
Bericht | Israel verwüstet seine Nachbarn an sieben Fronten – Gaza, Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Jemen, Iran
(Red.) Die ganze Welt schaut auf den Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und „Präsident“ Wolodymyr Selenskyj. Doch der Vernichtungskrieg Israels gegen die Palästinenser in mehreren Regionen – noch immer mit Unterstützung der USA und Deutschlands – darf deswegen nicht übersehen und/oder gar vergessen werden. Unsere Spezialistin für den Mittleren Osten Karin Leukefeld hat eben wieder einen Bericht verfasst, in dem sie beschreibt, was zur Zeit in Palästina abläuft. Weitere Berichte zu anderen Kriegsregionen werden folgen. Und siehe auch die Ergänzungen am Ende dieses Artikels. (cm)
Friedrich Merz wird voraussichtlich der nächste deutsche Bundeskanzler. Im Gespräch mit der ARD-Journalistin Caren Miosga hat der ehemalige Wirtschaftsanwalt und Aufsichtsrat bei der deutschen Niederlassung der Finanzfirma BlackRock über seine politischen Pläne gesprochen. Unter anderem bekräftigte Merz, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu trotz Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) nach Deutschland einzuladen. Noch am Wahlabend hatte Netanjahu Merz gratuliert und Merz habe ihm ein Treffen nach der Regierungsbildung vorgeschlagen. „Für den Fall, dass er einen Deutschlandbesuch plant, habe ich ihm zugesagt, dass wir Mittel und Wege finden werden, dass er Deutschland besuchen kann und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen wird„, sagte Merz.
Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Netanjahu und seinen damaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant muß nach dem „Römischen Statut“ von den Unterzeichnerstaaten – auch von Deutschland – respektiert werden.
Zur Erinnerung:
61,709 Menschen im Gaza-Streifen wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde am 3. Februar 2025 von der Israelischen Armee seit dem 7. Oktober 2023 getötet. Diese Zahl beinhaltet Menschen, die vermisst werden und vermutlich tot unter den Trümmern liegen. 17,492 der Toten sind Kinder. 111,588 Menschen wurden verletzt.
Das medizinische Fachjournal The Lancet geht davon aus, dass viele an den Folgen ihrer Verletzungen und des Krieges sterben. Die tatsächliche Zahl möglicher Todesopfer könnte demnach auf 186.000 oder mehr steigen.
Im Februar 2025 hieß es in einem neuen Lancet-Bericht, die Lebenserwartung der Bevölkerung des Gaza-Streifens sei um knapp 50 Prozent (!) gesunken. Die Zahl der Todesopfer könnte demnach 40% höher sein, als bisher angenommen.
Die Nichtbeachtung der Opfer des Gaza-Krieges, des internationalen Rechts und des Strafgerichtshofes durch den vermutlich zukünftigen Bundeskanzler Deutschlands ist beachtlich. Den israelischen Ministerpräsidenten angesichts dieser Tatsachen (neudeutsch „facts“) nach Deutschland zu holen wäre völkerrechtlich illegal. Wollte Merz sich möglicherweise an eine der zahlreichen Schleuserbanden wenden, die seit vielen Jahren Menschen zu Land und zu See aus Syrien, Libanon und Palästina schleusen, Menschen, die vor dem brutalen, direkten und indirekten machtgierigen Expansionskrieg Israels auf der Flucht sind? Der durchschnittliche Preis für die oft lebensgefährliche Schleusertour Richtung Europa dürfte für Friedrich Merz kein Problem sein. 10-15.000 US-Dollar zahlt er sicher aus seiner Portokasse.
