Der neuste sogenannte Friedensnobelpreis ist erneut ein Polit- und Propaganda-Nobelpreis

(Red.) Aufmerksame Beobachter des Weltgeschehens wissen es seit Jahren: Der Friedensnobelpreis wird nicht an Menschen vergeben, die sich für den Frieden einsetzen, sondern an Individuen oder Organisationen, die die hegemoniale US-Außenpolitik unterstützen. War Obama ein Kämpfer für den Frieden, Obama, der mit seinen ferngesteuerten Bomben im Osten Tausende von unschuldigen Menschen umbrachte? Setzt sich die EU ein für den Frieden, die EU, die unaufhaltsam immer mehr Waffen in die Ukraine liefert, um möglichst viele Russen zu töten? Auch diesmal wusste man in aufgeklärten Kreisen schon Stunden nach der Entscheidung aus Norwegen, dass nicht die Friedensarbeit honoriert wird, sondern einmal mehr die Unterstützung der hegemonialen US-Außenpolitik. – Hier der Kommentar von «German-Foreign-Policy». (cm)

Der Umsturznobelpreis

BERLIN/CARACAS (Eigener Bericht) – Die langjährige Umsturzpolitik der neuen Trägerin des sogenannten Friedensnobelpreises ist von einer deutschen Parteienstiftung über lange Zeit gefördert worden. Wie die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung mitteilt, sei sie „stolz“, mit der ultrarechten venezolanischen Oppositionspolitikerin María Corina Machado „und ihren Unterstützern seit vielen Jahren intensiv“ kooperiert zu haben. Machado, die mehrfach in Putschversuche in Venezuela involviert war und sich für Sanktionen ausspricht, die vor allem die Bevölkerung ihres Landes treffen, arbeitet heute zudem mit dem Rechtsaußenbündnis Patriots for Europe (PfE) zusammen, dem etwa die französische Partei Rassemblement National (RN) und die Partei Fidesz von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán angehören. Eine PfE-Veranstaltung im September, zu der Machado eine Ansprache beisteuerte, stand unter dem Motto „Die Reconquista beginnt“. Insbesondere unterhält Machado enge Kontakte zur Trump-Administration, die ihren Druck und ihre Angriffe auf Venezuelas Regierung unter Präsident Nicolás Maduro massiv verschärft. Die Vergabe des Friedensnobelpreises ist Ergebnis der Entscheidung, Trumps Aggressionen gegen Caracas zu fördern.

María Corina Machado, die einer reichen konservativen Unternehmerfamilie aus Venezuelas Hauptstadt Caracas entstammt, gehörte von Anfang an zum ultrarechten Flügel der Opposition gegen die Präsidenten Hugo Chávez (1999 bis 2013) sowie Nicolás Maduro (seit 2013). Ihre Unterschrift fand sich bereits unter dem Decreto Carmona vom 12. April 2002, das unmittelbar nach dem Putsch gegen Chávez das Parlament und den Obersten Gerichtshof auflöste sowie zahlreiche weitere Amtsträger suspendierte. Machado hat im Lauf der Jahre gewalttätige Proteste gegen die Regierung unterstützt sowie mehrmals eine Verschärfung der westlichen Sanktionen gefordert, unter denen die venezolanische Bevölkerung schwer leidet. Laut einem Bericht des Wall Street Journal war sie darüber hinaus eine von vier Aktivisten der rechten venezolanischen Opposition, die im Jahr 2019 den Versuch maßgeblich steuerten, den Parlamentspräsidenten Juan Guaidó eigenmächtig zum Präsidenten auszurufen und auf diesem Weg einen Putsch auszulösen.[1] Das Bemühen wurde damals offen von Deutschland und der EU unterstützt; die Vereinigten Staaten erkannten Guaidó sogar als Präsidenten an (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Letztlich scheiterte der Plan allerdings.

