Am Tag nach dem Terroranschlag verdächtigt Russland die Ukraine
(Red.) Aus aktuellem Anlass ein zweiter Bericht zum Terroranschlag in Moskau. Die Zahl der dabei getöteten Menschen wird zwischenzeitlich mit über 140 angegeben. Die westliche Annahme und/oder Behauptung, dass der «Islamische Staat» für den Anschlag verantwortlich sei, ist zumindest aufgrund des Datums des Anschlages nicht sehr glaubhaft. (cm)
In Moskau herrschte heute eine düstere und besorgte Stimmung. Das Wetter war passend dazu grau. Russland wurde am Freitagabend von einem Terroranschlag in der Konzerthalle Crocus City Hall erschüttert. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts wurden 143 Menschen für tot erklärt. Terroranschläge durch islamische Extremisten sind in Russland nichts Neues, aber die letzte Attacke dieser Art liegt schon mehrere Jahre zurück.
In der Zwischenzeit wurden einige Angreifer verhaftet, als sie versuchten, in einem weißen Renault zu fliehen, nur hundert Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Der russische Präsident Putin sagte, sie hätten versucht, die Ukraine zu erreichen. Einer der Angreifer, ein tadschikischer Staatsbürger, hat gestanden, für die bescheidene Summe von fünfhunderttausend Rubel, etwa 5000 Euro, für den Anschlag angeheuert worden zu sein.
In diesen Stunden ist es sicherlich schwierig zu verstehen, wer hinter dieser Tat stecken könnte. Für den Westen scheint die Frage ein für alle Mal geklärt zu sein. Die Angreifer standen angeblich in Verbindung mit der Terrororganisation “Islamischer Staat”. Diese Version ist im Moment die einzige, die von den westlichen Medien ernsthaft in Betracht gezogen wird. In Russland wurde dies jedoch von vielen Kommentatoren schon als “Fake” abgetan.
Der russische Politikexperte und Berater Sergej Markow schreibt: “Ein ungewöhnlicher terroristischer Anschlag. Die Terroristen haben nichts gefordert und keine Geiseln genommen. Sie haben Menschen erschossen und sind weggelaufen. Das sind keine Selbstmordattentäter, die sich als Märtyrer sehen. Das ist das Verhalten von Söldner-Saboteuren. Wahrscheinlich erhalten sie Geld für diesen Terroranschlag.”
“Nur Quellen in der CIA sprechen im Namen der Terroristen, die sagen, dass es sich um IS handelt und nicht um die Ukraine. Aber ‘CIA-Quellen’ lügen ständig zu politischen Zwecken. Das ist allgemein bekannt. Sie haben ja auch über Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen gelogen”, so Markow. “Daher ist die Hauptversion im Moment, dass der Terroranschlag auf den Crocus City Hall von Kiew aus unter dem Deckmantel angeblich islamischer Terroristen organisiert wurde. Die US-Behörden wissen das und haben allen westlichen Medien und Politikern einen Befehl gegeben: Es geht darum, den Verdacht von den ukrainischen Behörden abzulenken.”
Paranoia? Das Ergebnis einer ungesunden Besessenheit Russlands von der Ukraine? Möglich. Aber die ukrainische Spur kann nicht einfach so ausgeschlossen werden, nur weil die Ukraine behauptet, sie habe dies nicht getan. Immerhin befinden sich die Ukraine und Russland seit mindestens zwei Jahren im Krieg. Die ukrainische Seite hat sogar behauptet, sie befinde sich mindestens seit der Maidan-Revolution im Krieg mit Russland. Wenn nicht sogar schon seit der gesamten Geschichte der Ukraine.
“Der Terroranschlag war für den 9. März im Crocus City Hall beim Konzert von Schaman geplant”, so Sergej Markow weiter. Schaman ist ein russischer Popsänger, der als patriotisch veranlagt gilt.
