EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens wichtigstes Ziel ist eine "Außenministerin", die Russland hasst und für noch mehr militärische Unterstützung der Ukraine eintritt. Im Bild links die estnische Premierministerin Kaja Kallas und rechts Wolodymyr Selenskyj, damals, am 24. April 2023, noch demokratisch gewählter Präsident der Ukraine.

Schwarze Tage für Europa

Gibt es in der zweiten Hälfte Juni 2024 irgendwo eine Botschaft oder einen Entscheid, der Anlass zu Freude sein könnte? Der sogenannte Friedensgipfel in der Schweiz blieb wie erwartet ein Leerlauf, der neue Generalsekretär des Europarates mit – nach eigener Aussage – Schweizer DNA wird nichts Positives bewirken und die neue Führungsspitze der EU wird für noch mehr Krieg besorgt sein. Ein Jammer.

Es waren gerademal die Zeitungen des Schweizer Medienkonzerns CH-Media, die den «Summit on Peace» auf dem Bürgenstock in der Zentralschweiz als Erfolg bezeichneten. Eine Überraschung ist das nicht, denn diese Zeitungen plädieren schon seit 2022 intensiv dafür, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen und ja nicht zu verhandeln – und das bis heute. Diese politisch motivierte positive Beurteilung des Politevents in der für Normalbürger unbezahlbaren Luxusresidenz hoch über dem Vierwaldstättersee ist allerdings auch bedeutungslos, denn politisch echt Interessierte haben diese Zeitungen eh nur noch wegen der lokalen Geschichten, der Vereinsnachrichten und, dies vor allem, der Todesanzeigen.

Als Beispiel, wie diese Luxus-Veranstaltung international beurteilt wurde, zitieren wir für einmal den US-amerikanischen Oliver Boyd-Barrett, der mehrmals wöchentlich das Weltgeschehen analysiert und kommentiert – immer lesenswert!

«Die so genannte Friedenskonferenz in Obbürgen in der Schweiz wurde von vielen als eine Initiative von Selenskyj mit Unterstützung der nicht-neutralen Schweiz angesehen, um die vermeintliche Legitimität eines illegitimen Präsidenten zu untermauern und seine maximalistische Verhandlungsposition zu unterstützen. Diese fordert einen vollständigen Rückzug Russlands bis zu den Grenzen von 1991, die Zahlung von Reparationen durch Russland, die Strafverfolgung hochrangiger Kremlführer wegen Kriegsverbrechen und vieles mehr. Doch von den zehn Punkten, die Selenskyjs Friedensforderungen ausmachten, wurden nur drei auf der Konferenz diskutiert, und selbst die Auswahl dieser Punkte und die Sprache, in der sie formuliert wurden, waren einseitig zugunsten der Ukraine.

Von den 180 eingeladenen Ländern nahmen nur 92 teil. Nur etwa die Hälfte der UN-Mitgliedsländer hat also teilgenommen. Die Länder, die das Abschluss-Communiqué unterzeichneten, vertreten nur eine Minderheit der Weltbevölkerung. Zu den Abwesenden gehörte auch Russland, das schon gar nicht eingeladen war, was die Glaubwürdigkeit des Prozesses eh schon völlig untergrub. Zu den weiteren Abwesenden gehörte China. Die Präsidenten einiger großer Länder wie der USA und Indien waren auch nicht anwesend. Und 14 der Länder, die teilnahmen, weigerten sich, das Abschluss-Communiqué der Konferenz zu unterzeichnen. 

Die meisten der 78 Länder, die das Communiqué unterzeichneten, waren europäische Länder oder europäische Institutionen. Einige der Länder, die das Communiqué unterzeichneten, hatten bereits ihre Besorgnis über die Richtung zum Ausdruck gebracht, die der kollektive Westen in dem von der NATO provozierten Stellvertreterkonflikt zwischen der NATO und Russland um die Ukraine einschlägt. Keines der BRICS-Länder hat das Communiqué unterzeichnet. Indien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate gehörten zu den Ländern, die nicht unterzeichnet haben. Brasilien war lediglich als „Beobachter“ anwesend und hat auch nicht unterzeichnet. Das einzige Land aus dem Nahen Osten, das unterzeichnet hat, war Katar. 

Das Communiqué forderte, dass die „territoriale Integrität“ (ein umstrittenes Konzept) der Ukraine die Grundlage für jedes Friedensabkommen sein soll. Die Themen konzentrierten sich auf die nukleare Sicherheit (keine Erwähnung der Bombardierung des Atomkraftwerks Saporischschja durch die Ukraine), die Ernährungssicherheit (keine Erwähnung des Widerstands polnischer und rumänischer Landwirte gegen ukrainische Lebensmittelexporte) und den Austausch von Gefangenen (keine Erwähnung des Abschusses eines Flugzeugs mit ukrainischen Kriegsgefangenen, die ausgetauscht werden sollten, durch die Ukraine). 


