Musik für den Frieden: Junge Menschen aus Deutschland und Russland haben gemeinsame Projekte, diesmal war es ein Film, gedreht im (neutralen) Izmir in der Türkei. Der Rotary Club von Izmir hat das Projekt finanziell unterstützt. Eine größere Unterstützung auch aus Deutschland wäre wünschenswert.

„Musik für den Frieden – Mузыка ради Mира“  – ja, Frieden ist möglich – mit einem Brief an unsere Kinder!

(Red.) Wo immer Menschen leben, kann es auch mal Streit geben. Krieg – Krieg! – aber gibt es nur, wo Mächtige nach noch mehr Macht streben. Und – leider! – nur Wenige wagen, sich diesen machthungrigen Mächtigen zu widersetzen. Aber es gibt sie, Ulrike und Thomas Vogt aus Müllheim zum Beispiel. Sie gehören zu den Tapferen, die sich als Deutsche weigern, die Russen zu hassen, nein, weit mehr: die sich mit Leib und Seele engagieren, damit Deutsche und Russen friedlich zusammenleben können – auf dem Weg über die Musik. Und jetzt hat Thomas Vogt einen Brief für seine Enkelkinder geschrieben, den möglichst viele Großväter und Großmütter lesen und den sie auch ihren Enkelkindern ausgedruckt über den Nachttisch hängen sollten. (cm)

Globalbridge.ch hat schon zweimal über über das Projekt «Musik für den Frieden» berichtet, damals, im November 2022, als es den Göttinger Friedenspreis 2022 zugesprochen erhielt, und damals, im September 2023, als es mit jungen Menschen aus Deutschland und aus Russland ein gemeinsames Filmprojekt in der Türkei startete. Mit Musik, mit Tanz und mit Theater zeigen die engagierten Leute von «Musik für den Frieden», wie junge Menschen aus Deutschland und Russland kreativ zusammenarbeiten, gemeinsam etwas erschaffen können, wie Kopf, Herz und Hand politische Grenzen überspringen und friedlich – ja, friedlich! – ein gemeinsames Ziel erreichen können.

Für Ulrike und Thomas Vogt ist ein Spruch von Konfuzius wegweisend:
Es ist besser, ein einziges kleines Licht zu entzünden, 
als die Dunkelheit zu verfluchen.

Thomas Vogt weiss, dass seine Generation, die Leute, die noch im oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren sind, zwar einen unvergleichlichen wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands zustande gebracht haben, dass eben diese Generation aber auch wichtige Voraussetzungen für eine lebenswerte Zukunft unseres Planeten sträflich vernachlässigt hat. Das hat ihn bewogen, seinen Enkelkindern einen Brief zu schreiben, auch wenn diese ihn, altersbedingt, noch nicht selbst lesen können. Der Brief hat es verdient, von möglichst vielen Großeltern gelesen zu werden.

Meine lieben Enkelkinder

Ich freue mich immer sehr euch zu sehen und liebe euch von ganzem Herzen. Das Leben ist ein großes Wunder. Ich sehe ehrfürchtig und dankbar, wie ihr mit großen staunenden Augen die Welt wahrnehmt, wie ihr immer wacher wissen wollt, was das ist, diese Welt, in die ihr hineingeboren seid. 

Noch seid ihr klein, zwischen zwei und fast sechs Jahre alt, und braucht noch die Fürsorge von uns Erwachsenen. Gerne nehmen wir euch bei der Hand und zeigen euch die Schönheiten des Lebens: Die Natur, die so heilend und beruhigend auf uns wirken kann; die Technik, die so faszinierend und aufregend ist, und die Kunst, die euch wieder ein Stück Himmel, wo ihr hergekommen seid, zurückbringt. 

Ich muss euch aber auch sagen, dass ich mir viele mich belastende Gedanken darüber mache, welche Welt wir Erwachsenen euch Kindern hinterlassen. Eure Oma und ich sind einige wenige Jahre nach dem großen Weltkrieg geboren. Wir haben noch die Folgen und das Elend dieses Krieges als Kinder miterlebt. Als wir größer waren, haben wir unsere Eltern und Großeltern gefragt, warum es diesen Krieg gab und ob niemand etwas dagegen getan hat. Es war schwierig, auf diese Fragen Antworten zu bekommen. 

