind. Aussenministerin Baerbock wandte sich am 2. August sogar schriftlich gegen den Vorwurf Chinas, die Praxis der Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland verstoße gegen den Atomwaffensperrvertrag, und argumentierte, diese Politik basiere auf dem Vertrag von 1970. Aber das ist so, als würde ein Sklavenhändler behaupten, er könne seine Versklavten auch nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in Ketten halten, weil er sie vor 1865 gekauft habe“, so LaForge.
Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land der Welt, das seine Atomwaffen in anderen Ländern stationiert.
Bei den US-Bomben in Büchel handelt es sich um die 170-Kilotonnen-B61-3 und die 50-Kilotonnen-B61-4, die elf- bzw. dreimal so stark sind wie die Hiroshima-Bombe, die damals sofort 140.000 Menschen tötete. LaForge argumentiert in seinem Aufruf, diese Waffen könnten nur Massaker verursachen, Angriffspläne mit diesen Waffen seien eine kriminelle Verschwörung und sein Versuch, ihren Einsatz zu verhindern, sei ein gerechtfertigter Akt der Verbrechensbekämpfung.
Die deutschlandweite Kampagne „Büchel ist überall: Atomwaffenfrei jetzt!“ hat drei Forderungen: die Entfernung der US-Waffen aus Deutschland, die Stornierung der US-Pläne, die heutigen Bomben ab 2024 durch neue Bomben vom Typ B61-Version-12 zu ersetzen, und die Ratifizierung durch Deutschland des Atomwaffenverbotsvertrags von 2017, der am 22. Januar 2021 in Kraft getreten ist.
.
(Red.) Dieser Bericht erschien in englischer Sprache zuerst auf der Plattform WORLDBEYONDWAR.org. Die Übersetzung besorgte Christian Müller.
Siehe zur gleichen Thematik auch «Die Justiz macht sich zum Büttel des Staates» (auf Globalbridge.ch)