Über einen neuen Generationenvertrag sollen auch die älteren Menschen die Chance haben, im angestrebten neuen Krieg gegen Russland ehrenvoll umzukommen ... Im Bild die Bundesvorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen Franziska Brantner, die diesen Vorschlag gemacht hat. (Pressefoto)

Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (IXX) – Heute dabei: „faul“, „Friedensangst“, „Generation Waschlappen“ und „glasklarer Auftrag“

Vokabelkritik ist zu Kriegszeiten das Gebot der Stunde. Ich veröffentliche in unregelmäßigen Abständen eine Sammlung teils verharmlosender, teils lügenhafter Wörter oder Formulierungen, deren Sinn und Funktion es ist, unsere Gesellschaft – uns alle – an das Undenkbare zu gewöhnen und möglichst geräuschlos in Richtung „Kriegstüchtigkeit“ umzukrempeln.

faul
Sind natürlich – die Russen! Aber nicht nur das. Lesen Sie selbst: „Die Vorfahren der Russen sind Nomaden. Sie waren gezwungen, irgendwohin zu ziehen, jemanden zu erobern, aggressiver zu sein, um sich selbst Lebensbedingungen zu verschaffen. Der Nomade hat keine Bindung an das Land. Daher der Unwille und die Unfähigkeit, sich die Welt um ihn herum einzurichten, sich anzustrengen, um bequem zu leben.“ Die Konsequenzen: „Trinkende Familien, Armut und mangelnde Bereitschaft, sich zu entwickeln – ein fruchtbarer Boden für jemanden, der einen Krieg anzetteln will.“ Ukrainer hingegen sind „sparsam, verwurzelt in dieser sehr sesshaften Lebensweise, sowie in dem Wunsch, das zu schützen, was man hat und ein Höchstmaß an Friedfertigkeit zu erreichen. Sie sind universell einsetzbar, beherrschen mühelos mehrere Spezialgebiete und sind dabei erstaunlich effizient.“ Und, das Allerwichtigste in der heutigen Zeit: „Für die Ukrainer waren Männer und Frauen historisch gesehen immer gleichberechtigt, und unsere Haltung Frauen gegenüber ist ästhetisch.“ Kurz: „Die Denkweise vieler Russen ist überwiegend asiatisch, die der Ukrainer europäisch.“ – Schrieb die Ukrainerin Anna Kupriy in ihrem „Ukraine-Tagebuch“ auf der Homepage der – „Wir sind offen gegenüber Menschen und Themen und treten für Akzeptanz und Toleranz gegenüber ihren Positionen und Fragestellungen ein“ – Landeszentrale für politische Bildung Baden-Würtemberg. (vgl. „keine Europäer“, „Tiere“)

felsenfest
„Wir stehen felsenfest an der Seite der Ukraine“, postete Außenminister Wadephul am 24. Oktober 2025 auf „X“. „Deshalb habe ich heute mit unseren Partnern in der Koalition der Willigen besprochen, wie wir den Druck auf Russland erhöhen. Wir hören nicht auf, bis Putin endlich ernsthaft verhandelt und seinen völkerrechtswidrigen Krieg beendet.“ – Markiger Sound wie das berühmte Versprechen, das NATO-Gebiet „Zentimeter für Zentimeter“ zu verteidigen. Erinnert fatal an die „unverbrüchliche Freundschaft“ der DDR mit ihren sowjetischen und den anderen sozialistischen Brudervölkern.

Feuer der europäischen Idee
„Wenn wir untätig zuschauen oder nur beim Blick zurück verharren, droht das Feuer der europäischen Idee im Sturm zu erlöschen“, feuerten die verhinderten Dichter (und Bundespräsidenten) Frank-Walter Steinmeier und Alexander Van der Bellen am 19. Oktober 2025 die europäischen Bürger an. Konsequenz: „Wir können und werden – davon sind wir beide überzeugt – auch die Herausforderungen unserer Zeit meistern, um dieses Feuer wieder auflodern zu lassen und es an die nächste Generation weiterreichen zu können.“ Na dann: Feuer frei für die europäische Idee!

