
Noch eine Weile Schwarz-Peter-Spiel vor dem Waffenstillstand?
Trotz des Scheiterns des Waffenstillstands an den orthodoxen Ostern prägt das Thema die politische Diskussion und wird diese wohl auch in den nächsten Wochen dominieren, denn die Administration Trump übt Druck aus. Kurzfristig dürfte es bei den Protagonisten aber am Willen zum Frieden mangeln. Eine kurze Waffenruhe von einigen Tagen Dauer wird wohl das Maximum darstellen, das man aktuell erwarten darf. Für eine längere ist es noch zu früh.
Die dreißigstündige Waffenruhe, welche der russische Präsident Wladimir Putin für das orthodoxe Osterwochenende vorgeschlagen hatte, kam nicht zustande, aber schon ist von einer dreitägigen Waffenruhe rund um den Tag des Sieges bzw. zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa am 8./9. Mai die Rede (1). Der US- Sondergesandte Keith Kellogg hat aber bereits eine dreißigtägige Waffenruhe gefordert (2). Der Kreml jedoch hat deutlich gemacht, dass ein Ende der Feindseligkeiten nur möglich ist, nachdem die Oblaste Cherson, Saporischschja, Donetsk und Lugansk vollständig unter russische Kontrolle gekommen sind. Da wird auch eine Portion Verhandlungstaktik mit dabei sein: Einerseits demonstriert der Kreml mit der Ankündigung eines Waffenstillstands im Mai guten Willen, legt gleichzeitig aber eine harte Haltung in Grundsatzfragen an den Tag.
Kriege sind einfacher begonnen als beendet
Die Erfahrung aus anderen Kriegsschauplätzen wie beispielsweise Berg-Karabach zeigt, dass die Durchsetzung einer hundertprozentigen Waffenruhe ein ambitioniertes Unterfangen ist. Bis der letzte Kompanie-Depp begriffen hat, dass nun auch er die Waffenruhe einzuhalten hat, sind die 30 Stunden schon wieder vorbei. Putins Vorschlag einer dreißigstündigen Waffenruhe kann nicht viel mehr als ein Versuchsballon gewesen sein.
Im Krisengebiet von Berg-Karabach machte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE um Waffenstillstandsverletzungen mit Handfeuerwaffen nie viel Aufhebens, denn es konnte ja nicht angehen, dass ein übernervöser, junger Wehrpflichtiger, der nachts auf seiner Wache auf einen imaginären Gegner schoss, einen Friedensprozess entgleisen lassen konnte (3). Brüche der Waffenruhe mit schweren Waffen wie Raketenwerfern oder Artillerie wurden von der OSZE hingegen als schwerwiegende Vorkommnisse taxiert, denn über den Einsatz solcher Waffen entscheidet generell nicht ein einsamer Wehrpflichtiger, sondern es entscheiden Kommandanten verschiedener Stufen, die einen ganzen Apparat von Raumüberwachung, Zielaufklärung, Feuerführung, Übermittlung bis hin zu Logistik in Gang setzen müssen und die der politischen Stufe Rechenschaft schulden. Waffenstillstandsverletzungen mit Artillerie und Raketentruppen ereignen sich nicht, sie werden verursacht. In Berg-Karabach waren diese Waffen vor dem Herbst 2020 unter Kontrolle, in der Ukraine waren sie es nie.
Esel und Langohren
Auch wer in den Jahren 2015 bis 2022 die Verletzungen des Minsker Waffenstillstands auf der Basis der Berichte der OSZE-Sonderbeobachtungsmission verfolgte, wird sich kaum daran erinnern können, dass dieser auch nur einen einzigen Tag lang vollständig eingehalten wurde. Die Verantwortung dafür teilten sich die Konfliktparteien jeweils redlich, auch die ukrainische Armee hatte immer einen 40 bis 60% starken Anteil daran. Die Ukrainer trugen in jenen Jahren die Verantwortung für die Mehrheit der Fälle, in denen Wohngebiete mit Artillerie oder Mörsern beschossen wurden, und auch sie behinderten den Einsatz der Drohnen der OSZE (4). Die Argumentation „ich nicht, er auch“, welche in den Foren der OSZE nach solchen Vorkommnissen regelmäßig zu hören war, überzeugte damals so wenig wie heute. Nun wurde die Beerdigung von Papst Franziskus zu informellen Treffen zwischen Staatsoberhäuptern genutzt und mündete sofort wieder ins altbekannte Schwarz-Peter-Spiel.
