Ausgehungerte sowjetische Kriegsgefangene der Roten Armee im von den deutschen Nazis betriebenen KZ Mauthausen. Iwan Nikolajew hat das überlebt ... (Bundesarchiv Bild 192-203)

Krieg gegen Russland? Das Schicksal von Iwan Nikolajew ist uns eine Mahnung! – Teil 2

(Red.) Iwan Nikolajew wurde am 26. Februar 1907 im Oblast Rostow in Russland geboren. Er starb am 6. Oktober 1988 um 9:55 Uhr in Samara. Er hat seine Einvernahme durch stalinistische Funktionäre zum Anlass genommen, sein Leben im Zweiten Weltkrieg – im Abwehrkampf der Sowjetunion gegen den Eroberungsfeldzug der deutschen Wehrmacht – zu beschreiben und auf Papier zu bringen, um diese Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, was heute, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wichtiger ist als je. René-Burkhard Zittlau hat diese seine Niederschrift für Globalbridge übersetzt, wofür wir ihm unendlich dankbar sind. (cm)

Zum ersten Teil von Iwan Nikolajews Bericht und zum Vorwort des Übersetzers.

Ab hier der zweite Teil des Berichts von Iwan Nikolajew:

Der Zug endete in der deutschen Stadt Neubrandenburg im Norden Deutschlands. Nachdem vier Waggons abgekoppelt worden waren, fuhr er weiter. Ich verblieb in Neubrandenburg. Am Rande der Stadt war ein Lager für uns vorbereitet worden, das bereits weitgehend bewohnt war. Und wie sich herausstellte, waren wir der letzte Neuzugang. Wir wurden alle vorsorglich desinfiziert, einige von uns bekamen sogar andere Kleidung. Ich zum Beispiel erhielt einen abgetragenen Anzug. Mir fiel auf, dass die Kleiderkammer voll mit ähnlichen Sachen war. Wahrscheinlich handelte es sich um die Kleidung von Häftlingen, die in den faschistischen Konzentrationslagern vernichtet worden waren.

Das Lager war von einer einfachen Reihe Stacheldraht umgeben. Die Wachen standen nur am Tor. Es gab zehn Baracken im Lager: vier für Männer, vier für Frauen, in einer gab es Lagerräume und eine Küche, in einer anderen eine Sanitäranlage und ein Badehaus. Wir arbeiteten in einer Fabrik, in der Kisten für Fliegerbomben hergestellt wurden.

Eines Tages, bevor wir zur Arbeit gebracht wurden, kam der Lagerkommandant auf mich zu und fragte mich über einen Dolmetscher, was ich von Beruf sei. Ich antwortete ohne zu zögern: Tischler. Nach einiger Zeit wurde ich in eine Werkstatt versetzt und zur Arbeit im Lager eingeteilt. In der Werkstatt gab es viele verschiedene Platten, eine Werkbank und Schreinerwerkzeuge. Meine erste Aufgabe war es, eine Hütte für den Hund des Lagerkommandanten zu bauen. Ich überlegte nicht lange und baute sie in Form einer exakten Kopie der Kapelle, die sich dreihundert Meter von unserem Lager entfernt befand, nur natürlich in „Hundegröße“. Der Hund war meiner Schöpfung gegenüber ziemlich gleichgültig. Die Lagerinsassen lachten leise über mein Werk und fragten sich, vor wem ich buckelte, dem Hund oder dem Lagerkommandanten selbst. Ich wollte nur, dass der Hund ein bisschen besser lebte als sein Herrchen. Doch sein „schönes“ Leben währte nicht lange. Als einmal ein hochrangiger deutscher Beamter unseren Kommandanten besuchte, wurde mir befohlen, meine architektonische Schöpfung sofort zu zerstören und dem Hund einen normalen Wohnsitz zu verschaffen.

Die Position des Lagerschreiners brachte mir einige Vorteile. Mit einer Werkzeugkiste bewaffnet kam ich überall hin. Mir fiel es leicht, die Leute kennenzulernen. In der Küche konnte ich immer eine Extraportion Suppe bekommen, und aus dem Lager konnte ich ein Dutzend Kartoffeln holen, um sie im Heizraum des Badehauses zu backen und sie an diejenigen zu verteilen, die besondere Unterstützung brauchten.

Zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung im Lager wurde ein Vorsteher, ein Starosta ernannt. Der stets stirnrunzelnde, unkommunikative Starosta Antonow rief von Anfang an eine besondere Abneigung im Lager hervor. Ab einer gewissen Zeit trug er einen Knüppel bei sich, mit dem er nicht davor zurückschreckte, gelegentlich jemandem auf den Rücken oder den Kopf zu schlagen. 

Als er mich neben einer Baracke traf, sagte er:

– Sie müssen alles nur auf meinen Befehl hin tun.

– Ich habe den Lagerführer anders verstanden, antwortete ich und wandte mich zum Gehen. 

Antonow erhob seine Stimme: 

– Wissen Sie, dass ich der Lagerführer bin?

Ich drehte mich um, trat dicht an ihn heran und sagte leise, aber entschlossen: 

– Ich rate Ihnen, Ihre Kräfte nicht umsonst zu vergeuden, beschäftigen Sie sich mit den Menschen, die Wirtschaft wird ohne Sie klarkommen.

Antonow war verblüfft. Er verstand mich genau so, wie ich es wollte; dass ich besondere Vollmachten vom Lagerführer hatte. 

Dieses Gespräch hatte Folgen. Wenn er mich irgendwo im Lager sah, verbeugte er sich vor mir. Wenn er in eine Baracke ging, um jemanden wegen irgendeiner Lappalie anzuschreien, und mich sah, hielt er sofort den Mund und ging. Andere fingen an, das zu bemerken und fragten mich sogar, was das zu bedeuten habe. Und ich antwortete immer, dass er wahrscheinlich Angst vor meinem Schnurrbart habe. 

An diesem Punkt unterbrach Michailow meine Erzählung und bat mich, mehr über diejenigen zu erzählen, die ich als „Freiwillige“ bezeichnete.

Ich fuhr fort: 

– Antonows Gegenspieler war der Arzt Kowalew. Ein junger Mann in den Dreißigern. Über ihn hieß es im Lager, er sei zu jeder Gemeinheit bereit. Sowohl Antonow als auch Kowaljow rühmten sich damit, dass sie freiwillig nach Deutschland gekommen waren. Doch Kowaljow hatte deutliche Vorteile: Er sprach ein wenig Deutsch und berichtete dem Lagerführer ohne Dolmetscher über die Angelegenheiten des Lagers. Da wurde mir klar, dass Antonow es Kowaljow zu verdanken hatte, dass der Lagerführer ihm gegenüber äußerst unfreundlich war. Ich begriff auch, dass ich vor allem mit Kowaljow nicht scherzen sollte. Einmal, als ich eine Tür im Sanitärbereich reparierte, sprach Kowaljow mich an. Zuerst war er verschlagen, dann begann er, sich immer mehr zu offenbaren. Ganz gleich, wie der Krieg ausginge, meinte er, er habe in Russland nichts mehr zu suchen. Den bolschewistischen Geist der Russen würde man ohnehin nicht besiegen können, aber im Westen könne er die wahre Freiheit finden. Man muss nur das Vertrauen der Deutschen gewinnen. Überhaupt philosophierte Kowaljow gern, sprach oft und lange mit den Kranken. Es dauerte jedoch eine Weile, bis die Lagerinsassen verstanden, dass Kowaljow nur seinen Körper öffnen konnte, nicht aber seine Seele. Diese Entdeckung verdankte das Lager zwei Jugendlichen, die nach ihrer Entlassung aus der Krankenstation direkt in das Konzentrationslager gebracht wurden.

Ich kannte noch einen anderen „Freiwilligen“. Sein Nachname war Pankratow, etwa zwanzig Jahre älter als ich (ich war damals 36). Auch er nannte sich „Freiwilliger“, war ein ehemaliger Offizier der Weißen Armee und sprach „ein wenig“ Deutsch. Das machte ihn bei den Lagerinsassen nicht gerade beliebt. Mir fiel jedoch auf, dass er die Kommunikation mit den Deutschen vermied und den ihm angebotenen Posten des Starostas – des Vorstehers – ablehnte. Über einen Dolmetscher überzeugte er den Lagerführer, dass er aufgrund seines Alters und seiner Gesundheit dafür nicht geeignet war. 

Außerdem bemerkte ich, dass er, obwohl er „schlecht“ Deutsch verstand, jeden Abend, wenn er aus der Fabrik kam, eine deutsche Zeitung herausholte und sie an einem abgelegenen Ort las. Wie kann man, dachte ich, ohne die Sprache zu beherrschen, deutsche Zeitungen lesen? Ich begann, ihn zu bearbeiten, und bat ihn dann direkt um die Beantwortung von Fragen, die mich schon lange interessierten.

– Was wollen Sie von mir? fragte er.

– Übersetzen Sie mir, was die Deutschen über die Ostfront schreiben.

Von da an verging kein Tag mehr, an dem wir uns nicht irgendwo im Kesselhaus trafen, um eine Zeitung zu lesen, die er aus der Fabrik mitbrachte. Als er hörte, wie ich die deutschen Berichte von der Ostfront kommentierte, wurde er freundlich, und dann begann er selbst zu kommentieren. Es verging einige Zeit, und auf der Grundlage der Zeitungsberichte stellte ich eine kurze Zusammenfassung der Lage an der Ostfront zusammen. Wir besprachen lange die Idee, diese Zusammenfassungen aufzuschreiben und im Lager zu verteilen. Wir beschlossen: Einmal pro Woche schreibe ich einen Entwurf, Pankratow redigiert ihn so, dass er zwar in verunstaltetem, aber für Russen verständlichem Russisch abgefasst ist. Dann schreibe ich ihn in fünf Exemplaren in einer mit der linken Hand gekritzelten Schrift ab und dann verteilen wir ihn in der Fabrik, in der sich neben Russen auch viele deutsche und französische Arbeiter aufhielten. So kamen diese Zusammenfassungen von der Fabrik ins Lager und gingen hier von Hand zu Hand.

Der Ermittler Michailow unterbrach mich:
– Wie hieß diese deutsche Zeitung?

– Meistens war es das Nazi-Presseorgan „Völkischer Beobachter“.

Michailow fragte mich: 

– Und welche Art von Wahrheit konnten Sie dieser Zeitung entnehmen? 

– Zunächst hatten wir selbst keine Hoffnung, dass wir aus diesem Papier etwas Ähnliches wie die Wahrheit herausholen könnten. Doch als wir später unsere Zusammenfassungen mit den gelegentlichen englischen verglichen, die in unsere Hände gelangten, konnten wir uns davon überzeugen, dass wir nicht weit von der Wahrheit entfernt waren. Wenn die Deutschen schreiben, dass sie, um die Frontlinie zu begradigen, erst die eine und dann die andere Stadt verlassen, ist es in der Tat leicht zu erraten, dass sie sich einfach zurückziehen. Wenn sie schreiben, dass sie in den weißrussischen Wäldern mit mehreren Divisionen erfolgreich „Banditen“-Kommandos vernichten, bedeutet das, dass die Partisanenbewegung in Weißrussland das ganze Land erfasst hat. Ich erinnere mich, dass während der Kämpfe im Kursker Bogen, nachdem die Deutschen Orjol und Belgorod „verlassen“ hatten und in den Tagen zuvor berichtet wurde, dass die „Sowjets“ jeden Tag 2500 bis 3000 Panzer verlieren, plötzlich ein Artikel erschien, der ohne Änderungen und Kommentare unter unseren Leuten verteilt werden konnte. Der Artikel hieß „Woher haben die Sowjets so viele Panzer?“. Es stellte sich heraus, dass bereits in der Zeit des ersten Fünfjahresplans im Ural und in Sibirien große Industriekomplexe für die Herstellung von Traktoren, Mähdreschern und anderen Maschinen gebaut wurden. Und dass die Betriebsleiter schon vor der Inbetriebnahme der Unternehmen geheime Pläne hatten, um im Kriegsfall ohne jedes Aufsehen mit der Produktion bestimmter Rüstungsgüter zu beginnen. An die Front wurden sowohl Panzer als auch leistungsfähige mobile Werkstätten für deren Reparatur geschickt. Deshalb schossen Panzer, die von „tapferen deutschen Truppen“ getroffen wurden, nach einiger Zeit wieder auf die Deutschen. Etwa ein schlechter Artikel?

– Und haben Sie jemals in Deutschland veröffentlichte Zeitungen in russischer Sprache gelesen?  fragte Michailow.

– Der Dolmetscher, den ich bereits erwähnt hatte, der Sohn irgendeines russischen Emigranten, arbeitete in der Fabrik und kam nur auf Anforderung ins Lager. Innerhalb eines Jahres brachte er etwa dreimal solche Zeitungen ins Lager, aber wir fanden darin nichts, was unserer Aufmerksamkeit Wert gewesen wäre.

– Fahren Sie fort, sagte der Chef von Michailow.

– Unter den Bedingungen des Lagers zog es die Menschen spontan zueinander hin. Es entstanden Gruppen, in denen Neuigkeiten und Meinungen ausgetauscht und Pläne geschmiedet wurden. Oft erfuhren unsere „Fünf“ von diesen Plänen. Und oft lehnten wir sie ab, weil sie schlecht durchdacht und gefährlich waren. Eine Katastrophe konnten wir jedoch nicht verhindern. Eine Frau aus unserem Lager streute Sand in eine Maschine in der Fabrik. Sie wurde schnell entdeckt. Am nächsten Tag wurden sie und vier ihrer Freundinnen aus dem Lager abgeholt. Wie uns offiziell mitgeteilt wurde, in ein Konzentrationslager zur Vernichtung.
Eines Tages erzählte mir einer von uns Fünf, dass er in der Fabrik einen alten deutschen Mann kennengelernt hatte. Er war während des Ersten Weltkriegs Kriegsgefangener in Russland und konnte ein wenig Russisch. Sein Sohn ist Kommunist und wenn er noch lebt, ist er irgendwo in einem Lager oder Gefängnis. Der alte Mann bot an, zwei Pistolen und ein Dutzend Schuss Munition mitzubringen. Ich riet ihm, die Waffen von dem alten Mann zu nehmen, sie aber nicht direkt ins Lager zu schaffen, da jeder beim Verlassen der Fabrik gründlich durchsucht wird. Ich kannte einen Ort, an dem die Waffen bis dahin versteckt werden konnten. Eine Woche später lagen unsere Pistolen bereits dort. Eine Frau half uns, sie aus der Fabrik zu schaffen. Frauen wurden nicht so rigoros durchsucht. Und mit Hilfe von speziell genähten Taschen trug sie sie problemlos unter ihrem Rock durch das Tor.