Oder will Merz mit der Einladung sicherstellen, dass Deutschland weiterhin Zugriff auf israelische Waffen- und Drohnentechnologie und Spionagesoftware hat? Herausragend dabei war die von Israel vor den Augen der Welt in Gaza vorgeführte mörderische Technologie namens „Lavender“, eine „Künstliche Intelligenz“, die innerhalb kürzester Zeit tausende Ziele identifiziert und zum Abschuß freigibt. In den ersten Wochen des jüngsten Gaza-Krieges (seit dem 7. Oktober 2023) wurden von „Lavender“ 37.000 Palästinenser als Ziele ausgemacht, weil sie tatsächlich oder scheinbar Kontakt zu bereits identifizierten angeblichen Hamas-Kämpfern gehabt haben sollen. Bei der Befreiung von vier israelischen Gefangenen (Geiseln) Anfang Juni 2024 im Flüchtlingslager Nuseirat im Gazastreifen, wurden mit Hilfe „Künstlicher Intelligenz“ mehr als 200 Menschen getötet und mehr als 400 Menschen wurden verletzt. Überlebende sprachen von einer „Hölle auf Erden“.
Netanjahu erklärt, dass Israel seit einem Jahr einen „Krieg der Wiedergeburt“ kämpfe. Der „mörderische Überraschungsangriff von Hamas-Terroristen“ sei der „furchtbarste Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust“ gewesen, so Netanjahu. Man habe sich „anders als im Holocaust erhoben und einen erbitterten Krieg gekämpft.“ Israel werde an sieben Fronten angegriffen und kämpfe an sieben Fronten, so Netanjahu. Die „Sicherheitsrealität in unserer Region“ werde verändert „für das Wohl unserer Kinder und für das Wohl unserer Zukunft“, so Netanjahu.
Anfang Februar reiste der israelische Regierungschef in die USA, um dort den neuen US-Präsidenten Donald Trump zu treffen. Als er die offizielle Regierungsmaschine „Flügel Zions“ bestieg, äußerte er sich gegenüber der Presse zu seinem Plan, einen „Neuen Mittleren Osten“ zu schaffen. „Unsere Entscheidungen in diesem Krieg haben bereits das Gesicht des Mittleren Ostens verändert“ so Netanjahu. „Unsere Entscheidungen und der Mut unserer Soldaten haben die Landkarte verändert.“ Eine enge Zusammenarbeit mit US-Präsident Trump werde dazu beitragen, die Landkarte „noch mehr zu verändern“ und zwar aus Sicht von Netanjahu, „zum Besseren.“
Netanjahu spricht von „unserer“ Region, von „unseren“ Kindern, von „unserer“ Zukunft. Die „Landkarte verändern“, die „Sicherheitsrealität verändern“ bedeutet für die Völker und Staaten der Region Krieg.
Die „gewaltsame Neuordnung“ der Region zwischen dem östlichen Mittelmeer und dem Persischen Golf ist seit langem geplant, wie der ehemalige Schweizer Botschafter Kurt O. Wyss in seinem Buch „Die gewaltsame amerikanisch-israelische ‚Neuordnung‘ des Vorderen Orients“ beschreibt. Der Krieg gegen Palästina dauert seit mehr als 100 Jahren. Er begann im 19. Jahrhundert mit der zionistischen Bewegung und ihrer Idee in Palästina eine „jüdische Heimstatt“ zu errichten. Auf dem Land eines anderen Volkes sollte ein Staat errichtet werden, man nennt es auch „Siedler-Kolonialismus“. Viele Staaten in Afrika, Asien, Nord- und Südamerika haben erfahren, was das heißt. Das Projekt nahm erste Gestalt an mit dem britisch-französischen Sykes-Picot-Abkommen (1916) und der Balfour-Erklärung (1917).
Heute führt der 1948 gegründete Staat Israel direkt und indirekt „Krieg an sieben Fronten“: im Gazastreifen, im Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Jemen und Iran. Die Territorien der Völker der Region werden verwüstet und besetzt. Aus Weizenfeldern werden Schlachtfelder, Lebensgrundlagen werden verbrannt. Wer sich widersetzt und sein Recht, sein Land, seine Heimat verteidigt, wird als „terroristisch“ gebrandmarkt und getötet. Die Menschen sollen sich unterwerfen, werden vertrieben oder in Flüchtlingslagern eingesperrt.
