Friedensmanifest – eine weihnachtliche Stimme aus Wien
Als österreichischer Patriot, als christlicher Demokrat und als besorgter Bürger der Europäischen Union veröffentliche ich zu Weihnachten 2025 dieses Manifest: Die gegenwärtige Weltlage mit ihren zahllosen Konflikten und Ungleichgewichten erfordert konkrete Schritte zur Herstellung von Frieden und Gerechtigkeit.
Krieg und Frieden
General Dwight D. Eisenhower
„Ich hasse den Krieg, seine Brutalität und Dummheit, wie es nur ein Soldat kann, der ihn erlebt hat.“
Seit urdenklichen Zeiten ringt die Menschheit um die Überwindung des Krieges und um einen Weg zum Frieden.
Buddha Siddhartha Gautama
„Besser als tausend leere Worte ist ein Wort, das Frieden bringt.“
Das Neue Testament
„Aber einer der Jünger zog sein Schwert und schlug einem Soldaten des Hohenpriesters das Ohr ab. Da sagte Jesus zu ihm: Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“ (Mt 26,52)
Mahatma Gandhi
„Gewaltlosigkeit ist die größte Kraft, die der Menschheit zur Verfügung steht. Sie ist mächtiger als das mächtigste Geschütz der Welt.“
Die Überwindung des Krieges ist im fortgeschrittenen Atomzeitalter notwendiger denn je.
Der Rüstungswahn
Der Bertha von Suttner
„Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden.“
Der gegenwärtige Rüstungswettlauf stellt alles Bisherige in den Schatten. Aufgrund eines sachlich nicht gerechtfertigten, aber sorgfältig kultivierten Bedrohungsbildes sind die politischen Eliten und die ihnen hörigen Medien Europas in einen Aufrüstungswahnsinn geraten. Die für Waffen aufgewendeten Summen übersteigen jedes Vorstellungs-vermögen. Die Prognose von U.S. General Dwight D. Eisenhower hat sich leider bewahrheitet. Er warnte bei seinem Abschied 1947 davor, dass der militärisch‑industrielle Komplex eine eigenständige Macht entwickeln werde, mit der er die demokratische Kontrolle und die bürgerlichen Freiheitsrechte untergräbt. Mit dem fadenscheinigen Argument, Arbeitsplätze zu sichern und einer angeblichen Bedrohung zuvorzukommen, werden der Rüstungsindustrie Milliarden in den Rachen geworfen, die an anderer Stelle dringender benötigt werden.
Allein der deutsche Konzern Rheinmetall hat nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren knapp 8 Milliarden Euro in neue Werke, Akquisitionen und die Absicherung von Lieferketten investiert. Das Management verweist auf einen Auftragsbestand von über 64 Milliarden Euro und erwartet für 2025 ein Umsatzwachstum von 30–35%.
Wichtigster Einzelbereich (3,79 Mrd. Euro Umsatz 2024) sind Militär-Lkw und Panzerfahrzeuge, obwohl heute selbst dem Laien klar sein muss, dass dieser Sparte im Hinblick auf den Drohnenkrieg immer weniger Bedeutung zukommt.
Gleichzeit stilisiert sich ein führender Staatsmann der EU, der deutsche Bundeskanzler, immer mehr zur Figur Siegfrieds, des Drachentöters. Als Drache dient ihm Russland, das sich mit den Worten des NATO – Generalsekretärs darauf vorbereitet, im nächsten Schritt östliche NATO – Mitgliedsländer zu überfallen.
Die Selbstaufgabe Europas
Niemand kann übersehen, dass zwei Großereignisse den Abstieg Europas eingeleitet haben: erstens der Einmarsch Russland in die Ukraine im Februar 2022 und zweitens die Sprengung der Nord-Stream Pipeline durch ein ukrainisches Sabotagekommando im September desselben Jahres – zum Wohlgefallen der USA. In beiden Fällen hat die politische Klasse Westeuropas versagt:
In Artikel 3 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union heißt es: „Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.“
Die “Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik“ bezweckt vor allem: „den Frieden zu bewahren, Konflikte zu verhüten und die internationale Sicherheit zu stärken“.
Die NATO-Ost-Erweiterung und die Aufrüstung der Ukraine haben diesen Zielen nicht entsprochen. Dialogangebote wurden nicht genutzt. Deutschland und Europa haben aus dem plötzlichen Ausfall der russischen Energieversorgung die falschen Schlüsse gezogen – zu ihrem großen Schaden. Statt alles daran zu setzen, mit Russland wieder ins Gespräch und ins Geschäft zu kommen, lieferte man sich dem weit teureren Flüssiggasprojekt der Amerikaner aus. Niemandem schien aufzufallen, dass man damit der europäischen Industrie den Todesstoß versetzte – ganz im Sinn der USA. Was dem gesunden Menschenverstand entspräche, nämlich, dass Westeuropa nur im Zusammenwirken mit Russland eine robuste Wirtschaftsmacht bilden kann, schien man nicht zu sehen oder sehen zu wollen. Mit dem Verlust der globalen Konkurrenzfähigkeit und dem darauffolgenden Konjunktureinbruch kämpft Europa bis heute. Europa investiert hunderte Milliarden in die in ihrer Maßlosigkeit unvernünftige und auch sittlich verwerfliche Rüstungsindustrie. Bleibt die Frage:
Wann werden die Schwerter wieder zu Pflugscharen umgeschmiedet (Jesaja 2,4) ?
