Operation Bagration – wie die Sowjets die Wehrmacht austricksten
(Red.) Übermorgen Mittwoch, 3. Juli 2024, feiert Belarus 80 Jahre Befreiung von der deutschen Besatzung durch die Rote Armee – für Belarus ein historisch äusserst wichtiges Ereignis, hatten die Deutschen doch rund einen Viertel der damaligen Bevölkerung von Belarus auf brutalste Weise umgebracht. Die Rote Armee besiegte die Deutsche Wehrmacht in Belarus mit der «Operation Bagration», die eine der wichtigsten Schlachten der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg war, um Hitlers Großmachtspläne im Osten zu beenden. – Globalbridge hat am 7. Juni 2024 einen ersten Bericht des Militärspezialisten Ralph Bosshard über die «Operation Bagration» publiziert, ein zweiter folgt heute, in dem es vor allem auch um die Folgen der damaligen deutschen Selbstüberschätzung geht. (cm)
Vor 80 Jahren setzte die Rote Armee zur Befreiung der belarussischen Hauptstadt Minsk an, oder vielmehr dessen, was nach dem grossen Luftangriff im Juni 1941, der Schlacht um die Stadt und drei Jahren Besetzung davon übriggeblieben war. Dass die Sowjets die Kontrolle über die Stadt nach kurzem Kampf zurückerobern konnten, war eines der wichtigsten Ergebnisse der Operation Bagration, der erfolgreichsten Operation, welche die Streitkräfte der Anti-Hitler-Allianz im Zweiten Weltkrieg überhaupt führten. Die größte Niederlage deutscher Streitkräfte in ihrer Geschichte löst bis heute Schuldzuweisungen aus.
Für die größte Niederlage deutscher Streitkräfte in ihrer ganzen Geschichte macht die deutschsprachige Historiografie neben Adolf Hitler selbst und dem Oberbefehlshaber der betroffenen Heeresgruppe Mitte, General-Feldmarschall Ernst Busch, vor allem auch den Nachrichtendienst des deutschen Ost-Heeres verantwortlich, die Abteilung „Fremde Heere Ost“ (FHO) des Generalmajors Reinhard Gehlen (1). Neuerdings wird dafür auch Verrat als Ursache genannt (2).
Konkurrierende Nachrichtendienste
Die Abteilung „Fremde Heere Ost“ FHO im Oberkommando des Heeres OKH unter der Leitung des Oberstleutnants iG, später Generalmajor Reinhard Gehlen zeichnete verantwortlich für die Darstellung der Feindlage auf dem sowjetischen Kriegsschauplatz, der sogenannten „Ostfront“. Gehlen, ursprünglich Artillerie-Offizier, besaß weder nachrichtendienstliche Schulung noch besondere Sprach- oder Geografie-Kenntnisse, als er nach zwei Jahren Dienst in der Operationsabteilung des OKH, wo er auch an der Planung des Unternehmens Barbarossa gegen die Sowjetunion beteiligt gewesen war, an die Spitze der FHO gehievt wurde (3). Daneben gab es noch das ungleich bekanntere „Amt Ausland Abwehr“ im Oberkommando der Wehrmacht OKW unter der Leitung von Admiral Wilhelm Canaris, welches nach dessen Entmachtung als „Militärisches Amt (Amt MIL)“ durch den Sicherheitsdienst der SS im Reichssicherheitshauptamt übernommen wurde. Auch Canaris Amt hatte Fehlleistungen zu verantworten. So hatte die Abwehr beispielsweise die Vorbereitungen zur Landung alliierter Truppen bei Anzio nicht erkannt. Und die Zusammenarbeit zwischen der FHO und der „Abwehr“ war die ganze Zeit über schlecht, was vielleicht nicht ganz ungewollt war, denn die Abwehr blieb bis zu ihrer Übernahme durch die SS ein Zentrum des Widerstands gegen Hitler (4).
Als er sein Amt antrat, war sich Gehlen darüber im Klaren, dass die FHO einer grundlegenden Reorganisation bedurfte, und engagierte Linguisten, Geographen, Anthropologen, Anwälte und junge Offiziere, um die Leistung seiner Abteilung zu verbessern. Neben den Berichten der Nachrichtenabteilungen der unterstellten Heeresgruppen – im deutschen System die Ic-Abteilung –, den Erkenntnissen der Funk- und der Luftaufklärung spielten die Telegramme vom sogenannten Max-Netzwerk eine große Rolle. Im Zentrum dieses Netzwerks stand die in Sofia ansässige sogenannte „Dienststelle Klatt“, welche von einem ungarischen Juden, Richard Kauder, geleitet wurde, den man zur Zusammenarbeit gezwungen hatte. Bei ihm hatten die Max-Telegramme ihren Ursprung und sie waren so präzise und zahlreich, dass die Briten sich veranlasst sahen, Stalin vor einem hochrangigen Maulwurf in der Stavka VGK zu warnen (5). Auch der gefürchtete Chef des NKVD Lavrenti Beriya orientierte Stalin über die Max-Telegramme. Ob die Max-Telegramme in Tat und Wahrheit von einer hohen Quelle in der Sowjet-Führung stammten, ob sie eine Erfindung Kauders waren oder ob sie Teil einer sowjetischen Desinformationskampagne waren, ist bis heute umstritten (6).
Zahlreiche Fehlleistungen
Schon vor der Übernahme der Abteilung durch Reinhard Gehlen hatte die FHO massive Fehlleistungen produziert: Gleich zu Beginn des Kriegs gegen die Sowjetunion erlebten die Deutschen unangenehme Überraschungen, hatten sie doch nicht mit dem Auftauchen des T-34 Panzers gerechnet, der zum Standardpanzer der Roten Armee werden sollte und die Deutschen zu Panzer-Neuentwicklungen zwang. Weitere sogenannte „technologische Überraschungen“ erlebten die Deutschen in Form des schweren Panzers KV-1 und der Mehrfachraketenwerfer, die unter der Bezeichnung „Katyusha“ bis heute bekannt sind (7).
Noch am 4. Dezember 1941, einen Tag vor dem Beginn der sowjetischen Winteroffensive vor Moskau, hatte FHO gemeldet, dass die Rote Armee vorderhand nicht zu einer Gegenoffensive fähig sei. Diese Fehlleistung hatte Gehlens Vorgänger, damals Oberst Eberhard Kinzel zu verantworten. Das tat seiner weiteren Karriere aber keinen Abbruch, vielmehr wurde Kinzel im Mai 1942 Stabschef eines Armeekorps.
In Gehlens Amtszeit fielen dann aber die falsche Prognose in Bezug auf die sowjetische Offensive bei Kharkov im Mai 1942 und auf eine angebliche Offensive der Roten Armee auf die Heeresgruppe Mitte am 6. November 1942, zwei Wochen vor der sowjetischen Offensive bei Stalingrad (Operation Uranus) gegen die Heeresgruppe Süd am 22. November 1942 (8). Und die Fehlleistungen seiner Nachrichtendienste blieben dem Dritten Reich bis zum Kriegsende treu: Auch die Weichsel-Oder-Operation, welche die Rote Armee bis 80 km an Berlin heranbrachte, wurde nicht rechtzeitig erkannt.
Insgesamt blieben die analytischen Fähigkeiten der FHO, aber auch der „Abwehr“ und des SD den ganzen Krieg über schwach (9). Trotzdem machte Gehlen nach Krieg und Kriegsgefangenschaft erneut eine Nachrichtendienst-Karriere. Er wurde rasch Mitarbeiter der „Operation Rusty“, später deren Chef. Diese wurde später in „Organisation Gehlen“ umgetauft und mutierte 1956 zum Bundesnachrichtendienst BND (10).