Die Front im Gazastreifen
Seit dem 19. Januar 2025 hält eine Waffenruhe im Gazastreifen. Die erste einer vier Phasen umfassenden Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas endete am 28. Februar. Beide Seiten nahmen Verhandlungen über die zweite Phase auf und schickten Delegationen nach Kairo. In der zweiten Phase, so die vorherige Vereinbarung sollten weitere israelische Gefangene aus dem Gazastreifen freigelassen werden und Israel solle seine Truppen zurückziehen. Mehr Hilfsgüter und vor allem provisorische Unterkünfte für die Menschen sollten in den Gazastreifen geliefert werden. In einer dritten Phase sollte es um die Frage von Wiederaufbau und politischer Verwaltung gehen, mit der vierten Phase sollte die israelische Armee sich komplett zurückgezogen haben.
Rückblick:
„Menschliches Schutzschild“: Die israelische Webseite („The Hottest Place in Hell“) veröffentlicht am 16.2.2025 einen Bericht von Illy Pe’ery, einem freien Reporter. Danach “benutzten” israelische Soldaten einen 80jährigen Bewohner des Gazastreifens als “menschliches Schutzschild”. Ein Offizier der Nahal Brigade band dem alten Mann eine Sprengstoffschnur um den Hals, berichteten Soldaten, die dabei waren. Der alte Mann wurde gezwungen, vor ihnen durch Gebäude zu gehen, um eventuelle Sprengfallen zu identifizieren. Nach acht Stunden ließen sie ihn gehen und sagten, er solle seine Frau holen und verschwinden. Der Mann ging, holte seine Frau und sie flohen. Beide wurden von einer anderen israelischen Armeeeinheit erschossen. Die Soldaten, die den Fall beobachtet hatten, berichteten, das habe sich im Mai 2024 in der Zeitoun Nachbarschaft, Gaza Stadt zugetragen.
„Trümmer und Staub“: Während der ersten Phase der Waffenruhe konnte die Bevölkerung von Gaza in den Norden zurückkehren, von wo sie vertrieben worden waren. Die Menschen standen vor dem Nichts, die massiven israelischen Bombardierungen über mehr als ein Jahr hatten nichts als „Trümmer und Staub“ hinterlassen.
22.2.2025: Am Morgen übergeben die Qassam-Brigaden in einer siebten vereinbarten Übergabe in Rafah und im Flüchtlingslager Al Nuseirat sechs israelische Gefangene dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Zwei der Gefangenen waren seit zehn Jahren in Gaza festgehalten worden, doch hatte Israel trotz Bitten der Angehörigen kein Interesse gezeigt, sie durch Verhandlungen freizubekommen. Eine sechste Person, Hisham al-Sayyid, wurde direkt an das IKRK übergeben. Hisham al-Sayyid sei ein palästinensischer Beduine, der in der israelischen Armee diente, hieß es von Seiten der Hamas. Aus Respekt vor ihm und seiner Familie werde es keine öffentliche Übergabe geben.
Drei Gefangene wurden am 7. Oktober 2023 bei dem Musikfestival nahe der Grenze zum Gaza-Streifen entführt worden. Alle drei werden vor der Übergabe an das IKRK auf einer Bühne gezeigt und mit Entlassungspapieren ausgestattet. Einer von ihnen, Omer Shem Tov, wendet sich unvermittelt an den neben ihm stehenden Qassam-Kämpfer und küßte ihn auf die Stirn. Die gleiche Geste wiederholt er gegenüber einem weiteren Qassam-Kämpfer. Beide hatten möglicherweise den Gefangenen bewacht, man schien sich zu kennen. Tov, der sich offensichtlich über seine Freilassung freut, winkt der Menge zu und zeigt das „Daumen hoch“ Zeichen. (kopieren und in Browser öffnen)
Die Szene wird in westlichen Medien verurteilt, im israelischen Fernsehen werden die Aufnahmen nicht oder nur ausschnittweise gezeigt. Es heiß in Israel, die Gefangenen seien mit Beruhigungsmitteln betäubt worden und wüßten nicht, was sie täten.
Der israelische Ministerpräsident Netanjahu nutzt die Situation, um die zugesagte Freilassung von 602 palästinensischen Gefangenen im Gegenzug zu stoppen. Man werde erst dann wieder Gefangene austauschen, wenn die öffentliche und „entwürdigende Zurschaustellung der israelischen Geiseln“ unterlassen werde. Die Hamas setzt daraufhin weitere Verhandlungen aus, bis die Gefangenen wie vereinbart freigelassen seien.