Der nachhaltigste Schaden, welchen die jahrelange Nicht-Beachtung des Minsker Waffenstillstands verursachte, waren nicht die geschätzt 14’000 Toten und die zahlreichen zerstörten Häuser, die zurückblieben, sondern die Zerstörung des Vertrauens in die Vertragstreue der jeweiligen Gegenseite. Der Standardvorwurf an die Adresse Russlands lautet ja seit längerem, dass es kein Vertrauen zu Putin und seiner Mannschaft geben könne. Umgekehrt erklärte Wladimir Putin bereits öfters, dass Kiew in der Vergangenheit ausgehandelte Waffenstillstände hunderte Mal gebrochen habe. Dabei dürfte er sich auf den Minsker Waffenstillstand bezogen haben. Wolodymyr Selenskyj sollte sich folglich dessen bewusst sein, dass umgekehrt der Kreml ihm nicht traut, und auch dem kollektiven Westen nicht, denn die Fakten über die Verletzungen des Minsker Waffenstillstands waren in der OSZE sattsam bekannt, aber gerade die Vermittler im Minsker Friedensprozess, Deutschland und Frankreich, haben diese Tatsachen immer mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen, ganz zu schweigen von den USA, Großbritannien und Kanada (5).
Der Hauptgrund für die Nicht-Beachtung des Minsker Waffenstillstands war der Mangel an politischem Willen. Mit den bekannten Interviews von ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und ex-Präsident François Hollande über die Funktion der Minsker Abkommen wurde auch klar, weshalb: Die Wiederaufnahme von Kampfhandlungen war beschlossene Sache für den Tag, an welchem die ukrainische Armee stark genug sein würde, eine gewaltsame Beendigung des Konflikts mit den Rebellen im Donbass und ihren russischen Unterstützern herbeizuführen (6). Der tägliche Kleinkrieg an der sogenannten Kontaktlinie – so die Bezeichnung in der OSZE für die Front – war die Vorbereitung darauf (7).
Im Licht dieser Erfahrungen fordert der Kreml jetzt Garantien dafür, dass eine Waffenruhe ukrainischerseits nicht genutzt wird, um Verbände zu neuen Vorstößen auf russisches Territorium bereitzustellen, und generell, um der ukrainischen Armee eine Atempause zu verschaffen. Mit lokal begrenzten Angriffen in Kompanie- bis Bataillonsstärke an weit auseinanderliegenden Abschnitten der Front halten die Russen seit Monaten ihre ukrainischen Gegner militärisch unter Druck und zwingen sie zu hastig organisierten Reaktionen. Drei Tage Waffenruhe würden den Ukrainern wohl keine großen Umgruppierungen und neue Bereitstellungen erlauben, dreißig Tage hingegen schon. Eine dreitägige Waffenruhe wäre eine Art Test, der zeigen soll, ob ein Abkommen zwischen den Kriegsparteien überhaupt halten kann. Bevor eine solche aber in Kraft treten kann, muss sichergestellt werden, dass Fanatiker den Waffensillstand nicht sofort sabotieren. Das muss vorbereitet werden. Wie dem auch sei: einen Versuch ist es bestimmt wert.
Trump unter Druck
Heute dürfte der politische Wille zum Frieden am ehesten bei der Administration Trump zu verorten sein, die sehr viel Prestige investiert hat. US-Präsident Donald Trump dürfte – wie verschiedene militärische Beobachter in den USA auch – davon ausgehen, dass der Krieg im Osten der Ukraine nicht mehr zu gewinnen ist und dass es keinen Sinn mehr macht, weitere Ressourcen in ein gescheitertes Projekt zu investieren. Großspurig hatte er deshalb im Wahlkampf erklärt, dass er dem Krieg mit einem einzigen Telefonanruf ein Ende bereiten werde. Nach seinem Amtsantritt bewilligte er sich dann zunehmend Zeitaufschübe. Nun ist die traditionelle hunderttägige Schonfrist, die man in den USA einem neuen Präsidenten gewährt, abgelaufen und ein Ende der Kämpfe ist noch nicht in Sicht. Dass Donald Trump langsam nervös wird, zeigte sich einerseits im rüden Umgangston, den er sich offenbar mit dem französischen Staatspräsidenten Macron in Rom erlaubte (8), und andererseits mit neuerlichen Drohungen an die Adresse Russlands. Trump braucht jetzt Erfolge und steht unter Zeitdruck, aber seine Gegenspieler sind harte Verhandler: Kostenlos tun sie auch ihm keinen Gefallen.
