Joe Biden wird im November 2024, wenn er für weitere vier Jahre als US-Präsident wiedergewählt werden soll, 82 Jahre alt. Es gibt die These, dass eine Rüstungsindustrie-nahe Clique um ihn herum ganz froh ist, in ihm einen inkompetenten Präsidenten zu haben, unter dessen Namen sie ihre Politik verkaufen können.

Joe Bidens Inkompetenz – und die Clique, die sich hinter Bidens Namen versteckt

(Red.) Unser Kolumnist aus den USA, Patrick Lawrence, ist überzeugt, dass Bidens Politik nicht von ihm, dem total inkompetenten Mann, gemacht wird, sondern dass er nur die Gallionsfigur einer Clique ist, die ihrerseits der Rüstungsindustrie nahesteht. Und er möchte, dass dies nicht nur in den USA erkannt wird, sondern auch in Asien und Europa so erkannt und verstanden wird. (cm)

Bei einem spontanen Treffen mit der Presse auf einem Flughafen rief ein Medienkorrespondent Präsident Biden über das Heulen der Triebwerke hinweg zu: „Funktionieren die Luftangriffe im Jemen?“ Amerikas Oberbefehlshaber, der sich offensichtlich in seinem üblichen Zustand der Verwirrung befand, antwortete ohne nachzudenken: „Nun, wenn Sie sagen ‚funktionieren‘, halten sie die Huthis auf? Nein. Werden die Luftangriffe weitergehen? Ja.“

Schauen wir uns diese 11 Sekunden an, die in einem Video festgehalten wurden, das hier angesehen werden kann. Es liegt mir sehr daran, dass auch Europäer und andere Nicht-Amerikaner diesen kurzen Ausschnitt sehen, denn er offenbart Dinge über die mächtigste politische Figur der Welt, die aus der Ferne sonst vielleicht nicht so offensichtlich sind. Da ist zum Beispiel das Ausmaß, in dem Biden in einem Nebel lebt und sich bewegt: seine grundlegende Inkompetenz. Da ist seine angeborene Dummheit in Fragen der internationalen Beziehungen, seine Dummheit – ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll – und der Unsinn, der oft daraus resultiert. In diesem kurzen Austausch können wir die Unfähigkeit des Präsidenten erkennen, von einem starren, ich würde sagen, sinnlosen Kurs in seiner Außenpolitik abzuweichen – so als ob es seine Absicht wäre, immer wieder das Gleiche zu tun (um eine bekannte Weisheit zu zitieren) und trotzdem ein anderes Ergebnis zu erwarten.

Die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner sind sich des körperlichen Verfalls von Joe Biden und seines immer deutlicher werdenden geistigen Niedergangs sehr wohl bewusst. Es ist zu offensichtlich, um es zu übersehen. In einem ausgewogenen Gemeinwesen würde er als untauglich für das Amt angesehen. Aber über diese Dinge wird nur selten und immer nur am Rande gesprochen oder geschrieben, weil die liberalen Autoritäten, die die amerikanischen Medien kontrollieren, fest entschlossen sind, ihn im kommenden November wieder ins Amt zu hissen. Das macht ihn zu einem perfekten Fall des Kaisers, der sich in der Öffentlichkeit ohne Kleider präsentiert. Biden ist wie aus einem Märchen von Hans Christian Anderson. 

Ich habe mich allerdings schon lange gefragt, ob Bidens Zustand von dem einen oder anderen Ozean aus auch erkennbar ist. Und ich würde sagen, erkennbar für andere – und seinen Zustand auch zu verstehen. Die schockierende Gleichgültigkeit des Biden-Regimes gegenüber dem Verfall der amerikanischen Institutionen und der zunehmenden sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit ist schon bitter genug. Aber in der Außenpolitik ist seine Inkompetenz mehr als bitter. Sie ist lebensgefährlich. Sie bringt die ganze Welt in die Gefahr eines neuen Weltkriegs, an dem mehrere atomar bewaffnete Mächte beteiligt sind. 