26.2.2025: Die Hamas übergibt in der Nacht zu Mittwoch (26.2.2025) die sterblichen Überreste von vier israelischen Gefangenen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), ohne eine öffentliche Zeremonie. Nach einer forensischen Prüfung beginnt Israel, wie vereinbart die palästinensischen Gefangenen freizulassen.
27.02.2025: Die ersten Freigelassenen erreichen den Kulturpalast in Ramallah in den frühen Morgenstunden, wo sie von einer großen Menschenmenge begrüßt werden.
Am Abend sind schließlich nach Aussage des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, 642 palästinensische Gefangene aus verschiedenen Gefängnissen in Israel freigelassen worden. 46 Frauen und Kinder und 456 palästinensische Gefangene aus dem Gazastreifen werden freigelassen, die in Israel ohne Anklage inhaftiert waren. 97 Gefangene werden nach Ägypten deportiert, 37 kommen im Westjordanland an und die restlichen werden ins besetzte Ostjerusalem gebracht.
Unter den Freigelassenen ist Nael Saleh Barghouti (66), der am längsten inhaftierte palästinensische politische Gefangene. 45 Jahre verbrachte er in verschiedenen Gefängnissen der Besatzungsmacht und wird jetzt nach Ägypten ausgewiesen.
Wie vereinbart hat die Hamas 33 israelische Gefangene übergeben, von denen acht tot waren. Israel ließ im Gegenzug 1.904 palästinensische Gefangene frei. In Gaza befinden sich nun noch 59 israelische Gefangene, von denen viele nicht mehr am Leben sein sollen. Genaue Angaben darüber gibt es nicht, allerdings heißt es in Agenturmeldungen, von den 59 Personen könnten möglicherweise nur noch 27 am Leben sein. In israelischen Gefängnissen befinden sich trotz Freilassung von 1.904 noch immer tausende palästinensische Gefangene.
27.2.2025: Die Israelische Armee gesteht ein, dass sie am 7. Oktober 2023 versagt habe. Eine Untersuchung der Armee selber spricht von einem “kompletten Versagen“ dabei, den Angriff zu verhindern. Der Oberkommandierende der Streitkräfte Generalleutnant Herzi Halevi übernimmt die volle Verantwortung. Halevi wird am 5. März offiziell zurücktreten.
27.2.2025: Unter dem Motto „Besatzung, Vertreibung und Siedlung“ demonstrieren in Jerusalem Hunderte Siedler für die Vertreibung der Palästinenser. Nur die „Umsiedlung bringt Frieden“ ist auf Transparenten zu lesen, der Gazastreifen müsse neu besiedelt werden. Ein Sprecher von der Partei „Jüdische Stärke“ (Otzma Yehudit) fordert: “Das Land Israel ist für das Volk von Israel. Gaza gehört den Juden. Judäa und Samaria (Westjordanland, kl) gehört den Juden. Dieses Land ist das Erbe unserer Väter und unserer Taten“, so ein Redner. Die Ministerin für den Schutz der Umwelt, Idit Silman (Likud Partei) erkläre, die einzige Lösung für Gaza sei es, „Gaza von den Leuten in Gaza zu leeren“. Auch Jenin und Nablus im Westjordanland seien „das Erbe“ von Israel.
28.2.2025: In den Trümmern des Gazastreifens bereiten sich die Menschen auf den Fastenmonat Ramadan vor, der am 1. März beginnt. Sie können ihren Kindern keine Geschenke machen. Sie haben kein Haus zu schmücken, keine Decken, um ihre frierenden Kinder warm zu halten. Die Moscheen, in denen sie sich zum Gebet vor dem Fastenbrechen (am Abend) versammelten, sind zerstört. Verwandte und Freunde, mit denen man die Abendstunden im Ramadan verbrachte, sind verschollen, tot, verletzt oder im Gefängnis. Dennoch wird gebastelt, gemalt, gebacken und gesungen und man hofft auf Hilfe und auf den Wiederaufbau.