Neuerlichen Druckversuchen wird Russland gelassen gegenüberstehen, denn Jahre von Sanktionen und Waffenlieferungen an die Gegner Russlands vermochten dieses bislang nicht in die Knie zu zwingen. Selbst die politische, wirtschaftliche und militärische Macht der USA ist begrenzt, wie sich gerade auch in der Reaktion Chinas auf die neusten US-amerikanischen Strafzölle zeigte. Trump muss sich aber zurückhalten: Wenn er frustriert das Handtuch wirft, wird er seinen Einfluss auf die Konfliktlösung einbüßen. Und er braucht Russlands Kooperation möglicherweise schon bald in anderen Bereichen.
Hindernis Taurus
Ein Hindernis für einen Waffenstillstand, zumindest im Bereich der Angriffe auf Infrastrukturziele, ist die Diskussion über die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland. Die Taurus stellt in Wolodymyr Selenskyjs Gedankenwelt die möglicherweise letzte Wunderwaffe dar, mit welcher sich das Blatt im Krieg doch noch wenden lässt. Er will sicherlich nichts unversucht lassen, um seine derzeit schwache Verhandlungsposition zu verbessern, vor allem jetzt, nachdem die ukrainische Armee aus der Oblast Kursk herausgeworfen worden ist. Die Taurus sollen explizit für einen Angriff auf die Brücke von Kertsch geliefert werden, die zwar einen Teil ihrer militärischen Bedeutung verloren hat, seit entlang der Küste des Asowschen Meers neue Eisenbahngleise gebaut wurden, aber immer noch das meistgehasste Ziel der Ukrainer in der Region darstellt. Es bedürfte wohl aber eines atomaren Gefechtskopfs, wenn die Brücke komplett zerstört werden soll. Ein Loch in die Fahrbahn zu sprengen, ist als eher symbolischer Schaden zu betrachten. Nachhaltiger Schaden entstünde erst, wenn eine größere Anzahl der fast 600 Pfeiler zerstört würden, welche die Brückte tragen. Für jeden davon wurden mehrere hundert Tonnen Stahl und Beton verbaut (9). Soll die Taurus jedoch eingesetzt werden, darf vorher kein Waffenstillstand halten, denn das würde bedeuten, dass eine Wiederaufnahme des Schlagabtauschs nicht zu rechtfertigen wäre. Der Einsatz der Taurus dürfte für Selenskyj derzeit oberste Priorität haben, sozusagen sein letzter Trumpf, nachdem die Ukrainer nun auch aus der Oblast Kursk vertrieben wurden. Dass Selenskyj derzeit täglich mehrere Siedlungen aufgeben muss, ist für ihn der geringere Verlust. Störend beim Einsatz ukrainischer Abstandswaffen ins Innere Russlands ist derzeit wohl das Fehlen von Informationen US-amerikanischer Nachrichtendienste. Dies können Briten und Franzosen nur teilweise kompensieren.
Der designierte deutsche Kanzler Friedrich Merz will sich als transatlantischer Hardliner profilieren und als derjenige gefeiert werden, der Putin in die Schranken weist, wenn die Ukraine bald in Verhandlungen eintreten muss. Dass ein erfolgreicher Einsatz von Distanzwaffen gegen Russland den Preis eines Waffenstillstands nur erhöhen wird, wird ebenfalls akzeptiert. Berlin und Kiew sind bereit, für ein gesichtswahrendes Ende einen hohen Preis zu zahlen. Solange Selenskyj die Aussicht auf den Besitz von Taurus-Marschflugkörpern hat, ist ein Waffenstillstand für ihn keine Option.
Kursk und der nächste Schachzug des Kremls
Auch nach Informationen ukrainischer Quellen sind in der russischen Oblast Kursk keine bewohnten Siedlungen mehr in ukrainischer Hand: Offenbar halten sich in einem Waldstück an der Grenze noch ukrainische Truppen. Die ukrainische Seite wird aber sicherlich noch lange davon berichten, dass ihre Truppen sich noch in der Oblast Kursk befinden, denn das Eingeständnis, dass sie vertrieben worden sind, wäre wohl schmerzhaft angesichts der enormen Opfer, welche das Abenteuer gekostet hat.