Fehlbeurteilung der sowjetischen Absichten
Eine weitere – und die vielleicht folgenreichste – Fehlleistung der FHO betraf die Operation Bagration, die sowjetische Offensive in Belarus im Juni 1944. Es dürfte wohl auch auf die Analysen der FHO zurückzuführen sein, dass der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht OKW, General-Feldmarschall Wilhelm Keitel, am 20. Juni 1944, zwei Tage vor Beginn der Operation, in einer Rede vor der Versammlung der sogenannten Nationalsozialistischen Führungsoffiziere in Sonthofen erklärte, die Russen [sic] würden erst angreifen, nachdem die Westalliierten in Frankreich große Erfolge erzielt hätten und der Schwerpunkt ihres Angriffs werde im Südabschnitt der Ostfront liegen (11). In Tat und Wahrheit beabsichtigte das Oberkommando der Roten Armee, die Stavka VGK, eine Woche nach der westalliierten Landung in der Normandie im mittleren Abschnitt der Front eine Großoffensive zur Befreiung von Belarus. Die deutsche militärische Führung aber blieb bei ihrer falschen Einschätzung der gegnerischen Absichten, bis es zu spät war (12).
Und die Führung der Roten Armee tat alles, um die Deutschen in ihrer vorgefassten Meinung zu bestätigen (13). Die Maßnahmen zur Tarnung und zur Täuschung des Gegners, im Sprachgebrauch der russischen Streitkräfte bis heute unter der Bezeichnung „Maskirovka“ bekannt, wurden zentral von demjenigen Organ geplant, welches die Offensive als Ganzes plante und vorbereitete, nämlich der Operationsabteilung im Generalstab.
Maskirovka
Im militärischen Sprachgebrauch der russischen Armee bedeutet Maskirovka weit mehr als Verschleierung, Tarnung oder Maskierung. Sie beinhaltet vielmehr auch Maßnahmen zum Informationsschutz, zur Bekämpfung der gegnerischen Aufklärung (Gegen-Aufklärung, u.a. auch Spionageabwehr), zur Täuschung durch Nachahmung von Waffen und Gerät, sowie durch demonstrative Manöver von Truppen und Nutzung ausgewählter Fernmeldemitteln. Ziel ist es, den Gegner über die Anwesenheit von Truppen in einem bestimmten Raum im Unklaren zu lassen, ebenso wie über deren Zusammensetzung, Organisation, Bereitschaft, Zustand und Absichten. Gerade heute in einem Zeitalter nie dagewesener technischer Möglichkeiten der Aufklärung wird es oftmals nicht möglich sein, alleine durch Tarnung und Informationsschutz dem Gegner die Beschaffung von Informationen zu verwehren. Vielmehr muss es gelingen, durch die Verbreitung von Desinformation den Gegner unsicher zu machen in Bezug auf die Interpretation der beschafften Informationen. Streitkräfte mit einem hohen Technologieniveau sind besonders anfällig für Desinformation, gerade in Bereichen, in denen technische Mittel nicht zum Einsatz kommen können, wie Moral und Ausbildungsstand der Truppen (14).
Dass die Maskirovka-Maßnahmen nicht ein Zusatz zum Operationskonzept waren, sondern integraler Bestandteil davon, zeigt allein schon die Tatsache, dass die Maskirovka-Weisung der Stavka VGK – im Detail ausgearbeitet durch die Operationsabteilung des Generalstabs – am 29. Mai 1944 erlassen wurde, einen Tag bevor der Operationsbefehl genehmigt wurde (15).
Der Wert der Erfahrung
Mit Maskirovka hatte die Rote Armee in den Kriegsjahren Erfahrungen gesammelt. Nach dem Ausbruch der Deutschen aus dem Kessel von Demyansk im April 1942 führte die Nordwestfront der Roten Armee nicht weniger als neun Offensivoperationen mit dem Ziel einer erneuten Einkreisung des Gegners, eine davon vom 17. bis 24. Juli 1942. Die Absicht für die vorbereitende Täuschungs-Operation bestand darin, die Richtung des Hauptangriffs zu verbergen, gleichzeitig Vorbereitungen für Angriffe in anderen Abschnitten vorzutäuschen und den Abzug von Truppen aus Nebenabschnitten zu verbergen (16).
Diese Täuschungsoperation umfasste die Schaffung falscher Truppenkonzentrationen von jeweils zwei Divisionen in den Operationsräumen zweier sowjetischer Armeen und die Simulation verstärkten Eisenbahn- und Fahrzeugverkehrs in diese Räume. Dazu passend sollte die Verlegung von Geschütz-Attrappen in die anzutäuschende Angriffsrichtung erfolgen, sowie die Intensivierung von Aufklärungsaktivitäten in diese Richtungen. In denjenigen Raumen, aus denen Truppen abgezogen worden waren, wurden Attrappen von Panzern, Geschützen und sonstigem Material zurückgelassen. Dazu kam die Organisation des Funkverkehrs von mehreren Divisionen und Brigaden. Auch die Fahrten von leeren Militär-Zügen und von Fahrzeugkonvois gehörte zum Repertoire. Speziell beauftragte Artillerie-Geschütze feuerten als sogenannte „Wander-Geschütze“ vom Standort von Geschütz-Attrappen aus einige wenige Granaten und verlegten anschließend sofort in neue Feuerstellungen. Dass die Deutschen den Köder geschluckt hatten, bestätigte sich, als die deutsche Artillerie Scheinstellungen und leere Eisenbahnzüge beschoss und als die deutsche Aufklärung in die Richtung der Schein-Verbände intensiviert wurde.
Weitere Erfahrungen sammelten die Sowjets im Vorfeld der Operation Uranus bei Stalingrad im November 1942, als es ihnen gelang, die rumänische 3. Armee zu überraschen, und in der Verteidigungsoperation im Kursker Bogen, die auf deutscher Seite unter der Bezeichnung Unternehmen Zitadelle bekannt ist (17). Umgekehrt hatten die Sowjets im Vorfeld der deutschen Sommeroffensive 1942 (Fall Blau) am eigenen Leibe erlebt, was es bedeutet, wenn man Raum und Ziel einer gegnerischen Offensive nicht erkennt, als sie 80% ihrer Panzer und 60% ihrer Flugzeuge zum Schutz von Moskau aufstellten, während die Deutschen eine Offensive in Richtung Kaukasus vorbereiteten (18).
Krieg der Spione
Die deutschen Fehleinschätzungen kamen nicht von ungefähr. Im Vorfeld des Unternehmens Barbarossa hatten die Deutschen wenig getan, um die nachrichtendienstliche Tätigkeit in der Sowjetunion vorzubereiten. Aber nach dem 22. Juni 1941 wurde der Krieg der Spione mit harten Bandagen und ohne Rücksicht auf Verluste geführt. Im Verlauf des deutsch-sowjetischen Kriegs betrieben die Sowjets nicht weniger als 500 Ausbildungszentren für Agenten. Die Deutschen schätzten, dass diese pro Monat um die 10’000 Agenten rekrutierten und hinter die deutschen Linien schleusten, sei es per Flugzeug, sei es durch Infiltration über die Frontlinie hinweg. Zu diesem Zweck wurden Artillerie-Feuerüberfälle oder Stoßtrupp-Unternehmen durchgeführt, welche die deutschen Verteidiger kurzzeitig blendeten und den Agenten den unbemerkten Übergang über die Frontlinie erlaubten. Auch eine vorgetäuschte Fahnenflucht von Überläufern konnte diesem Zweck dienen. Zeitweise überschwemmten die Sowjets das deutsch besetzte Territorium geradezu mit Agenten. Ein wenig bekannter Aspekt sind die sogenannten „Frontaufklärer“ der Roten Armee, welche zugunsten der Oberkommandos der Fronten Nachrichten beschafften. Und natürlich spielten hier die sowjetischen Partisanen eine wichtige Rolle. Gerade in Belarus waren sie so aktiv und erfolgreich wie kaum sonst irgendwo auf dem östlichen Kriegsschauplatz (19).