28.2.2025: Während die Muslime sich auf den Ramadan vorbereiten, heißt es in Washington, eine erneute Waffenlieferung an Israel sei auf dem Weg. Es handele sich um einen „Notfall“, daher sei keine Zustimmung des Kongresses erforderlich, erklären übereinstimmend das Pentagon und das Außenministerium. Die Lieferung habe einen Wert von 3 Milliarden US-Dollar und enthalte Bomben, verschiedene Waffen und Abrissmaschinen. Die Lieferung soll in drei Phasen erfolgen und besteht demnach aus 35,529 „Allzweckbomben“, die pro Stück 1000 Kilogramm wiegen, zudem 4,000 bunkerbrechende Bomben, ebenfalls pro Stück 1000 kg wiegen. Hersteller ist demnach die Rüstungsfirma General Dynamics. Die Lieferung sei erst für 2026 vorgesehen, könnte aber schon früher aus US-Lagern geliefert werden, so das Pentagon.
Für 2028 ist eine Lieferung im Wert von US-Dollar 675 Millionen von 5,000 Bomben vorgesehen, Stückgewicht 500 Kilogramm. Hinzu kommt Ausrüstung, um ungesteuerte Bomben aufzurüsten. In einer weiteren Lieferung sollen Bulldozer nach Israel verschifft werden, Gesamtwert US-Dollar 295 Millionen. Nach Angaben des US-Außenministeriums hat die Trump-Regierung innerhalb eines Monats zum zweiten Mal eine „Notlieferung“ von Waffen und Rüstung an Israel beschlossen. Seit Amtsantritt von US-Präsident Biden seien rund USD 12 Milliarden an Rüstungslieferungen an Israel gebilligt worden. Damit könne sich das Land, „ein enger Verbündeter“, „an verschiedenen Fronten gegen die Stellvertreter des Irans verteidigen.“
1.3.2025: In Kairo erklärt Israel, es wolle keine zweite Phase der Waffenruhe verhandeln, sondern die erste Phase verlängern. Die USA springen bei und schlagen vor, die erste Phase um sechs Wochen bis Mitte April – nach dem Fastenmonat Ramadan und nach dem jüdischen Pessachfest – zu verlängern. Die palästinensische Hamas lehnt ab. Für Muslime beginnt an diesem Tag der Fastenmonat Ramadan.
2.3.2025: Der israelische Ministerpräsident ordnet die Blockade aller Hilfsgüter in den Gazastreifen an. Die Hamas spricht von Erpressung.
Die Frontlinie im Westjordanland
Das Westjordanland ist Frontlinie seit dem 7. Oktober 2023. Vom ersten Tag an ist das Westjordanland im Inneren komplett gesperrt, so dass die Bewegungsmöglichkeiten für Palästinenser noch schlechter sind, als ohnehin schon. 150.000 Menschen verlieren dadurch ihre Arbeit und ihr Einkommen. Die Zahl der Toten im Westjordanland liegt bei 680 (Al Jazeera, palästinensische Gesundheitsbehörde) und steigt täglich. Seit Beginn des Jahres 2025 werden 70 Personen von israelischen Polizei- und Militärkräften getötet, darunter 10 Kinder.
Seit Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen weitet das israelische Militär seine Angriffe im Westjordanland aus. Mit Bulldozern werden Straßen und Häuser zerstört. Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren stationiert die israelische Armee wieder Panzer im Westjordanland. Im Zentrum der militärischen Angriffe liegen die Flüchtlingslager Jenin, Tulkarem und Nur Shams im Norden des Westjordanlandes. Allein in Jenin werden mindestens 120 Wohnungen komplett verwüstet. Dutzende Menschen werden festgenommen, mehr als 40.000 Menschen vertrieben. Dem UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) wird von Israel untersagt, den Menschen dort oder in Ostjerusalem zu helfen. Unterstützt wird die israelische Armee von aggressiven Siedlertruppen, die palästinensische Dörfer und die Bewohner überfallen.
