Schweizer Bundespräsidentin: Doppelmoral oder Dummheit?
Viola Amherd, sogenannte Bundespräsidentin der Schweiz – de jure ist sie nur nach dem Anciennitätsprinzip Präsidentin des siebenköpfigen Gremiums Bundesrat für ein Jahr und ohne demokratisch legitimierte höhere Kompetenzen – spielt ein Spiel, das kaum nachvollziehbar ist. Als zuständige Verteidigungsministerin der Schweiz bemüht sie sich aktiv und öffentlich für eine Annäherung der Schweiz an die NATO und verantwortet zum Beispiel auch, dass die Schweiz keine Kampfjets aus Europa, sondern die Kampfjets F-35 aus den USA kauft. Als sogenannte Bundespräsidentin aber will sie auf Wunsch von Wolodymyr Selenskyj zum Thema Krieg in der Ukraine einen «Friedensgipfel» in der Schweiz organisieren.
Am 22. März 2023 war auf der offiziellen Plattform des Schweizer Außenministeriums EDA Folgendes zu lesen:
«Viola Amherd trifft sich mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Am Mittwoch, den 22. März 2023, trifft Bundesrätin Viola Amherd in Brüssel den NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen die Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit (sic!) in der Sicherheitspolitik. Die Vorsteherin des VBS (Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) wird im Anschluss an das Treffen auch mit Vertretern des North Atlantic Council (NAC) sprechen.» Und in der gleichen Mitteilung konnte man lesen: «Im Mittelpunkt des Gesprächs mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wird die Zusammenarbeit der Schweiz mit der NATO stehen, die der Bundesrat gemäss dem Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 weiter entwickeln will. Weitere Themen werden die Sicherheit in Europa und die militärische Friedensförderung sein, da der Bundesrat dem Parlament vorgeschlagen hat, den Einsatz der Swisscoy in der NATO-geführten Mission KFOR im Kosovo über 2023 hinaus zu verlängern. Schliesslich wird die VBS-Vorsteherin mit den ständigen Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten im Nordatlantikrat, dem wichtigsten Entscheidungsorgan der NATO, über die aktuelle Lage in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sprechen.»
Nicht speziell erwähnt in diesen offiziellen Mitteilungen wird, gegen welchen Feind es in der vereinbarten Zusammenarbeit mit der NATO geht, aber man weiß es natürlich und es es kann natürlich auch nachgelesen werden: Es geht klar und ausschließlich gegen Russland.
Und jetzt: Da kommt der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj ans WEF in Davos und wird auch in Bern mit allen Ehren empfangen. Im persönlichen Gespräch mit der neuen Schweizer „Bundespräsidentin“ und Verteidigungsministerin Viola Amherd entsteht der Plan, in der Schweiz zum Krieg in der Ukraine einen Friedensgipfel zu organisieren. Diese Idee wird anschließend auch am WEF öffentlich verkündet. Und was steht jetzt auf der offiziellen Plattform der Schweizer Regierung? Wörtlich:
«Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs war der Rückblick auf das Treffen der Nationalen Sicherheitsberater zur ukrainischen Friedensformel (sic!), an welchem am Sonntag in Davos über 80 Länder vertreten waren. Beide Seiten würdigten die enge Zusammenarbeit bei der Vorbereitung des Anlasses. Es handelte sich um das vierte Treffen in diesem Format, dessen Ziel es ist, eine Plattform für Diskussionen zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu bieten. Die Schweiz unterstützt die Friedensformel (sic!) wie alle Initiativen, die auf einen anhaltenden Frieden in der Ukraine abzielen. Beide Delegationen besprachen am Montag die nächsten Schritte, die diesem Ziel dienen. Die Schweiz erklärte sich auf Anfrage des ukrainischen Präsidenten bereit, eine Gipfelkonferenz zur Friedensformel zu organisieren. Die Details des weiteren Vorgehens werden nun erarbeitet.»
Es geht also nicht um einen noch zu definierenden Frieden zwischen Russland und der Ukraine. Es geht um die ukrainische «Friedensformel»! Und die ukrainische Friedensformel verlangt de facto eine bedingungslose Kapitulation Russlands. Es blieb dem Schweizer Außenminister Ignazio Cassis überlassen, immerhin die Bemerkung dazu zu machen, dass ein echter Friedensgipfel nur Sinn macht, wenn auch Russland am Tisch sitzt.
Ist das aber auch die Meinung von Bundespräsidentin Viola Amherd? In einem ausführlichen Interview mit der meistgelesenen Schweizer Zeitung «Schweiz am Wochenende», wurde sie von den Interviewern gefragt: «Ist es denn ein Dialog, wenn weder Russland noch dessen Verbündete mit am Tisch sitzen?» Die Antwort der Bundespräsidentin: «Wir können jetzt noch nicht sagen, wer dabei sein wird und wer nicht. Russland wird wohl kaum dabei sein, aber mit allen anderen suchen wir jetzt das Gespräch.»
Aha, man will also einen «Friedensgipfel» organisieren, an dem – gegebenenfalls auch ohne Beteiligung Russlands – der 10-Punkte-«Friedensformel» der Ukraine, die die bedingungslose Kapitulation Russlands fordert, zum Durchbruch verholfen werden soll. Ein Friedensgipfel?
Die übrigen sechs Mitglieder des Schweizer Bundesrates, der Schweizer Regierung, müssen offensichtlich ihrer Präsidentin, der Verteidigungsministerin Viola Amherd, nun zuerst erklären, dass ein Gipfeltreffen dann ein Friedensgipfel ist, wenn alle Beteiligten, also die Ukraine, Russland, aber auch die Verantwortlichen für den Stellvertreterkrieg, also die USA und die NATO, an einem Tisch sitzen und ihre Vorstellungen und Bedingungen für einen Frieden offenlegen, und wenn dann offen darüber diskutiert werden kann, ob ein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann. Wenn die Ukraine darauf beharrt und mit ihrer jetzigen sogenannten «Friedensformel» antritt, ist das Scheitern des Gipfels programmiert – und die zig Millionen, die eine solche Veranstaltung die Schweiz kosten würde, können gespart werden.
Vom Friedensgipfel zum Propagandagipfel?
Wenn allerdings ein sogenannter Friedensgipfel organisiert wird, zu dem die ganze Welt eingeladen wird und bei dem es um die Durchsetzung der ukrainischen «Friedensformel» geht, dann ist es kein Friedensgipfel, sondern ein Propagandagipfel der NATO und anderer Russland-Hasser-Staaten und -Organisationen. Auch das wäre für die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd allerdings ein persönlicher Erfolg: Der Vorwurf, sie politisiere mit einer Doppelmoral, wäre weggewischt. Es wäre der beste Beweis, dass sie kein anderes Ziel hat, als die Schweiz in die NATO zu bringen – formal oder auch nur unter dem Deckmantel der «Partnerschaft».
Und dagegen würden die Schweizer Bürger und Bürgerinnen, so darf gehofft werden, zu Hunderttausenden auf die Straße gehen.
Siehe dazu auch: «Aufruf zu einem Ja zur Schweizer Neutralitätsinitiative.»