Umgekehrt führten auch die Deutschen diesen Krieg und es dürfte ihnen nicht schwergefallen sein, Agenten unter den zahlreichen Kriegsgefangenen zu rekrutieren, denn ein gefangengenommener Rotarmist hatte kaum eine andere Wahl, um zu überleben, als sich den Deutschen als Agent zur Verfügung zu stellen. Die Deutschen hatten nämlich bewusst keinerlei Vorkehrungen für die Betreuung von Kriegsgefangenen gemacht, sie ließen sie entweder einfach verhungern oder steckten sie in die Konzentrationslager. Vor die Wahl zwischen Hungertod und Agententätigkeit gestellt, zogen viele letzteres vor. Während der ganzen Dauer des deutsch-sowjetischen Kriegs waren in der Regel 500 bis 800 deutsche Agenten hinter den sowjetischen Linien im Einsatz. Die Infiltration von Agenten über die Front hinweg wurde zur Routine: Durchschnittlich wurden im Operationsraum der Heeresgruppe Mitte täglich acht bis zehn solcher Aktionen durchgeführt. Sowjetischen Schätzungen zufolge bildeten die Deutschen in den Kriegsjahren 1941 bis 1945 insgesamt 7’500 Agenten sowie 2’500 Funker und Saboteure aus. Die entsprechenden Kurse dauerten drei bis sechs Wochen (20).
Repression und Gegennachrichtendienst
Maskirovka ist ein zweischneidiges Schwert, denn ist ein Täuschungsversuch einmal als solcher erkannt und eine Tarnung aufgedeckt, ist der Schluss auf die wahren Absichten meist naheliegend. Deshalb gehört zur Maskirovka ein wirksamer Gegen-Nachrichtendienst, der gegnerische Aufklärung wirksam bekämpft.
Die Tätigkeit der Nachrichtendienste der Sowjetunion ist ein dunkles Kapitel der Geschichte. Inlands- wie Auslands-Nachrichtendienste der Sowjetunion entsprachen lange nicht nur den legitimen Informationsbedürfnissen des Landes, sondern dienten hauptsächlich der politischen Kontrolle der Bevölkerung und der Repression. Willkürliche Festnahmen, Folter und Mord gehörten zu deren täglichem Repertoire. In der Roten Armee war die Erinnerung an Opportunismus und Seitenwechsel aus dem Bürgerkrieg bestimmt noch wach und mancher Misserfolg im polnisch-sowjetischen Krieg wurde mit Verrat begründet. Im Jahr 1943 entsprach aber die Gründung der „Hauptabteilung Gegenaufklärung“ in der Roten Armee, der Flotte und dem Innenministerium einem dringenden Bedürfnis.
Abzeichen der Hauptabteilung Gegenaufklärung „SMERSH“
Die als SMERSH bezeichnete Spionageabwehr bekämpfte feindliche Agenten, Saboteure und sogenannte Diversanten im rückwärtigen Raum der kämpfenden Truppen, suchte nach Deserteuren und kontrollierte Zivilpersonen (21). In zurückeroberten Gebieten fahndete sie nach zurückgebliebenen deutschen Agenten und zog Kollaborateure zur Verantwortung – echte und oft wohl auch vermeintliche. Die SMERSH war sehr erfolgreich: Sie enttarnte um die 90% der eingeschleusten Agenten, von denen ohnehin viele den Einsatz in der Sowjetunion nur als Anlass nutzten, um überzulaufen. Der SMERSH gelang sogar das Kunststück, in den deutschen Agentenschulen selbst ihre Agenten zu platzieren, sodass sie über die Identität von Spionen informiert war, bevor diese in die Sowjetunion eingeschleust wurden. Aber auch der sogenannte Sicherheitsdienst der SS (SD) war nicht erfolgreicher als die „Abwehr“ oder die FHO mit ihren Frontaufklärungskommandos: Arroganz und Überheblichkeit verhinderten auch hier durchschlagende Erfolge, beispielsweise im Unternehmen Zeppelin (22).
Die große Stärke der SMERSH lag im dichten Netz aus – nicht immer freiwilligen – Informanten, welches sie gewoben hatte (23). Das Netz aus Informanten überspannte die gesamte Rote Armee. Neben einem Sicherungszug besaßen die höheren sowjetischen Kommandostellen ab Divisionsebene darüber hinaus ein Spionageabwehr-Detachement der SMERSH. Zusätzlich bestanden auf dem gesamten Gebiet der Sowjetunion mehr als 1’700 lokale Milizen zum Schutz wichtiger Einrichtungen und Bahnanlagen. In diesen dienten unter anderem Mitarbeiter der Land- und Forstwirtschaft, der Eisenbahn und sonstige zuverlässige Zivilpersonen (24).
Umgekehrt enttarnte die deutsche Abwehr um die 50% der eingeschleusten sowjetische Spione, war aber im Unterschied zur SMERSH nie in der Lage, die sowjetischen Agentenschulen zu infiltrieren (25). Es gelang den Deutschen auch nie, Agenten in höhere sowjetische Kommandostellen oder gar in den Generalstab einzuschleusen. Sie vermochten auch kaum Agenten im sowjetischen Hinterland zu stationieren. Als Folge davon waren sie nie über die Möglichkeiten des sowjetischen Mobilisationssystems und der Industrie oder die Absichten des sowjetischen Oberkommandos informiert. Ausgehend von ihrem Überlegenheitsgefühl unterschätzten die Deutschen ihren Gegner bis zum Schluss (26).
Auch gelang es der deutschen Spionageabwehr nie, den Abfluss von Informationen aus höchsten Kommandostellen des Dritten Reichs zum Versiegen zu bringen und es ist unbestritten, dass im Oberkommando der Wehrmacht OKW, weiteren hohen militärischen Kommandostellen und auch im Auswärtigen Amt des Dritten Reiches hochgestellte Informanten tätig waren, deren Identität bis heute ungeklärt ist und über die viel spekuliert wurde. Der prominenteste davon ist „Werther“, von dem man nicht einmal weiß, ob es sich dabei um eine Person oder eine Organisation handelt (27). Sowohl der ehemalige Generalstabschef des deutschen Heers, Generaloberst Franz Halder, als auch der Chef des Wehrmachtsführungsstabs, Generaloberst Alfred Jodl, klagten nach dem Krieg, dass die sowjetische Seite über deutsche Operationen ebenso schnell orientiert gewesen sei, wie die betroffenen deutschen Dienststellen (28). Dies mag natürlich auch der Rechtfertigung der deutschen Niederlagen gedient haben, die dank dem Umstand, dass viele ehemalige Wehrmachtsoffiziere nach dem Krieg für die Abteilung Operational History (German) Section der US-Armee arbeiteten, weite Verbreitung in der Historiografie fanden (29).
Ausbleibende Luftaufklärung
In den Kämpfen um den Kuban-Brückenkopf hatte die sowjetische Luftstreitmacht die deutsche Luftwaffe niedergekämpft und verfügte unter anderem auch dank dem Abzug starker Verbände der deutschen Luftwaffe nach Westen über die Luftüberlegenheit. Im Sommer 1943 war die deutsche Luftwaffe an drei Fronten gleichzeitig herausgefordert: Auf dem sowjetischen Kriegsschauplatz war sie in einem Abnützungskrieg gegen die wieder erstarkte sowjetische Luftstreitmacht verstrickt, welche nun mit den neu produzierten Jagdflugzeugen der Typen Lavochkin La-5, Yakovlev Yak-7 und Yakovlev Yak-9 auf ebenbürtige Gegner stieß. In den Kämpfen über dem Kursker Bogen und dem deutschen Kuban-Brückenkopf verloren die deutschen Luftflotten 4 und 6 nicht weniger als 16% ihres Flugzeugbestandes. Dazu kamen die Verluste im Mittelmeerraum nach den westalliierten Landungen auf Sizilien und über dem Reich als Folge der intensivierten Bomberkampagne von Briten und Amerikanern. Im Juli und August 1943 verloren die Deutschen auf diesen drei Kriegsschauplätzen 50,6% ihres Flugzeugbestandes. Derartige Verluste konnte die Luftwaffe sich nicht lange leisten und sie blutete aus. Die Deutschen waren gezwungen, im Mittelmeerraum und in der Sowjetunion die Luftüberlegenheit den Alliierten zuzugestehen und sich auf die Verteidigung des Reichs zu konzentrieren. Natürlich nutzten die sowjetischen Flieger die errungene Lufthoheit, um die deutsche Luftaufklärung abzuwehren, bzw. nur noch dort zuzulassen, wo das sowjetische Oberkommando solche zuzulassen bereit war (30).