Fragebogen-Armee
Vor einer solchen – gemeint war der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung des „allgemeinen Wehrdienstes auf freiwilliger Basis“ – warnte inständig am 28. August 2025 Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der Augsburger Allgemeinen. „Der Beschluss jetzt ist ein Einstieg – aber das reicht natürlich nicht, denn Putin wird sich nicht von einer Fragebogen-Armee abschrecken lassen.“ Schließlich könnte er ja, so Söder, „nach Einschätzungen von Militärexperten zwischen 2027 und 2029 bereit sein, die NATO herauszufordern“. Konsequenz: „Wir dürfen eigentlich keinen Tag warten: Wir brauchen eine richtige Wehrpflicht.“ Konsequenz der Konsequenz: „Dafür braucht es Geld und mehr Soldaten.“ (vgl. „herausfordern“)

Freiheit
„Alles für die Freiheit aufzugeben, das ist Freiheit!“, verkündigte mit glänzenden Augen der (damalige) Generalmajor der Bundeswehr und jetzige Inspekteur des Heeres, George – ähh: Christian Freuding. – Jawoll! Und Krieg ist Frieden. (vgl. „echt“, „unglaublich erfüllende Aufgabe“, „Wir“)

freiwilliges Wehr-Register für Ältere
„Aber wir werden auch Menschen brauchen, die Drohnen programmieren und steuern, die Logistik verstehen, die Essen für mehr als 1000 Menschen kochen können.“ Diese Fähigkeiten seien wichtig und nicht ans Alter gebunden. Hintergrund: der künftige Krieg – ähh, Bündnis-, nein: Verteidigungsfall. Sprecherin: Franziska Brantner. Und dann zog die beliebte GRÜNEN-Frontfrau das Kaninchen aus dem Zylinder: „Wir sollten die Möglichkeit schaffen, dass Ältere sich freiwillig melden können und sagen: Das sind meine Fähigkeiten und ich bin bereit, sie einzusetzen. Wir sollten frühzeitig ein Freiwilligen-Register aufbauen. Darauf können wir dann im Ernstfall zurückgreifen.“ Der Clou: Frontfrau Brantner setzte ihren Vorschlag zielgenau in den Kontext der Debatte um Generationengerechtigkeit. „Alle Generationen müssen ihren fairen Anteil leisten. Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag.“ (Schließlich gehen die Jungen ja todesmutig an die Front. Nicht auszudenken, wenn die alle auch noch vor den Alten sterben!) – Kurz: Die Partei der Ex-Pazifisten plant schon mal den postmodernen Volkssturm. Generationengerecht.

Friedensangst
„Rheinmetall Aktie: Friedensangst schockt Anleger“ – so titelte am 21. November 2025 das, eigenen Angaben zufolge, „führende Finanzportal“ börse-express. „Ein Friedensplan für die Ukraine – und plötzlich bricht Panik aus. Die Rheinmetall Aktie stürzt um über 4 Prozent ab, Hensoldt und Renk ziehen nach.“ Ja, das ist wirklich bestürzend! Aber: „Die Börse kennt keine Gnade. Medienberichte über einen konkreten Friedensplan der US-Regierung für den Ukraine-Konflikt reichen aus, um den gesamten europäischen Verteidigungssektor ins Mark zu treffen. Anleger ziehen sich fluchtartig aus den Highflyern der vergangenen Monate zurück – die Befürchtung: prognostizierte Wachstumsraten und Auftragsvolumina könnten deutlich geringer ausfallen als eingepreist.“ Eine Hiobsbotschaft mit altehrwürdiger Tradition: Schon Brechts Mutter Courage geriet einst in völlige Panik: „Der Friede ist ausgebrochen!“, stammelte sie entgeistert. – Nun steht es Spitz auf Knauf: To sell, or not to sell? Das ist hier die Frage. (Der totenblassen Anleger.)

Friedenskitsch
Der Text könne als „Friedenskitsch“ missverstanden werden. Zudem stehe das Lied im Widerspruch zu Waffenlieferungen an die Ukraine. So, ästhetische und politische Bedenken mit einem Handgriff bündelnd, der Radiosender SWR1. Gründe genug, Reinhard Meys Antikriegssong „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“ von der traditionellen Hitliste zu entfernen. War wohl nicht mehr zeit(engewendet)gemäß!