Der Sinn des ukrainischen Vorstoßes in die Oblast Kursk war nie ganz klar gewesen. Die Vorstellung, man könne in Verhandlungen ein paar weitgehend verlassene und zerstörte Siedlungen eintauschen gegen die Städte Donetsk, Lugansk, Mariupol und weitere, schien schon immer abwegig. Angeblich haben ja NATO-Offiziere der Ukraine zu solch einem Vorstoß geraten. Da können schon Zweifel am Sinn für Realität aufkommen. Im Nachhinein betrachtet war das Abenteuer in Kursk politisch sinnlos und militärisch schädlich, weil es ukrainische Kräfte band, die anderswo sinnvoller hätten eingesetzt werden können.
Sinn machte das Unternehmen in der Oblast Kursk wohl nur für die NATO, die einen Versuchsballon lancierte, um herauszufinden, ob man Russland auf eigenem Territorium angreifen kann, ohne dass die russische Armee gleich Kernwaffen einsetzt. Der Einsatz einer russischen Kernwaffe gegen fremde Truppen auf russischem Territorium wäre zu rechtfertigen gewesen, aber so wichtig war auch Sudzha nicht, als dass die russische Regierung einen Schritt in Richtung Atomkrieg gewagt hätte. Der ukrainische Vorstoß war auch nie richtig gefährlich, es war zu erwarten gewesen, dass den Ukrainern ein Vorstoß bis in 15 oder vielleicht auch 25 km Tiefe gelingen würde, und dass dann Schluss sein werde. Diejenigen, die schon von einem ukrainischen Sieg sprachen, waren offenbar über ihren Gegner unzureichend informiert. Die NATO glaubte schon nach 2014 dem ukrainischen Nachrichtendienst viel zu viel. Umgekehrt wäre Selenskyj gut beraten, weniger auf die NATO-Berater zu hören, die ihn im Fall von Kursk so schlecht beraten haben.
Jetzt hat Selenskyj sein Pfand verloren und das Experiment der NATO ist gescheitert. Aus russischer Sicht kann die Rückeroberung der noch besetzten Areale in der Oblast Kursk als abgeschlossen betrachtet werden. Es hat keinen Sinn, für die Rückeroberung eines Waldstücks an der Grenze noch weitere Risiken einzugehen. Russland besitzt Wald genug. Der nächste Schachzug des Kremls liegt aber schon auf der Hand: Es wird ihm nun darum gehen, mit Zhuravlyovka auch die letzte russische Siedlung in der Oblast Belgorod, welche die Ukraine besetzt hält, zurückzuerobern.
Solange die russische Armee die Oberhand hat – und sie ist seit der Einnahme von Avdiivka im Vormarsch begriffen – hat es Wladimir Putin nicht speziell eilig, einen Waffenstillstand abzuschließen. Derweil zeigt der Kreml Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Administration Trump und bietet eine Zusammenarbeit auch auf anderen Baustellen der Weltpolitik an, wo Trump eine solche benötigt. Es geht darum, Donald Trump zufriedenzustellen; mehr nicht.
Ein neuer Anlauf?
Derzeit dürfte es beiden Seiten, Russland wie der Ukraine und den Westeuropäern, am politischen Willen zum Frieden mangeln. Daran kann auch US-Präsident Trump nichts ändern. Offenbar gehen beide Seiten aber davon aus, dass gegenseitige Gespräche unvermeidlich sind und wohl schon bald beginnen werden.
Wenn nun ein neuer Anlauf für einen Waffenstillstand unternommen wird, sollte man seine Erwartungen dämpfen. Jetzt wäre es wichtig, auf eine Waffenruhe bei den Abstandwaffen hinzuarbeiten, denn es waren bereits in den Jahren 2014 bis 2022 immer die schweren Waffen der Raketentruppen und der Artillerie, welche die meisten Opfer forderten und die großen Schäden anrichteten. Sollte die Kampfpause im Bereich der Angriffe auf Infrastruktur-Ziele mit Abstandwaffen eingehalten werden, kann man die Pause verlängern und auf weitere Waffensysteme ausdehnen. Dazu muss ein Kontrollregime eingerichtet und eine unabhängige Untersuchungskommission für Waffenstillstandsverletzungen ins Leben gerufen werden. Ferner müssen Orte festlegt werden, an welche schwere Waffen zurückgezogen werden sollen. All das war schon in den Umsetzungsbestimmungen des Minsker Maßnahmenpakets vom Frühjahr 2015 geregelt gewesen (10). Das wird viel Arbeit geben und dürfte bereits jetzt Gegenstand von Verhandlungen sein. Für eine Generation westeuropäischer Politiker, für die Strom schon immer aus der Steckdose kam und für die Friede dann einkehrt, wenn man nur laut genug quengelt, ist das alles natürlich schwer zu verstehen.