Lassen Sie mich eine kurze Liste der zerstörerischsten außenpolitischen Fehleinschätzungen des Biden-Regimes aufstellen. Auf der anderen Seite des Pazifiks entfremdeten seine nationalen Sicherheitsleute die Chinesen zwei Monate nach Bidens Amtsantritt, als sie hochrangige chinesische Beamte wegen der üblichen amerikanischen Beschwerden – Demokratie, Pressefreiheit, Menschenrechte und so weiter – ausschimpften, als wäre die Volksrepublik eine drittklassige Macht, die sich vom Westen belehren lassen muss. Seitdem haben sie Exportkontrollen eingeführt, um die chinesische Wirtschaft in jenen Bereichen zu schwächen, in denen sie am wettbewerbsfähigsten ist, und haben Peking in der Taiwan-Frage unzählige Male provoziert. 

Auf der anderen Seite des Atlantiks hat das Biden-Regime vor zwei Jahren im Herbst die Nord Stream-Pipeline zerstört, ein Affront gegen die europäische Souveränität, der die lange, wenn auch stille Entfremdung des Kontinents von den USA sicherlich noch verschlimmert hat. Jetzt hat Biden die USA in einen Konflikt geführt, der sich in Westasien (für uns der «Mittlere Osten», Red.) ausbreitet – und das zur Unterstützung des israelischen Völkermords an den Palästinensern in Gaza. Ganz allgemein teilt Biden die Welt in Demokratien und Autokratien ein und erhebt den Anspruch, die Ersteren in einen Krieg gegen die Letzteren zu führen: Wer kann das auch nur im Geringsten ernst nehmen?   

Das ist nur eine Bleistiftskizze, aber ich werde es dabei belassen. Es reicht, wenn wir feststellen, dass das hervorstechendste Merkmal der Biden-Außenpolitik ihre konsequente Irrationalität ist. Die Frage ist, wie wir das erklären können.

Um am Anfang zu beginnen, müssen wir uns fragen, ob Joe Biden tatsächlich für die Politik verantwortlich ist, für die sein Name steht. Es gibt ein paar Kommentatoren in Amerika, die seinen Namen in Anführungszeichen setzen, wie zum Beispiel „Bidens“ China-Politik oder die Haltung, die „Biden“ gegenüber der Russischen Föderation eingenommen hat. Damit wird angedeutet, dass Präsident Biden nicht wirklich für die Außenpolitik seiner Regierung verantwortlich ist. Er ist eine Galionsfigur, die diese Politik den Amerikanern und der Welt präsentiert, während seine nationalen Sicherheitsleute sie aber bestimmen.

Das ist eine These, nicht mehr, denn die US-Verwaltungen werden seit vielen Jahren immer undurchsichtiger und sind deshalb schwer zu durchschauen. Aber es gibt gute Gründe, diese These ernst zu nehmen, denn es gibt eine lange Geschichte, die sie unterstützt. Ronald Reagan war meines Erachtens der erste Präsident der Neuzeit, dessen Ziel eindeutig darin bestand, Politik zu erklären, anstatt sie zu gestalten. Deshalb wurde Reagan auch als „der große Kommunikator“ bezeichnet. Bush II, die Regierung von George W. Bush, 2001 bis 2009, wiederholte dieses Muster. Bush selbst war ein Amateur. Die Politik wurde von Vizepräsident Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und einer Clique von Neokonservativen wie Paul Wolfowitz bestimmt, die für eine „Dominanz des gesamten Spektrums“ eintraten – im Klartext ein Imperium, ein Ziel, das seitdem keine Regierung mehr aufgegeben hat. 