Krieg im Äther
Für Laien ist es oftmals schwierig, sich vorzustellen, wie viel Information über Organisation, Dislokation und Absichten des Gegners die Funkaufklärung beschaffen kann. Selbst wenn es nicht gelingt, gegnerische Chiffriermethoden aufzuklären und die Inhalte von Gesprächen mitzuhören, so geben Standorte, Sendestärken, benutzte Frequenzen, Sendezeiten und Gegenstationen Hinweise auf Dislokation, Organisation und manchmal sogar auf Absichten des Gegners. Auch hier erwiesen sich die Sowjets als geschickte Spieler. Vor der Operation Bagration betrieben sie Schein-Funknetze von Verbänden, die in Tat und Wahrheit nicht existierten oder anderswo lagen. Damit der deutschen Aufklärung nicht auffiel, dass sich an den gepeilten Standorten der Sender keine üblicherweise dazu gehörenden Kommandoposten befanden, betrieben die Sowjets Funkstationen in Wäldern (31). Dort waren diese außerhalb des Blickfelds der lokalen Bevölkerung und leicht zu tarnen. Somit musste es den Deutschen schwerfallen, die Existenz von Kommandobehörden durch Luft- oder Agentur-Aufklärung zu bestätigen.
Besonders beliebt waren sogenannte „Funk-Spiele“, bei denen festgenommene gegnerische Funker „umgedreht“, das heißt zur Mitarbeit motiviert oder gezwungen wurden. Das war unumgänglich, weil jeder Funker seine eigene „Handschrift“ an der Morsetaste hatte, welche sein Ausbilder erkennen konnte. Individuell verschieden waren nur schon die Länge der Striche und der Intervalle zwischen den Zeichen des Morsealphabets. Einen eigenen Funker auf einer bekannten Frequenz der gegnerischen Nachrichtendienste funken zu lassen, war deshalb nicht möglich, denn die Gegenseite hätte den Täuschungsversuch sofort erkannt. Während des deutsch-sowjetischen Kriegs spielten die Sowjets nicht weniger als 183 solcher Funk-Spiele, mit denen sie den Deutschen Fehlinformationen zukommen ließen. Die Führer dieser Spiele konnten aber nicht Fehlinformationen nach eigenem Gutdünken erfinden, ansonsten bestand die Gefahr, dass sie dem Gegner ungewollt Hinweise gaben, die geheim bleiben sollten. Vielmehr mussten solche Fehlinformationen mit dem Generalstab in Moskau abgestimmt sein. Neun derartige Funk-Spiele betrieben die Sowjets unter der Bezeichnung Operation Opyt vor der deutschen Offensive im Kursker Bogen im Sommer 1943 (32). Ein anderes Funk-Spiel, die Operation Berezino, begann in der Schlussphase der Operation Bagration und lief auch noch lange danach. Im Verlauf dieser Operation gaukelten die Sowjets den Deutschen die Existenz einer versprengten deutschen Kampfgruppe unter dem Kommando eines gewissen Oberstleutnants Heinrich Scherhorn in den Wäldern von Belarus vor, die dann auch prompt per Fallschirmabwurf mit Nachschub versorgt wurde (33). Das Spiel zog sich bis zum Mai 1945 weiter. Zahlreiche deutsche Agenten und große Mengen an Versorgungsgütern fielen im Verlauf dieses Funk-Spiels in die Hände der SMERSH.
Aber auch die Deutschen waren in der Lage, Funkspiele zu betreiben. So gaukelten sie beispielsweise den Briten die Existenz einer niederländischen Widerstandsgruppe vor, die nie existierte, und betrieben von 1941 bis 1945 gegen die Sowjetunion 35 Funkspiele (34).
Die Erfolge der Westalliierten bei der Entzifferung des Codes der deutschen Enigma-Chiffriermaschine sind heute allgemein bekannt. Weniger bekannt sind die Chiffriermethoden der Sowjetunion und die Bemühungen zur Entzifferung ihrer Codes, sowohl durch die Deutschen als auch durch die Westalliierten. Ob es stimmt, dass es den Deutschen während des gesamten Kriegs nicht gelang, die Codes der sowjetischen Nachrichtendienste zu knacken, bleibe dahingestellt (35). Man wird jedoch davon ausgehen dürfen, dass deutsche wie auch westalliierte Code-Knacker längst nicht alle sowjetischen Chiffrier-Methoden knacken konnten.
Insgesamt waren die Sowjets bei der Bekämpfung der deutschen Agentur-, Luft- und Funk-Aufklärung so erfolgreich, dass diese in der Schlussphase des Kriegs drei bis vier Tage benötigte, um die Ankunft einer neuen sowjetischen Division an der Front zu erkennen. In der Anfangsphase des Kriegs war ihnen das in der Regel innerhalb eines Tags geglückt (36).
Planung und Informationssicherheit
Oberstleutnant Heinz Schmalschläger, der als Chef der Leitstelle III Ost verantwortlich war für die Abwehr sowjetischer Spionage, behauptete nach dem Krieg, die Analyse der Aktivitäten sowjetischer Agenten hätte es seiner Dienststelle erlaubt, sowjetische Offensiven teilweise mehrere Monate im Voraus vorherzusagen (37). Ob dies auch im Fall der Operation Bagration gelang, ist allein schon wegen des Zeitplans der Planung und des engen Kreises der eingeweihten Personen zu bezweifeln.
Gegen Ende der Dnepr-Karpaten-Operation, am 5. April 1944, stellte sich das Staatliche Verteidigungskomitee in Moskau Überlegungen über das weitere Vorgehen an und erarbeitete diesbezügliche Empfehlungen, welche Stalin eine Woche danach, am 12. April, genehmigte (38). Von diesen Empfehlungen hatten vorerst neben Stalin nur noch Marschall Zhukov, Generalstabschef Vasilevsky, die Generäle Antonov und Shtemenko sowie dessen Stellvertreter Kenntnis (39). Die Initialisierung der Planung der Operation Bagration begann in einer Besprechung der Stavka VGK mit den Oberkommandierenden der beteiligten Fronten am 28. April 1944. Die Ausarbeitung der Operationspläne dauerte bis zum 14. Mai. Am 20. Mai erhielten die Kommandos der beteiligten Fronten Gelegenheit, ihre Absicht zu formulieren und Änderungsanträge zu stellen, bevor die Pläne am 30. Mai von der Stavka VGK genehmigt wurden. Das Zusammenwirken der Waffengattungen und der Kräfte wurde an einem Geländemodell organisiert (40). Operationspläne und andere Dokumente wurden von Hand geschrieben und durch Kuriere persönlich überbracht (41). Wären die Pläne der Sowjets danach durchgesickert, wäre es für deutsche Gegenmaßnahmen schon spät gewesen, zumal die Operation Bagration eigentlich am 14. Juni hätte beginnen sollen. Unter dem Druck der anglo-amerikanischen Luftangriffe auf das deutsche Eisenbahnnetz dauerte die Verlegung einer Panzerdivision per Bahn in der Endphase des Kriegs schon bis zu zwei Wochen (42).