Wenig später taten sich zwei junge Männer zusammen, die an der Front gewesen waren, um eine Flucht zu organisieren. Nach langen Vorbereitungen und Gesprächen mit ihnen teilte ich ihnen mit, dass sie Waffen erhalten werden. Wir sparten Brot (wir aßen es nicht selbst) für die Jungs für unterwegs, ich stahl so viele Kartoffeln, wie ich konnte. Die Jungs durften sich bis Polen in keiner Weise verraten. Eines Abends machte ich ein kleines Loch in den Stacheldraht und die Jungs verschwanden. Danach habe ich nie wieder etwas von ihnen gehört. – Entschuldigen Sie, verliere ich mich nicht zu sehr in den Details des Lagerlebens?

– Sie werden uns anschließend schriftlich über diejenigen berichten, an die Sie sich gut erinnern, unabhängig davon, wie oder wer sie aus Ihrer Sicht waren, sagte Michailows Chef.  Und nun beantworten Sie die Frage, wann haben Sie das Lager verlassen?

– 1943, zum Zeitpunkt des Durchbruchs der sowjetischen Truppen in den Kämpfen im Kursker Bogen.

– Wie nahm man im Lager die Nachricht von der deutschen Niederlage in Stalingrad auf?

– Fast alle haben sich gefreut, aber für sich. Noch dazu rief die faschistische Regierung Trauer um die gefallene Dreihunderttausender Armee aus. 

Auch dieser Fall kommt mir in den Sinn. Im Lager arbeiteten ständig zwei Zimmerleute, Deutsche, am Bau verschiedener zusätzlicher Räume. Ich musste mich oft mit ihnen verständigen. Aber das war mit großen Schwierigkeiten verbunden, denn weder ich noch sie beherrschten eine gemeinsame Sprache. Doch eines Tages, es war gerade in den Trauertagen, wurde ich plötzlich von dem Dolmetscher, den ich schon erwähnt habe, in einen dieser unfertigen Räume gebeten. Dort warteten die beiden deutschen Zimmerleute bereits auf mich. Der Dolmetscher teilte mir mit, dass sie meine Einstellung zu den Ereignissen in Stalingrad erfahren wollten. Ich war von dieser unerwarteten Frage verblüfft. Meinerseits fragte ich sie über den Dolmetscher, was sie von Hitlers Partei hielten. Der Dolmetscher lächelte und übersetzte meine Frage. Die Arbeiter sahen sich an und nickten aufmunternd mit dem Kopf. Einer von ihnen sprach lange zu dem Dolmetscher. Der wandte sich an mich:

– Wir verstehen Ihr Misstrauen, aber glauben Sie mir, wir würden gerne die Wahrheit wissen. Wenn Sie nicht offen sind, lohnt es sich nicht, dieses Gespräch fortzusetzen.

Nun, dachte ich, es kommt, wie es kommt. Dieses Gespräch hat fast eine Stunde gedauert, vielleicht auch länger. Wahrscheinlich habe ich noch nie so viel über meine Worte nachgedacht wie dieses Mal. Während der Dolmetscher übersetzte, dachte ich intensiv über den nächsten Satz nach. Einer der Arbeiter stand die ganze Zeit über an der angelehnten Tür Wache. Ich weiß nicht, wie lange dieses Gespräch gedauert hätte, wenn der Lagerführer nicht im Lager erschienen wäre. Der Dolmetscher drückte meinen Arm oberhalb des Ellenbogens und ging. Ich ging etwa eine Minute nach ihm. 

– Nun gut. Jetzt erzählen Sie mir, wie Sie das Lager verlassen haben, bat Michailow.

– Eines Tages rief mich der Starosta Antonow zu sich. Aus irgendeinem Grund fühlte ich etwas Ungutes. Normalerweise suchte er mich selbst auf. Ich ging zu ihm. Ohne einleitende Worte verkündete mir Antonow: Die Deutschen wollen jemanden nach Hause in die Ukraine schicken. Ein oder zwei Personen aus jedem Lager. Sie organisieren ein Sammellager in Berlin, von wo aus diese Entsendung stattfinden wird. Ich schlage Ihnen diese Reise vor.

Ich wurde vom Ermittler Michailow unterbrochen:

– Sagen Sie mir ganz offen, hat man Ihnen angeboten, an Lehrgängen teilzunehmen?

– Sie reden umsonst so mit mir in diesem Ton, antwortete ich. Ich erzähle Ihnen, was geschah. Und zur Charakterisierung dieses Lagers werde ich selbst kommen.

– Na, na, wir werden sehen, brummte Michailow.

– Also. Ich fragte Antonow, was er wisse, außer dem, was er mir bereits gesagt hatte. Aber er versicherte mir, dass er nichts weiter wisse. 

– Und wenn ich mich weigere? fragte ich.

Antonow antwortete, dass es viele andere Interessenten geben würde. Fast jeder im Lager würde gerne nach Hause gehen. Ich bat ihn, mir bis morgen Zeit zu geben, um darüber nachzudenken. Am Abend versammelte ich ein paar Männer. Auch der alte Pankratow kam, der noch nie mit jemandem aus dem Lager gesprochen hatte. Wir haben lange darüber nachgedacht, was zu tun ist. Was hat das zu bedeuten? Vielleicht eine Art Sabotageschule? Kaum. Die Hitlerleute sind nicht so dumm, die Auswahl künftiger Spione dem Starosta – dem Vorsteher – eines Lagers für russische Zwangsarbeiter anzuvertrauen. Wahrscheinlich wollen sie wirklich einige Ukrainer in ihr Heimatland schicken. Aber warum? Nach reiflicher Überlegung kamen alle zu einem Schluss. Sie müssen zeigen, dass den Neuankömmlingen in Deutschland nichts droht. Aber so einfach werden die Nazis niemanden losschicken. Also werden in Berlin die Gehirne „gewaschen“. Diese Art von Kursen wird es wahrscheinlich sein. Und in der Ukraine werden sie es nicht dabei belassen, sie werden sie für die Agitationsarbeit nutzen. Was also tun? Fahren oder nicht fahren? Es kam die Frage auf, warum ich ausgewählt wurde. Aber hier gab es keine Unstimmigkeiten. Alle wussten um die angespannten Beziehungen zwischen Antonow und mir und schlossen daraus, dass er mich einfach loswerden wollte. Es gab viele Meinungen zu meinem Weggang. Einer sagte, ich solle auf jeden Fall gehen, es wäre einfacher, den Deutschen zu entkommen, aber es wäre schwierig, an die Partisanen heranzukommen, ich könnte sogar als Spion sterben. Ein anderer stimmte zu, dass es notwendig sei, zu gehen, aber es sei unmöglich, von hier aus vorherzusagen, was man in der Ukraine tun und wohin man gehen müsse. Dort wird man je
nach den Umständen handeln müssen. Pankratow merkte an, dass man uns vielleicht nicht in die Ukraine schicken wird, weil die Unseren die Ukraine befreien werden, während man sich in Berlin mit uns beschäftigt, und dann wird man uns nirgendwo hinschicken.

Ich wandte mich zum Ermittler Michailow um und sagte:

– Mir war also klar, dass es sich um Schulungen handeln würde, und dennoch habe ich meine Bereitschaft erklärt, sie zu besuchen. Sind Sie mit dieser Interpretation zufrieden?

– Vollkommen. Michailow lächelte.

– Folglich war es nicht mein Verdienst, dass es sich letztlich nicht um Schulungen handelte.

– Keine Schulungen? Was war es dann?

– Ich denke, Sie können gut verstehen, dass es mir nicht leichtgefallen ist, eine solche Entscheidung zu treffen. Doch noch schwieriger war es, während des Krieges die Zeit hinter den feindlichen Linien abzusitzen. Und als sich die Möglichkeit bot, in mein Heimatland zu gehen, auch wenn es besetzt war, war es schwer, dort zu bleiben. Andererseits musste ich, wenn ich am Leben blieb, die Tatsache meines Aufenthalts in Deutschland auf jede erdenkliche Weise vor meinen Landsleuten verbergen, und das war nicht einfach. Und falls sie es herausfinden, wirst du nie beweisen können, dass du kein Lump bist. Richtig?

– Na gut, fahren Sie fort, brummte Michailow.

– Ich wurde von demselben Fabrikdolmetscher nach Berlin gebracht. Ich weiß heute nicht mehr, welche Straße es war.

– Und könnten Sie auf der Karte auf diesen Ort zeigen? fragte Chef Michailow.

– Wahrscheinlich, ja.

Vor mir wurde ein Stadtplan von Berlin ausgebreitet. Wahrscheinlich war er schon vorbereitet. Sie wussten also mehr über mich, als ich vielleicht über mich selbst wusste. Nachdem ich einige Minuten über der Karte gehockt hatte, wies ich auf den Ort dieser sogenannten Schulungen hin.

– Das ist richtig … Erzählen Sie mir mehr darüber, bat der Chef Michailow.

– Durch das Tor betritt man einen geräumigen Innenhof, der auf beiden Seiten von den leeren Wänden der benachbarten dreistöckigen Häuser umgeben ist. In der Mitte des Hofes stand ein kleines Gebäude. Dahinter gab es ein Tor und einen Ausgang zu einer Parallelstraße. In dem Gebäude wurden uns mehrere Räume mit zweistöckigen Holzbetten zugewiesen, wie im Lager. In anderen Räumen befanden sich das Büro, die Kantine und der Abstellraum. Es gab einen weiteren geheimnisvollen Raum mit Stühlen und einem Tisch. Es war logisch anzunehmen, dass hier Vorträge zu antisowjetischen Themen gehalten werden sollten. Doch nichts dergleichen wurde beobachtet. Überhaupt herrschte hier, was die Lektüre betraf, eine große Unklarheit. Alle zehn Tage gab es eine Boulevardzeitung in russischer Sprache, und es gab zwei Bücher, die im Prinzip niemand gelesen hat. Eines davon handelte von Zionisten. Ich habe es nicht einmal durchgeblättert, weil es zu faschistischen Zeiten veröffentlicht wurde. Aber das zweite Buch habe ich von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Es war religiöser Natur und wurde 1923 veröffentlicht. Ich hatte zu meiner Zeit eine Menge solcher Literatur gelesen, einschließlich natürlich der Bibel.

Im Lager kam ich in der zweiten Tageshälfte an. Zum Abend gab es eine dünne Suppe ohne Brot. Brot gab es überhaupt nur zum Frühstück, 200 Gramm für den ganzen Tag. Morgens Kaffee, mittags Suppe, ein bisschen besser als im Lager. Es waren etwas mehr als fünfzig Leute. Mit uns wurde keinerlei Unterricht abgehalten, die meiste Zeit wussten wir nicht einmal, was wir tun sollten. Die antisowjetische Propaganda bestand nur aus Folgendem: Jeden Tag kam zu uns der Lagerkommandant zum Mittagessen, ein alter Mann in den Sechzigern, von Schreiberg. Er setzte sich an einen exponierten Platz, mampfte genüsslich seine Suppe und hielt danach eine „feurige“ Rede an die Lagerinsassen. Bezeichnenderweise auf Russisch. Im Allgemeinen handelte es sich um die Beschimpfung derjenigen, die vor ihm saßen: nicht richtig saßen, nicht richtig guckten, usw. Am Ende beschimpfte er alle Russen zusammengenommen. „In Russland läuft man sogar in der Stadt mit Lappen herum. Ich habe es selbst gesehen. Und in euren Kolchosen schlafen alle unter einer Decke. Und wer Milch trinken will, geht in den Kuhstall und melkt die Kuh selbst. 

Jemand erzählte mir, dass dieser von Schreiberg vor der Revolution als Agent in Russland gelebt hatte. Jetzt war er ein seniler alter Mann, der nicht mehr bei Verstand war. Seine zehnminütigen Reden waren so identisch, dass – hätte man eine davon auf eine Grammophonplatte aufgenommen – man sie täglich hätte als Dessert abspielen können, ohne von Schreiberg selbst. Obwohl es im Lager sehr unterschiedliche Menschen gab, darunter auch antisowjetisch gesinnte, nervte dieser nachmittägliche Blödsinn ausnahmslos alle.

– Woran können Sie sich außer an von Schreibergs „Reden“ noch erinnern?  fragte Michailow.

– In den zweieinhalb Monaten, die ich in Berlin verbrachte, wurden wir nur von zwei Personen besucht, die von Schreiberg bei seinen Nachmittagsauftritten vertraten. Während dieser zwei Tage war von Schreiberg gezwungen zu schweigen. Nach den fünfzehnminütigen Reden dieser Gäste war keinerlei Diskussion erlaubt. Der erste Gast stellte sich uns als Mitarbeiter des Außenministeriums vor. Er sagte uns, dass Deutschland gezwungen gewesen sei, die Sowjetunion anzugreifen, da die Sowjetunion sonst in Deutschland eingefallen wäre. Der andere war ein Deserteur aus der sowjetischen Armee und erzählte uns von der Lage an der Front. Er erklärte, dass sich die Deutschen zurückziehen mussten, weil sie wegen der verwesenden Leichen der sowjetischen Soldaten keine Luft mehr bekamen. Es war nicht leicht, diese erniedrigende Lüge zu ertragen.