Machado hat stets enge Beziehungen in die USA unterhalten. Ende Mai 2005 wurde sie gar von US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus empfangen – zu einem, wie es heißt, fast einstündigen Gespräch.[3] Zusätzlich unterhält sie gute Kontakte zur FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, die in einer aktuellen Stellungnahme erklärt, sie sei „stolz“, mit Machado „und ihren Unterstützern seit vielen Jahren intensiv zusammenzuarbeiten“.[4] Strukturell ist die Stiftung über das Netzwerk RELIAL (Red Liberal de América Latina) mit Machados Partei Vente Venezuela verknüpft, die dem Netzwerk seit 2017 angehört. RELIAL ist im Jahr 2004 auf Initiative der Naumann-Stiftung gegründet worden und wird auch weiterhin unterstützend von ihr begleitet. In dem Netzwerk sind rechtsliberale Organisationen aus ganz Lateinamerika zusammengeschlossen, die jeweils die Interessen der alten weißen Eliten des Subkontinents vertreten. RELIAL-Mitglieder waren dabei gelegentlich an Putschen beteiligt. Funktionäre des RELIAL-Mitglieds Partido Liberal de Honduras (PLH) spielten im Juni 2009 eine führende Rolle beim damaligen Putsch in Tegucigalpa.[5] Auch der paraguayische Partido Liberal Radical Auténtico (PLRA) gehörte RELIAL an, als sein Anführer Federico Franco im Juni 2012 die Macht in Asunción an sich riss.[6]

Vor dem sogenannten Friedensnobelpreis hatte Machado bereits den Sacharow-Preis des Europaparlaments erhalten – auf Grundlage einer Abstimmung, die dazu beigetragen hat, die Option einer ultrarechten Parlamentsmehrheit zu etablieren. Vorausgegangen war schon im September 2024 die Verabschiedung einer Resolution, in der das Europaparlament es sich anmaßte, den in Venezuelas Präsidentenwahl am 28. Juli 2024 unterlegenen Kandidaten Edmundo González als Wahlsieger anzuerkennen. Die Resolution beantragt hatten die Europäische Volkspartei (EVP) sowie die ultrarechten Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der etwa die Fratelli d’Italia (FdI) der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angehören. Eine Mehrheit erhielt die Resolution bloß dank der Zustimmung der Patrioten für Europa (PfE), zu denen der französische Rassemblement National (RN) zählt, sowie mehrerer Abgeordneter der am weitesten rechts stehenden Fraktion, Europa der Souveränen Nationen (ESN). Zu dieser gehört die AfD.[7] Als das Parlament im Oktober 2024 über den Sacharow-Preis abstimmte, da erhielten ihn González und Machado nur dank der Zustimmung der EKR und der PfE. Insider nennen seitdem Mehrheiten, die von EVP, EKR und PfE getragen werden, „Venezuela-Koalition“.

Machado hat in diesem Jahr ihre Zusammenarbeit mit den PfE intensiviert. Am 8. Februar etwa nahm sie per Videoansprache an einer Großveranstaltung der PfE in Madrid teil. Organisiert wurde das Event von der spanischen PfE-Partei Vox, die gute Beziehungen in die äußerste Rechte Lateinamerikas unterhält. Auf der Veranstaltung vom 8. Februar, auf der etwa Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán wie auch Marine Le Pen vom Rassemblement National aus Frankreich auftraten, hätten „sämtliche Sprecher gegen Immigration gewettert“ und „die meisten zu einer neuen ‘Reconquista‘ aufgerufen“, wird berichtet.[8] Ende Mai trat Machado – gleichfalls per Video – auf der diesjährigen CPAC Hungary auf.[9] Mit einer weiteren Videoansprache beteiligte sich Machado an dem Großevent Europa Viva, das am 13./14. September von Vox in Madrid abgehalten wurde. Auf der Zusammenkunft, die unter dem Motto „Die Reconquista beginnt“ stand, wütete Vox-Präsident Santiago Abascal mit Blick auf die EU-Kommission gegen ein „Kalifat von Brüssel“. Eine Videoansprache hielt auf der Zusammenkunft auch Argentiniens Präsident Javier Milei.[10] Im Gegenzug gratulierten die PfE am 10. Oktober der Friedensnobelpreisträgerin: Machado, erklärten sie, sei eine besondere „Inspiration für alle“, die „mit friedlichen Mitteln für den Triumph von Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen“.[11]