Unbemerkte Vorbereitungen
Im Zug der Vorbereitung der Operation Bagration hatte die Stavka VGK ganz konkrete Vorstellungen, welches Lagebild sie auf den Karten der deutschen Nachrichtendienste erzeugen wollte (43). Um von der bevorstehenden Bereitstellung von Kräften an der Grenze zu Belarus abzulenken, kreierte die Stavka Scheingruppierungen in den Operationsräumen der 3. Ukrainischen Front nördlich von Chișinău und der 3. Baltischen Front am Fluss Cheryokha östlich von Pskov. Jede dieser Scheingruppierungen hatte die Stärke einer Armee mit neun Schützendivisionen (44). Dadurch musste es in deutschen Augen so aussehen, als ob Offensiven gegen die Heeresgruppe Nord oder Südukraine bevorstünden.
Wichtig war, dass insbesondere die Verlegung der 5. Garde-Panzerarmee, die noch im April an der Uman-Botoșani-Operation der 2. Ukrainischen Front teilgenommen hatte und bis nach Iași gelangt war, in den Raum Smolensk unbemerkt blieb. Sie wurde um die 50 km von den vorgesehenen Ausgangsstellungen entfernt westlich von Smolensk bereitgestellt, um den Stoß ins Hinterland der deutschen 3. Panzer-Armee zu führen, sobald die 5. und die 11. Garde-Armee die Verteidigungsstellungen der Deutschen zwischen Vitebsk und Orsha durchbrochen hatten (45). Parallel dazu wurde die 6. Garde-Armee, welche am nördlichen Flügel der 1. Baltischen Front eingesetzt gewesen war, von der Front abgezogen und als Reserve-Verband der Front bereitgestellt. Ihren Verteidigungsabschnitt übernahm die nördlich anschließende 2. Baltische Front. Die 6. Garde-Armee wurde mit zusätzlichen Schützen-Divisionen verstärkt und marschierte anschließend zwischen der 4. Stoß- und der 43. Armee auf, vorerst 12 bis 18 km von der Front entfernt. Erst in der Nacht vor der Offensive rückte sie auf vier bis sechs km an die Front heran. In dieser Phase zog auch die benachbarte 43. Armee mehrere Schützen-Divisionen aus der Front heraus und stellte sie weiter hinten als Reserven bereit (46).
Alle diese Verschiebungen wurden mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen getarnt. Bei der Zuführung von Truppen in die Bereitstellungsräume wurde beispielsweise darauf geachtet, dass Transporte und Märsche nachts stattfanden und dass Kontakte mit der lokalen Bevölkerung vermieden wurden. Konnte ein Verband sein Marschziel bis Tagesanbruch nicht erreichen, hatte er sich an Ort und Stelle zu tarnen und den Tag über zu verharren. Die Tarnung wurde durch Flugzeuge überprüft, die Fähnchen abwarfen, wenn sie einen Verband erkannt hatten, damit der Kommandant des Verbandes die Verbesserung der Tarnmaßnahmen anordnen konnte. Auch spezielle Offiziers-Patrouillen überprüften die Einhaltung der angeordneten Maßnahmen. Es wurden sogar Brücken an Orten gebaut, an welchen es eigentlich keine brauchte (47). Die Anstrengungen der Roten Armee zahlten sich aus, denn von all diesen Verschiebungen und Umgruppierungen bemerkten die Deutschen nichts. Besonders folgenreich war, dass die Bereitstellungen der 6. Garde- und der 5. Garde-Panzerarmee zum Angriff unentdeckt blieben.
Dass die Deutschen ihrem Gegner die Maskerade „abgekauft“ hatten, zeigte sich am 30. Mai 1944, als das LVI. Panzerkorps aus dem Operationsraum der Heeresgruppe Mitte verlegt und der Heeresgruppe Nordukraine unterstellt wurde (48).
Fazit
Im Vorfeld der Operation Bagration schätzten die Deutschen eigentlich alles falsch ein, was man in einem militärischen Kontext falsch einschätzen kann: Zeitpunkt, Ort und Ziel der Offensive, sowie die eingesetzten Kräfte und ihr Modus Operandi. Die falsche Feindlage-Beurteilung im Vorfeld der Operation Bagration hatte katastrophale operative Folgen für die Deutschen. Die gewichtigste bestand wohl darin, dass die deutsche 2. Armee nördlich der Pripjet-Sümpfe quasi Gewehr bei Fuß stand, ohne Truppen zur Rettung der angegriffenen Armeen der Heeresgruppe Mitte abzugeben, weil sie auf eine sowjetische Offensive wartete, die erst vier Wochen später begann. Dazu kam, dass die 2. Panzer-, die 4. und die 9. Armee die in Gang befindlichen Angriffsvorbereitungen in ihren Frontabschnitten zwar teilweise erkannten, aber mangels Nachrichten aus der Tiefe des sowjetischen Hinterlands deren Zielsetzung weit unterschätzten (49). Überraschend für die Heeresgruppe Mitte kam hingegen der sowjetische Angriff bei Vitebsk und die Art des sowjetischen Vorgehens entlang der ganzen Front generell. Die sowjetischen Schlachtflieger, vor allem die Ilyushin-2 „Shturmoviks“, konzentrierten ihre Schläge auf die deutsche Artillerie, die angesichts der tiefen Bestände der Infanterie-Formationen zu einer Stütze des Verteidigungskampfs geworden war (50).
Man muss sich aber ganz grundsätzlich überlegen, ob eine einzige Dienststelle und ihr Leiter überhaupt für eine derart massive nachrichtendienstliche Fehlleistung verantwortlich gemacht werden können, denn grundsätzlich bestünde ja immer die Möglichkeit, einzelne Nachrichten und ganze Lagebilder mit anderen Diensten im sogenannten Nachrichtenverbund auszutauschen. Dass in einem politischen System wie dem nationalsozialistischen Dritten Reich, in welchem die Paladine des Führers um Macht und Einfluss rangelten, der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste enge Grenzen gesetzt waren, ist nicht weiter verwunderlich. Gerade das Amt Ausland Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht OKW, obwohl nicht zuständig für die „Ostfront“, hätte bei offensichtlichen Lücken im Lagebild des Oberkommandos des Heeres OKH korrigierend eingreifen können, ja müssen. Insofern ist das oft monierte Versagen der Abteilung „Fremde Heere Ost“ als ein Versagen des Systems zu bezeichnen, in welchem die FHO möglicherweise noch das effektivste Organ darstellte. Aber die Deutschen waren in dieser Hinsicht nicht alleine: Auch die Polen hatten vor dem Ausbruch des Kriegs Mühe bekundet, Nachrichten aus der Sowjetunion zu beschaffen, ebenso wie nach ihnen die Japaner, die von der sowjetischen Offensive in der Mandschurei ab dem 9. August 1945 völlig überrascht wurden (51). Und vielleicht haben die Deutschen in den Tiefen Russlands und Belarus‘ ganz einfach im raffinierten Spiel von Nachrichtendienst, Gegennachrichtendienst und Maskirovka ihren Meister gefunden.
Anmerkung der Redaktion: Belarus – oder Weissrussland, wie das Land im deutschen Sprachbereich oft auch genannt wird – war das Land, das unter dem absolut menschenverachtenden und äusserst brutalen Vorgehen der deutschen Truppen im Osten am meisten zu leiden hatte. Nach Schätzungen der wissenschaftlichen Forschung kamen etwa ein Viertel der dortigen Bevölkerung zu Tode. Aber statt dass Deutschland, ähnlich wie in puncto Holocaust, ein schlechtes Gewissen gegenüber Belarus hat, behandelt es heute Belarus mit Hass und Sanktionen. Wo ist der Kino-Besitzer, der den Mut hat, endlich den meisterhaften Film «Komm und sieh!» zu zeigen? (cm)
Anmerkungen zum Beitrag von Ralph Bosshard:
- Siehe Hermann Zolling, Heinz Höhne: Pullach intern, 1. Fortsetzung, bei Der Spiegel 12/1971, https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/43345704. Zu den deutschen Nachrichtendiensten allgemein und speziell zur „Abwehr“ siehe auch Michael Heinz: Deutschlands militärischer Geheimdienst 1935 bis 44 – Aufstieg und Ende, bei Zeitgeschichte in Bild und Ton, Video auf YouTube, 2022, online unter https://www.youtube.com/watch?v=5K4y0Ku_HS8.