Ich erwähnte bereits, dass es im Lager freie Zeit im Überfluss gab. Die Menschen fühlten sich zueinander hingezogen, aber die Angst, auf einen Provokateur oder Spitzel zu treffen, war stärker. Diejenigen, die gegen die Sowjetunion eingestellt waren, hatten ebenfalls Angst, denn wir hörten immer mehr Gerüchte, dass die deutsche Armee eine vernichtende Niederlage erlitt. Die beliebtesten Themen drehten sich um alles, was mit Essen zu tun hatte. Die mit nichts beschäftigten Menschen hörten unwillkürlich auf ihren Appetit und den Zustand ihrer Bäuche. 

Das Lager war nur schwach bewacht. Es gab einen Mann am Tor, der aus den Reihen der Lagerinsassen bestimmt wurde. Die meisten dieser „Wächter“ schenkten den mutigen Männern, die es wagten, in Berlin herumzuwandern, keine Beachtung. Es war unmöglich, etwas zu essen zu besorgen, denn die Geschäfte gaben alles auf Karten aus. Wir hatten weder Karten noch Geld. Man dachte, die Ostarbeiter bekämen Lohn, aber den gab es nur auf dem Papier. Der Betrag, der uns für den Schutz (vor wem?), die Verpflegung und den Aufenthalt im Lager einbehalten wurde, war um ein Vielfaches höher als der Wert der uns ausgezahlten Karten. Mit anderen Worten, wir waren also auch noch Schuldner. 

Ich erfuhr, dass vor meiner Ankunft dreißig Menschen aus diesem Lager in die Ukraine geschickt worden waren. Abgesehen von den „gigantischen“ Bemühungen dieses Kretins von Schreiberg hatte man mit ihnen keinerlei Vorbereitungen durchgeführt. Nun war nicht mehr die Rede davon, jemanden in die Ukraine zu schicken, denn die Deutschen mussten sich immer weiter zurückziehen. Es stellte sich die Frage: Wohin mit uns? In die Lager zurückschicken, in denen wir vorher waren, oder in ein Lager für die Ostarbeiter.

Ich lernte die Menschen in diesem bunten Lager immer besser kennen. Nach meinen Beobachtungen erlebten alle einen Zustand völliger Niedergeschlagenheit. Die einen deprimierte es, dass sie nicht in die Ukraine kommen würden, andere sorgten sich um ihre eigene Haut, weil sie Angst vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Deutschland hatten. Diese logen sich vor, dass die deutsche Armee unbesiegbar sei. Ich verspürte ein überwältigendes Verlangen, die einen zu unterstützen und die anderen zu verurteilen. Ich vergaß zu oft, dass es unter uns Gestapo-Agenten geben konnte und wahrscheinlich auch gab. Davon konnte ich mich bald aus eigener Erfahrung überzeugen, denn im September 1943 wurde ich von der Geheimpolizei abgeholt und verhaftet.

– Alles Weitere über Sie ist uns aus den erbeuteten Gestapo-Archiven und von den Aussagen derer bekannt, mit denen Sie im Gefängnis und im KZ waren. Beantworten Sie dennoch einige unserer Fragen. 

– Warum haben Sie nicht auf den vernünftigen Rat von Pankratow gehört und sich geweigert, nach Berlin zu gehen? Pankratow hat Sie doch gewarnt, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern sei, an dem die Deutschen Sie nicht mehr in die Ukraine schicken konnten?

– Erstens habe ich schon gesagt, dass es mir schwerfiel, in Neubrandenburg zu sitzen, während im Osten der Krieg herrschte. Zweitens habe ich nicht mit einem so schnellen Zusammenbruch von Hitlers Kriegsmaschine gerechnet und geglaubt, dass ich noch in die Ukraine kommen würde. Ich möchte darauf hinweisen, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine zweite Front gab und die sowjetischen Truppen allein gegen Nazideutschland kämpfen mussten, das das industrielle Potenzial von ganz Europa mobilisiert hatte. Außerdem wartete ich mit Sorge, wie sich die Türkei und Japan verhalten würden, gegen die wir wahrscheinlich beträchtliche Teile unserer Truppen abgezogen hatten. Ich rechnete nicht mit einer vollständigen Niederlage der Nazis vor Ende 1945.

– Wissen Sie, wer Sie an die Gestapo verraten hat?

– Ich weiß es nicht. Vielleicht Oparin. Das war so einer. Er stellte sich als Ingenieur vor, Sohn des Akademiemitglieds Oparin. Er hörte oft bei meinen Gesprächen zu, und seine ablehnende Haltung gegenüber allem Sowjetischen war aus einzelnen seiner Äußerungen ersichtlich.

– Ja, es gab einen solchen Oparin, nur war er weder Ingenieur noch der Sohn eines Akademikers. Er war ein einfacher Handwerker, der übrigens wegen Betrugs im Gefängnis gesessen hatte. Aber nicht er hat Sie verraten. Es war Irschinskij. Erinnern Sie sich an ihn? Er wurde noch vor dem Krieg von der Gestapo rekrutiert.

– Ja, natürlich erinnere ich mich an Irschinskij. Er sprach nie über seine Weltanschauung, aber er versuchte immer, mich zum Reden zu bringen. Wo ist er jetzt? Im Gefängnis? fragte ich.

– Nein. Er dient uns und ist im Moment dort, wohin man ihn befohlen hat. Und jetzt sagen Sie mir, welche Fehler, um es milde auszudrücken, haben Sie in dieser Zeit gemacht?

– Heute ist es leicht, die eigene Vergangenheit zu analysieren. Fehler im Nachhinein zu finden. Aber damals schien es mir, dass ich alles richtig machte. Ich ging zu dem Bahnwärterhäuschen, in dem die Deutschen waren, anstatt bis zum Einbruch der Dunkelheit im Mais zu liegen. Aber wegen meiner Gehirnerschütterung konnte ich nicht klar denken, und das einzige, woran ich dachte, war, an Wasser zu kommen. Und wenn ich mich nachts dieser Hütte genähert hätte, hätten sie mich einfach erschossen, denn weglaufen konnte ich nicht. Um den Deutschen nicht in die Hände zu fallen, hätte ich mich bei einigen alten Leuten in der Ukraine niederlassen können. Es war möglich, nach einer solchen Gelegenheit zu suchen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie ich zu jener Zeit diese lange Zeit hätte einfach absitzen können. Und überhaupt, obwohl ich nicht an eine Vorbestimmung glaube, fühlte ich mich von Anfang an zum Untergang verurteilt. Nach meiner Verhaftung dachte ich, dass mein Schicksal besiegelt sei, denn ich wusste, dass es nur zwei Wege aus den faschistischen Mauern gab: entweder die Erschießung im Gefängnis oder ein langsamer Tod in einem Konzentrationslager.

– Warum haben Sie sich in diesen Lagern keine Notizen gemacht, um sie an uns weiterzugeben, falls Sie überleben sollten?

– Solche Notizen zu behalten, wenn man die Säuberungen in den Gefängnissen und Lagern überstanden hat, war unmöglich. Ich habe einige meiner Notizen einer Frau aus diesem Sammellager gegeben, aber sie enthielten nichts von Bedeutung.

– Wie lautete der Familienname dieser Frau?

– Ich weiß es nicht mehr.

Der Chef von Michailow blätterte in einer Mappe. Dann sagte er:

– Ihr Familienname ist Krawtschenko. Sie hat auch etwas über Sie geschrieben. Wesentliches stand nicht in ihren Notizen, aber etwas war für uns dennoch nützlich. 

– Wo ist diese Krawtschenko jetzt? fragte ich.

– In der Heimat, in der Region Odessa. Wenn Sie sich dafür interessieren, erfahren Sie die genaue Adresse später. Und jetzt, sagen Sie mir, mit wem hatten Sie außerhalb dieser unglückseligen Schulungen noch Kontakt?

– Mit niemandem.

– Und zu wem sind Sie so oft gegangen, wenn Sie das Lager verlassen haben?

– Ach, darum geht es …. Auch das wissen Sie also. Krawtschenko hat Ihnen das bestimmt aufgeschrieben.

– Nicht nur Krawtschenko.

– Ja, im Laufe einer Woche habe ich das Lager mehrmals verlassen, wobei ich die Tatsache ausgenutzt habe, dass wir uns selbst bewacht haben. Aber das war keine kluge Idee. Ein paar Häuserblocks von uns entfernt, am Ufer der Spree, befand sich nämlich ein kleines Lager für russische Kriegsgefangene, von dem aus sie jeden Tag in irgendeine Fabrik gebracht wurden. Ich beobachtete dieses Lager mehrere Tage lang von verschiedenen Positionen in dem naiven Glauben, dass ich mit ihnen in Kontakt kommen könnte. Das ging, so lange ich die Aufmerksamkeit nicht auf mich lenkte. Beim letzten Mal folgte mir ein dicklicher Mann in Zivil drei Blocks lang, bis er mich aus den Augen verlor.

Das Gefängnis im Polizeipräsidium am Alexanderplatz nahm einen ganzen Block mit fünfstöckigen Gebäuden ein. An meinem ersten Tag wurde ich in eine riesige Zelle eingewiesen, in der man nur stehen konnte. Die Luft war stickig, es stank, es gab keine Lüftung. Aber die Tür öffnete und öffnete sich, und unsere Zelle füllte sich mit immer mehr Häftlingen. Bei Einbruch der Dunkelheit, als einige von ihnen zum Verhör vorgeladen wurden, wurde die Zelle etwas leerer. Ich verbrachte die Nacht an der Wand, zusammengerollt auf dem Zementboden. Verschiedensprachige Reden, Flüche und sogar Raufereien machten es mir schwer zu schlafen. Und nachdem ich einen Tritt gegen den Kopf bekommen hatte, verbrachte ich den Rest der Nacht im Sitzen. In der Zelle befanden sich offensichtlich auch Kriminelle.

Am nächsten Tag wurde ich vom Erdgeschoss in den fünften Stock in eine große Zelle mit zweistöckigen nackten Holzkojen verlegt. Jeden Morgen brachte man einen Korb mit Brot, je nach Anzahl der Häftlinge in Scheiben geschnitten, zu je 150 Gramm, und Ersatzkaffee in die Zelle. Mittags gab es eine dünne Suppe, abends auch. Die lange Zeit in diesem Gefängnis verbrachte ich in verschiedenen Zellen, aber alle glichen einander wie zwei Wassertropfen. Der Zellenchef war in der Regel ein deutscher Krimineller. Er sprach nie mit den Gefangenen. Seine Zunge wurde durch einen Gummiknüppel ersetzt, den er immer unter der linken Achselhöhle hielt. Doch die Häftlinge selbst hinderten ihn daran, von seinem Recht Gebrauch zu machen, ihn zu missbrauchen. Ich war einmal selbst Zeuge eines derartigen Vorfalls. Der Zellenchef wandte sich an einen Jugoslawen, nachdem er ihm zuvor mit dem Knüppel in die Seite gestoßen hatte. Der Jugoslawe überlegte nicht lange, riss dem Aufseher seine „furchtbare“ Waffe aus der Hand und warf sie in eine Ecke der Zelle. Dem Zellenchef blieb nichts anderes übrig, als kleinlaut in die Ecke zu gehen, um seinen Schlagstock zu suchen.

In diesem Gefängnis, in Zellen wie der unseren, saßen Menschen verschiedener Nationalitäten: aus der Sowjetunion, aus Polen, Jugoslawien, in geringerer Zahl Deutsche und Franzosen, meist Mitglieder der antifaschistischen Bewegung. Ohne Sprachkenntnisse war es sehr schwierig, sich zu verständigen, aber wir wollten uns unterhalten, und so wurde Deutsch die internationale Sprache in unserer Zelle, denn jeder kannte zwei oder drei Dutzend deutsche Wörter. Ein Hofgang wurde uns nie gewährt, wahrscheinlich weil das Gefängnis überfüllt war. Aber jede Woche wurden wir einer sanitären Behandlung unterzogen. Während sie uns zur Dusche brachten, wurden unsere Kleider in eine Gaskammer gesteckt, wonach sie bis zum Brechreiz stanken. Die Wände und Böden der Zelle wurden mit einer Art Lösung zum Ersticken behandelt, die mir Kopf- und Lungenschmerzen bereitete.

Von Zeit zu Zeit wurden die Häftlinge zu Verhören gerufen, nach denen sie entweder so zerschlagen zurückkehrten, dass sie nicht mehr allein zu den Holzkojen gehen konnten, oder sie kehrten überhaupt nicht mehr zurück. Wohin diese Menschen gebracht wurden, ob zur Erschießung oder in ein Konzentrationslager, wussten wir nicht. Wir hatten so viel über Konzentrationslager gehört, dass es schwer zu sagen war, wovor wir mehr Angst hatten, vor dem Konzentrationslager oder der Erschießung. Aus den Erzählungen der Gefangenen wussten wir, dass es keinen Ausweg aus diesem Gefängnis gab. Aber sie hielten einen auch nicht lange hier fest. Deshalb wartete jeder von uns darauf, dass sein Schicksal von Tag zu Tag entschieden wurde.

Aber nichts geschah. Einige Gefangene wurden weggebracht, andere, meist Bürger der Sowjetunion, die in Deutschland oder in den okkupierten Gebieten verhaftet worden waren, wurden hierhergebracht. Die Menschen erzählten wenig über sich selbst. Meistens erinnerten sie sich an die Vorkriegszeit.

Ich hatte noch nie so viel freie Zeit. Ich dachte ständig an die Zeit vor und während des Krieges. Manchmal erschien mir mein Leben sinnlos, ein einziger Fehler. Obwohl, wenn ich es analysierte, bereute ich dennoch nichts: Ich hatte niemanden verletzt, niemandem etwas zuleide getan. Möglicherweise habe ich nichts Herausragendes oder Heldenhaftes getan, aber ich war mir sicher, dass ich es zweifellos getan hätte, wenn die Umstände es erfordert hätten. Sehr oft habe ich auch über die Momente gegrübelt, in denen ich es für möglich hielt, eine Flucht aus Deutschland zu riskieren. Obwohl die Erfahrung derjenigen, die mit mir in derselben Zelle saßen, zeigte, dass eine solche Flucht zum Scheitern verurteilt war. Denn jedes beliebige deutsche Kind konnte einen verraten und sofort losrennen, um den Erwachsenen zu berichten, was es gesehen hatte. Ich dachte auch an meine Familie. Daran, dass meine Frau und meine drei Kinder irgendwo im fernen Grosny lebten. Ich war sicher, dass sie in Sicherheit waren, denn ich wusste, dass die Deutschen die Stadt nicht eingenommen hatten. Es tat mir leid, dass sie nie erfahren würden, was mit ihrem Vater geschehen war. Manchmal dachte ich, dass es so vielleicht am besten war. Immerhin würden sie denken, dass ihr Vater einen tapferen Tod gestorben ist, indem er mehr als ein Dutzend deutsche Invasoren getötet hat.