Machado und ihre Partei Vente Venezuela haben ihre Kontakte längst auch in Israels Rechte und zum Trump-Clan ausgedehnt. Bereits am 21. Juli 2020 unterzeichneten Machado – für Vente Venezuela – und Eli Vered Hazan für die israelische Regierungspartei Likud ein „Inter-Party Agreement“, in dem sie ankündigten, auf ein „Bündnis“ miteinander hinzuarbeiten.[12] Der Likud ist mittlerweile beobachtendes Mitglied bei den PfE.[13] Am 26. Februar dieses Jahres postete Präsidentensohn Donald Trump Jr. einen Podcast, in dem er Machado interviewte. Mit dem Präsidenten selbst hat Machado, jedenfalls seit dessen Amtsantritt, nicht gesprochen. Detailliert ausgetauscht hat sie sich jedoch mit führenden Mitarbeitern des US-Außenministeriums, darunter Minister Marco Rubio.[14] Machado billigt das Vorgehen der Trump-Administration, die seit ihrem Amtsantritt den Druck auf Venezuela massiv erhöht und mehrere venezolanische Boote durch die US-Streitkräfte versenken lassen hat – das unter dem unbewiesenen Vorwand, es habe sich um Boote von Drogenkartellen gehandelt. Unbestritten ist, dass dabei jeweils Bürger Venezuelas ermordet wurden. Auf die Frage, ob sie damit einverstanden sei, bekräftigte Machado, sie finde „die Zerlegung dieser kriminellen Infrastruktur“ gut.[15] Trump sei „die größte Chance, die wir jemals hatten“.

Dass das Nobelpreiskomitee Machado mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet hat, ist kein Fehlgriff, sondern eine politische Entscheidung – die Entscheidung, nicht gegen US-Präsident Trump zu opponieren, der den Preis in einer historisch beispiellosen Kampagne für sich selbst eingefordert hat, sondern seine politischen Vorhaben dezidiert zu fördern. Trump ist auf Machado angewiesen, will er Venezuelas Präsident Maduro stürzen, auf den er bereits – auch dies ein bemerkenswerter Vorgang – offiziell ein Kopfgeld von 50 Millionen US-Dollar ausgesetzt hat. Machado wiederum verfügt, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt hat, nicht über die nötigen Kapazitäten, Maduro von der Macht zu verdrängen. Sie ist deshalb auf Unterstützung von außen angewiesen. Die aber kann nach Lage der Dinge nur aus den USA kommen. Machado hat berichtet, sie habe Trump nach der Vergabe des Nobelpreises an sie angerufen und ihm gegenüber Dankbarkeit ausgedrückt. Zudem sei sie sich sicher, Trump werde die Auszeichung kommendes Jahr „verdienen“.[16] Sollte die Trump-Administration tatsächlich Maduro militärisch zu stürzen versuchen, dann erwiese sich ein etwaiger Preis für ihn wie auch der Nobelpreis für Machado ganz offen als Kriegsnobelpreis.

(Red.) Zum Originalartikel auf «German-Foreign-Policy»

Und siehe auch «Wer ist die Friedensnobelpreisträgerin Maria Machado?» (auf Anti-Spiegel)

Anmerkungen
[1] David Luhnow, Juan Forero, José de Córdoba: ‘What the Hell Is Going On?’ How a Small Group Seized Control of Venezuela’s Opposition. wsj.com 07.02.2019.
[2] S. dazu Umsturzversuch in Caracas.
[3] S. dazu Putschversuch in Caracas.
[4] Karl-Heinz Paqué: María Corina Machado erhält Friedensnobelpreis. freiheit.org 10.10.2025.
[5] S. dazu Die Naumann-Fraktion und Ein Amtsenthebungsverfahren.
[6] S. dazu Ganz liberal geputscht.
[7] S. dazu Die Brandmauer bricht.
[8] David Latona: Orban, Le Pen hail Trump at far-right ‘Patriots’ summit in Madrid. reuters.com 08.02.2025.
[9] S. auch „Das Zeitalter der Patrioten“.
[10] Spagna: Abascal contro il ‘Califfato di Bruxelles’ e Pedro Sanchez alla convention die Vox a Madrid. agenzianova.com 14.09.2025.
[11] Patriots for Europe Congratulate María Corina Machado on the 2025 Nobel Peace Prize. Brussels, 10.10.2025.
[12] Inter-Party Agreement. July 21st, 2020.
[13] S. dazu Zu Gast in Israel.
[14], [15] Louise Callaghan: ‘Ousting Maduro? Trump is the biggest chance we’ve ever had’. thetimes.com 10.10.2025.
[16] Louise Callaghan: María Corina Machado: ‘Trump deserves the Nobel peace prize next’. thetimes.com 11.10.2025.

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