“Vor den Wahlen, bei einem Konzert von einem Vertrauten Putins, sollte dies die Situation vor den Wahlen destabilisieren. Das US-Außenministerium lehnte den Anschlag jedoch kategorisch ab und gab am 7. März eine öffentliche Warnung vor einem möglichen Terroranschlag um den 8. März herum auf einem Konzert oder in einem Einkaufszentrum heraus. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden in Moskau deutlich verschärft. Zwei Gruppen wurden verhaftet. Dann wurde der Terroranschlag abgesagt. Aber als sich die Lage beruhigt hatte, wurde der Terroranschlag wie vorbereitet durchgeführt.”
Klingt nach einer Verschwörungstheorie? Mag sein. Aber ein Anschlag dieser Art ist sicherlich das Ergebnis einer gut geplanten Verschwörung. Also, um zu verstehen, wer dahintersteckt, braucht man eine gute Verschwörungshypothese.
“Der IS? Nein. Der Terroranschlag im Crocus City Hall kann nicht von muslimischen Gläubigen verübt worden sein. Er fand während des heiligen Monats Ramadan statt, einer Zeit des Fastens und Betens. Außerdem fand der Terroranschlag an dem vom Propheten Mohammed eingeführten heiligen Tag, dem Freitag, und während des Freitagsgebets statt”, so Sergej Markow.
“Außerdem wurde der Terroranschlag während des Maghrib-Gebetes verübt, das nach Sonnenuntergang beginnt und in der Nacht endet und eine Art Übergang zum Iftar ist – dem abendlichen Fastenbrechen nach einem Tag strengen Fastens, an dem man den ganzen Tag nichts essen oder trinken darf.”
“Es ist nicht vorstellbar, dass radikale Muslime während des Freitagsmaghreb im heiligen Monat Ramadan zu schießen beginnen.”
“Dies ist ein offensichtlicher Fehler der Organisatoren des Terroranschlags, die alles so tun wollten, als ob sie im Namen der Muslime handeln würden, die aber offensichtlich mit dem Islam überhaupt nicht vertraut sind. Der Versuch, Muslime für den Terroranschlag auf den Crokus City Hall verantwortlich zu machen, ist eine Verleumdung der Muslime in aller Welt.”
Markow ist nur einer der vielen Kommentatoren und Experten, die hinter dem Terroranschlag von gestern die Hand der Ukraine sehen.
Auch der ukrainische Dissident und Journalist Anatoli Scharij, der in der Ukraine verfolgt wurde und seit 2011 in Spanien im Exil lebt, sieht die Hand des ukrainischen Geheimdienstes hinter den Anschlägen. Operationen ukrainischer Geheimdienste in Russland sind nicht neu. Aber warum wahllos Zivilisten töten? Kritiker haben argumentiert, dass ein solcher Angriff die Ukraine in den Augen ihrer Anhänger diskreditieren würde. Aber die Ukraine hat bereits Tötungsoperationen gegen einzelne Zivilisten in Russland durchgeführt. Dafür wurde sie sogar von den USA kritisiert. Die Ukraine gilt, neben den USA, als der Hauptverdächtige für die Sprengung der North-Stream-Pipeline. Man kann nicht sagen, dass dadurch der Ruf der Ukraine besonders gelitten hat. Die Ukraine hatte weiter die komplette Unterstützung des Westens.
Diese Art von Terroranschlag scheint auf den ersten Blick nicht zum Repertoire der ukrainischen Kriegsführung zu gehören. Aber in einem Krieg weiß man nie. Vor einigen Wochen warnte der Chef des ukrainischen Geheimdienstes Budanow, dass Russland unangenehme Überraschungen erleben werde. Der ukrainische Präsident Selenskyj seinerseits sagte, man werde den Krieg nach Russland bringen. Mittlerweile scheint Russland auf dem Schlachtfeld in der Ukraine die Oberhand zu gewinnen, und Putin hatte gerade einen überwältigenden Wahlsieg errungen. Russland hatte erst vor wenigen Tagen das 10-jährige Jubiläum der Wiedervereinigung mit der Krim gefeiert. Und nun dieser abscheuliche Angriff auf Zivilisten auf russischem Boden. Es muss nicht unbedingt die Ukraine sein. Aber man kann die Ukraine nicht einfach ausschließen. Täuschung ist ein Teil des Krieges. Mal sehen, wie Russland jetzt reagiert.