Ein zweiter Friedensgipfel wurde in Aussicht gestellt. Laut der Kiev Post „hat die Schweiz nicht ausgeschlossen, dass ein neuer „Friedensgipfel“ noch vor November dieses Jahres stattfinden wird, wenn die Präsidentschaftswahlen in den USA beginnen und niemand Zeit für Selenskyj haben wird. Das sagte der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis und fügte hinzu, er sehe keine Probleme mit der Teilnahme von Wladimir Putin an der Konferenz, trotz der Anordnung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC).“ Die Idee, dass die Konferenz rechtzeitig vor den US-Präsidentschaftswahlen stattfinden soll, deutet darauf hin, dass der Konflikt im Einklang mit der US-Innenpolitik gelöst werden muss und dass jede Lösung von einem Wechsel der Regierungspartei in den USA abhängt. 

Die Schweizer Friedenskonferenz könnte besser als Schweizer Kriegskonferenz bezeichnet werden, denn ihr Hauptergebnis ist die weitere Klärung der Spaltung der Welt in zwei Lager und die Entschlossenheit der „liberal-autoritären“ Klasse Europas, das voranzutreiben, was der polnische Premierminister als ultimatives Ziel nannte: die „Entkolonialisierung“ Russlands, was ein kollektiver westlicher Code für den Zerfall der Föderation in kleine, machtlose Vasallenstaaten des westlichen Finanzkapitals ist.»

Ende Zitat Oliver Boy-Barrett.

Dem ist nicht viel beizufügen, vielleicht nur das Detail, dass das Schweizer Außenministerium zwar eine Liste der Anwesenden an der Konferenz veröffentlicht hat und eine Liste der Länder, die das Abschluss-Communiqué unterschrieben haben. Wer aber wissen will, welche Länder die Zustimmung zum Abschluss-Communiqué verweigert haben, muss selber danach suchen …

Szenenwechsel

Unter den freiwilligen Gästen auf dem Bürgenstock fand sich auch Alain Berset, der im Herbst zurückgetretene Schweizer Bundesrat (ein SP-Mann), der die Anwesenheit fast aller EU-Staats- und Regierungschefs dazu nutzte, für sich selber Werbung zu machen: Berset kandidierte für die Position des Generalsekretärs des Europarats – und wurde danach auch prompt gewählt: mit lausigen 114 von 245 gültigen Stimmzetteln. In den darauf folgenden Interviews legte Berset Wert auf die Aussage, er habe eine Schweizer DNA. Wirklich, eine Schweizer DNA? Alain Berset gehörte jener siebenköpfigen Schweizer Regierung an, die am 28. Februar 2022 die EU-Sanktionen gegen Russland pauschal – pauschal! – übernommen und damit die Schweizer Neutralität de facto beerdigt hat. Er mag das eine oder andere Problem zwischen einzelnen europäischen Ländern künftig lösen helfen, Europas Hauptproblem, der gemeinsame Hass auf den geografischen Nachbar Russland und die daraus folgende Beschädigung, um nicht zu sagen Zerstörung der europäischen Wirtschaft, wird er nicht lösen können. Zu deutlich hat er sich in dieser Thematik bereits einseitig festgelegt.

… und jetzt die neue EU-Spitze

Womit wir bei der neuen Spitze der EU wären. Ursula von der Leyen bleibt Kommissionspräsidentin. Hat sie in dieser Funktion in den letzten fünf Jahren etwas Positives geleistet? Ihre Selenskyj-Umarmungen zeigen es auch nonverbal, wie sie denkt und fühlt. Ihre Verstrickungen in Covid-Impfverträge bleiben intransparent, sie blieb, was sie schon in ihren vorhergehenden politischen Funktionen war: inkompetent und erfolglos. Was aber nicht nur eine verpasste Chance, sondern eine politische Katastrophe ist, ist die „Wahl“ der estnischen Premierministerin Kaja Kallas zur EU-Außenministerin als Nachfolgerin von Josep Borell. Sie ist die wohl prominenteste Russland-Hasserin, die die EU zu bieten hat – und deshalb ausgerechnet für diesen ihren neuen Job eine – gewollte! – Belastung der EU. Während man in Estland, wie man flüstern hört, froh ist, sie wegzuhaben. Noch muss sie vom EU-Parlament bestätigt werden. Die Hoffnung – die Hoffnung auf ein Nein! – stirbt zuletzt.

Und was ist mit der Geige, nach der Europa tanzt?

Das erste im Fernsehen gezeigte direkte Streitgespräch der beiden Kandidaten für das Amt des Präsidenten der USA, des militärisch mächtigsten Landes der Welt, hat bestätigt, was zu befürchten war: Keiner der beiden zeigte ein Format, wie es für diese extrem wichtige politische Position unbedingt erforderlich wäre. der amtierende Präsident Joe Biden senil und mit Anzeichen zunehmender Demenz, der ehemalige Präsident Donald Trump wie schon zu Amtszeiten ein unberechenbarer Rüpel. Und die europäische Polit-Elite ist immer noch bereit, ihre Politik nach der Vorgabe dieses Landes zu gestalten, das, bei über 330 Millionen Einwohnern, offensichtlich nicht in der Lage ist, einigermaßen gut ausgebildete, ehrliche, unabhängige und führungsfähige Kandidaten zu portieren? Wann endlich zieht Europa aus dieser absurden Situation die Konsequenzen?