Den Schweizer NATO-Freunden ins Stammbuch!
So paradox es klingt: Manchmal muss man US-amerikanische Medien lesen, um von Dingen zu erfahren, die die europäischen Medien unter den Teppich kehren. Die prominenteste amerikanische Fachzeitschrift im Bereich Außenpolitik, «Foreign Affairs», hat eben einen Artikel, den sie am 11. August 2014 erstmals publiziert hatte, zum zweiten Mal publiziert. Darin beschreibt die US-Historikerin Mary Elise Sarotte anhand der vorhandenen Akten, wie die USA damals 1990 Michail Gorbatschow mit politischem Druck und mit finanziellen Versprechungen an die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende Sowjetunion dazu brachte, eine Wiedervereinigung Deutschlands zuzulassen, ohne eine Osterweiterung der NATO mit einem klaren Vertrag zu untersagen.
Vertrag hin oder her, die USA und die NATO wussten sehr genau, dass die Sowjetunion eine Erweiterung der NATO nach Osten als Bedrohung empfinden würde. Aber was kümmert das schon die USA und die NATO? Sie sind ja schließlich da, um ihre Weltherrschaft auszubauen!
Moskau hat alle Zusagen eingehalten: West-und Ostdeutschland durften sich wiedervereinigen, sämtliche russische Truppen und militärischen Infrastrukturen in der DDR wurden wie abgesprochen bis 1995 abgezogen, und der Warschauer Pakt, der ursprünglich als Antwort auf den Beitritt Deutschlands zu NATO gegründet worden war, wurde geschlossen. Anders die USA: Die NATO wurde beibehalten, die US-Militärbasen in Westdeutschland wurden aufrechterhalten, ja es wurden dort sogar Atomwaffen gelagert, und im Frühling 1999 wurde mit der Aufnahme der Tschechischen Republik, Polens und Ungarns der erste Schritt zur Osterweiterung gemacht – dies unter dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Das hinderte Clinton nicht, in der Schweizer Bundesstadt Bern, wo er am 11. November 2023 für geschätzte 100’000 Dollar Honorar eine Rede halten durfte, auf die Frage des Moderators, ob er sich in Anbetracht der unter seiner Ägide begonnenen NATO-Osterweiterung nicht auch ein wenig verantwortlich für den Krieg in der Ukraine fühle, die Antwort gab: «Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe.»
Solche Leute haben die USA und die NATO geführt und damit die geopolitische Lage massiv beeinflusst. Globalbridge hat in einer eigehenden Recherche darüber berichtet, wie damals berühmte und darunter eminent einflussreiche Leute vor einer Osterweiterung der NATO gewarnt haben. Die USA und die NATO hat es nicht gekümmert. Aber heute plädieren namhafte Schweizer Politiker und Politikerinnen, darunter die diesjährige Bundespräsidentin, und ebenfalls hochrangige Journalisten, zum Beispiel der Chefredakteur des St. Galler Tagblattes Stefan Schmid, für eine Annäherung der Schweiz an die NATO. Für jene, die die Geschichte kennen: Es ist einfach grauenhaft!
Doch zurück zu Amerika. Heute, zwei Tage vor der 75-Jahr-Feier der NATO-Gründung in Washington, hat die Vereinigung «American Committee for US-Russia Accord» ACURA einen Aufruf ins Internet gestellt, der zeigt, dass es auch in den USA Menschen gibt, die die Geschichte der USA und der NATO und deren Beziehung zu Russland kennen. In die deutsche Sprache übersetzt lautet ihr Aufruf wie folgt:
ACURA-Erklärung zum NATO-Gipfel in Washington
ACURA ANKÜNDIGUNG 8. Juli 2024
Die NATO wird diese Woche auf einem dreitägigen Gipfel in Washington ihr 75-jähriges Bestehen feiern. Der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj wird an den Beratungen teilnehmen. Es wird erwartet, dass das Bündnis anstelle einer Mitgliedschaft etwas anbietet, das von Beamten der Regierung Biden als „Brücke zur NATO“ bezeichnet wurde. Mit anderen Worten, ein Beitrittsversprechen, das demjenigen nicht unähnlich ist, das die Allianz vor 16 Jahren auf dem NATO-Gipfel in Bukarest gemacht hat.
Wir sind der Meinung, dass es ein gefährlicher Irrweg ist, einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine Priorität einzuräumen. Es ist unbestreitbar, dass die menschlichen Kosten des Krieges in der Ukraine – und die damit verbundenen Kosten für die europäische Wirtschaft und die amerikanische Staatskasse – enorm sind. Vorschläge zur Beendigung der Feindseligkeiten wurden von den westlichen Sponsoren der Ukraine mit hartnäckigem Schweigen beantwortet.
Wenn für die NATO die Sicherheitsinteressen ihrer Mitgliedstaaten oberste Priorität hätten, würde das Bündnis in Washington zusammenkommen, um über eine „Brücke zum Frieden“ zu diskutieren und nicht über eine weitere Runde der NATO-Erweiterung. Schließlich ist die NATO dazu da, die Sicherheit ihrer Mitglieder zu gewährleisten und als Kraft für regionale Stabilität zu wirken. Doch das Projekt, die NATO bis an die Grenzen Russlands auszuweiten, hat diesen Auftrag untergraben.
Der Krieg in der Ukraine war eine Katastrophe für das ukrainische Volk. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Lehren daraus ziehen, um solche tragischen Konflikte in Zukunft zu verhindern.
Die NATO sollte die Gelegenheit des Gipfeltreffens in dieser Woche nutzen, um sich selbst, ihre Bilanz und ihren Auftrag mit kühlem Blick zu betrachten und mit der harten Arbeit der Selbstüberprüfung zu beginnen.
Das Direktorium,
Das Amerikanische Komitee für die Verständigung zwischen den USA und Russland
Der Vorstand stimmte mit 10 zu 3 Stimmen für die Erklärung.
Ende Aufruf des ACURA. Die Auszeichnungen mit Rot hat Globalbridge vorgenommen.
Siehe dazu nochmals, wie vor einer Osterweiterung der NATO gewarnt wurde. (Eine Recherche von Christian Müller)