Der Weg zum Frieden
Neues Testament.
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Mt 5, 9).
Diese Worte der Bergpredigt gelten nicht nur für den gläubigen Christen, sondern sind ein Aufruf an alle, die sich als Angehörige der christlich-humanistischen Zivilisation bekennen. Die Anhänger der drei abrahamitischen Religionen begrüßen einander mit dem gleichen Begriff: Schalom, Salam, Friede. In der europäischen Werteordnung steht Friede ganz oben neben Freiheit und Demokratie. Leider scheint das Bewusstsein dafür trotz des Traumas zweier Weltkriege und des täglichen Massensterbens in der Ukraine verlorengegangen zu sein. Ohne dass sich nennenswerter Widerstand regt, ist es heute möglich, den Krieg nicht als zutiefst verwerfliches, sondern als „normales“, gesellschaftlich akzeptiertes Instrument der Politik zu beschreiben – ein wirklicher Skandal und eine Schande für das Abendland.
Das aus dem 4./5. Jh. stammende Dictum „Si vis pacem, para bellum” des römischen Dichters Vegetius steht weiterhin hoch im Kurs, obwohl man sich der tiefgreifenden Änderungen in der Kriegstechnik seit der Antike bewusst sein müsste.
Neben dem äußeren Frieden muss auf den inneren Frieden geachtet werden. Dieser ergibt sich aus der Anerkennung gleicher Rechte und Pflichten sowie einer auf Meinungsfreiheit und Toleranz beruhenden, demokratischen Streit- und Gesprächskultur.
Es gibt keinen Weg zum Frieden außer jenen durch radikale Bewusstseinsänderung. Beginnend mit der Grundschule, über Gymnasium und Universität hinaus muss Friedensbildung Pflicht werden. Die neuen sozialen Medien bieten sich als wirksame Instrumente dafür an. Die christlichen Kirchen müssen sich wieder auf ihre soziale Kernbotschaft – Frieden und universelle Brüderlichkeit – besinnen! Wichtig ist zu erkennen: Friede beginnt im eigenen Haus.
Die europäischen Eliten und die dem Zeitgeist huldigenden Medien sollen sich jeder Kriegsverherrlichung enthalten. Die Kommentatoren der führenden Tageszeitungen mögen ihre russophobe Grundhaltung zugunsten einer objektiven Sicht der internationalen Politik ablegen.
Der Bewusstseinswandel zum Frieden funktioniert freilich nur, wenn mutige Persönlichkeiten – Staatsmänner und Intellektuelle von Format – vorangehen, indem sie den Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes sukzessive zurückdrängen und eine Strategie des Friedens zwischen den Blöcken entwickeln: ökonomischen Kooperation und Handelsbeziehungen sind besser als Krieg.
Die Rolle Österreichs
Das Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität muss in eine konstruktive Neutralitätspolitik münden. In der neueren Geschichte Österreichs gibt es dafür gewichtige Stimmen:
Der Pragmatismus eines Julius Raab („Man darf den Russischen Bären nicht in den Schwanz zwicken“), die Weitsicht von Kardinal König (er plädierte als Präsident von Pax Christi dafür, die friedenspolitischen Initiativen Gorbatschows ernst zu nehmen und als Chance für Entspannung und europäischen Frieden zu nutzen) und die mahnenden Worte Bruno Kreiskys: „Neutralität bedeutet mehr als sich aus militärischen Konflikten herauszuhalten; der neutrale Staat muss das Prinzip der Neutralität in Friedenszeiten aktiv in die internationale Debatte einbringen, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen.“
Österreich ist durchaus in der Lage, einen konkreten Beitrag zur Verringerung internationaler Spannungen zu leisten, „wann es nur will“ (Philipp Wilhelm von Hörnig). Das ergibt sich schon aus der geographischen Lage unseres Landes und der Mentalität unseres Volkes, die auf Versöhnung und Kompromiss ausgerichtet ist.
Zum Autor Dr. Peter Diem: „Meine Heimatstadt ist Wien, wo ich am 7. April 1937 geboren wurde und auch jetzt wohne. Ich studierte Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Wien (Dr. iur. 1960), daneben Englisch (Akad. Übers. 1958) und anschließend Politikwissenschaft in den USA (Southern Illinois University, M.S. 1961). 1961/1962 Militärdienst (LtdRes Tel-Truppe), 1963 Gerichtsjahr in Wien. Ab 1964 arbeitete ich als Bundes-Organisationsreferent und Grundlagenforscher in der Bundesparteileitung der ÖVP. Anschließend freiberuflich als Publizist tätig, war ich 1977/78 Buchmarktforscher und Übersetzer im Verlag Fritz Molden.“