Bidens Assistenten für nationale Sicherheit werden von drei Personen angeführt, die offenbar die gleichen Rollen spielen. Das sind Außenminister Blinken, der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan und der CIA-Direktor William Burns. Mit Ausnahme von Burns liegt das Problem bei diesen Personen in ihrer fachlichen Kompetenz. Blinken und Sullivan sind unbedarfte neoliberale Ideologen, die ihre Karriere vor 2021 in beratenden Funktionen verbracht haben. Ihre jetzigen Positionen sind ihre ersten mit Führungsverantwortung, und sie sind dabei schwer überfordert. 

Es gibt noch einen weiteren Punkt über das Bush-II-Regime zu sagen. Es waren Cheney und Rumsfeld, die in den Jahren nach dem 11. September zusammen mit anderen Neokonservativen eine entsetzlich anmaßende Außenpolitik betrieben, die das Völkerrecht unablässig ignorierte und die USA zu dem machte, was sie heute sind: eine unsichere, verzweifelt defensive Nation in ihrer spätimperialen Phase, die die Hauptursache für die globale Unordnung ist, mit der wir jetzt alle konfrontiert sind. Das soll keine Entschuldigung für den Schlamassel sein, den Biden oder „Biden“ angerichtet haben. Es geht lediglich darum, die Geschichte festzuhalten. 

Das eigentliche Thema hier – und wie Bidens persönliche Inkompetenz wird es in den amerikanischen Mainstream-Medien selten und nur am Rande erwähnt – ist die Präsenz und die Macht des „Deep State“, einer nicht gewählten, zutiefst undemokratischen Kraft, die die USA regiert und ihre Außenpolitik bestimmt. Lange Zeit war ich bei der Verwendung dieses Begriffs zurückhaltend. Jetzt bin ich es nicht mehr. Der «Deep State», der Staat im Staat, und sein Einfluss sind eine Realität, die ich den Leserinnen und Lesern von Globalbridge dringend nahebringen muss. In vielerlei Hinsicht dringt er in die Politik der Europäer und anderer Nicht-Amerikaner genauso ein wie in Regime wie das von Biden. 

Jeffery Sachs, der bekannte Wissenschaftler und Kommentator, hat diese Fragen in einem am 15. Januar in Common Dreams veröffentlichten Artikel angesprochen. Unter der Überschrift „Why Joe Biden is a foreign policy failure“ (Warum Joe Biden ein außenpolitischer Versager ist) geht Sachs auf die Eisenhower-Jahre zurück, um zu erklären, was wir heute vor unseren Fenstern sehen. Er zitiert Eisenhowers berühmte Rede über die Realität des militärisch-industriellen Komplexes, die er hielt, als er im Januar 1961 aus dem Weißen Haus auszog und John F. Kennedy einzog. Hier blickt Sachs von diesem Moment aus nach vorne: 

Diese Beobachtungen rücken Bidens offensichtliche Inkompetenz in eine Perspektive, die wir unbedingt verstehen müssen. Wir müssen uns fragen, ob seine verschiedenen geistigen und intellektuellen Schwächen – bis hin zu seiner Unwürdigkeit, ein Amt zu bekleiden – ihn nicht genau zu der Art von Präsident machen, die die politischen Cliquen, die Sachs zitiert, also der «Deep State», der «Staat im Staat» insgesamt, bevorzugen. Wir müssen uns fragen, ob ein Imperium in seiner Spätphase tatsächlich eine Galionsfigur braucht, die die Realitäten des Imperiums (falsch) repräsentiert, oder nicht doch eine inspirierende Führungspersönlichkeit, die in der Lage ist, die Bürgerinnen und Bürger und auch andere Nationen durch mitreißende Visionen von einer besseren Welt zu mobilisieren. Wir müssen uns fragen, ob wirklich Joe Biden den Kurs Amerikas bestimmt, oder ob wir nicht doch die kollektive Autorität meinen, die aber unter dem Namen „Joe Biden“ bekannt ist.

Zum Originaltext in US-Englisch hier.