So sorgen die US-Reichen dafür, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden
Als 1991 die Sowjetunion zusammenbrach, da wurde im Westen gejubelt: Jetzt ist bewiesen, wurde gesagt, dass der Kommunismus nicht funktioniert! Ein Beweis dafür, dass der westliche Kapitalismus das richtige System ist! Dieser zweite „Beweis“ allerdings war falsch, denn der Kapitalismus funktioniert heute auch nicht. Da, wo die Finanzstarken an der Macht sind und die Politik bestimmen, wächst die Kluft zwischen Arm und Reich und damit das Elend auf der Welt – und damit geht auch die Sicherheit, ein Grundbedürfnis des Menschen, allüberall auf dieser Welt in die Brüche! Eine neue US-amerikanische Studie zeigt, wie die amerikanischen Firmenchefs sich selbst immer reicher machen und die Arbeiter wirtschaftlich bewusst unten halten. Mit konkreten Zahlen!
Ältere Semester erinnern sich: Es gab eine Zeit, da galt es, die sogenannte „Soziale Marktwirtschaft“ einzuhalten. In den Firmen galt die Regel, dass die Lohndifferenz pro Kaderstufe nicht mehr als etwa 20 % betragen sollte. Exorbitante Gehälter wurden vermieden, nicht zuletzt, weil es mit dem Kommunismus und mit der Sowjetunion eine wirtschaftliche und also auch eine politische „Konkurrenz“ gab. Es galt zu verhindern, dass die Menschen – und in den demokratischen Ländern also die Wähler – zu viel Sympathie für den Kommunismus und für die kommunistisch geführten Staaten entwickelten. Damit war mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion jetzt Schluss. Der Kapitalismus war ja, wie behauptet wurde, das einzig richtige System, und also musste auch keine Rücksicht mehr auf die politische Konkurrenz genommen werden. Der Kapitalismus war nun total frei, sich zu entfalten – nicht zum Vorteil des normalen Bürgers und Arbeiters, aber zum großen Vorteil der Habenden!
Lange wurde dann auch behauptet, der Reichtum oben führe zu mehr Arbeit und also auch zu einem höheren Einkommen der Unterschichten. Es war die «Trickle-down»-Theorie, die die hohen Einkommen einer Minderheit zu rechtfertigen versuchte. Ein Superreicher, der sich eine Luxus-Yacht bauen lasse, bewirke ja zusätzliche Arbeitsplätze in einer Werft, so die Argumentation! Doch diese Theorie ließ sich nicht beliebig lange halten. Zu deutlich konnte beobachtet werden, wie nun eben doch mehr Geld nach oben als nach unten floss.
Eine umfangreiche Studie vom US-amerikanischen «Economic Policy Institute» zeigt nun, wie extrem die Einkommen der Habenden und der gewöhnlichen Arbeiterschaft auseinandergehen. Die Studie umfasst den Zeitraum 1978 bis 2022. Untersucht wurden die 350 größten Unternehmen der USA, die zwar nicht unbedingt repräsentativ auch für kleinere Firmen sind, aber den Chefs der kleineren Firmen als Vorbild dienen und die US-amerikanische Realität aufzeigen. Die untersuchten Firmen zeigen, in der kürzesten Zusammenfassung, dass sich die Firmenbosse ihre Einkommen seit 1978 um 1’209 % – also auf über das zwölffache! – gesteigert haben, dass die Arbeiterschaft – auch hier inflationsbereinigt! – ihr durchschnittliches Einkommen seit 1978 aber nur um gerade mal 15,3 % steigern konnte.
Ein paar Abschnitte der Untersuchung seien hier – in die deutsche Sprache übersetzt – wörtlich zitiert:
Wichtigste Erkenntnisse
- Die Vergütung von CEOs ist stark an die Börse gekoppelt – und der Rückgang der Märkte im Jahr 2022 führte zu einem ungewöhnlichen Rückgang der Vergütung von CEOs.
