Die Stimme aus dem Donbass (III): Wasserversorgung im Visier ukrainischer Soldaten
Es ist allgemein bekannt, dass an jedem Konflikt beide Seiten schuld sind, aber immer findet sich eine der beiden Seiten, die den Konflikt willkürlich heraufbeschwört und – oft jahrelang und mit vielfältiger Unterstützung zahlreicher, angeblich friedensstiftender Weltorganisationen – auf die Spitze treibt, indem sie beispielsweise auf dem Gebiet der Wasserversorgung eine humanitäre Katastrophe verursacht …
Sobald bei uns ein dutzend Mal kein Wasser mehr aus dem Wasserhahn fließt, wissen wir, dass die Donezker Wasserfilterstation DWFS von den ukrainischen Streitkräften entweder beschossen oder unterminiert oder militärisch eingenommen und somit beschädigt wurde. Diese Einrichtung befindet sich außerhalb von Donezk, im sogenannten Dreieck „Donezk – Jassinowataja – Awdeewka“, in der Nähe vom Jassinowatajaer Blockposten und in der neutralen Zone der Kampflinie. Dieses Gelände ist leider schon längst zu einem der Hotspots im Donbass geworden. Die DWFS versorgt viele Orte der Region auf beiden Konfliktseiten mit Wasser: Donezk, Jassinowataja, die Siedlungen Wassiljewka, Spartak, alle Donezker Volksrepublik DVR, und Awdeewka, Krasnogorowka und die Siedlung Werchnetorezkoe, die zur Zeit alle unter ukrainischer Kontrolle stehen. Erstmals wurde die Wasserfilterstation am 30.07.2014 zum Stillstand gebracht, mittlerweile sind alle Betriebsräume infolge der Kriegshandlungen beschädigt.
Heute bekommen die Mitarbeiter der DWFS vor jeder Schicht sicherheitshalber eine Panzerweste. Sie gehen an die Arbeit, als ob sie in den Krieg zögen – so sieht die harte Wirklichkeit aus.
Laut dem Stellvertretenden Einsatzführungsbefehlshaber der Donezker Volksrepublik Eduard Basurin habe der Kommandeur der Kiewer 72. selbständigen mechanisierten Brigade Andrej Sokolow den Befehl erteilt, die Umgebung des DWFS aus 120mm- und 82mm-Minenwerfern zu beschießen. So provoziere die ukrainische Seite absichtlich eine humanitäre Katastrophe sowohl innerhalb der DVR als auch im gegenwärtig von Kiew besetzten Gebiet.
Es sei erwähnt, dass das Brigadekommando und das Personal der 25. Selbständigen Luftwaffenbrigade der ukrainischen Streitkräfte, die auf diesem Gelände Positionen bezogen haben, regelmäßig den Waffenstillstand verletzen und infolgedessen die Industriezone von Awdeewka, Jassinowataja und die Donezker Wasserfilterstation DWFS zur Zone erhöhter Eskalation geworden ist.
Den wahren Sachverhalt der Einnahme der Donezker Wasserfilterstation hat der ehemalige Hauptmann der ukrainischen „Samooborona Maydana“, Parasyuk, deutlich erklärt: „Wenn wir jetzt Strom, Gas, Wasser und alle möglichen Energieträger, die dorthin von der Ukraine geliefert werden, wenn wir jeden Handel verbieten, dann bürge ich Ihnen, dass genau in zehn Tagen alle diese Gebiete selbst hierher kommen!“
In der Nacht vom 10. auf den 11. Februar 2018 wurde die DWFS von der ukrainischen Armee eingenommen, nachdem die OSZE-Mission das Gelände verlassen und dabei alle Minsker Abkommen verletzt hatte.
Am 17. April 2018 wurde gegen 15.40 Uhr der Werkbus mit den Mitarbeitern der DWFS, die nach der Tagesschicht nach Hause fuhren, von ukrainischen Soldaten beschossen. Fünf Personen wurden verletzt, eine von ihnen schwer. Laut dem stellvertretenden Direktor des Versorgungsbetriebs „Woda Donbassa“ Aleksandr Ewdokimow wurden alle Verletzungen durch Kugeln verursacht und die Verletzten im Krankenhaus in Jassinowataja versorgt. Dieser Fall wurde von den Vertretern der OSZE-Mission zu Protokoll genommen.
Wegen der Anfang Juni 2018 immer häufiger werdenden Beschüsse durch die ukrainische Seite wurden die Tag- und Nachtschichten der DWFS jeweils unter OSZE-Vermittlung ausgewechselt. Aber kurz darauf stellten die OSZE-Vertreter ihre Arbeit ein, sodass die Mitarbeiter der DWFS gezwungen waren, zwei Schichten hintereinander zu arbeiten.
„Am 28. Februar 2020 haben die Vertreter der ukrainischen Streitkräfte die DWFS sogar während der Nachtschicht betreten, was das Personal sehr schockiert hat“, – so der erste stellvertretende Minister des Bauwesens und der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft der Donezker Volksrepublik Vitalij Kizhaew. Er erklärte, ukrainische Militärs würden ganz in der Nähe der DWFS stationiert. Im Jahr zuvor seien sie dem Blockposten auf eine Entfernung von 500 m nahegerückt und ständen nun bereits 200 m davor.