- Typisch für diese Behauptung ist Georg, Friedrich – Verrat an der Ostfront; Band II; Vergebliche Verteidigung Europas 1943-45, Tübingen, 2014, S. 12 – 132, der überall Verrat wittert, aber seine Behauptungen nicht durch Quellen untermauert. Er ist wohl eher dem revisionistischen Zweig der Geschichtsschreibung zuzuordnen.
- Zur FHO und zu Gehlen insgesamt siehe Robert W. Stephan: Stalin’s secret war, Stalin’s Soviet Counterintelligence against the Nazis, 1941-1945, Kansas 2004, online unter https://dokumen.pub/stalins-secret-war-soviet-counterintelligence-against-the-nazis-1941-1945-0700612793-9780700612796.html, S. 143 – 146.
- Siehe Stephan, a.a.O., S. 150.
- Stavka VGK steht russisch für Верхо́вного Главно-Кома́ндования (Verkhovnogo Glavnokomandovaniya) und war das Hauptquartier des Oberkommandos der Roten Armee (RKKA).
- Siehe „Спецсообщение Л. П. Берии и В. Н. Меркулова — И. В. Сталину. О радиоперехвате и дешифровке переписки на немецких линиях связи София — Будапешт, София — Вена и др. 18.04.1944 № 327/б“, online unter http://www.hrono.ru/dokum/194_dok/19440418beri.php, in russischer Sprache. Siehe auch „The German Intelligence Service and the War“, auf der Homepage der CIA, online unter https://www.cia.gov/readingroom/docs/CIA-RDP78-03362A002500070002-3.pdf, Punkte 10 bis 13. Vgl. Hannes Schwenger: Der deutsche Spion „Klatt“ alias Richard Kauder: Stoff für viele Thriller; Wie ein Jude als Nazi-Agent überlebte: Winfried Meyers Buch über Richard Kauder alias „Klatt“. Eine Rezension bei Tagesspiegel, 23.03.2016, online unter https://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/stoff-fur-viele-thriller-3708040.html und Winfried Meyer: Klatt. Hitlers jüdischer Meisteragent gegen Stalin; Überlebenskunst in Holocaust und Geheimdienstkrieg, Berlin 2015. Stephan, a.a.O. widmet der Operation „Монастырь“ („Monastyr“, deutsch „Kloster“) und dem Fall „Klatt“ ein eigenes Kapitel; ebd. S. 153ff. Vgl. auch Boris Egorov: The most successful Soviet intelligence operation during World War II, bei Russia Beyond, 14.04.2020, online unter https://www.rbth.com/history/332003-most-successful-soviet-intelligence-operation.
- Siehe Christopher M. Rein (Hrsg.): Weaving the Tangled Web, Army University Press, Fort Leavenworth, Kansas, 2018, online unter https://sgp.fas.org/eprint/weaving.pdf. Curtis S. King: Chapter 7—Operation BAGRATION: Maskirovka at its Height, Summer 1944, ebd. S. 115 – 136, insbesondere S. 116, Stephan, a.a.O., S. 89.
- Siehe Stephan, a.a.O., S. 27, 147.
- Siehe Stephan, a.a.O., S. 88, 192f..
- Thomas Wolf: Die Anfänge des BND Gehlens Organisation – Prozess, Legende und Hypothek, in Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 64 (2016), Heft 2, S. 191 – 225, online unter https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2016_2_1_wolf.pdf. Vgl. auch die Homepage des BND unter https://www.bnd.bund.de/DE/Der_BND/Geschichte/geschichte_node.html und Florian Schimikowski: Gehlens Geheimdienst – Vor 65 Jahren wurde der BND gegründet, bei deutsches Spionagemuseum, 01.04.2021, online unter https://www.deutsches-spionagemuseum.de/2021/04/01/gehlens-geheimdienst-vor-65-jahren-wurde-der-bnd-gegruendet.
- Siehe Hermann Gackenholz: Zum Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte Sommer 1944. in Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) Jahrgang 3 (1955) Heft 3, S. 317–333., online unter https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1955_3_6_gackenholz.pdf, insbesondere S. 321.
- Konkret bis zum 28. Juni, als es dem Stab der Heeresgruppe Mitte zu dämmern begann, dass die eine Woche zuvor gestartete Offensive der Roten Armee weiter gesteckte Ziele verfolgte, als nur die Rückeroberung der Stadt Minsk. Wegen Verzögerungen beim Aufmarsch hatte der Beginn der Offensive um eine Woche verschoben werden müssen.
- Im Sprachgebrauch der Nachrichtendienste nennt man das „Vanillebotschaften“, in jenem der Wahrnehmungspsychologie „Confirmation Bias„, deutsch auch Bestätigungsverzerrung.
- Zum heutigen Verständnis der Maskirovka in der russischen Armee sie auf der Homepage des russischen Verteidigungsministeriums online unter https://encyclopedia.mil.ru/encyclopedia/dictionary/details_rvsn.htm?id=13494@morfDictionary die Definition.
- Siehe Rein/King: Weaving the Tangled Web, a.a.O. S. 118, 121.
- Der Generalstab der Roten Armee fasste die Erfahrungen dieser Operation im März 1943 in einer Lehrschrift zusammen. Sie wurde übersetzt und kommentiert vom bekannten US-amerikanischen Militärhistoriker David Glantz. Siehe David M. Glantz: Soviet War Experience, A Deception Case Study, Soviet Army Studies Office, Combined Armed Center, Fort Leavenworth, Kansas, 1988, online unter https://apps.dtic.mil/sti/pdfs/ADA216428.pdf, S. 3 – 5.
- Siehe hierzu Kyle B. Vautrinot: Red Star Resurgent; Soviet Deception Operations at Stalingrad, 1942-1943, bei Christopher M. Rein (Hrsg.): Weaving the Tangled Web, Army University Press, Fort Leavenworth, Kansas, 2018, online unter https://sgp.fas.org/eprint/weaving.pdf, Kapitel 6, S. 97 – 113.
- Siehe Alan P. Donohue: Operation KREML; German Strategic Deception on the Eastern Front in 1942, bei Christopher M. Rein (Hrsg.): Weaving the Tangled Web, Army University Press, Fort Leavenworth, Kansas, 2018, online unter https://sgp.fas.org/eprint/weaving.pdf, Kapitel 5, S. 79 – 96.
- Die Frontaufklärer waren ein Mittel der Hauptabteilung Aufklärung (russisch Главное разведывательное управление, Glavnoe Rasvedyvatelnoe Upravlene GRU). „Невидимый фронт: советская разведка времен Великой Отечественной войны“, bei Военное обозрение, 17.05.2012, online unter https://topwar.ru/14479-nevidimyy-front-sovetskaya-razvedka-vremen-velikoy-otechestvennoy-voyny.html, in russischer Sprache. Über sie ist mangels Zugangs zu Archivbeständen bis heute wenig bekannt. Vgl. auch „Lernen aus der Geschichte: Können Partisanen kriegsentscheidend sein?“, bei Global Bridge, 18.05.2023, online unter https://globalbridge.ch/lernen-aus-der-geschichte-koennen-partisanen-kriegsentscheidend-sein/.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 51f.