Schon lange ein russisch-europäischer Krieg
In diesem Krieg geht es schon lange nicht mehr um ein paar Städte und Regionen im Südosten der Ukraine: Das ist schon längst ein Krieg zwischen Russland und der NATO und seit dem de facto-Rückzug der USA ein russisch-europäischer Krieg. In diesem Krieg muss es für Russland darum gehen, den militärisch stärksten Partner des Westens, die Ukraine, militärisch und auch politisch so weit zu schwächen, dass er auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr gefährlich werden kann. Das ist wohl der Inhalt des Begriffs „Demilitarisierung“, den Präsident Putin immer wieder verwendet. Das Eingeständnis von Niederlagen beinhaltet für die ukrainische Regierung die Gefahr innerer Streitigkeiten und letztlich eines Bürgerkriegs (11). Dieses Szenario wird wohl nicht zu vermeiden sein.
Mit den Minsker Abkommen wäre die Ukraine gut bedient gewesen und sie waren auch nicht unzumutbar. Aber Leute, die ihren Gegner nie richtig einschätzten, waren bereit, einen Krieg mit Russland zu wagen. Selbst für die gesamte NATO wird es schwierig sein, einen Krieg an Russlands Grenzen zu gewinnen (12). Derzeit bringen die europäischen NATO-Verbündeten nicht einmal die Kräfte für eine Peacekeeping Operation zusammen (13). Brüssel wird lernen müssen, mit einem ungeliebten Nachbarn zu leben.
Anmerkungen:
1. Siehe Carl Osgood: Putin Announces Three-Day Ceasefire for Victory Day Observance, bei Executive Intelligence Review, 28.04.2025, online unter https://eir.news/2025/04/news/putin-announces-3-day-ceasefire-for-victory-day-observance/. In dieselbe Richtung gehen auch Aussagen des russischen Aussenministers Sergey Lavrov. Siehe David Shavin: Lavrov Ensures Victory Day Ceasefire Offer Includes Direct Negotiation without Preconditions, bei Executive Intelligence Review, 29.04.2025, online unter https://eir.news/2025/04/news/lavrov-victory-day-ceasefire-offer-includes-direct-negotiation-without-preconditions/. Vgl. auch Michael O. Billington: Lavrov CBS Interview April 27: U.S.-Russia Negotiations ‘Moving in the Right Direction’, ebd. 28.04.2025, online unter https://eir.news/2025/04/news/lavrov-interview-with-cbs-sunday-face-the-nation/.
2. Keith Kellogg hat in einem Fernsehinterview auch bereits eine Argumentationskette für einen Ausstieg der USA aus dem Krieg präsentiert. Siehe „Gen. Kellogg says Ukrainians are ‚very comfortable‘ with their position against Russia“ bei Fox News auf YouTube, 29.04.2025, online unter https://www.foxnews.com/video/6372062815112. Vielleicht erleichtert das verstärkte Engagement, welches die Europäer in Aussicht stellten, den Amerikanern den Ausstieg aus dem Krieg. Vgl. Katerina Alexandridi: Trump-Sondergesandter: Ukraine „bereit, von Russland besetztes Land aufzugeben“, bei Berliner Zeitung, 01.05.2025, online unter https://www.berliner-zeitung.de/news/ukraine-bereit-von-russland-besetztes-land-aufzugeben-li.2321055.
3. Der Verfasser nahm als Operationsoffizier der Hochrangigen Planungsgruppe der OSZE an mehreren Inspektionen der Waffenruhe an der Frontlinie in Berg-Karabach teil.
4. Über die Brüche der Minsker Waffenruhe berichtete die Sonderbeobachtungsmission der OSZE SMM täglich in ihren Daily Reports, verzichtete aber zum eigenen Schutz immer auf Schuldzuweisungen. Die Berichte sind heute noch online verfügbar unter https://www.osce.org/ukraine-smm/reports. Wer sich die Mühe macht, die genauen Örtlichkeiten in Erfahrung zu bringen, an welchen der Waffenstillstand gebrochen wurde, kann heute noch die Verantwortlichkeiten zuweisen. Bei besonderen Zwischenfällen veröffentlichte die SMM Spot Reports. Interne Berichte enthielten meist noch weiter ins Detail gehende Informationen. Der Generalsekretär der OSZE pflegte dem Verfasser solche Berichte zukommen zu lassen.