Immer häufiger waren die Sirenen für Fliegeralarm zu hören. Es wurde bekannt, dass es sich um britische Aufklärungsflugzeuge handelte. Einer der Neuankömmlinge erzählte uns, dass unzählige Flugzeugstaffeln vier Nächte hintereinander Hamburg bombardiert hätten. Er erzählte uns auch, dass andere Industriestädte im Westen Deutschlands ebenfalls angegriffen worden waren. Alle rechneten damit, dass früher oder später auch Berlin an der Reihe sein würde.

Nach einiger Zeit begannen regelmäßige Angriffe. Meistens nachts. Wenn es elf Uhr wurde, ertönte der Fliegeralarm. Gefolgt vom Feuer der Flugabwehrkanonen und den Explosionen der von den Flugzeugen abgeworfenen Bomben. Und so ging es jeden Tag: Ein Geschwader zog vorbei, warf seine tödliche Ladung ab und dann war es wieder still. Die Bomben fielen mal weiter mal näher zum Zentrum. Es gab Optimisten, die behaupteten, die Amerikaner wüssten, wo sich das Gefängnis im Polizeipräsidium befand und sie würden uns nicht bombardieren. Die Gefängniswärter begaben sich bei Alarm in den Luftschutzkeller, und die Gefangenen blieben auf allen Etagen in ihren Zellen eingeschlossen.

Es kam das Gerücht auf, die Briten und Amerikaner hätten in Nordfrankreich eine zweite Front eröffnet. Die Flugzeuge wurden wahrscheinlich auch dort gebraucht, so dass die Angriffe auf Berlin recht selten wurden.

Eines Tages brachten sie einen Panzertechniker in unsere Zelle. Ein Russe. Er erzählte uns, dass er mit seiner Frau zusammen verschleppt wurde. Sie wurde in demselben Gefängnis als Geisel gehalten. Man habe ihm einen Job in einer Panzerfabrik angeboten und wenn er ablehne, würden er und seine Frau erschossen werden.

-–„Wollen Sie nicht für sie arbeiten?“ fragte ich.

– Nein, natürlich nicht.

– Und gegen sie kämpfen?

– Und wie?

– Es ist schwierig für mich, Ihnen etwas zu sagen, solange Sie hinter Gittern sind. Aber unter anderen Bedingungen ist ein Kampf möglich. – Ein paar Tage später wurde er vorgeladen und kam nicht mehr zurück.

Die dicken Gitterstäbe an den Fenstern hinderten die Luft nicht daran, in die Zelle zu gelangen. Es war sogar möglich, das Fenster zu öffnen. Eines Nachts hörten wir am Fenster, wie eine Frau aus dem Gebäude gegenüber ein russisches Lied wunderschön und wohlklingend sang. Irgendwo heulten Luftschutzsirenen, Bomben explodierten, doch sie sang weiter: „Mein Land, mein Moskau, du bist mein Liebstes“. Sie sang verschiedene, allen Russen bekannte Lieder, bis die Sirenen Entwarnung gaben. Fast alle Insassen unseres Gefängnisses hörten sie. Vier Nächte hintereinander hörten wir ihre Stimme. Und dann sang sie nicht mehr. Wir vermissten sie furchtbar. Selbst in den kältesten Nächten öffneten wir das Fenster in der Hoffnung, ihre Stimme zu hören.

Die Wachen, die ständig auf dem Korridor waren, wechselten nach ihren Schichten. Eines Tages erschien ein neuer Wärter, ein alter Mann in den Sechzigern. Wenn er die Zelle für diejenigen öffnete, die uns Kaffee oder Brei brachten, schaffte er es, unserem Zellenchef einige Neuigkeiten zuzuflüstern. Von da an waren wir relativ gut über die Lage an der Front informiert und erfuhren von den Ergebnissen der letzten Angriffe auf Berlin.

Eines Tages erschien ein Mann in Zivil an der Tür unserer Zelle und rief laut: „Nikolaus!“

Hier!  antwortete ich und ging auf ihn zu. Also war ich nun an der Reihe. Mein Herz krampfte sich zusammen. Noch nie war jemand nicht traumatisiert von einem Verhör zurückgekehrt, moralisch und physisch. Im Handumdrehen hatte mir der Mann in Zivilkleidung Handschellen angelegt. Das war neu. Aus unserer Zelle war noch nie jemand mit solchen Vorsichtsmaßnahmen zum Verhör abgeführt worden. Wir gingen die Treppe hinunter und überquerten den Innenhof. Dann das Büro des Vernehmungsbeamten. Er merkte schnell, dass man ihm versehentlich einen anderen gebracht hatte. Ich wurde in meine Zelle zurückgebracht. Es folgte ein neuer Aufruf: „Mario Nikolaus!!!“

Ohne ein Wort zu sagen, ging ein großer junger Mann, den wir für einen Franzosen hielten, auf den Ausgang zu. Es wiederholte sich das Anlegen der Handschellen. Der Franzose verabschiedete sich mit einer Geste von uns, und sie gingen. Er kam nicht mehr zu uns zurück. Wer war dieser Nikolaus, der deutsch, französisch, spanisch, englisch und italienisch sprach und mit dem wir eine gemeinsame Sprache fanden, obwohl ich keine dieser Sprachen beherrschte? Später hieß es, er war ein Spanier, der Verbindungen zum deutschen Untergrund hatte. Aber das war später…

Kurz bevor uns wieder irgendein Gebräu gebracht werden sollte, öffnete sich die Tür und ein Mann wurde mit großer Kraft hineingestoßen. Er stand wieder auf, rannte zur Tür und begann zu fluchen. Doch die Tür wurde vor ihm zugeknallt. Der Zellenchef kam auf ihn zu, packte ihn am Kragen und führte ihn zu einer freien Koje. 

Plötzlich stürzte mein Kojengenosse, ein Arbeiter aus Charkow, zu mir und flüsterte: „Sie haben einen Provokateur eingeschleust. Ich kenne ihn. Und er kennt mich. Seinetwegen haben viele Menschen gelitten.“ Wir informierten alle in unserer Zelle, auch den Zellenchef. Während des Abendessens kam dieser zu mir und sagte mir, ich solle auch für meinen Nachbarn etwas zu essen holen. In der Zwischenzeit machte der eingeschleuste Provokateur aktiv Bekanntschaft mit einigen Häftlingen und verhielt sich so, als sei sein Aufenthalt in der Zelle für ihn eine ganz normale Sache. Alle schauten sich an und flüsterten miteinander. Die Jugoslawen hatten bereits begonnen, den Zellenchef zu „bearbeiten“. Eine Stunde nach dem Abendessen stand mein Nachbar von der Koje auf und trat ganz nah an den Provokateur heran: „Meine Hochachtung an Kalenom! Dort sind wir uns begegnet, du Widerling!“

Zuerst sprang er überrascht zurück, dann warf er sich mit aller Kraft gegen die Zellentür. Aber die Jungs waren schon zur Stelle. Sie warfen ihn zu Boden, zerrten ihn in eine entfernte Ecke, und nach einer Weile war er tot. Sie nahmen ihm den Gürtel ab und hängten den „Selbstmörder “ daran auf.

Diese Nacht war besonders hart. Nach dem Fliegeralarm rollte eine Welle von Flugzeugen nach der anderen über Berlin und den Alexanderplatz. Schon nach wenigen Minuten verstummte die niedergehaltene Flugabwehrartillerie. Die Bomben explodierten erst irgendwo in der Ferne, dann immer näher und näher. Alle lauschten in unglaublicher Spannung dem immer lauter werdenden Heulen. Von Zeit zu Zeit erschütterte ein furchtbares Grollen das ganze Gefängnis. Der an den Gittern des Fensters aufgehängte „Selbstmörder“ schien sich zu bewegen. Gegen Ende der Nacht hörte dieser Totentanz endlich auf. Der Zellenchef rief einen Wärter und zu zweit schleppten sie den Körper des „Selbstmörders“ auf den Korridor hinaus.

Wenig später erfuhren wir, dass während des nächtlichen Bombardements drei Bomben in einem der Gefängnisgebäude eingeschlagen waren. Es gab viele Tote und Verwundete. Nach einiger Zeit öffnete sich die Tür unserer Zelle und vierzig Häftlinge, die den Bombenangriff überlebt hatten, wurden hereingebracht. Am Ende des Tages wurden sie auf dem Hof in Autos mit geschlossener Ladefläche verladen und irgendwohin gefahren. Gegen Ende der nächsten Nacht, in den frühen Morgenstunden, wurden wir erneut durch Fliegeralarm geweckt. Es gab jedoch keine Bombardierung. Nur einzelne Flugzeuge kreisten hoch am Berliner Himmel. Berlin ging in Rauch und Flammen unter.

Mein Nachbar, der Arbeiter aus Charkow, fragte mich, was ich von dem „Selbstmord“ des Provokateurs halte. Ich antwortete, dass ich unter den gegebenen Umständen keine andere Möglichkeit sah. Aber an diese Geschichte sollte man sich erinnern. Denn am Ende des Krieges werden die „Heldentaten“ dieses Provokateurs wahrscheinlich bekannt werden. Und wenn es jemandem von uns gelingt, zu überleben … Mein Nachbar dachte darüber nach und sagte: „Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns überleben wird. Wir werden unter den Trümmern dieses Gefängnisses sterben. Bald wird ganz Berlin in Trümmern liegen.“ Er sollte Recht behalten. Mit angehaltenem Atem warteten wir, was uns die neue Nacht bringen würde.

Um 23.00 Uhr heulte die Sirene erneut, gefolgt von den Schüssen der Flugabwehrkanonen, gefolgt von dem Heulen der Flugzeuge und den Explosionen der abgeworfenen Bomben. Anhand der Geräusche konnten wir die Flugrouten der Geschwader bestimmen. Während der Bombardierung zogen sich alle Einwohner Berlins für die Nacht in die Keller und Bunker zurück. Nur die Gefangenen des Zentralgefängnisses blieben in ihren Zellen und warteten auf ihr Schicksal. Wir hofften, dass die britischen Piloten unseren Standort kannten, aber wahrscheinlich wussten sie, dass sich zwei Blocks von uns entfernt die wichtigsten Einrichtungen der Gestapo befanden. Wir wollten über nichts nachdenken oder reden, denn jeder lebte mit den Eindrücken der vergangenen Nacht und wartete auf die der neuen. Das infernalische Heulen und Pfeifen der herannahenden Bomben machte die Menschen wahnsinnig. Das Gefängnisgebäude bebte, als hätte es kein Fundament mehr. Die Schwächeren warfen sich gegen die Fenstergitter und begannen verzweifelt zu schreien. Nach der Entwarnung hörte man Weinen.

Nach einer dieser Nächte wurden zwei Personen aus unserer Zelle abgeholt, weil sie offensichtlich den Verstand verloren hatten. Viele wollten sogar, dass man sie zum Verhör vorlud, um eine Hinrichtung an Ort und Stelle zu provozieren, nur um diese nächtliche Folter zu vermeiden.

Am Ende des Winters 1943/44 wurde Berlin mehrere Nächte lang nicht bombardiert, obwohl dennoch einzelne Flugzeuge auftauchten. Nach dieser kurzen Pause begannen die Bombardierungen allerdings wieder zuzunehmen. Die Flugzeuge zogen Welle um Welle über den südlichen Teil der Stadt und verwandelten alles auf ihrem Weg in Trümmerhaufen. Jetzt waren wir an der Reihe. Die Explosionen erschütterten das Nachbargebäude unseres Gefängnisses, und die Schreie der Eingeschlossenen erfüllten das Viertel. Nach einer Weile wurde auch unsere Zelle durch Explosionen erschüttert. Die Nachbarzelle wurde völlig zerstört, und in unserer Zelle brach die angrenzende Wand heraus. Dann versuchten wir, die Zellentür mit Hilfe der schweren Kojen aufzubrechen. Sie hielt den starken Schlägen nicht stand und brach in sich zusammen. Alle Häftlinge stürmten nach unten. Zu dieser Zeit wurde der Fliegeralarm aufgehoben. Die Häftlinge aus den verschiedenen Zellen drängten sich im Innenhof des Gefängnisses. Zwei Maschinengewehrschützen standen neben dem Metalltor. Zu ihren Füßen lagen bereits mehrere Leichen von Häftlingen, die versucht hatten, die Gefängnistore zu stürmen. Wir konnten das Stöhnen der Verwundeten unter den Trümmern des Gefängnisgebäudes hören. Als der Morgen anbrach, kamen geschlossene Lastwagen, in die alle Gefangenen wahllos hineingeschoben wurden. Wir wurden irgendwohin außerhalb der Stadt gebracht. In einem Wald wurden wir ausgeladen und in ein kasernenartiges Gebäude gebracht. Ich fand mich in einer sehr großen Zelle ohne Kojen wieder. Nur der Boden war mit Stroh ausgelegt. Alle, die aus unserem Gefängnis in diese Zelle gekommen waren, warfen sich auf das schmutzige Stroh, in der Hoffnung, trotz des Hungers, der uns alle quälte, einschlafen zu können.

Endlich wurden die Nächte ruhig. Nur manchmal erreichten uns entfernte Bombenexplosionen. Wir waren sicher, dass uns hier im Wald, weit weg von Berlin, niemand bombardieren würde. Es kam uns sogar so vor, als hätten uns die Nazis vor dem drohenden Tod unter den Trümmern der Stadt gerettet.