Wenn man ohne langes Schlangestehen alle im Haushalt zur Verfügung stehenden Behälter mit Wasser füllen will, dann muss man vor Sonnenaufgang, so gegen 04 Uhr morgens, zum Heizkraftwerk gehen. Da kann man das erwünschte Wasser aus dem Wasserhahn an der äußeren Wand problemlos bekommen, unterwegs Bekannte und Nachbarn aus der näheren Umgebung begrüßen, einander einen früh begonnenen guten Tag wünschen, dabei der Hoffnung auf einen friedlichen und ruhigen Verlauf Ausdruck geben und sich auf diese Weise in dieser schwierigen Situation gegenseitig unterstützen. Fünf bis zehn Minuten stellen sich die Menschen in die Schlange und wenn es eine ältere Babuschka oder ein alter Mann mit Gehstock ist, werden sie vorgelassen, von den Jüngeren bedient, und wenn sich in der Schlange Nachbarn befinden, wird ihnen geholfen, den gefüllten Wasserbehälter nach Hause zu bringen.
Es kam auch schon vor, dass die Beschüsse der Stadt ganz in der Nähe zu hören waren – am Abend und in der Nacht zuvor waren sie besonders intensiv – , sodass eine der wartenden Frauen in große Panik geriet. Ein schrecklicher Angstangriff – das war schrecklich, weil sie mit jedem neuen Schuss noch mehr zu zittern begann. Alle versuchten die arme Frau zu beruhigen, während sie erzählte, dass sie und zwei ihrer Enkel diese gefährliche Nacht bis und mit den Socken in Kleidern geschlafen hätten. Nachdem sie alle Familienmitglieder, außer den zwei kleinen Enkeln, in diesem Krieg bereits verloren habe, habe sie nun auch alle ihre sieben Sachen gepackt, um im Notfall die Wohnung ganz schnell verlassen zu können.
Einmal habe ich eine mir völlig unbekannte Frau mit gebrochenem und verbundenem rechten Arm gesehen, die mir mit zwei (!) kleinen leeren Eimern in der linken Hand entgegenkam. Ich habe sie freundlich angesprochen: «Nicht weil es einem zu gut geht…», sagte ich, worauf sie lachend reagierte: „Ach, der Arm, ja!“
Die wichtigste Wasserader unserer Region heisst „Sewerskij Donez – Donbass“. Das ist ein künstlicher Kanal im Gebiet Donezk, der von 1955 bis 1958 erbaut wurde. Seine Gesamtlänge beträgt 133 km. Er nimmt seinen Anfang in der Nähe der Siedlung Rajgorodok bei Slawjansk, derzeit unter Kontrolle der Ukraine, und endet bei Jassinowataja, jetzt Demokratische Volksrepublik. Der Kanal wurde infolge der Kriegshandlungen 2014 stark beschädigt. Für den störungsfreien Betrieb des Kanals wurden fünf Wasserbecken geschaffen. Am 15. Juli 2022 fand nun die Eröffnung der neuen Reserven-Wasserführung in der Donezker Volksrepublik statt. Das Oberhaupt der DVR, Denis Puschilin, würdigte die Bedeutung dieses Objekts: „Die mühevolle Kleinarbeit wurde in möglichst kurzer Zeit durchgeführt. Die vorliegende Wasserführung ist eines der Elemente der Gegenmaßnahmen zur Wasserblockade, dem Wasserterrorismus des ukrainischen Regimes!“
Ein paar Zahlen: Das Chanzhonkowoer Wasserbecken gehört zu einem der größten Wasserbehälter in der DVR und hat etwa 12 Mio Kubikmeter Wasservorrat. Es funktionieren 4 Rohrstränge, die Gesamtlänge jedes Strangs beträgt je 21 km. Außerdem gibt es 71 Brunnen, 7 Kammern, mehr als 8 000 Stoßverbindungen. An dem Objekt haben mehr als 300 Personen gearbeitet und wurden 60 Technik-Einheiten eingesetzt.
Der Leiter der Militär-Baugesellschaft Aleksandr Fomin hat mitgeteilt, dass die Arbeiten während 45 Tagen rund um die Uhr andauerten – dies dank dem Zivilschutz-Ministerium, das eine Nachtwache organisierte.
Die jüngste Nachricht, die Wasserversorgung in unserem Bezirk betreffend: Heute früh las ich an der Außenwand des Heizkraftwerks eine Anzeige: „In der XY–Straße wird nun alle drei Tage Wasser zugeführt!“ Hoffentlich können wir nun auch ein paar Tropfen Wasser aus der vor kurzem in Betrieb genommenen Reserven-Wasserführung bekommen!
Wie wenig braucht doch der Mensch, um glücklich zu werden!
Zum Leben in Donezk siehe auch Thomas Röper im «Anti-Spiegel»
Jetzt werden von ukrainischer Seite in Donezk auch Anti-Personen-Streuminen abgeworfen !!!