5. Der Verfasser wohnte den Sitzungen des Ständigen Rats der OSZE in den Jahren 2014 bis 2020 regelmässig bei, jenen des Forums für Sicherheitskooperation gelegentlich.
6. Siehe Alexander Osang: Ein Jahr mit Ex-Kanzlerin Merkel »Das Gefühl war ganz klar: Machtpolitisch bist du durch«, in: Der Spiegel 48/2022, 24.11.2022, online unter https://www.spiegel.de/panorama/ein-jahr-mit-ex-kanzlerin-angela-merkel-das-gefuehl-war-ganz-klar-machtpolitisch-bist-du-durch-a-d9799382-909e-49c7-9255-a8aec106ce9c. Siehe auch Tina Hildebrandt, Giovanni di Lorenzo: Interview mit Angela Merkel, bei Zeit Online, 07.12.2022, online unter https://www.zeit.de/2022/51/angela-merkel-russland-fluechtlingskrise-bundeskanzler. Vgl. „Ein schlechter Friede ist besser als ein guter Krieg“, bei Global Bridge, 21.12.2022, online unter https://globalbridge.ch/ein-schlechter-friede-ist-besser-als-ein-guter-krieg/.
7. In diesem Sinn äußerte sich der Verfasser in einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags über die Strategie Nationaler Sicherheit der damaligen Bundesregierung.
8. Siehe Imogen Braddick, Lydia Doye: DON MESS AROUND Lip reader reveals Trump’s five-word warning to Macron moments before mini-peace summit with Zelensky at Pope’s funeral, bei The Sun, 27.04.2025, online unter https://www.thesun.co.uk/news/34669138/trump-macron-zelensky-warning-pope-funeral/ und „You’re Not in the Right Place,“ What Trump Told Macron, According to a Lip-Reading Expert, bei Agenzia Nova, 27.04.2025, online unter https://www.agenzianova.com/en/news/you-are-not-in-the-right-place-what-did-trump-say-to-macron-according-to-a-lip-reading-expert/.
9. Die Eisenbahn- und die Autobahnbrücke stehen auf insgesamt 595 Pfeilern, die in Abständen von 54 m bis 64 m aufgestellt wurden und ihrerseits auf rund 7’000 in den Untergrund gerammten Pfählen gegründet sind. Siehe Построена первая опораКерченского моста, bei Интерфакс (Interfax), 12.04.2016, online unter https://www.interfax.ru/russia/503274, in russischer Sprache. Gemäß ukrainischen Journalisten hätte die Brücke schon lange von selbst einstürzen müssen. Siehe Halya Coynash: Russia’s Crimea Bridge Could Collapse Anytime, bei Atlantic Council, 10.01.2017, online unter https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/russia-s-crimea-bridge-could-collapse-anytime/ und Hans-Joachim Hoppe: Die Brücke von Kertsch, in: Eurasisches Magazin, 21.03.2014, online unter http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Russland-will-ueber-die-Strasze-von-Kertsch-eine-Bruecke-zur-Krim-bauen/14007.
10. Solche wurden vom Joint Centre of Control and Coordination JCCC, einem gemeinsamen Gremium russischer und ukrainischer Offiziere im Frühjahr 2015 ausgearbeitet.
11. Entsprechende Drohungen ukrainischer Nationalisten sind in sozialen Netzen schon im Umlauf. Sie drohen Zelensky mit Gewalt, wenn er sich auf Verhandlungen mit Russland einlässt.
12. Siehe „Leopard-Panzer an der Grenze der Geografie“, bei Global Bridge, 31.01.2023, online unter https://globalbridge.ch/leopard-panzer-an-der-grenze-der-geografie/.
13. Siehe Roman Pryhodko: The Times: Europe unable to gather 25’000 Troops for Deterrence Force in Ukraine, bei Militarnyi, 30.04.2025, online unter https://militarnyi.com/en/news/the-times-europe-unable-to-gather-25-000-troops-for-deterrence-forces-in-ukraine/. Grossbritannien und Frankreich werden wohl je einen Verband in Brigadestärke stellen können.