Wir sind die Einzigen und die Größten ... (Symbolbild)

Auch die USA schreiben die Geschichte um

Erneuter Versuch zur Geschichtsumschreibung, diesmal durch das Weiße Haus. Die USA beanspruchen Anerkennung für den Sieg über Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg.

Der politischen, moralischen und menschlichen Bankrotterklärung von Bundeskanzler Scholz folgt das Weiße Haus auf dem Fusse. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, liess am 9. Mai 2023 in einer Pressekonferenz keinen Zweifel an der offiziellen US-amerikanischen Sicht, nach der allein die USA und deren Verbündete den Krieg gegen den Faschismus gewonnen haben. 

Sie kleidete das in folgende Sätze:

«Diese Woche markiert, wie Sie alle wissen, den Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa und des Sieges der Vereinigten Staaten und der alliierten Streitkräfte über den Faschismus und die Aggression auf dem Kontinent.»

Weißes Haus-Sprecherin Karine Jean-Pierre mit der zitierten Aussage.

Diese Worte könnten durchaus als Einleitung für einen offiziellen gemeinsamen Auftritt der Siegermächte in Erinnerung an den Sieg über den deutschen Faschismus dienen und zum Gedenken der Opfer, die dieser Sieg gefordert hatte.   

Doch im Mai des Jahres 2023 stellt die Sprecherin des Weißen Hauses diese Worte in einen Kontext, der Zweifel daran aufkommen lässt, dass die offiziellen USA dasjenige Land in das offizielle Gedenken in der Form einschließen, die den unvorstellbaren materiellen und menschlichen Opfern gerecht wird, die dieses Land für diesen Sieg erbrachte – die Sowjetunion. 

Schauen wir auf einige Zahlen

Die folgende Grafik zeigt die Opfer des Zweiten Weltkriegs ausgewählter Länder (blau Militärpersonal, schwarz Zivilisten) insgesamt.

Quelle: Statista

Diese Übersicht zeigt auf einen Blick, warum der 9. Mai für Russland eine derartig überragende historische und emotionale Bedeutung hat. Er erklärt die Empfindlichkeit, mit der nicht nur offizielle russische Stellen auf Äusserungen wie die obige des Weißen Hauses und den Auftritt von Bundeskanzler Scholz am selben Tag in Strassburg reagierten, „Voice from Russia“ berichtete darüber. 

Auch die rein militärische Last beim Kampf um den Sieg lag vor allem auf der Sowjetunion. Wofür erneut Zahlen genannt werden sollen. An der Operation D-Day, also der Landung der Alliierten in der Normandie, der größten Operation dieser Art in der Geschichte, im Juni 1944, nahmen folgende Kräfte teil: 

USA und Alliierte:        ca. 1.530.000 Soldaten
Deutschland:               ca. 350.000 (über ganz Frankreich verteilt etwa 1 Mio. Soldaten)
Quelle: Wikipedia

Kurz nach der Landung der Alliierten begann in Weißrussland die Operation Bagration, die grösste Umfassungsschlacht der Militärgeschichte, die zum vollständigen Zusammenbruch der deutschen Heeresgruppe Mitte führte. Daran beteiligt waren auf beiden Seiten: 

Sowjetunion:               ab 1,4 Mio Soldaten
Deutschland:               850.000 Soldaten
Quelle: Wikipedia

Im Juni 1944 hatte die Sowjetunion jedoch bereits eine Reihe von Schlachten dieser Dimension hinter sich, die jede einen enormen Blutzoll forderte. Beteiligte an der Schlacht um Stalingrad: 
Sowjetunion:               ca. 1,7 Mio Soldaten
Deutschland:               ca. 1 Mio Soldaten
Quelle: Wikipedia

Schlacht um Kursk:
Sowjetunion:               1,9 Mio Soldaten
Deutschland:               800.000 Soldaten
Quelle: Wikipedia

Diese Zahlen führe ich hier nur aus einem Grund auf: Das derzeitige Bestreben westlicher Politik, die Geschichte im Allgemeinen und die des Zweiten Weltkriegs im Besonderen umzuschreiben, hält keiner sachlichen Prüfung stand. 

Ehrlichkeit und Ehre, wem Ehre gebührt

Unter zivilisierten Völkern und Staaten sollte im Gedenken an herausragende und oft bedrückende Ereignisse gelten: Ehre, wem Ehre gebührt. Russland gedenkt bis heute mit Dankbarkeit all jenen, die dem Land in jener schweren Zeit zur Seite standen, ausdrücklich auch den USA und Grossbritannien. Und das völlig unabhängig von späteren politischen Entwicklungen. 

Vergleichbares lässt sich über die Länder des Westens leider nicht sagen, wenn die Sprecherin des Weißen Hauses zum Tag des Sieges unmittelbar an den obigen einleitenden Satz meint sagen zu müssen: 

„Präsident Putin hat aus diesem Anlass eine weitere Welle von Marschflugkörpern und bewaffneten Drohnen auf die ukrainische Bevölkerung abgefeuert“ 

Russland beschiesst also die Ukraine nur, um Zivilisten zu ermorden und zu vertreiben: Eine Aussage, die keiner Prüfung standhält und weiter entfernt von der Realität nicht sein kann. 

Weiter die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre: 

«Der Tag des Sieges sollte für Frieden und Einheit in Europa stehen. Es sollte um das Ende von Krieg, Blutvergiessen und Leid gehen. Stattdessen hat Putin nur mehr Gewalt versprochen und noch mehr Lügen über den Krieg verbreitet, von dem er fälschlicherweise behauptet, er sei gegen Russland entfesselt worden.»

Die Stimme des anderen Amerika widerspricht dem Weißen Haus

Die reale Situation der Ukraine und die Rolle, die sie tatsächlich für den Westen zu spielen hat, wird inzwischen in den USA offen diskutiert, so in einem Interview von Noam Chomsky im „Statesman“ am 7. Mai 2023. Darin äussert Chomsky, dass die USA und Grossbritannien die Ukraine komplett beherrschen und ausgehend von dieser beherrschenden Rolle die Ukraine zwingen, weiter Krieg zu führen, und zwar selbst dann, wenn die Ukraine „gebrochen und verwüstet“ sei. Gleichzeitig verhalte sich Russland weitaus humaner als die USA im Irak. 

Chomsky zur Entstehung des Ukraine-Konflikts, konkret zur NATO-Mitgliedschaft des Landes: 

«Das ist die rote Linie, auf die jeder russische Staatschef seit Jelzin und Gorbatschow beharrt hat. Mexiko kann ebenso wenig einem Militärbündnis beitreten, das den USA feindlich gesinnt ist. Darüber gibt es zwar keinen Vertrag, aber es ist ganz offensichtlich.»

Fazit

Die Leser von «Die Stimme aus Russland» konnten sich aus erster Hand darüber informieren, was Präsident Putin tatsächlich am 9. Mai 2023 auf dem Roten Platz in Moskau gesagt hat, hier und hier.

Somit kann jeder Leser und jede Leserin selbst beurteilen, inwieweit das, was das Weiße Haus offiziell zum 9. Mai, dem Tag des Sieges über den deutschen Faschismus, der Welt mitzuteilen hatte, dem Anlass angemessen war und ob es der Wahrheit entsprach. 

Dieser Artikel von René-Burkhard Zittlau erschien zuerst auf der Plattform «Stimme aus Russland», einer mehrsprachigen Plattform, die vom in Moskau lebenden Schweizer Peter Hänseler herausgegeben wird.