- Insgesamt ist die Vergütung von Top-CEOs jedoch von 1978 bis 2022 um 1’209,2 % gestiegen, verglichen mit einem Anstieg der Vergütung eines typischen Arbeitnehmers um 15,3 %.
- Im Jahr 2022 verdienten CEOs 344-mal so viel wie ein typischer Arbeitnehmer, im Gegensatz zu 1965, als sie 21-mal so viel verdienten wie ein typischer Arbeitnehmer.
- Um zu veranschaulichen, wie verzerrt die Gehaltserhöhungen für CEOs geworden sind: Im Jahr 2021 verdienten CEOs fast achtmal so viel wie die obersten 0,1 % der Lohnempfänger in den USA.
Warum das wichtig ist
Exorbitante Vorstandsgehälter sind nicht nur ein symbolisches Problem – sie haben zu einer zunehmenden Ungleichheit beigetragen. Vorstandsvorsitzende werden aufgrund ihres Einflusses auf die Unternehmensvorstände besser bezahlt, nicht aufgrund ihrer Beiträge für ihre Unternehmen. Die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Vorstandsgehälter haben wahrscheinlich auch die Gehälter anderer Spitzenverdiener in die Höhe getrieben. Diese Konzentration der Gewinne an der Spitze lässt weniger Gewinne für normale Arbeitnehmer übrig.
Weitere wichtigste Ergebnisse
- Wachstum der Vergütung von CEOs (1978–2022). Da die Vergütung von CEOs größtenteils aktienbasiert ist, ist ihre Berechnung nicht ganz einfach, da sich der Wert von Aktien ständig ändert. Wir verwenden zwei Messgrößen, um ein umfassenderes Bild zu erhalten: eine rückblickende Messgröße – die realisierte Vergütung – und eine zukunftsorientierte Messgröße – die gewährte Vergütung. Unter Verwendung der realisierten Vergütungsmaßnahme stieg die Vergütung der Top-CEOs von 1978 bis 2022 um 1’209,2 % (inflationsbereinigt). Die Vergütung der Top-CEOs wuchs in diesem Zeitraum etwa 28,1 % schneller als das Wachstum des Aktienmarktes und übertraf bei weitem das langsame Wachstum von 15,3 % der jährlichen Vergütung eines typischen Arbeitnehmers. Die Vergütung von CEOs stieg von 1978 bis 2022 um 1’046,9 %.
- Veränderungen des Vergütungsgefüges zwischen CEO und Arbeitnehmer (1965–2022). Unter Verwendung der realisierten Vergütungsmaßnahme erreichte das Vergütungsgefüge zwischen CEO und Arbeitnehmer im Jahr 2022 ein Verhältnis von 344 zu 1. Dies steht in krassem Gegensatz zum Verhältnis von 21 zu 1 im Jahr 1965. Am wichtigsten ist jedoch, dass das Verhältnis in den letzten zwei Jahrzehnten weitaus höher war als zu jedem Zeitpunkt in den 1960er-, 1970er-, 1980er- oder frühen 1990er-Jahren. Unter Verwendung der Maßnahme zur Vergütung von CEOs sank das Vergütungsverhältnis von CEO zu Arbeitnehmer im Jahr 2022 auf 221 zu 1, was deutlich unter dem Höchstwert von 396 zu 1 im Jahr 2000 liegt, aber immer noch um ein Vielfaches höher ist als das Verhältnis von 45 zu 1 im Jahr 1989 oder das Verhältnis von 15 zu 1 im Jahr 1965.
Und ein weiteres längeres Zitat:
Der Zusammenhang zwischen der Vergütung von CEOs und der allgemeinen Ungleichheit
Einige Beobachter argumentieren, dass exorbitante CEO-Vergütungen lediglich ein symbolisches Problem darstellen, das für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer keine wirklichen Konsequenzen hat. Im Gegenteil, die Eskalation der CEO-Vergütungen und der Vergütung von Führungskräften im Allgemeinen hat wahrscheinlich dazu beigetragen, das breitere Wachstum der Einkommen der obersten 1 % und obersten 0,1 % zu befeuern und zu einer weit verbreiteten Ungleichheit beizutragen.