17.2.2025: Die israelische Organisation „Peace Now“ teilt mit, dass Israel vorhabe 1.170 Wohnungen für Siedler im besetzten Westjordanland zu errichten. Die Wohneinheiten sollten in vier illegalen Siedlungen – Gvaot, Itamar, Shaarei Tikva und Givat Zeev – genehmigt werden. Der Plan sei fertig und warte auf die Baugenehmigung des Hohen Planungsrates (HPC), hieß es in einer Erklärung von „Peace Now“. Allein die Siedlung Gvaot, die unmittelbar neben dem palästinensischen Dorf Nahalin liege, solle 756 neue Wohneinheiten erhalten. Hinzu kämen 250 Wohneinheiten, deren Bau bereits genehmigt worden sei. Damit werde sich die illegale Siedlung auf palästinensischem Land um das zwanzigfache ausdehnen. In Nahalin leben derzeit 50 palästinensische Familien.
Gemäß dem internationalen Recht dürfen Besatzerstaaten in besetztem Territorium nicht bauen. Israel verweist auf eigene Gesetze. Der Internationale Gerichtshof hat im Juli 2024 die Israelische Besatzung des palästinensischen Westjordanland und Ost-Jerusalem für illegal erklärt und Israel aufgefordert, sich aus den besetzten Gebieten sowie aus dem Gaza-Streifen „so schnell wie möglich“ zurückzuziehen.
27.2.2025: Gideon Levy, der langjährige Haaretz-Korrespondent in den besetzten palästinensischen Gebieten, veröffentlicht einen Kommentar über die Lage im Westjordanland. Sollte dort eine „Dritte Intifiada ausbricht vergesst nicht, dass Israel sie absichtlich entzündet hat“, schreibt Levy. „Ein Krieg ist noch nicht ganz beendet, da beginnt Israel schon den nächsten zu schüren“. Es gebe keine Atempause, nicht einen Funken Hoffnung. Der „diplomatische Horizont“ Israels reiche nur noch von einem Krieg zum nächsten. Nicht weniger als drei Alternativen stünden auf der Tagesordnung, schreibt Levy: „Den Krieg in Gaza wiederaufnehmen, den Iran bombardieren und einen Krieg im Westjordanland zu beginnen.“
Die Menschen im Westjordanland würden – wie ihre Mitbürger im Gazastreifen – als „menschliche Tiere dämonisiert. Israel gebe an, 40.000 Palästinenser aus Lagern im Westjordanland „evakuiert“ zu haben und selber dort für ein Jahr bleiben zu wollen. Der Befehl laute „Feuer frei“. Die Zahl der getöteten Palästinenser nehme zu. Für den nächsten Krieg im Westjordanland trage Israel die alleinige Verantwortung: „Sagt nicht, es hat uns überrascht. Wagt nicht zu sagen, wir wußten es nicht.“ Was im Westjordanland geschehe, sei kein „Krieg gegen den Terror“. Man bekämpfe Terror nicht, indem man die Infrastruktur für die Wasserversorgung zerstöre, Stromleitungen, Straßen und Abwasserleitungen zerstöre. Was Israel im Westjordanland tue sei „systematische Zerstörung von Flüchtlingslagern.“ Und um eins klarzustellen, so Levy weiter in seiner Brandrede: „Was Israel heute tut, ist klar. Eine Nakba.“
2.3.2025: Der schon auf der Berlinale (2024) ausgezeichnete Film “No other Land” (Kein anderes Land) erhält den Oscar für die beste Dokumentation. Die beiden Regisseure, Yuval Abraham (Israel) und Basel Adra (Palästina) sind auch Journalisten und haben fünf Jahre an der Dokumentation gearbeitet. Sie zeigt, wie israelische Soldaten Häuser in dem Ort Masafer Yatta im Westjordanland zerstören und die Bewohner gewaltsam vertreiben, um auf ihrem Land einen militärischen Übungsplatz zu errichten und eine jüdische Siedlung in die palästinensischen Gebiete hinein auszubauen. Sie zeigt auch die unterschiedliche Realität, in der sie leben: Abraham hat ein gelbes, israelisches Nummernschild, mit dem er frei fahren kann, Adra ist eingesperrt auf dem immer kleiner werdenden Gebiet seines Ortes, in dem das Leben weiter eingeschränkt wird.