Friedenspreis                        
„Westfälischer Friedenspreis“ an die NATO in Gestalt von Marc Rutte. „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ an Anne Applebaum und – „Die Russen sind Barbaren!“ – Serhij Zhadan. Flankiert vom „Karlspreis“ an Emmanuel Macron, Wolodymyr Selenskyj  und Ursula von der Leyen sowie dem „Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit“ an Annegret Strack-Zimmermann. Tja, da sehen Sie schwer alt aus, Herr Orwell!

ganzheitlich
„Rund 15.000 Menschen arbeiten im CIR (Cyber- und Informationsraum). Sie füllen die eigenständige Dimension Cyber- und Informationsraum mit Leben und gestalten sie ganzheitlich aus einer Hand.“ – „Ganzheitlich“: Einst Schlüsselwort des alternativen Lebensstils der Siebziger und Achtziger Jahre – nun aufgestiegen zum hippen Lifestyle of Killing! (vgl. „Aufbruchstimmung“)

Gefühl falscher Sicherheit
Davor warnte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Mark Henrichmann (CDU) nach den „Drohnenvorfällen“ an mehreren dänischen Flughäfen. Auch in Deutschland bestehe noch „Nachholbedarf“ bei der Abwehr. (Flughäfen seien schließlich kritische Infrastruktur.) Ergo: Mehr Drohnenabwehr, mehr „Resilienz“, mehr Reaktionsschnelligkeit. – Und vor allem: Mehr „Wachsamkeit“! (Echte Sicherheit ist bekanntlich nur ein Gefühl. Ein falsches noch dazu.)

gegen die angreifende russische Diktatur
Verteidigt sich laut DLF-Redakteur Thielko Grieß (12. November 2025) natürlich – die Ukraine! Und bis jetzt nur sie… (vgl. „das von Russland angegriffene Land“, „In ihrem Abwehrkampf“)

Generationengerechtigkeit
Heißt in Zeiten des kommenden Krieges: Die Jungen an die Front, die Alten schälen Kartoffeln und programmieren Drohnen. (Alles, selbstverständlich, noch auf freiwilliger Basis.) So GRÜNEN-Frontfrau Franziska Brantner. Denn: „Alle Generationen müssen ihren fairen Anteil leisten. Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag.“ – Merke: Es sind nicht die Bösartigen, die uns ins Verderben führen, sondern (siehe Annalena) – die Unbedarften! (vgl. „freiwilliges Wehr-Register für Ältere“, „nukleare Gerechtigkeit“)

Generation Waschlappen
Mit der neuen Härte feiern auch die alten Verachtungsformeln ein ungeahntes Comeback. Als „Generation Waschlappen“ verhöhnen jene Alten, die gerade einen billionenschweren Schuldenberg aufgehäuft haben, ausgerechnet die Jungen, die ihn abtragen sollen. Und dieselben, die jetzt lautstark nach einer neuen Wehrpflicht rufen, die Generation, die dann verheizt würde. – Hoffentlich sind die „Waschlappen“ frech genug, sich genau dagegen zu wehren! Am Besten ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

Gipfel der Bösen
Ist etwas völlig Anderes als die berühmte „Achse des Bösen“ oder gar „CRINK“! BILD meinte hier den „Schurken-Gipfel“ von Kim Jong-un und „Russen-Diktator“ Wladimir Putin vom 13. September 2023 im – der Sinn für Ästhetik ist unübertroffen – ehemaligen „Reich des Bösen“, am russischen Weltraumbahnhof Wostotschny. (vgl. den damit keineswegs zu verwechselnden „Schurken-Gipfel“, „Schurkentreffen“)

glaubhaft unterfüttern
„Der Militärexperte Garnier warnt davor, Sicherheitsgarantien abzugeben, wenn diese nicht glaubhaft unterfüttert werden. Die Geschichte zeige, dass so etwas einen fürchterlichen Ausgang nehmen kann.“ So der Deutschlandfunk am 20. August 2025. – Heißt im Klartext: Das Sicherheitspolster für die Ukraine benötigt dringend einen harten militärischen Kern – „Zwangsmaßnahmen“!