Der Abtransport der Häftlinge nach der Bombardierung erfolgte so spontan, dass es für die Gestapo praktisch unmöglich war, festzustellen, wer wer war. Später wurde man sich dessen bewusst und begann, die Namen aller Häftlinge aufzuschreiben und zu vermerken, wer in welcher Zelle saß. Das gab einigen die Möglichkeit, nach denjenigen benannt zu werden, die unter den Trümmern des Berliner Gefängnisses starben und deren „Schuld“ vor Hitlers Regime weniger bedeutsam war. Ich lernte neue und interessante Menschen kennen. Näher standen mir diejenigen, die auch unter diesen Bedingungen ihre Geistesgegenwart nicht verloren haben. Aber natürlich erzählte niemand ausführlich von sich. Es war nicht üblich, zu fragen und zu antworten, weswegen man im Gefängnis war, wer man war, ob man Kommunist war. Obwohl ich immer viele Gesprächspartner hatte und es viel zu reden gab, über die Unausweichlichkeit unseres Todes sprach niemand. Ganz im Gegenteil. Wir wollten glauben, dass das deutsche Volk zusammen mit den alliierten Truppen die Kraft finden würde, Hitlers Regime zu stürzen, und dann würden sich die Gefängnistüren öffnen. Aber wir kannten das Innenleben Deutschlands zu gut, um ernsthaft darauf zu hoffen.

Ich erinnere mich gut an einen Mann in den Vierzigern. Dünn, blondes Haar. Wir nannten ihn Dmitri Iwanowitsch. Irgendwie wurde er plötzlich die Seele aller Häftlinge. Auf seinem Gesicht lag immer ein Lächeln. Wenn er uns etwas erzählte, hörten ihm alle Häftlinge wie gebannt zu. Er erzählte von Dingen, die nichts mit der schrecklichen Realität zu tun hatten, als ob es keinen Krieg gäbe und seine Heimat irgendwo außerhalb der Erde läge. Alle hörten seinen Geschichten und Erzählungen mit großem Interesse zu. Er erzählte von Mut und Geistesstärke und wiederholte immer wieder, dass die Lebenden über das Leben nachdenken sollten. Nach seinen Erzählungen verspürten alle noch stärker den Wunsch zu leben. Seine Märchen wurden nicht immer zu Ende erzählt; man spürte die Phantasie des Erzählers und seine außerordentliche Gelehrsamkeit. Er war etwa sechs Tage lang in der Zelle. Keiner wusste, wer er war und woher er kam. Alle Fragen beantwortete er mit einem Witz oder einer Geschichte. Eines Tages öffnete sich die Tür und ein SS-Offizier kam mit einem Wachmann, um ihn zu holen. Abrupt wandte er sich an die Gefangenen und sagte: „Lebt wohl, Kameraden! Erinnert Euch an einen russischen Menschen.“ Und selbst in diesem Moment lächelte er. Der Wachmann ließ ihn nichts mehr sagen. Wie ein Raubtier stürzte er sich auf seine Beute. Der Gefangene stürzte und erhielt einen schweren Schlag mit dem Stiefel in die Seite.

Der Offizier wartete, während er sich langsam im Korridor erhob und sich mit der linken Hand krampfhaft an der Wand festhielt. Seine rechte Hand zitterte. Der Wachmann, der aus seiner Starre erwachte, schlug dem der Tür am nächsten stehenden Gefangenen mit dem Gummiknüppel ins Gesicht und knallte die Zellentür krachend zu. Die Stimme dieses „russischen Mannes“ hallte noch lange in den Seelen der Häftlinge nach.

Ich erinnere mich an eine seiner Erzählungen. Ich hatte sie weder vorher noch nachher irgendwo gehört.

Es war einmal ein Leibeigener namens Miron. Und er hatte einen Sohn Makar. Makar liebte Dunka, ein Mädchen vom Hof. Makar sagte zu seinem Vater Miron: “ Verheirate mich, Vater, mit Dunka.“ „Warte, mein Sohn“, antwortete Miron. Es liegt nicht in meiner Macht. Mit wem der Herr Dunka verheiraten will, dem wird er sie zur Frau geben. Welche Frau er mit dir verheiraten will, diese Frau wird er Dir geben. Warte, bis wir uns vom Herrn freigekauft haben, dann wirst du heiraten.“

Und so bat Miron den Herrn um das Lösegeld. Der war einverstanden und setzte den Preis auf 200 Rubel fest. 

Aber Miron hatte nur 100 Rubel. Der Herr sagte: „Gib mir jetzt 100 Rubel, und in einem Jahr gibst du mir die restlichen 100. Aber wenn du sie in einem Jahr nicht gibst, wirst Du weder frei sein noch diese 100 Rubel haben.“ 

Miron war einverstanden und sprach zu Makar: „In einem Jahr werden wir frei sein. Wir werden die 100 Rubel irgendwie abarbeiten, wir werden nicht das Pferd, nicht die Kuh und nicht das Haus verkaufen, aber wir werden frei sein.“ 

Das Jahr ging bald zu Ende, und Miron konnte das Geld nicht verdienen. Und dann stahlen Diebe das Pferd vom Hof, die Kuh verendete, und zum Schluss brannte das Haus ab. Böse Zungen sagten, das sei alles die Tat des Herrn. Aber niemand hat es gesehen. Und damit Miron nicht länger an die Freiheit dachte, gab er Makar für 25 Jahre zu den Soldaten. So starb Makars Hoffnung, Dunka zu heiraten.

Makar diente Väterchen Zar treu. Er diente ein Jahr um das andere. Und im dritten Jahr war es, dass sie eine kostbare Ikone der Gottesmutter von Kasan nach Kiew transportierten. Und Makar wurde mit der Bewachung dieser Ikone betraut. Einmal saß Makar nachts in einem Dorf in einer Hütte und bewachte die Ikone, ohne zu schlafen, und als er die Ikone ansah, dachte er: „Hier stehst du auf dem Tisch, Mutter Gottes. Du trägst viele kostbare Steine. Und nur einer Deiner Steine ist genug für mich, um meine Freiheit zu bekommen und Dunka zu heiraten.“

Am Morgen kommt der Natschalnik der Wache in die Hütte und sieht: Auf dem Tisch steht eine Ikone mit zerbrochenem Glas, und Makar kniet vor ihr und betet. Und als er sein Gebet beendet hat, sagt er: „Letzte Nacht ist ein Wunder geschehen, Euer Ehrwürden. Ich sitze hier, betrachte die Ikone und denke bitterlich, dass sie mich für 25 Jahre zu den Soldaten gegeben haben, und jetzt werde ich meine Dunka nie wieder sehen, weil ich kein Geld habe, um mich beim Herrn freizukaufen. Gerade als ich dies dachte, sah ich, wie die Mutter Gottes zum Leben erwachte, das Glas zerbrach und mir einen ihrer Edelsteine reichte. Hier ist er, Euer Ehren. Nehmt ihn.“

Der Aufseher bekam Angst und begann Makar zu foltern. „Du lügst. Du hast das Glas selbst zerbrochen, und jetzt erfindest Du ein Wunder.“ Aber Makar bekreuzigt sich und sagt immer wieder: Es ist ein Wunder geschehen, mehr nicht.

Was tun? Es musste dem Generalgouverneur Bericht erstattet werden. Der brachte einen Priester mit. 

Und wieder wurde Makar verhört: „Gestehe, Sklave Gottes!“ 

Und egal, wie sehr sie auch auf ihn einredeten, Makar beharrte auf seinen Worten. 

Es blieb nichts anderes übrig, als nach Moskau zu schreiben. Eine Kommission kam. Erneut wurde wieder alles auseinandergenommen, aber das Ergebnis war das gleiche. Dann erstattete der Erzbischof von ganz Russland dem Obersten Kirchenrat Bericht und sagte: „Ob es nun ein Wunder gab oder nicht, wir müssen es anerkennen, denn das Gerücht darüber hat sich bereits im ganzen Gouvernement verbreitet, und Tausende von gläubigen Pilgern kommen zu diesem Haus. Durch die Anerkennung dieses Wunders werden wir der Kirche nur nützen.“

Am nächsten Tag wurde das Dekret von Väterchen Zar verkündet:

„Wir, Alexander der Zweite, Alleinherrscher von ganz Russland, Zar von Polen, Fürst von Finnland, Estland, Kurland und so weiter und so fort, teilen hiermit unseren treuen Untertanen mit, dass im Dorf Nesmyschlyaevka, Provinz Penza, am 12. Juni 1830 ein Wunder geschehen ist. Als der Soldat Makar nachts Dienst hatte, wurde die Heilige Gottesmutter von Kasan in einer Ikone lebendig, zerbrach das Glas und reichte Makar einen der Edelsteine. Sie tat dies als Antwort auf Makars Gebet, in dem er sie bat, ihm zu helfen, sich vom Herrn zu befreien und das Hofmädchen Dunka zu heiraten. Die Tatsache des Wunders wurde von der Kommission der Heiligen Synode überprüft und vom Erzbischof von ganz Russland bestätigt.

Indem wir unsere treuen Untertanen von diesem Wunder in Kenntnis setzen, befehlen wir: Makar und seine ganze Familie aus der Leibeigenschaft zu entlassen; Makar mit dem Hofmädchen Dunka zu verheiraten; Makar und seine ganze Familie an den Zarenhof zu bringen; Makar eintausend Rubel zu geben, damit er sich selbst versorgen kann.

Und wir befehlen auch, in Zukunft solche Wunder nicht mehr zuzulassen.“

Hier in diesem „Waldgefängnis“ wurden einige auch zum Verhör vorgeladen. Doch später wurde klar, dass die Deutschen eher an Informationen interessiert waren, die Aufschluss über andere Gefangene, ihre Verbindungen, Identitäten usw. geben würden. Als es ihnen nicht gelang, das Ihrige zu erfahren, griffen sie auf den Einsatz von Stöcken oder Metallstangen zurück. An den Gefangenen selbst waren die Hitlerleute nicht interessiert. Ihr Schicksal war bereits vorherbestimmt – Konzentrationslager oder Erschießung.

Es kam der Tag, an dem sie begannen, alle einen nach dem anderen zum Verhör zu holen. Auch mich holten sie.

– Nachname, Vorname, Vatersname. Ich antwortete.

– Wo waren Sie?

– Im Sammellager, wo sie Häftlinge sammelten, die in die Ukraine geschickt werden sollten.

– Weshalb sind Sie im Gefängnis?

– Das weiß ich nicht.

– Was glauben Sie?

– Ich glaube, wegen loser Zunge.

– Propaganda?

– Sagen wir es so, obwohl das ein zu großes Wort ist.

– Sie sagten, die Sowjets würden siegen und Deutschland würde spätestens in einem Jahr besiegt sein?

– Ja, das habe ich gesagt.

– Worauf stützen Sie sich bei dieser Aussage? Wer hat Sie auf solche Gedanken gebracht?

– Das hat mir niemand gesagt. Ich wollte nur, dass es so ist. 

Der Ermittler starrte mich an, als sei ich verrückt.

– Ich lobe Sie für Ihre Offenheit.

– Ich habe nichts zu verlieren.

– Warum sagen Sie das? Wollen Sie nicht leben, wollen Sie nicht nach Hause zu Ihrer Familie?

– Niemand wird mich zu meiner Familie zurückkehren lassen, ganz gleich, wie der Krieg ausgeht. Und meine Familie zu verlieren, bedeutet für mich, mein Leben zu verlieren.

Dann befragte mich der Ermittler etwa vierzig Minuten lang zu meiner Vergangenheit, ob ich ein Kommunist sei, usw.

– Warum sind Sie gegen Deutschland eingestellt?

– Das bin ich nicht. Die Deutschen sind in Russland immer geachtet worden. Wir haben eine ganze Reihe deutscher Siedlungen. Und wenn Deutschland und Russland sich gegenseitig die Hand der Freundschaft reichen würden, wäre das Leben viel fröhlicher.

– Wir wollen euch Russen von den Bolschewiken befreien!

– In der Vergangenheit sind einige „Befreier“ zu uns gekommen, aber außer großes Leid haben sie dem russischen Volk nichts gebracht.

Dieses Mal wurde ich nicht verprügelt, sondern in die Zelle gebracht. 

Eine Woche später wurden alle aus diesem Gefängnis in einen Zug verladen, der speziell für den Transport von Gefangenen eingerichtet war. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, wir wurden alle in ein Konzentrationslager gebracht. Wir hatten schon viel über solche Lager gehört. Es wurde erzählt, wie die Faschisten dort Menschen massakrierten. Viele von uns, die die Gräueltaten der Nazis erlebt hatten, glaubten an die fantastischsten Vorhersagen ….

Aus religiöser Sicht steigt der körperlose Geist des Menschen nach dem Tod in den Himmel auf oder stürzt im schlimmsten Fall in die Unterwelt und lässt hier auf der Erde seine verderbliche Hülle zurück. In der Unterwelt wird dieser leibliche Geist in einer Pfanne gebraten, in einem Kessel gekocht oder ganz allgemein experimentieren die Unreinen mit ihm und machen, was sie wollen. Tut es den Sündern weh oder nicht? Sind sie körperlos? Und wer verteilt eigentlich die Seelen der Verstorbenen, wer kommt in den Himmel, wer in die Hölle? Der Herrgott? Doch aus der Heiligen Schrift wissen wir doch, dass Satan keine Angst vor Gott hat, nicht unter seiner Herrschaft steht.