Er sei gerade Vater geworden, und hoffe, dass seine Tochter nicht das gleiche Leben vor sich habe, das er derzeit führen müsse, sagt Basel Adra. „Immer Angst vor der Überwachung haben, die Zerstörung von Häusern und die gewaltsame Vertreibung.“ Der Film zeige, was die Palästinenser seit Jahrzehnten ertragen müssten, so Adra weiter: „Wir rufen die Welt auf, dieses Unrecht und die ethnische Säuberung des palästinensischen Volkes ernsthaft zu stoppen.“
Yuval Abraham fügt hinzu, sie hätten den Film zusammen gemacht, weil „unsere Stimmen zusammen lauter sind“. Sein Kollege Basel sei sein „Bruder“, doch sie seien nicht gleich. „Wir leben unter einem Regime, wo ich frei bin und zivile Rechte habe und Basel unter einem Militärrecht lebt, das sein Leben zerstört und dass er nicht kontrollieren kann.“
Der israelische Kulturminister Miki Zohar verurteilt die Preisverleihung. Die Regisseure folgten einer Darstellung, „die das Bild von Israel in der Welt verzerrt“. Meinungsfreiheit sei wichtig, aber sie dafür zu benutzen, um Israel international zu verleumden, sei nicht Kreativität, sondern Sabotage am Staat Israel.“
Siehe dazu auch den Beitrag über die katastrophale UNO-Resolution 181 zur Aufteilung Palästinas.
Und siehe die Rezension des neusten Buches von Karin Leukefeld «Krieg in Nahost; Geopolitik, Verwüstung, Widerstand und Aufbruch einer Region»
Und siehe insbesondere auch den heutigen Artikel in «Tachles», dem jüdischen Wochenmagazin der Schweiz:
«Rubio schickt Waffen im Wert von vier Milliarden Dollar an Israel
Der Aussenminister umgeht den US-Kongress – wie bereits sein Vorgänger Blinken.
Laut der «New York Times» hat US-Aussenminister Marco Rubio mit «Notstandsbefugnissen» eine Umgehung der Legislative in Anspruch genommen, um den Kongress zu umgehen und Waffen im Wert von vier Milliarden Dollar nach Israel zu schicken. Damit liefert die Trump-Regierung der IDF zum zweiten Mal binnen fünf Wochen Kriegsmaterial auf diese aussergewöhnliche Weise. Rubio hat das Vorgehen nicht weiter begründet.
Zu dem Paket gehören Bomben schwersten Kalibers, darunter mehr als 35’000 mit knapp einer Tonne Gewicht. Israel hat diese häufig gegen Gaza eingesetzt. Die Times zitiert amerikanische Offiziere, wonach die Bomben nicht für den Häuserkampf geeignet seien. Die Waffen hatten im Zusammenhang mit kurzfristigen «roten Linien» beim Bombardement von Rafah an der Grenze Gazas zu Ägypten zu einer der wenigen, offenen Kontroversen zwischen der Biden-Regierung und Israel geführt. Die IDF hat den Ort weitgehend zerstört und Trump gab blockierte Lieferungen kurz nach seinem Amtsantritt im Januar frei.
Daneben gibt Rubio die Übersendung von Bulldozern, weiteren Bomben und GPS-Lenksystemen frei, die an ungelenkten oder «dummen» Bomben angebracht werden sollen. Das Paket ist der zweite Teil von Lieferungen, die Rubios Vorgänger Blinken in den letzten Tagen der Biden-Ära beim Kongress angekündigt hatte. Rubio hat indes erklärt, die Trump-Regierung habe die Waffenlieferungen für Israel genehmigt. Der Aussenminister hat zudem fälschlicherweise behauptet, er hebe mit der Umgehung des Parlaments «ein teilweises Waffenembargo der Biden-Regierung gegen Israel auf», so die Times. Tatsächlich hätten Biden und Blinken fast alle Waffenbestellungen Israels genehmigt (Link).
Andreas Mink»