- Die Bezeichnung SMERSH, russisch «Смерш» steht für „Smert Shpionam“ – russisch «Смерть шпионам!» und bedeutet „Tod den Spionen“. Siehe Константин Рожнов: „СМЕРШ“: контрразведка или орудие репрессий? Bei BBC Russian.com, 16.04.2004, online unter http://news.bbc.co.uk/hi/russian/life/newsid_2954000/2954799.stm, in russischer Sprache (SMERSh, Gegennachrichtendienst oder Instrument der Repression? Anm. Des Verfassers: wahrscheinlich beides zugleich. Vgl. auch Александр Безверхний. Легендарному «СМЕРШУ» — 60 лет, bei «Новости разведки и контрразведки», 18.04.2003, auf der Homepage des Föderalen Sicherheitsdiensts der Russischen Föderation FSB unter https://archive.ph/20130416195502/www.fsb.ru/fsb/smi/interview/single.htm!id%3D10342713@fsbSmi.html, in russischer Sprache. Vgl. auch Stephan, a.a.O., S. 209 – 216. Logo der SMERSH, online unter https://xn--80aah0car.xn--p1ai/?p=19909.
- Das Unternehmen Zeppelin war eine groß angelegte Sabotage- und Zersetzungsoperation des Sicherheitsdienstes (SD) der SS auf politisch-strategischer Ebene. Die Ziele bestanden darin, die Moral der sowjetischen Truppen zu zersetzen, Rotarmisten zum Überlaufen zu bewegen und Aufstände gegen die sowjetische Regierung zu provozieren. Auch die Ermordung Stalins war geplant. Die Unternehmungen scheiterten meistens kläglich. Siehe Stephan, a.a.O. S. 52f, 82, 129, 183, 195f.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 59.
- Siehe zu den verschiedenen Diensten Robert L. Bolin: Handbook on USSR Military Forces, Chapter IV, Semi-Military Organizations, 15 March 1946, War Department (USA), bei University of Nebraska, Lincoln, DOD, Military Intelligence, U.S. Department of Defense 3-1946, S. IV-2 bis IV-5. Vgl. Stephan, a.a.O. S. 66 und 211 – 219.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 137
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 26, 54.
- Siehe »Werther hat nie gelebt«, bei Der Spiegel, 09.07.1972, online unter https://www.spiegel.de/politik/werther-hat-nie-gelebt-a-a1cc303c-0002-0001-0000-000042920274 und Sven Felix Kellerhoff: Rudolf „Lucy“ Rössler, der beste Weltkriegs-Spion, bei Welt Geschichte, 04.07.2013, online unter https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article117703908/Rudolf-Lucy-Roessler-der-beste-Weltkriegs-Spion.html. Vgl. zur Person von Sandor Rado Zoltán Kaszás: „Radó, Sándor“, in: Historisches Lexikon der Schweiz, online unter https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/028496/2011-12-16/. Vgl. auch Michael Heinz: Verrat im OKW – Wer war Werther? bei Zeitgeschichte in Bild und Ton, Video auf YouTube, 2022, online unter https://www.youtube.com/watch?v=J6wgBfFDFRM. Zur Person Rudolf Roesslers, der eine Schlüsselrolle gespielt zu haben scheint, sowie seinen Vita Nova Verlag siehe Max Huber: Rößler, Rudolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, online unter https://www.deutsche-biographie.de/gnd116595817.html#ndbcontent und Liste der verbotenen Publikationen des Vita Nova Verlags: „Verbrannte und Verbannte, die Liste der im Nationalsozialismus verbotenen Publikationen, Autoren und Verlage“, online unter https://verbrannte-und-verbannte.de/publisher/108. Zur nachrichtendienstlichen Rolle der Schweiz siehe Hans-Rudolf Kurz: Nachrichtenzentrum Schweiz: Die Schweiz im Nachrichtendienst des Zweiten Weltkriegs. Frauenfeld 1972, und namentlich S. 36, 45. Zu den pro-sowjetischen nachrichtendienstlichen Netzen allgemein vgl. Paul L. Kesaris (Hrsg.): The Rote Kapelle: the CIA’s history of Soviet intelligence and espionage networks in Western Europe 1936-1945, Washington D. C. 1979, S. 185, online unter https://archive.org/details/rotekapelleci00unit und Mark A. Tittenhofer: The Rote Drei: Getting Behind the ‚Lucy‘ Myth, CIA Library. Center for the Study of Intelligence, August 2011, online unter https://www.cia.gov/resources/csi/static/The-Rote-Drei.pdf.
- Zur Verratsthese siehe Paul Carell, Verbrannte Erde. Schlacht zwischen Wolga und Weichsel, Ullstein, Frankfurt/Berlin/Wien 1966, S. 84, wobei zu beachten ist, dass Paul Carell, eigentlich Paul (Karl) Schmidt, als ehemaliger SS-Angehöriger wohl auch vom Wunsch beseelt war, die Niederlagen zu erklären.
- Siehe Esther-Julia Howell, Von den Besiegten lernen? Die kriegsgeschichtliche Kooperation der U. S. Armee und der ehemaligen Wehrmachtselite 1945–1961, München, Berlin 2016, Studien zur Zeitgeschichte, Band 90, eingeschränkte Vorschau unter https://books.google.ch/books/about/Von_den_Besiegten_lernen.html?id=TY9lCwAAQBAJ&source=kp_book_description&redir_esc=y. Eine Rezension dazu von Jens Westemeier in der Militärgeschichtlichen Zeitschrift, online unter https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/mgzs-2016-0132/html?lang=de.
- Zu diesem wenig bekannten Aspekt des Zweiten Weltkriegs siehe Леонид М. Шишов: Некоторые вопросы оперативного искусства ВВС в воздушных сражениях на Кубани в 1943 году, in Военно-исторический журнал, 1983, № 5, S. 21-29, online unter Военно-исторический журнал 1983 №05.PDF (prussia.online), in russischer Sprache; hier besonders die Verlustzahlen in der Tabelle auf S. 25. Siehe auch Williamson Murray: Strategy for Defeat : The Lutfwaffe, 1933-1945, Air University, Maxwell Air Force Base, Alabama, January 1983, online unter https://www.airuniversity.af.edu/Portals/10/AUPress/Books/B_0012_MURRAY_STRATEGY_FOR_DEFEAT.pdf, S. 147 – 159.
- Siehe Татьяна ИВАНОВА: Операция «Багратион»: в свете новых научных исследований bei Беларусская Думка № 11 2020, 05.09.2020, S. 60 – 67, online unter https://beldumka.belta.by/isfiles/000167_513452.pdf, in russischer Sprache. Tatyana Ivanova: Operation Bagration im Licht neuer wissenschaftlicher Untersuchungen, S. 62.
- Siehe Олег Белов: Агент «Шадрин» перевербован. Радиоигра «Опыт» в преддверии Курской битвы, bei Санкт-Петербургские Ведомости, 17.05.2020, online unter https://spbvedomosti.ru/news/nasledie/agent-shadrin-pereverbovan-radioigra-opyt-v-preddverii-kurskoy-bitvy/, in russischer Sprache. Vgl. Stephan, a.a.O., S. 49, 105.
- Siehe Людмила ОВЧИННИКОВА: подпольная „явка“ в центре Москвы, auf der Homepage des Föderalen Sicherheitsdiensts der Russischen Föderation FSB, 18.01.2002, online unter http://www.fsb.ru/fsb/history/author/single.htm!id%3D10318112@fsbPublication.html, (Ljudmila OVCHINNIKOVA: Die unterirdische „Teilnahme“ im Zentrum von MOSKAU) und Операция «Березино» auf der Website des Auslandsgeheimdienstes der Russischen Föderation SVR, online unter https://web.archive.org/web/20130729211741/http://svr.gov.ru/history/operation5.htm, sowie die Memoiren des Urhebers selbst, Pavel Sudoplatov: Павел А. Судоплатов: Спецоперацииж Лубянка и Кремль 1930-1950 годы, online unter http://www.agentura.ru/text/biblio/specoperacii.txt, alle in russischer Sprache. Vgl. Heinz Höhne: Pullach intern, bei Der Spiegel 13/1971, 21.03.1971, online unter https://www.spiegel.de/politik/pullach-intern-a-28475fda-0002-0001-0000-000043345609?context=issue. Zu den Rettungsversuchen durch die SS die Memoiren des bekannten Führers der SS-Spezialeinheiten Otto Skorzeny: Meine Kommandounternehmen. Krieg ohne Fronten, München 1993, S. 362 ff, der allerdings oft sich selbst rechtfertigt und gerne auch schwadroniert. Vgl. Stephan, a.a.O. S. 175ff.