Gott schuf Adam und Eva, brachte sie in den Garten Eden, ohne ihnen, außer der Unsterblichkeit, elementare Begrifflichkeiten zu verleihen. Diese Mission übernahm die Schlange, d.h. der Teufel. Sie verleitete Eva dazu, den verbotenen Apfel zu essen. Sie erkannte sofort, wer und was sie war. Sie verköstigte Adam mit dem Apfel, woraufhin sie sich umarmten und in die Büsche zurückzogen. Einen anderen Unterschlupf hatte Gott für sie nicht vorbereitet. Als Gott dann sah, wie fleißig Adam und Eva ihre sündigen Glieder mit Kletten bedeckten, wurde ihm alles klar, er verfluchte sie und vertrieb sie aus dem Paradies, indem er bestimmte: „Seid fruchtbar und mehret Euch und verdient im Schweiße Eures Angesichts Euer täglich Brot.“ 

Wie sich zeigt, leben wir alle auf Erden durch die Gnade des Teufels, der Adam und Eva erleuchtete. Es stellt sich heraus, dass die Seelen der Toten in den Himmel oder in die Hölle kommen, abhängig davon, wer sie zuerst abfängt, der Teufel – der Bote Satans – oder ein Engel – der Bote Gottes. Unter diesen Umständen ist es eine mühselige Angelegenheit, herauszufinden, was diese Seele ist, wem sie gehört, dem Gerechten oder dem Sünder …

* * *

Lang war die Fahrt mit dem Zug durch Deutschland, Polen und Österreich bis zum Konzentrationslager. Das Lager Mauthausen befindet sich im Westen Österreichs in den Bergen nicht weit von Linz. Auf der Fahrt fütterten sie uns so, wie sie es im Gefängnis taten, damit die Lebensfähigsten überlebten. 

Von der Eisenbahnstation bis zum Lager wurden wir einige Kilometer in einem Treck geführt, von dem ich bis dahin keinerlei Vorstellung hatte. Wir wurden in einer Kolonne mit jeweils fünf Mann in einer Reihe aufgestellt. An jeder Reihe standen zwei SS-Männer mit Hunden, die an den Leinen zerrten und versuchten, sich auf die Häftlinge zu stürzen.

Das Lager nahm ein riesiges Gelände auf einem Hochplateau ein. Die Steinmauer ragte 5-6 Meter hoch. Auf der Mauer befand sich ein unter Spannung stehender Stacheldraht auf Porzellanisolatoren. An den Zugängen zur Mauer in einem Abstand von 5 Metern war ebenfalls Stacheldraht auf Stangen gespannt. Der Raum zwischen der Mauer und dem Stacheldrahtzaun war ebenfalls mit Draht gefüllt, der in Ringen angeordnet ist. Auch im Inneren des Lagers entlang der Mauer war alles mit Draht versehen. An den Ecken der Mauer und auf den langen Abschnitten standen hohe Türme mit Suchscheinwerfern, auf denen Maschinengewehrschützen postiert waren. 

Das gesamte Gebiet des Lagers war mit Baracken und Blocks bebaut, mit Ausnahme des Bereichs direkt neben dem Eingang. Hier gab es eine große Fläche, einen Platz. Im gegenüberliegenden, vom Tor entfernten Teil des Lagers waren mehrere Baracken von einer zusätzlichen hohen Steinmauer mit Stacheldraht umgeben: ein Lager im Lager. Später erfuhr ich, dass dort für die Nazis besonders gefährliche Gefangene untergebracht waren. Etwas weiter entfernt befand sich ein freistehendes Krematoriumsgebäude mit einem ständig rauchenden Schornstein. Wir wurden entlang eines langen Barackenblocks rechts vom Tor aufgereiht. Ein langwieriger Zählappell begann. Ein Mann wurde aufgerufen und ein Metallarmband mit einer fünfstelligen Nummer wurde ihm am Handgelenk angelegt. Danach betrat er den Block, zog sich nackt aus und ließ alles auf dem Boden liegen, einschließlich Brillen, Uhren usw.. 

Nur mit der Nummer am Arm ging der Häftling in den Nebenraum, wo mehrere Friseure an einem Tisch arbeiteten. Der Häftling wurde unter der Maschine rasiert, bis auf Null. Im nächsten Raum befand sich ein Duschraum, dann ein Raum, in dem Unterwäsche aus irgendeinem leichten Kunststoff, Hosen und eine ungefütterte Jacke aus einem gestreiften, etwas dickeren Stoff sowie Holzschuhe ausgegeben wurden. 

Das gesamte „Dienstleistungspersonal“ in diesem und in den anderen Blöcken bestand hauptsächlich aus deutschen Kriminellen. Es war unmöglich, irgendetwas durch diesen Block mitzunehmen. Ein spezieller Aufseher befahl uns, beim Betreten des Blocks den Mund weit zu öffnen, damit auch dort niemand etwas verbergen konnte. Von diesem Block wurden wir in den Quarantäneblock gebracht, aus dem wir fünf Tage lang nicht herauskamen. Die Häftlinge wurden herausgeholt und schubweise in den Krankenbau geführt, wo der SS-Arzt jeden Häftling zwang, den Mund zu öffnen. Wenn ein Häftling Goldkronen hatte, wurde er zur rechten Tür geführt. Wenn er keine hatte, zur Tür auf der linken Seite. Zuerst verstand ich nicht, was da vor sich ging. Später erfuhr ich das Schicksal derjenigen, die Goldkronen hatten. Sie wurden in einem Quarantäneblock untergebracht und anschließend periodisch in kleinen Gruppen in einen Raum neben dem Krematorium. Dann wurden ihnen die
Goldkronen herausgerissen, sie in die Gaskammer getrieben und die Toten dann verbrannt….

Ich hatte keine Goldkronen, ich ging durch die Tür links und wurde in den Häftlingsblock zur Arbeit geschickt.

Ein Zeitungszitat:

„30 Kilometer von Ardagger entfernt befindet sich ein weiteres Museum, das die ganze Welt kennt – Mauthausen. Während der Zeit der Naziherrschaft wurden in diesem Todeslager über 120.000 Menschen vernichtet …

Ich weiß nicht, wie ich über diesen schrecklichen Ort, über diese schrecklichen Tage sprechen soll? Vielleicht sollten wir die Erinnerung nicht stören? Die Seele in Ruhe lassen? Aber die Erinnerung lebt und bedrängt mich unerbittlich. Sie bedrängt mich seit Jahren und wird nicht schwächer. Mir scheint, wenn ich einem Blatt Papier von dieser erlebten Hölle erzähle, kann ich diese schreckliche Last einigermaßen loswerden, und ich werde mich besser fühlen.

Frühmorgens im Block gibt es das Kommando: „Aufstehen!“. Die Reihen der zweistöckigen Pritschen erwachen sofort zum Leben. Die Häftlinge zerren sich ihre Kleider an, rennen in den Waschraum, in den Toilettenraum. Dann stellen sie sich in einer Reihe auf und erhalten ihr Frühstück: 200 Gramm Ersatzbrot, ein Stück Pferdewurst und einen Becher mit Ersatzkaffee. Das alles wird sofort aufgegessen und die Häftlinge werden aus dem Block getrieben. Dann werden sie in Fünferkolonnen aufgereiht und auf den Lagerplatz gebracht. Dort wird jeder Block getrennt voneinander aufgestellt. Die Blockführer und Schreiber kontrollieren, ob alle an ihrem Platz sind und erstatten dem Lagerführer Bericht. Nachdem er alle Berichte gehört hat, gehen der Lagerführer und eine Gruppe von Sicherheitsbeamten die Kolonnen ab. Nach Abschluss dieser Runde gibt der Lagerführer den Befehl. Alle, die in irgendeiner Weise im Lager beschäftigt sind, treten aus der Formation und verlassen den Platz. Der Rest wird in Arbeitsgruppen eingeteilt und verlässt das Lager unter Bewachung. Dies geschieht jedoch nur in den seltenen Fällen, in denen der Lagerführer apathisch ist. Meistens geht er an den Häftlingen vorbei, spricht sie an, hackt auf ihnen herum und schlägt sie mit einem Gummiknüppel mit Metallkern (diese Knüppel wurden industriell speziell für Gefängnisse und Konzentrationslager hergestellt). Wie auf ein Stichwort hin beginnen dann die ihn begleitenden Offiziere, dasselbe zu tun.

Am Tor werden die Arbeitsgruppen noch einmal gezählt und machen sich in Begleitung von Kapos (Aufsehern) und Wachen auf den Weg zu ihrem Ziel. Ich gehörte zu einer der Gruppen, die Steine aus dem Steinbruch auf das Gelände des Konzentrationslagers schleppten. 

Der Steinbruch lag zweihundert Meter vom Lager entfernt. Der Abstieg dorthin erfolgte über eine Treppe, die nach dem Krieg als „Treppe des Todes“ bekannt wurde. Sie hatte genau zweihundert Stufen. Der Steinbruch war ziemlich groß. An verschiedenen Enden des Steinbruchs wurde das Gestein vorbereitet: Es wurde gebrochen, gesprengt, gebohrt … In der Nähe der Steine, die für den Abtransport bereitstanden, und auf dem ganzen Weg die Treppe und den Hang hinauf zum Konzentrationslager standen SS-Soldaten mit Maschinengewehren um den Hals und Stöcken in den Händen. Überall hörte man: „Los! Los!“. Und Schläge auf die Köpfe. Wenn man versuchte, einen leichteren Stein aufzuheben, wurde man mit einem Knüppel geschlagen und von einem Soldaten aufgefordert, einen schwereren oder noch einen Stein zu nehmen. Wenn man eine solche Last trägt, die Treppe hinaufgeht und von den Soldaten getrieben wird, spürt man, wie die Beine zittern, das Herz bis zum Anschlag schlägt und der Atem die Brust zerreißt. Es scheint, dass dies alles ist, wozu du heute fähig bist. Aber nachdem du den Stein in der Nähe des Zauns des Konzentrationslagers abgeworfen hast, gehst du leichtfüßig zum Steinbruch zurück, gehst die Treppe hinunter und lässt die tödliche Müdigkeit irgendwie hinter dir. Wieder hebst du einen Stein hoch und wieder bergauf. Und so weiter bis zum Ende des Arbeitstages, angetrieben von Wachen und Kapos. Die Kapos waren besonders brutal. Dabei handelte es sich ebenso um Gefangene, deutsche Kriminelle, die sich mit einem Gummiknüppel oder einem einfachen Holzstock eine doppelte Portion Brot und Suppe verdienten. Viele Soldaten versuchten, die Gefangenen nicht zu schlagen, wenn kein Offizier in der Nähe war. Aber wehe dem, gegen den der Offizier selbst einen Knüppel erhob. Derjenige wurde in der Regel ins Lager gebracht und dort im Krematorium in Rauch verwandelt. Wenn ein Mensch das nicht aushielt und umkippte, kam ein deutscher Arzt zu ihm, gab ihm irgendein Aufputschmittel zu trinken oder stellte seinen Tod fest. Derjenige, der die „Hilfe“ des Arztes erhalten hatte, musste nach einer Minute weiterarbeiten. Wenn es anfing zu regnen, wurde die Arbeit nicht unterbrochen, nur die Wachen zogen ihre Regenmäntel an. Am Ende des Arbeitstages wurden alle in Fünferkolonnen aufgereiht und zum Lager geführt. Vor dem Tor wurden sie anhand der Listen gründlich kontrolliert, und vom Tor aus wurden sie in Begleitung einiger Kapos zu den Blocks geführt.

Dann wurde ein Bottich mit Suppe gebracht, und jeder bekam seine Portion. Ohne Brot, versteht sich. Abendessen gab es nicht. Nach einer Weile – Abendappell. Zuerst eine Vorinspektion und dann die Generalinspektion auf dem Platz. Oft tauchte während der Abendinspektion ein mobiler Galgen am Rande des Platzes auf. Das bedeutete, dass heute jemand vor den Augen der ganzen Truppe hingerichtet werden würde. Das Opfer wird aus dem Büro am Tor herausgeführt. Die Hände auf dem Rücken gefesselt. Dolmetscher verkündeten den Gefangenen in verschiedenen Sprachen die Schuld, für die das Opfer gehenkt werden soll. Und dann wurde das Urteil vollstreckt.

Neben jedem Block standen große Wasserbottiche für den Fall eines Brandes. Bei mehreren Gelegenheiten sah ich, wie die Kapos einen Gefangenen nahmen, ihn auf den Kopf stellten und bis zur Taille in den Bottich tauchten. Nachdem sie ihn einige Minuten lang festgehalten hatten, zogen sie ihn bereits tot heraus. Bei diesen grausamen Massakern war immer entweder ein SS-Offizier oder der Blockführer anwesend. Zwischen Abendkontrolle und Abmarsch zum Schlafen durften die Häftlinge in der Nähe ihres Blocks bleiben. Wenn ein Offizier erschien und „Achtung!“ gerufen wurde, mussten alle strammstehen, bis der Offizier sich entfernte. Und so ging es jeden Tag …

Jeden Tag wurde jemand in das lagerinterne „Revier“ (Krankenhaus) oder in einen speziellen Block für Arbeitsunfähige gebracht, aus dem nur selten jemand zurückkehrte. Im Grunde gab es nur einen Weg dort heraus – ins Krematorium. Sobald Plätze in den Arbeitsgruppen frei wurden, wurden sie sofort mit neuen Häftlingen besetzt. Einmal saß ich nach der Abendkontrolle mit meinem Lagerkameraden Alexandrow und einem anderen Freund zusammen, der früher Hauptmann genannt worden war. Alexandrow sagte:
– Ich kann diese Demütigung nicht länger ertragen. Ich werde irgendeinen Offizier mit einem Stein erschlagen.

Wir schwiegen eine Minute lang.

– Seid Ihr mal von Hunden gebissen worden?“ fragte der Hauptmann plötzlich.

– „Was für Hunde?“ Alexandrow war überrascht.

– Gewöhnliche Hunde mit Schwänzen, wuff, wuff …

– Ja schon.

– Und habt Ihr Euch gedemütigt gefühlt?

– Nun, es sind Hunde.

– Und was denkst du, was sind Faschisten? 

Wieder Schweigen …

– Allein zu kämpfen ist tragisch, fuhr der Hauptmann fort. Wenn du einen Faschisten tötest, werden sie nicht nur dich töten, sondern auch Dutzende andere als Vergeltung. Und Du wirst für deren Tod verantwortlich sein. Habt Geduld. Die Rache ist nicht weit entfernt und niemand kann ihr entkommen. Was waren Sie in der Armee?

– Sergeant, antwortete Alexandrow.

– Und ich ein Hauptmann. Meine Worte sollten für Euch einem Befehl gleichkommen.

– Das ist alles richtig. Nur in solcher Gefangenschaft zu leben ist schlimmer als der Tod. 

