So wird in Kiew jeweils am 1. Januar zu Ehren von Stepan Bandera gefeiert und demonstriert. Stepan Bandera wurde von Viktor Juschtschenko formell zum «Held der Ukraine» ernannt. Zum ganzen Video siehe am Ende des Artikels.

So liefert die Uni Zürich den Medien Stoff für Russenhass-Artikel

Viktor Juschtschenko, Staatspräsident der Ukraine von 2005 bis 2010, durfte am letzten Donnerstag an der Uni Zürich eine Rede halten. Seine eigene höchst problematische politische Rolle blieb unerwähnt und die Medien beschränkten sich aufs antirussische Nachbeten.

Ältere Semester mögen sich erinnern: Viktor Juschtschenko wurde im Jahr 2004 berühmt, weil er einen geplanten Giftmord nur knapp überlebte, dabei aber ein übel zugerichtetes Gesicht bekam, das ihm dann schönheitschirurgisch in einer Genfer Klink restauriert werden konnte. Damals blieb die Täterschaft im Dunkeln, so wie viele Verbrechen in der ach so friedliebenden Ukraine. Rückblickend allerdings ist klar, wie Juschtschenko in Zürich erklärte, dass dahinter Putin steckte – was denn auch zur Headline in den Zeitungen wurde, die über seinen Auftritt in Zürich berichteten: «Als ich Putin traf, sah ich schrecklich aus von der Vergiftung – er wirkte zufrieden.»

Ausschnitt aus der „Schweiz am Wochenende»: Juschtschenkos verschlüsselte These, Putin habe die damalige Vergiftung angeordnet, wird zur Headline.

Die Ukraine in den Grenzen, wie sie am 24. August 1991 unabhängig von der Sowjetunion wurde, war nie eine «Nation», nach keiner der möglichen Definitionen des Begriffs «Nation». Sie war ein historisch weitgehend zufällig zusammengestückeltes Territorium mit total verschiedenen Historien, mit mehreren Sprachen, mit mehreren verschiedenen Religionsgemeinschaften, und auch ihre Grenzen verlaufen meistens weder entlang von Flüssen oder Bergkämmen, sondern querbeet durch die Wälder. Und sie war auch keine sogenannte «Willensnation» wie die Schweiz. Die Bevölkerung der Krim verstand sich nie als Ukrainer und stimmte der Unabhängigkeit nur unter der Bedingung höherer Autonomie zu, die ihr notabene dann nie gewährt wurde. Die Krim war erst 1954 von Chruschtschow, der seine politische Karriere in der Ukraine machte, von Russland an die Ukraine administrativ umgeteilt worden. Transkarpatien gehörte vor dem Ersten Weltkrieg noch zu Österreich-Ungarn, kam dann zur Tschechoslowakei, dann unter Hitler zu Ungarn, dann zur Sowjetunion und erst 1991 zur Ukraine, ebenfalls mit der nie erfüllten Bedingung auf höhere Autonomie. 

In Zürich stellte Juschtschenko sogar die These auf, dass Tschaikowski oder auch Tschechow ukrainische Künstler gewesen seien. Sie beide wurden allerdings geboren, als es noch lange keine Ukraine gab. Doch lassen wir das hier lieber, es ist nur erstaunlich, dass im Zürcher Uni-Hörsaal bei solchen Ausführungen niemand aufgeschrieen hat. Und warum hat Juschtschenko den in der heutigen Ukraine geborenen Leonid Breschnew nicht erwähnt, der nach Chruschtschow 18 Jahre lang, von 1964 bis 1982, Generalsekretär der KPdSU und damit de facto Chef der Sowjetunion war?

Leider versäumte der einladende Professor Andreas Kellerhals als Chef des Europa-Instituts der Uni Zürich in der anschließenden Fragestunde, Juschtschenko zu fragen, warum er in seiner Amtszeit als Staatspräsident die beiden Nazi-Kollaborateure Stepan Bandera und Roman Schuchewytsch zu «Helden der Ukraine» erklärt hat und warum dies, notabene aus gutem Grund, später widerrufen werden musste. Und warum hat sich Juschtschenko auch sonst als begeisterter ukrainischer Nationalist engagiert und sich – ein Beispiel nur – auch für die Unterdrückung der russischen Sprache in der Ukraine engagiert, die damals von mehr als einem Drittel der ukrainischen Bevölkerung gesprochen wurde? Selbst auf Wikipedia kann man das nachlesen: «Innenpolitisch positionierte er [Juschtschenko] sich als scharfer Gegner der russischen Sprache in der Ukraine und unterstützte eine umfassende Ukrainisierung des Bildungswesens, was in den russischsprachigen Regionen des Landes auf Widerstand stieß.» Juschtschenko durfte an der Zürcher Uni natürlich auch den absurden 10-Punkte-Friedensplan von Wolodymyr Selenskyj den Schweizern ans Herz legen, für dessen globale Propaganda zurzeit die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd und Außenminister Ignazio Cassis einen “Friedensgipfel“ zu organisieren versuchen – ohne Beteiligung Russlands notabene. Und zum Abschluss gab es eine herzliche Umarmung des einladenden Professors mit Juschtschenko, unter berauschendem Applaus der Zuhörerschaft – gemäß «Tagesanzeiger 600 Zuhörer, gemäß CH-Media-Zeitungen 200 Zuhörer.