Wir leben wieder in einer schwierigen Zeit: Rücksichtslos und ohne an die zerstörenden Folgen zu denken haben wir Menschen jahrzehntelang die Natur und die Welt ausgebeutet. Für einen schnellen faden Gewinn war uns alles recht und wir haben egoistisch nur an uns gedacht. Die Natur war uns nie heilig, die Zerstörung und den Dreck haben wir einfach hinter uns gelassen. Jetzt kommen die Folgen unseres Handelns massiv und unerbittlich auf uns zu. Verzweifelt und spät erkennen wir die nahende Katastrophe. 

Aber statt dass die Menschheit sich zusammenschließt und gemeinsam dem Unheil entgegentritt, führen die mächtigsten Machtblöcke Krieg gegeneinander. Wir erleben nicht nur einen Krieg gegen die Natur, sondern die Menschen morden einander auch noch gegenseitig. Wieder sind es elitäre gierige Interessen, die ganze Völker ins Elend stürzen. Das Fatale ist auch, dass die allgegenwärtige Kriegspropaganda das vernünftige Denken der Menschen verdunkelt und die meisten dem Kriegsgeschrei nichts entgegensetzen. Hervorragende Wissenschaftler, Nobelpreisträger, warnen uns vor einer Eskalation und einem drohenden Atomkrieg, der alles Leben auf der Erde auslöscht. 

Können wir als einfache Bürger, die keine Macht und keinen Einfluss haben, gegen dieses monströse Geschehen überhaupt etwas ausrichten? Eure Oma und ich meinen „Ja“. Wir können nicht passiv bleiben und alles unwidersprochen geschehen lassen: „Es ist besser ein einziges kleines Licht zu entzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.“ Das lernen wir von Konfuzius, einem uralten chinesischen Weisen. 

Eure Oma und ich wollen uns nicht den „verordneten“ Feindbildern unterwerfen. Wir wollen allen Menschen mit Achtung begegnen. Wir sehen in ihnen den Menschheitsbruder, die Menschheitsschwester. Das Menschsein ist dasjenige, das uns alle verbindet, das Nationale wird uns im Politischen immer trennen. Im kulturellen Bereich, in der Geschichte und den Traditionen hat das Nationale seine Berechtigung. Es widerspiegelt die verschiedenen Farben des Menschseins und macht es vielfältig. 

Omas und mein kleines Licht ist „Musik für den Frieden – Mузыка ради Mира“. Eigentlich dürften russische und deutsche Jugendliche in dieser Zeit nichts miteinander zu tun haben. Man sagt uns, wir seien Feinde. Trotzdem verbindet uns die Musik, die gemeinsame Sprache aller Menschen, und wir geben zusammen Konzerte, drehen Musikfilme, tanzen miteinander und begegnen uns, wie alle Freunde das tun. Wir achten und mögen uns. Wir wollen damit anderen Menschen Mut machen, es ebenso zu tun. 

Vertrauen ist die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben auf der Welt. Es wird viel von Sicherheitsinteressen geredet. Die Sicherheit soll durch Waffen, möglichst durch noch größere und noch effektivere Waffen, garantiert werden. Nein, ohne gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Achtung wird es keinen dauerhaften Frieden zwischen den Völkern geben. 

Vielleicht kann unser „Musik für den Frieden“ ein winziger Keim sein, der, wenn er gepflegt wird, stetig wächst und sich zu einem großen „Vertrauensbaum“ entwickelt. Viele solcher „Vertrauensbäume“ auf der ganzen Welt können dann für euch, ihr lieben Enkel, zu einer lichtvollen und friedlichen Zukunft werden. Ich wünsche es euch mit meinem ganzen Herzen. 

In Liebe,
euer Opa Thomas 

PS: noch seid ihr zu jung, um den Brief zu lesen. Wenn ihr älter seid und ihr entsprechende Fragen habt, möchte ich gerne mit euch darüber reden. 

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Hier geht es zur Online-Plattform MUSIK FÜR DEN FRIEDEN. Es lohnt sich, da reinzuschauen!