Später sagte Alexandrow, als hätte er meine Gedanken gehört:

– „Morgen werde ich es nicht mehr aushalten können. Ich werde fallen. Vielleicht sollte ich mir einen Stein auf den Fuß fallen lassen. Ich werde im Revier landen. Dort wird man mich behandeln.“

– Du kommst nicht ins Revier, sondern ins Krematorium, antwortete ich.

Am Morgen, während der Inspektion auf dem Platz, hatte ich das Gefühl, dass ich diese Sklavenarbeit nicht mehr aushalten konnte. Wie lange kann ein ausgelaugter Mann Steinblöcke tragen, die manchmal bis zu 50 Kilogramm wiegen?!

Nach der Kontrolle wurde unser Trupp zusammengestellt, mit neuen Gefangenen aufgefüllt und unter schwerer Bewachung in eine andere Richtung geführt. Wir legten etwa drei Kilometer zu Fuß zurück. Von diesem Tag an wurden wir hierhergebracht, um eine Straße zu bauen.

Der sandige Untergrund wurde vorbereitet. Ein Teil der Häftlinge brachte die Pflastersteine, ein anderer Teil war mit ihrer Verlegung beschäftigt. Die Arbeit war anstrengend und hart, aber im Vergleich zur Arbeit im Steinbruch kam sie uns wie ein Urlaub vor. Wir werden also noch etwas leben. Alexandrow machte mich darauf aufmerksam, dass es auch in der weiteren Umgebung Posten gab, offenbar für den Fall eines Fluchtversuchs. Irgendwo in der Nähe kläfften Hunde.

Eines Abends, als wir von der Arbeit zurückkamen, wurde bekannt, dass eine neue Gruppe von Häftlingen in den Quarantäneblock gebracht worden war, der zu diesem Zeitpunkt bereits geräumt war. Auch der an das Krematorium angrenzende Block, in dem die Todeskandidaten untergebracht waren, wurde aufgefüllt. Man öffnete ein Tor in der Steinmauer zum Lager im Lager für Personen, die von den Nazis als besonders gefährlich eingestuft wurden, und es wurden dorthin zwanzig neue Häftlinge eingeliefert, die bis dahin in einer der Kammern des Blocks untergebracht waren, in dem sich das Lagerbüro befand.

Zu den für alle obligatorischen Inspektionen am Morgen und am Abend wurden niemals Häftlinge aus dem Quarantäneblock, dem Krankenrevier, dem Todeszellenblock oder dem Speziallager gebracht.

Es vergingen zwei Monate meines „Lebens“ im KZ Mauthausen. Eines Morgens wurde nur ein Teil der Mannschaften zur Arbeit gebracht. Aus irgendeinem Grund wurden wir in die Blocks zurückgebracht. Es gab das Gerücht, dass viele in ein anderes Konzentrationslager geschickt werden sollen. In der Tat bekamen einige der Blocks früher als sonst die Mittagssuppe. Danach wurden wir unter verstärkter Eskorte zum Bahnhof gebracht. Dort wurden wir in Güterwaggons gepfercht, die so voll waren, dass es unmöglich war, sich zu setzen. Wir wussten bereits, dass wir in ein anderes Lager gebracht wurden, eine „Außenstelle“ von Mauthausen – Ebensee. Die Fahrt ging schnell und am Ende des Tages waren wir schon da. Das Lager Ebensee lag nicht weit vom Bahnhof entfernt, in einem Kiefernwald am Fuße eines steilen Felsmassivs. Obwohl es ein „Nebenlager“ von Mauthausen war, war es ziemlich weitläufig. Das Lager hatte keine Steinmauer, war aber auch von einem hohen Zaun mit Stacheldraht umgeben. Im Inneren des Lagers befanden sich die gleichen Blocks und ein Krematorium. Der einzige Unterschied war, dass es keinen einzigen Block für besonders gefährliche „Verbrecher“ gab.

Die Desinfektion dauerte sehr lange. Es war schon Nacht, als ich an der Reihe war, unter die Dusche zu gehen. Ich wechselte die Kleidung, bekam neue „Holzschuhe“ anstelle von Schuhen. Man brachte warmen „Kaffee“. Alexandrow und ich schafften es, im neuen Block nebeneinander untergebracht zu werden.

Der ganze nächste Tag wurde mit der Zusammenstellung von Arbeitsteams verbracht. Am folgenden Tag wurden wir zur Arbeit gebracht, wohin alle bisherigen Lagerinsassen gegangen waren. Das war ganz in der Nähe, Tunnel in den steilen Felsen des Gebirges. Irgendeine unterirdische Fabrik. Das Fabrikgelände wurde gerade gebaut. Wir bauten acht parallele Stollen. Am Eingang waren sie niedrig und nicht breit. Aber tiefer drinnen wurden sie breiter und höher. Die fertigen Tunnel waren kilometerlang. Andere wurden gerade erst gebaut. Die Tunnel waren durch schmale Gänge miteinander verbunden. Am Eingang jedes Tunnels befand sich eine arbeitende Pumpe, die Luft durch einen Schlauch bis zum Ende des Tunnels pumpte. Auf diese Weise wurde die staubige und explosionsvergiftete Luft aus den Tunneln gedrückt. In den fertigen Tunneln wurden an den Wänden und an der Decke Zementplatten angebracht, die mit Stahlbetonstützen verstärkt wurden. Deutsche und österreichische Ingenieure überwachten alle diese Arbeiten. Deutsche Offiziere mit Stöcken und Kapos überwachten den Fortgang der Arbeiten. In den Tunneln, die noch gebohrt wurden, war stets das unerhörte Donnern zahlreicher Druckluftbohrmaschinen zu hören. Nach Abschluss der Bohrungen wurden Sprengladungen angebracht, mit denen das Gestein gesprengt wurde. Danach luden die Häftlinge den Schutt auf Waggons und rollten ihn nach draußen. Mir fiel auf, dass das Revier (Krankenstation) in diesem Lager aus zwei Blöcken bestand. Später wurde mir klar, warum. Jeden Tag wurden Dutzende von Verwundeten aus den Tunneln geholt, die durch von der Decke fallende Steine verstümmelt wurden. Wenn ein Stein den Kopf traf, bedurfte der Häftling in der Regel keiner Behandlung mehr. Solche Häftlinge wurden direkt in den Block neben dem Krematorium gebracht.

Trotz der Gräueltaten der Faschisten ging die Arbeit nur sehr langsam voran. Wenn ein deutscher Offizier auftauchte, erwachte alles zum Leben: Die Kapos schrien, fuchtelten mit Stöcken, die Loren rasten, die Bohrmaschinen gruben sich kreischend in den Fels. Die Häftlinge beluden die Loren mit Gesteinsbrocken. Aber sobald der Offizier zum anderen Ende des Tunnels ging, hörte das Geschrei der Kapos auf und die Arbeit verlangsamte sich allmählich. Die Loren krochen kaum noch. Die Bohrmaschinen ratterten zwar noch in den Bohrlöchern, aber sie gruben sich nicht mehr in den Fels. Der Kapo beobachtete nicht mehr die Arbeiter, sondern das mögliche Herannahen eines Offiziers, um rechtzeitig „Schnell!“ brüllen zu können … Häufiger war jedoch ein leises „langsam, langsam, langsam“ zu hören.

Es gab auch eine solche Geschichte. In den Tunnel kam ein älterer Mann, offensichtlich ein Ingenieur in Zivilkleidung. Der Kapo hatte ihn noch nie gesehen und brüllte natürlich „Schnell!“. Der Ingenieur sagte irgendetwas Grobes auf Deutsch zu ihm, und er hörte sofort auf zu brüllen. Als er an den Gefangenen im Tunnel vorbeiging, brummte der Ingenieur leise das allen bekannte „langsam, langsam“ vor sich hin. Und die Männer bemühten sich, ihre Kräfte zu sparen, wenn sie konnten. Diese Haltung gab den Gefangenen Hoffnung und Ermutigung.

Die Zeit verging. Der Winter kam. Wir bekamen Umhänge aus dem gleichen gestreiften Material, die uns aber überhaupt nicht wärmten. Die Menschen froren draußen und gingen gern in die Stollen, wo es zwar kalt war, aber kein durchdringender Wind wehte. Die Kälte wurde zur größten Qual für die Häftlinge. Es gab ein Team, das nicht zur Arbeit in den Tunneln, sondern zum Bau von irgendwelchen Schuppen eingesetzt wurde. Die Männer dieses Trupps erfroren einfach. Die meisten von ihnen wurden mit Karren zurückgebracht, direkt in den Block neben dem Krematorium.

Zweimal sah ich, wie unter Aufsicht eines faschistischen Offiziers ein nackter Häftling an einen Pfahl gebunden und mit einem Wasserschlauch abgespritzt wurde. Unter dieser Dusche sich windend, erfror der Mann allmählich und wurde mit einer Eiskruste überzogen.

Wie in Mauthausen wurde auch hier oft während der Abendinspektion eilig ein Galgen errichtet, das nächste Opfer aus dem Bürogebäude geholt und vor aller Augen hingerichtet.

Wenn ein Offizier in der dienstfreien Zeit durch das Lager ging, erstarrten alle mit ausgestreckten Armen an der Hosennaht. Anstatt vor dem Offizier zu „erstarren“, stürzte einmal einer der Häftlinge in den Block. Mit vorgehaltener Waffe holte der Offizier den Häftling aus dem Block und zwang ihn, zum Stacheldraht zu gehen, der unter Strom stand, und ihn anzufassen. Meistens war es jedoch so, dass ein Offizier, wenn er durch das Lager ging, einen Mann, den er nicht mochte, einfach aus nächster Nähe erschoss.

Mitten im Winter, ich arbeitete in einem Tunnel, schob ich eine Lore zu einer Verlademaschine. Zu diesem Zeitpunkt löste sich eine große Steinplatte vom Dach und stürzte auf die Verlademaschine. Ein großer Splitter der Platte traf mich in die Seite. Ich fiel hin und konnte nicht gleich wieder aufstehen. Dann stand ich auf, ging zur Lore hinüber und ließ mich leise neben ihr nieder. Es tat weh zu atmen. Der Kapo befahl zwei Häftlingen, mich zum Revier zu bringen. Dort stellte ein polnischer Arzt, ebenfalls ein Häftling, sofort fest, dass ich zwei gebrochene Rippen hatte. Mit einem Stück Laken wurde ich fest verbunden und gezwungen, mich hinzulegen. Gegen Ende des Tages befahl der faschistische Chefarzt, ihm die Neuzugänge zu zeigen. Man brachte mich zu ihm. Die Frakturstelle war geschwollen und blau. Er schlug mir mit der Faust ziemlich hart auf die geschwollene Stelle. Als er gegangen war, wurde ich wieder mit einem Stück Laken verbunden. 

Auf dem Revier gab es die übliche Hungerration. Nach zwölf Tagen fühlte ich mich nicht so sehr ausgeruht, aber ich konnte mich etwas entspannen. Im Revier gab es wenig oder gar keine Medizin. Die Verbände wurden aus gewaschenen Lappen und Binden hergestellt. Unter diesen Bedingungen taten die Gefängnisärzte nahezu Unmögliches, um Leben zu retten.

Zwölf Tage später wurde ich wieder in den Block zurückgebracht, aber nicht in den, in dem ich vorher gewesen war. Ich fand mich auch in einem anderen Arbeitsteam wieder, das in einem anderen Tunnel desselben Typs arbeitete. Aleksandrow traf ich jeden Tag nach der Arbeit. Er stellte mich zwei neu eingetroffenen Russen vor, die erzählten, dass unsere Armee die faschistischen Horden bereits auf dem Gebiet Polens zerschlägt.

Am Ende des Winters waren vier riesige unterirdische Werkhallen vollständig vorbereitet für die Montage der entsprechenden Ausrüstung. Aber die Ausrüstung kam nicht. Die Häftlinge freuten sich. Die riesigen Tunnels erschienen uns nun als praktische Kühlschränke für die Nachkriegszeit. Die Arbeit in den anderen vier Tunnelbauwerken ging weiter, aber mit noch weniger Eile. Dafür im Krematorium mit um so größerer Eile. Die Verpflegung wurde noch schlechter. Die Sterblichkeit nahm zu. Mein Freund Alexandrow konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und war psychisch völlig am Ende. Er fragte mich, ob es vernünftig wäre, wenn er im Moment des Zusammentreffens zweier Loren ein Bein dazwischen stellen würde. Das würde ihm die Chance geben, in das Revier zu kommen, sagte er. Es kostete mich viel Mühe, ihn davon zu überzeugen, dass er damit nicht nur sein Bein, sondern auch sein Leben verlieren würde. Sein zerquetschtes Bein würde hier nicht behandelt werden, und er würde in der Todeszelle landen.

An alles, was danach geschah, erinnere ich mich wie an einen schlechten Traum. 

Der Winter ging zu Ende. Der Frühling kehrte ein. Am Himmel tauchten immer öfter Staffeln amerikanischer Flugzeuge auf. Es ging das Gerücht um, dass unsere Truppen Wien eingenommen hatten und Berlin einkesselten. Wir gingen immer noch in die Stollen, aber wir arbeiteten kaum noch. Sie gaben uns kein Brot mehr. Statt der dünnen Suppe begann man, Wasser mit Kartoffelschalen zu kochen. Diese Brühe war absolut flüssig wie Wasser und stank nach Fäulnis. Die Abendinspektion wurde ohne den Lagerführer und die Offiziere durchgeführt. Am Abend verbreitete sich das Gerücht, dass die Häftlinge am Morgen in die Stollen getrieben und die Stollen gesprengt würden. Am Morgen waren alle Häftlinge in ihren Blocks, trotz des gegebenen Befehls ging niemand auf den Appellplatz. Es erschienen Häftlinge mit weißen Armbinden, Vertreter der Selbstverwaltung des Lagers. Die Blockführer und Kapos, die Häftlinge verhöhnt und umgebracht hatten, versteckten sich, aber sie wurden gefunden und vernichtet. Der Lagerführer und der gesamte Offiziersstab stiegen in Autos und verließen das Lager. Die Lagerwachen blieben jedoch vor Ort und es gab keine Möglichkeit, das Lager zu verlassen. Die Arbeit in den Tunneln wurde eingestellt. Die Öfen im Krematorium erloschen. Die Toten wurden in der Nähe des Krematoriums gestapelt. Die Macht innerhalb des Lagers ging vollständig in die Hände der Selbstverwaltung über. 