Gutes Thema für die Medien

Klar, wenn schon ein international bekannter Politiker von einer Universität zu einem Russenhass-Vortrag eingeladen wird, dann muss das auch in den Medien zur dort mittlerweile üblichen Russenhass-Förderung genutzt werden. Berichtet hat unter anderem die «Schweiz am Wochenende» – selbstverständlich ohne jede kritische Bemerkung. Leider ist der Bericht von Fabian Hock im Internet nur für Abonnenten einer CH-Media-Zeitung zugänglich – mit einer wohl ungeplanten Ausnahme. Der Artikel erschien auch in den «Freiburger Nachrichten», und dort ist für jedermann zugänglich

Aber auch der «TagesAnzeiger» berichte darüber.  Ein Zitat daraus: «Juschtschenko spricht als Politiker, nicht als Militärstratege, wenn er sagt, er vertraue auf mehr Munition aus dem Westen, während im US-Kongress ein 60-Milliarden-Hilfspaket blockiert ist. Wenn er auch betont, ‹unser Wille ist stark, unsere Nation geeint›. Es sind Durchhalteparolen. Seine Lösung für einen Frieden? Der 10-Punkte-Plan von Wolodimir Selenski, wobei erst verhandelt werden soll, ‹wenn der letzte dreckige Stiefel eines russischen Soldaten unser Land verlässt›.»

Wagt ein Schweizer Journalist in einem solchen Bericht über eine Anti-Russland-Veranstaltung eine kritische Bemerkung? Etwa auf die Entscheidung Juschtschenkos hinzuweisen, Stepan Bandera und Roman Schuchewytsch zu «Helden der Ukraine» zu erklären? Natürlich nicht. Oder darauf aufmerksam zu machen, dass in St. Gallen an einem Musik-Festival ein Stück von Tschaikowski abgesagt wurde, weil die Aufführung eines Musikstücks von einem russischen Komponisten den ukrainischen Flüchtlingen nicht zugemutet werden könne, für Juschtschenko Tschaikowski aber ein Ukrainer ist? Welcher heutige Journalist hat schon eine Ahnung von der Geschichte der Ukraine? 

Aber Schweizer Journalisten, die im eigenen Land mit viermal weniger Einwohnern als die Ukraine vier offiziell anerkannte Sprachen haben, von denen drei auch im Parlament gesprochen werden dürfen und gesprochen werden, küssen einem ukrainischen Politiker die Füsse, der aktenkundig zur Unterdrückung der russischen Sprache in der Ukraine aufgerufen hat – gegen die Muttersprache von mehr als einem Drittel der Bevölkerung! Eine kritische Frage an der Veranstaltung selbst? Nada. Eine kritische Bemerkung in der Berichterstattung? Auch nichts. Solange einer gegen Putin und gegen Russland wettert, ist er unantastbar und nur zu loben. 

Zum Referat von Viktor Juschtschenko an der Universität Zürich am 14. März 2024, mit der Übersetzung ins Englische durch seine Frau Kateryna. Dauer inklusive sogenannte Diskussion: 1 Stunde und 35 Minuten.

Zum Video über einen Demo-Umzug in Kiew am 1. Januar 2020 zu Ehren des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera. Ist nur eine Minute lang! Unbedingt ansehen! Das ist die Ukraine heute!

Auch das «Echo der Zeit» von Radio SRF hat mit Juschtschenko in Zürich gesprochen. Ausstrahlung am Abend des 20. März 2024. Eine kritische Frage zu seiner extrem nationalistischen Politik? Natürlich nicht.

Jetzt – am 22. März 2024 – hat auch noch Andreas Rüesch von der NZZ über den in Zürich weilenden Viktor Juschtschenko geschrieben. Vielleicht als Folge der Lektüre meines obigen Artikels über Viktor Juschtschenkos Auftritt in der Uni Zürich hat er Juschtschenkos Verehrung für Bandera und die Banderisten am Ende seines Beitrags wenigstens kurz erwähnt. (cm)