- Im sogenannten „Englandspiel“ verlor die britische Special Operations Executive 12 Bombenflugzeuge und 51 Agenten. Siehe Hans Schafranek: Unternehmen „Nordpol“. Das Englandspiel der deutschen militärischen Abwehr in den Jahren 1942–1944. In: Hans Schafranek, Johannes Tuchel (Hrsg.): Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg, Wien 2004, S. 247–291 und Stephan, a.a.O. S. 140f.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 141.Siehe auch Maria Grigorian: Der Schlüssel zum Sieg; warum die Nazis an den russischen Geheimcodes scheiterten, bei Russia Beyond, 08.04.2022, https://de.rbth.com/geschichte/82357-sowjetische-geheimcodes-chiffrierdienste-kryptografen-zweiter-weltkrieg ist etwas blauäugig. „Советские шифры во Второй Мировой войне“ bei Хабр, 09.12.2020, online unter https://habr.com/ru/articles/532044/ und „Пионеры отечественной машинной криптографии“ bei BIS Journal №4(11)/2013, 15.11.2018, online unter https://ib-bank.ru/bisjournal/pub/251, beide in russischer Sprache. Vgl Anna Borshchevskaya: The Soviets’ Unbreakable Code, The hidden history of the Fialka espionage machine, bei Foreign Policy, 27.04.2019, online unter https://foreignpolicy.com/2019/04/27/the-soviets-unbreakable-code-fialka-encryption-espionage-russia-kgb-spy/, „Soviet codebreakers of WWII„, bei Christos military and intelligence corner, 23.07.2013, online unter https://chris-intel-corner.blogspot.com/2013/07/soviet-codebreakers-of-wwii.html und „Compromise of Soviet codes in WWII„, ebd. 22.07.2014, online unter https://chris-intel-corner.blogspot.com/2014/07/compromise-of-soviet-codes-in-wwii.htmlund Stephen Budiansky: The Code War; the code-breaking machines of World War II took data-processing technology to its very limits in the era before computers, bei Invention & Technology, The Magazine of Innovation, Summer 2000 | Volume 16 | Issue 1, online unter https://www.inventionandtech.com/content/code-war-1.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 89.
- Siehe Stephan, a.a.O. S. 142.
- Siehe William M. Connor: Analysis of Deep Attack Operations Operation Bagration Belorussia 22 June-29 August 1944, U.S. Army Command and General Staff College, Combined Studies Institute, Fort Leavenworth, KS, März 1987, online unter https://apps.dtic.mil/sti/pdfs/ADA483385.pdf, S. 6. Die Dnepr-Karpaten-Operation endete am 17. April 1944. Das Staatliche Verteidigungskomitee, russisch Государственный комитет обороны (Gosudarstvennyj komitet oborony – GKO) wurde am 30. Juni 1941 als oberstes Kriegskabinett geschaffen und umfasste die politische, militärische und ökonomische Führung der UdSSR.
- Siehe Connor, Analysis, a.a.O. S. 24.
- Berühmt wurde in diesem Zusammenhang auch die Episode, als der Oberkommandierende der zz Belarussischen Front, Marschall Rokossovsky auf einer beidseitigen Umfassung der Stadt Babruisk beharrte und sich gegen Stalins Bedenken durchsetzen konnte. Siehe Татьяна ИВАНОВА, a.a.O. S. 63, Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 118 und Connor, Analysis, a.a.O. S. 7, 31. Dieses Vorgehen ist bei der russischen Armee noch heute üblich, wie es der Verfasser während seiner Ausbildung an der russischen Generalstabsakademie selbst erlebte.
- Siehe Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 118 – 122. Vgl. Connor, Analysis, a.a.O., Annex D. Derartige Maßnahmen sind in der russischen Armee teilweise bis zum heutigen Tag noch üblich.
- Vgl. hierzu „Handbook on German Military Forces“ – War department – TM-E 30-451 (15 – 03 – 1945), 15.03.1945, online unter https://archive.org/details/TME-30-4511945/page/n307/mode/2up, S. V-25f und Georg Maier: Drama zwischen Budapest und Wien, der Endkampf der 6. Panzerarmee 1945, Selent 1985, der auf S. 131 beschreibt, dass sich die Geschwindigkeit der Bahntransporte bis Frühjahr 1945 im Vergleich zur Anfangsphase des Kriegs um den Faktor 20 verringerte. Siehe zum Angriffstermin Rein/King: Weaving the Tangled Web, a.a.O., S. 126.
- Vgl hierzu Richard N. Armstrong: Soviet Operational Deception: The Red Cloak, U.S. Army Command and General Staff College, Fort Leavenworth, Kansas, 1989, online unter https://apps.dtic.mil/sti/pdfs/ADA211726.pdf, S. S. 18 und Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 115 – 136, besonders S. 121. Siehe auch Эмануил ИОФФЕ: Операция «Багратион»: малоизвестные страниц, bei Беларусская Думка № 7/2023, 23.03.2023, S. 74 – 81, online unter https://beldumka.belta.by/isfiles/000167_241306.pdf, in russischer Sprache. Emanuel Ioffe: Operation Bagration, wenig bekannte Seiten, S. 76. Siehe „Belorussia 1944; the Soviet General Staff study„, übersetzt und herausgegeben von David M. Glantz und Harold S. Orenstein, London 2001, eingeschränkte Vorschau online unter https://books.google.ch/books?id=NUC6ZelkwIYC&pg=PA29&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=2#v=onepage&q&f=false, namentlich zur Aufklärungstätigkeit der 1. Baltischen Front S. 30, sowie jene der 1. Belarussischen Front und ihre Maskirovka S. 56f. Grundlage war die Maskirovka, Weisung 220110 vom 29.05.1944 des sowjetischen Generalstabs.
- Siehe ИОФФЕ, a.a.O. S. 76 und Connor, Analysis, a.a.O. S. 23. Die Cheryokha (deutsch Tscherjocha, russisch Черёха) ist ein Nebenfluss der Welikaja in der Oblast Pskow.
- Siehe Connor, Analysis, a.a.O. S. 24.
- Siehe Glantz/Orenstein, Belorussia 1944, a.a.O., S. 34f und 43f.
- Siehe Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 121 – 126.
- Siehe Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 127.
- Besonders aufschlussreich sind die Abbildungen bei Rein/King: Weaving the Tangled Web, Operation Bagration, a.a.O. S. 128f: Über die Zahl an sowjetischen Schützendivisionen vor ihrer Front war beispielsweise die 9. deutsche Armee einigermaßen zutreffend im Bild. Es waren in der 3., 28., 48. und 65. sowjetischen Armee deren 43. Von den dahinter bereitgestellten schnellen Verbänden (Kavallerie und Panzer) wusste sie hingegen nichts.
- Siehe Gackenholz, a.a.O. S. 323. Bei den sowjetischen sogenannten Schlachtflieger-Verbänden war die Ilyushin-2 „Штурмовик“ das Standard-Flugzeug. Siehe Elliott Marsh, John Dibbs: Flying the Winged Tank – Modern impressions of the legendary Il-2 Sturmovik, bei vintageaviationecho.com, The Vintage Aviation Echo, 23 August 2017
- Stephan bezeichnet das gesamte System der deutschen Nachrichtendienste als dysfunktional; ebd. S. 194 und S. 198.