Im Lager gab es keine Lebensmittel mehr. Aber man konnte sich jederzeit kochendes Wasser holen. Mein Freund Alexandrow hatte seine Lebensgeister wiedergefunden und lief jetzt voller Energie durch das Lager, um mir ständig kochendes Wasser zu bringen. Ich konnte mich schon zwei Tage nicht mehr erheben. Meine Beine versagten und ich starb vor völliger Erschöpfung einen Hungertod, wie Tausende andere auch. 

Am Morgen des 5. Mai näherten sich amerikanische Panzer dem Lager. Die Wachen blieben auf ihren Plätzen. Doch nach einer Weile flohen sie und warfen ihre Waffen weg. Die amerikanischen Panzer durchbrachen das Tor und den Lagerzaun und fuhren in das Lager. Die Häftlinge, die sich noch bewegen konnten, stürzten sich auf die Panzer, kletterten auf sie und schlugen mit allem, womit sie konnten, auf sie ein. Die erschrockenen Soldaten begannen in die Luft zu schießen, um die Häftlinge zu beruhigen. Meine Kameraden holten mich aus dem Block und setzten mich an die Wand, damit ich sehen konnte, was passierte. 

Als sich alles etwas beruhigt hatte, öffneten die Panzerfahrer die Luken und begannen, alles, was sie zu essen hatten, rauszuwerfen. Aber das musste sofort gestoppt werden, denn die Häftlinge waren vor Hunger bereit, sich für ein Stück Brot gegenseitig umzubringen. 

Nach ein paar Stunden fuhren mehrere Fahrzeuge mit Lebensmitteln und medizinischem Personal in das Lager. Ich habe nicht gesehen, wie die Verteilung der Lebensmittel an diejenigen erfolgte, die sich noch selbständig bewegen konnten. Jemand brachte mir ein Stück Weißbrot, das dick mit Sülze beschmiert war. Ich versuchte, es zu essen, aber ich konnte nicht, mir war übel. Dann holten sie mich ab und brachten mich auf einer Trage in die Baracke, in der zuvor die Wachen untergebracht waren. Über meinem Bett hing ein Glasgefäß mit irgendeiner Lösung, von dem ein Schlauch mit einer Nadel direkt in meinen Magen führte. Drei Tage lang wurde ich so über die Nadel ernährt. Am vierten Tag gaben sie mir zur Probe eine Brühe. Ich aß sie auf, und eine Woche später verließ ich die Krankenstation in Richtung der Baracken, allerdings mit Hilfe von Stöcken. Meine Beine hörten nicht auf mich.

Ich habe überlebt. Doch viele derjenigen, die sich nach der Ankunft der Amerikaner zwischen Leben und Tod befanden, konnten nicht gerettet werden. Noch einige Tage starben die Menschen weiter. Als ich von der Krankenstation in die allgemeine Baracke kam, fand mich Alexandrow. Es ging ihm schon wesentlich besser, aber er litt unter Magenproblemen. Er hatte zu viel gegessen. Am ersten Tag bat ich Alexandrow, mir beim Laufen zu helfen. Wir gingen durch das Lager. Einige der Blocks wurden noch von den Häftlingen als Unterkunft genutzt, während die übrigen Blocks völlig zerstört waren. Unter der Leitung eines amerikanischen Offiziers luden zwei ältere Deutsche tote Häftlinge auf einen Wagen und brachten sie außerhalb des Lagers zu einem Massengrab. Es war leicht, mit den Leichen zu arbeiten. Von ihnen ging kein Verwesungsgeruch aus, Haut und Knochen waren fast ausgetrocknet.

Am ersten Tag, als die amerikanischen Panzer in das Lager eindrangen, versorgten sich viele Häftlinge mit irgendwelchen amerikanischen Lebensmitteln und drängten nach Osten. Jedoch kehrten viele von ihnen nach einiger Zeit in das Lager zurück. Etwa einen Kilometer vom Lager entfernt befand sich die Kaserne irgendeiner deutschen Armeeeinheit. Jetzt stand diese Kaserne leer. Die Amerikaner beschlossen, alle Russen dorthin zu evakuieren, so dass nur noch Gefangene anderer Nationalitäten im Lager blieben.

So begannen wir, uns in dieser Kaserne niederzulassen und zu Kräften zu kommen. Wir begannen, eine Bestandsaufnahme aller Leute zu machen, wer, woher, bei wem und wo gedient. Hier erfuhr ich zum ersten Mal, dass mein Freund Alexandrow gar nicht Alexandrow war, sondern Lovkin Alexandr aus Armavir, der von den Deutschen gefangen genommen worden war, als er mit anderen versuchte, in ein Partisanenlager zu gelangen.

Der Tag des Sieges und der Kapitulation des faschistischen Deutschlands sah mich noch auf der Krankenstation. Die Kämpfe hatten aufgehört. Ein Offizier der Sowjetarmee besuchte uns. Auf dem Platz neben der Unterkunft hatten sich alle Häftlinge des Konzentrationslagers versammelt, jeder wollte Neuigkeiten aus der Heimat und über unser zukünftiges Schicksal hören. Doch seine Rede war ungewöhnlich unklar, und wir verstanden nicht, was mit uns geschehen würde.

Fast zwei Monate lang lebten wir in dieser Kaserne. Der Offizier der Sowjetarmee, der zu der amerikanischen Militäreinheit für die Angelegenheiten der nach Deutschland verschleppten sowjetischen Bürger abkommandiert war, erschien oft in unserer Kaserne, aber einem Gespräch mit uns wich er aus. Damals hörten wir zum ersten Mal das Wort „Repatriierung“. Es stellte sich heraus, dass wir repatriiert werden, wir sind Repatriierte, d.h. Menschen bis auf Weiteres ohne Heimat. Wir sind nichts und niemand braucht uns. Man hatte das Gefühl, dass der „große“ Stalin uns betreffend ungünstige Anordnungen getroffen hatte.

Zur gleichen Zeit fuhren die Gefangenen anderer Nationalitäten nach Hause. Um die Franzosen, Holländer, Serben und Polen zu holen, kamen Autos, Sonderzüge und Flugzeuge. Wir Sowjetbürger waren die einzigen, die auf etwas Unbekanntes warteten. Es gab einige, die das Interesse an der Rückkehr in die Heimat zu verlieren begannen. 

Schließlich kam auch ein Zug für uns. Es war ein Güterwagen, der in keiner Weise ausgerüstet war. Irgendwie hat man uns verladen, Gesunde und Kranke zusammen. Sie brachten uns nach Ungarn. Ein Lager am Rande von Budapest wurde zu unserer Bleibe. Budapest lag in Trümmern. Es war bereits sowjetische Besatzungszone. In Österreich wurden wir noch eingekleidet. Wir bekamen abgetragene Kleidung, die offensichtlich aus den Lagerhäusern stammte, die es in der Nähe der Konzentrationslager gab. 

Eine Woche später wurden wir mit demselben Güterwagen nach Rumänien in ein Lager in der Nähe irgendeiner Provinzstadt gebracht. Nachdem wir hier ein oder zwei Wochen festgehalten worden waren, wurden wir erneut in einen Zug verladen und in die Sowjetunion gebracht, wo wir einem provisorischen Lager in der Nähe von Lwow zugewiesen wurden. An einer der Grenzstationen wurden wir zwei Stunden lang festgehalten. Alle wurden gründlich durchsucht. Das war so verstörend, dass uns die Tränen kamen. Was konnte man bei ehemaligen Lagerhäftlingen finden, die nicht einmal warme Kleidung besaßen? Wir lebten ziemlich lange in diesem Lager, ohne dass wir die Möglichkeit hatten, Nachrichten von uns nach Hause zu senden und zu erfahren, wie es zu Hause ging. Schließlich wurde uns gestattet, nach Hause zu schreiben, aber ohne Absender. Alle suchten eilig nach Papier. Soldaten aus einer benachbarten Militäreinheit halfen uns.

***

1946 gelang es mir endlich, wieder mit meiner Familie zusammenzukommen. Wir zogen von Grosny nach Kuibyschew.

Acht Jahre vergingen. Und plötzlich gab es Signale, dass man nach mir suchte. Sie suchten nach mir in Grosny, Asow, Pensa, Rostow. Mir wurde klar, dass die faschistischen Archive ausgehoben worden waren und man nach den überlebenden Häftlingen suchte. Offenbar wurde ich in den Listen der Repatriierten gefunden. Wie war das für meine Frau? Wenn man jetzt, nach acht Jahren, beschloss, mich zu finden, dann vermutlich nicht umsonst und schon gar nicht wegen „Desertion von der Arbeitsfront“. Sie sagte: „Sie suchen Dich und sie werden Dich wahrscheinlich finden. Man wird Dich in die Verbannung schicken. Du verstehst, was mit uns geschehen wird? Ich, die Frau eines Volksfeindes, werde entlassen oder vielleicht aus Kuibyschew weggeschickt? Und die Kinder?“ Tränen, Tränen …

Ich habe versucht, mit den heranwachsenden Kindern zu sprechen, natürlich heimlich ohne ihre Mutter. Ich erzählte ihnen vom Krieg, vom menschlichen Leid und vom Heroismus … Und ich las in ihren Augen eine stumme Frage: „Und du, Vater, wo warst du? Warum bist du nicht zurückgekommen wie alle anderen?“ 

Was hätte ich tun sollen? Meine Familie verlassen? Die Kinder verlassen? Das ist unmöglich. Das geht über meine Kräfte. Vor dem Krieg habe ich viel Marx und Lenin gelesen. Ich bereitete mich darauf vor, in die Partei einzutreten, auch wenn ich aus verschiedenen Gründen parteilos blieb. Aber ich wusste, dass ich ein gleichberechtigter Bürger war. Und jetzt bin ich wer? Ich laufe in der Welt herum wie ein Dieb. Ja, in gewisser Weise habe ich mich selbst beraubt. Ich hätte nicht überleben dürfen. An der Front konnte ich nicht sterben, doch in der Gefangenschaft kampflos zu sterben, war widerlich! Deshalb sage ich jetzt, dass der einzige Ausweg für mich darin besteht, für zehn Jahre verurteilt zu werden. Denn dort kann ich arbeiten, Geld verdienen und es meiner Frau schicken. Und in zehn Jahren sind die Kinder erwachsen, und ich werde wahrscheinlich nicht mehr unter den Lebenden sein.

Es herrschte Schweigen. Michailow blätterte in einem Ordner mit Papieren und fragte:

– Und wer hat Ihnen geholfen, die Demobilisierungsunterlagen zu bekommen?

– Warum stellen Sie eine Frage, die ich nicht beantworten werde? Zumal Sie selbst an die Quelle gelangen können.

– Ja, das stimmt.

Ich setzte naiverweise voraus, dass meine Erzählung über das sich schwierig fügende Leben nach dem Krieg sie dazu bringen würde, sich in dieses Leben einzumischen. Aber das geschah nicht. 

Der leitende Ermittler erklärte:

– Meines Erachtens ist nichts Schlimmes passiert. Hier sind Ihre Unterlagen. Leben Sie mit ihnen, so wie Sie es bisher getan haben. Sie sind korrekt. Wenn Sie nach Hause kommen, erzählen Sie Ihrer Frau alles. Versichern Sie ihr, dass Ihnen keine Gefahr droht. Wir werden Sie noch ein paar Mal herbitten, um einige Fotos zu identifizieren. Also gehen Sie. Alles Gute für Sie …

***

Epilog

Vor dem Krieg habe ich fest daran geglaubt, dass der Mensch selbst Schöpfer seines Schicksals ist. Das Leben hat jedoch bewiesen, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg hat, sein Schicksal vorbestimmt ist. Doch dazu genügt unsere Weitsicht nicht …

Stellt Euch vor, dass auch Ihr durch die Fügung des Schicksals im Gefängnis in Einzelhaft in strenger Isolation sitzen.

Ihr wisst nicht, wann Ihr entlassen werdet und ob Ihr überhaupt entlassen werdet.

Ihr empfindet diese Gefangenschaft als eine Strafe für eine edle Sache, die Ihr getan habt.

Ihr seht durch die Gitterstäbe des Fensters nur ein Stück blauen Himmels.

Manchmal scheint ein Sonnenstrahl herein, und gelegentlich erklingen von irgendwo in der Ferne die Stimmen des Lebens und der Gesang der Vögel.

Man führt Euch zum Rundgang in einem düsteren Gefängnishof, wo Ihr Zeuge von Willkür, unmenschlicher Grausamkeit, Sadismus werdet.

Die ganze restliche Zeit seid Ihr mit Euren Gedanken und Gefühlen allein.

Und dann, nach zwei oder drei Jahren, werdet Ihr entlassen und man gibt Euch die volle Freiheit.

Viele Menschen verhärten dadurch, entfernen sich von den Menschen, ziehen sich in sich selbst zurück. Das sind schwache, willenlose Menschen. Aber ich glaube, dass Ihr stärker seid. Ihr werdet Eure Liebe zum Leben finden, Ihr werdet seine Schönheit und Größe spüren. Wenn Ihr kein persönliches Glück habt, werdet Ihr Euch an der Freude der anderen erfreuen und ihr Glück wertschätzen. Ihr werdet Euch nicht erlauben, einem Menschen Schaden zuzufügen, Ihr werdet die Nähe zu den Menschen suchen, nur das Licht in ihnen sehen und für Euch das Glück in ihnen finden. Ihr werdet den Umgang mit offensichtlich schlechten Menschen meiden und das Gute vor ihnen schützen, das durch den Kontakt mit Herzlosigkeit seine Schönheit verlieren kann. Ihr werdet die kleinen Dinge schätzen … Ein großer schöner Blumenstrauß besteht aus einzelnen kleinen Blumen, die nicht immer leicht im Disteldickicht zu finden sind …

Iwan Nikolajew

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