Unsere Daten beziehen sich auf die CEOs der größten Unternehmen. Wir gehen davon aus, dass diese CEOs die Gehaltsstandards festlegen, an denen sich andere Führungskräfte orientieren – von den größten börsennotierten Unternehmen, von kleineren börsennotierten Unternehmen, von privat geführten Unternehmen und von großen gemeinnützigen Unternehmen (Krankenhäuser, Universitäten, Wohltätigkeitsorganisationen usw.). Wenn dem so ist, dann ist die Vergütung von CEOs in der Tat ein nicht unerheblicher Faktor für Spitzeneinkommen.
Die hohe Vergütung von CEOs spiegelt ökonomische Renten wider – Einkommen, das CEOs nicht aufgrund ihres Beitrags zur Wirtschaftsleistung, sondern aufgrund ihrer mächtigen Position aus der Wirtschaft abschöpfen können. Clifford (2017) spielt in der Radiosendung A Prairie Home Companion auf die fiktive Stadt an, wenn er die Welt der CEO-Vergütung in Lake Wobegon beschreibt, die das Wachstum antreibt: Jedes Unternehmen möchte glauben, dass sein CEO überdurchschnittlich gut ist und daher entsprechend vergütet werden muss. Tatsächlich könnte die Vergütung von CEOs jedoch auf breiter Front gesenkt werden, ohne dass die Wirtschaft einen Produktionsverlust erleiden würde.
Eine weitere Folge der steigenden Gehälter von CEOs und anderen Führungskräften ist, dass sie Einkommen widerspiegeln, das sonst anderen zugeflossen wäre, anstatt sich auf die höchste Ebene zu konzentrieren. Was diese Führungskräfte verdienten, stand nicht für ein breiteres Lohnwachstum für andere Arbeitnehmer zur Verfügung (Bivens und Mishel 2013). In diesem Zusammenhang ist es nützlich zu erwähnen, dass die Löhne für die unteren 90 % heute um 25 % höher wären, wenn die Lohnungleichheit zwischen 1979 und 2021 nicht zugenommen hätte.
Der Anstieg der Ungleichheit erfolgte größtenteils in Form einer Umverteilung der Löhne weg von den unteren 90 %. Der Anteil dieser Gruppe am gesamten Lohneinkommen sank von 68,8 % im Jahr 1979 auf 58,5 % im Jahr 2021. Der größte Teil des Verlusts der unteren 90 % ging an die oberen 1 %, deren Lohnanteil sich in diesen Jahren von 7,3 % auf 14,6 % verdoppelte. Und selbst von diesem Gewinn, der an die obersten 1 % ging, floss der größte Teil an die obersten 0,1 %, deren Anteil am gesamten Lohneinkommen sich zwischen 1979 und 2021 von 1,6 % auf 5,9 % mehr als verdreifachte. Mit anderen Worten: Den unteren 90 % wurden zwischen 1979 und 2021 10,3 % des gesamten Lohneinkommens weggenommen, und etwa 70 % dieses Verlusts (7,3 von 10,3 Prozentpunkten) gingen an die obersten 1 %, und 40 % (oder 4,3 von 10,3 Prozentpunkten) gingen an die obersten 0,1 %.
Ende Zitat des Berichts des «Economic Policy Institute».
Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass natürlich auch in Europa die sogenannte Elite versucht, dieses – neoliberale – System zu stärken, in der Aussicht nicht zuletzt auch auf eigene höhere Einkommen. Das Geld fließt nach oben, auch in die Säcke der Politiker! Friedrich Merz, der neue Kanzlerkandidat der CDU/CSU, verdiente gemäß «Spiegel» bei BlackRock 30 Millionen Euro im Jahr. Darf man erwarten, dass dieser Politiker und seine Partei künftig dafür sorgen werden, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Europa kleiner wird?
Das ist die Realität in den USA, in diesem Land, das so bewundert wird, weil man dort „vom Tellerwäscher zum Milliardär“ werden kann.
Zum Originalbericht des «Economic Policy Institute»