glasklarer Auftrag
Neues Wort für „Russen töten“. – „Er [Pistorius] betonte, dass Truppen aus Deutschland, das seit Jahren eine Kultur der militärischen Zurückhaltung als Reaktion auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs pflegt, bereit wären, russische Soldaten zu töten, falls Moskau einen Nato-Mitgliedstaat angreifen sollte.“ So die Financial Times im Juli 2025. Ob es dazu kommen werde, falls die Abschreckung versage und Russland angreife? „Ja“, sagte Pistorius. „Aber ich würde Ihnen empfehlen, einfach nach Vilnius zu fahren und mit den Vertretern der deutschen Brigade dort zu sprechen. Die wissen genau, was ihre Aufgabe ist.“ Worauf Nicolas Butylin von der Berliner Zeitung genau das tat und in der litauischen Hauptstadt den zuständigen Brigadegeneral Christoph Huber auf die Aussagen seines Chefs ansprach. Antwort: „Wir haben einen glasklaren Auftrag. Wir deutsche Soldaten haben einen Eid geschworen: Recht und Freiheit tapfer zu verteidigen. Und das bedeutet, dass wir im Verteidigungsfall diesen Auftrag ohne Zweifel erfüllen.“ – Kurz: Der „glasklare Auftrag“ ist eine in Amtsdeutsch verpackte staatlich verbriefte „license to kill“! (Und Herr Unfried von der taz hat nun keinen Grund mehr, über „verdruckstes und euphemistisches Sprechen“ zu lamentieren…)

(wird fortgesetzt)

Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (I) – „auf dem Hintergrund unserer Geschichte“, „Du willst immer nur mehr“, „Freiheitsdienst“ und „humane Kosten“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (II) – Heute: „militärisch all-in“, „Pazifismus-DNA“, „Resilienz“, „robust“ und „Russisch lernen“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (III) – „2030“, „feministische Außenpolitik“, „Gesicht zeigen“ und „kulturelle Umprogrammierung“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (IV) – „Figuren“, „lodernder Glutkern“, „Opfermut“, „rechtsoffen“ und „Realitätsverweigerung“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (V) – Von der „Suwalki-Lücke“ über „unsere Lebensweise“ zu „Woke und wehrhaft“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (VI) – Von der „Abrüstungsmentalität“ über „Body bags“ zur „Drecksarbeit“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (VII) – Von „Fencheltee-Diplomatie“ über „Glück“ zum „menschgewordenen Hitler-Stalin-Pakt“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (VIII) – „Nachhaltige Wehrhaftigkeit“, „NGOs“ und „Regelbasierte Armee“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (IX) – Von der „tektonischen Verschiebung“ über „weit in die Tiefe des russischen Raumes“ zum „weltpolitischen Beben“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (X) – “absolut mega“, „Bösewichte in Anführungszeichen“, „Daddy“ und „demokratische Krieger“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XI) – Heute: „dienende Führung“, „Dünger“, „einen Gang hochschalten“, „Gamechanger“ und „Greening the armies“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XII) – „Gesülze“, „Husarenstück“, „keine Faxen reißen“ und „kneifen“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XIII) – Heute: „Kaltstart-Akte”, „Ladehemmung”, „Leben“ und „meinem Herzen folgen”.
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XIV) – Diesmal dabei: „neues Gefühl“, „Oma Courage“, „Pearl-Harbor-Moment“ und „Placebo-Truppe“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XV) – „Raubtier“, „rumpeln“, „Stachelschwein“ und „Sinnsuche“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XVI) – „testen“, „unsere Lebensweise“, „verirren“ und „wertegeleitete Außenpolitik“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XVII) – Heute: „am Puls der Zeit“, „Baby“, „Baumarktdrohnen“ und „brutal, ich weiß“
Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (XVIII) – Diesmal: „coolste Ausschnitte“, „echt“, „eisiger Frieden“ und der „European Way of War“

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