Nicolás Maduro, von der ganzen westlichen Welt verteufelt, weil er sich dem Prinzip der USA, Oel, Erdgas und andere Bodenschätze weltweit unter die eigene Kontrolle zu bringen, widersetzt und dafür gesorgt hat, dass das große Geld in Venezuela bleibt und vor allem auch den Armen zugute kommt. Zurzeit erlaubt sich Donald Trump unter dem erkennbaren Vorwand des Kampfes gegen den internationalen Drogenhandel venezolanische Schiffe in internationalen Gewässern abzuschießen – mit Todesopfern. Und er droht mit weiteren militärischen Maßnahmen mit dem Ziel eines "Regime Change" in Caracas. Mit welchem Recht? Typisch US-amerikanische Außenpolitik! (cm)

Bericht | Partizipative Demokratie und kollektive Selbstverwaltung in Venezuela

(Red.) Am 25. September und 8. Oktober 2025 fanden in Basel zwei Veranstaltungen zu Venezuela statt. Die internationale Wahlbeobachterin Natalie Benelli aus der Schweiz hielt einen Vortrag mit interessanten Details zu Venezuela, den auf Globalbridge zu übernehmen wir die Erlaubnis erhalten haben, wofür wir sehr dankbar sind. (cm)

Die Mainstreammedien in der Schweiz, Europa und Nordamerika berichten mehrheitlich negativ über Venezuela und seine Regierung. Präsident Maduro wird als autoritär beschrieben, obwohl in kaum einem anderen Land der Welt so viele Wahlen stattfinden wie in Venezuela und die Bevölkerung aktiv in die Entscheidungsprozesse involviert ist. 

Ich werde über eine Realität Venezuelas berichten, die von den Mainstreammedien ignoriert oder verzerrt dargestellt wird. Mein Bericht basiert auf den Erfahrungen aus erster Hand, die ich in meinen bisher vier Reisen nach Venezuela seit 2019 sammeln konnte. Zweimal war ich als internationale Wahlbeobachterin dort: im Juli 2024 für die Präsidentschaftswahlen und im Mai 2025 für Regionalwahlen.

1. Eine kurze Geschichte

Venezuela verfügt über die größten bekannten Erdölreserven der Welt, zudem über große Gas-, Gold- und Süßwasservorkommen. 

Bis 1998 wurde das Land abwechselnd von zwei bürgerlichen Parteien ­– der 1941 gegründeten sozialdemokratische Acción Democratica und der 1946 gegründeten christlich-sozialen COPEI – regiert. Sie sorgten dafür, dass die Einnahmen aus der Erdölindustrie und den anderen wertvollen Rohstoffen an eine kleine lokale Oligarchie und ausländische Erdölfirmen wie die US-Multis Exxon (heute ExxonMobil) und Conoco Philipps gingen, während der Großteil der Bevölkerung in Armut lebte.

Der römisch-katholische Priester Charles Hardy (A Cowboy in Caracas) beschreibt das Barrio, in dem er 1985 lebte, wie folgt: 

„Das Barrio bestand aus verschiedenen Arten von Behausungen. Es gab Baracken aus Presspappe und Blech. Die einzige Wand, die eine Wohnung von der anderen trennte, war eine Pappwand. (…) [Es gab] kein fließendes Wasser, keine Toiletten und keine geschlossene Kanalisation. Vor meiner Tür führte ein Strom schwarzen Wassers die Abwässer aus den Wohnungen meiner Nachbarn in den kleinen schwarzen Fluss hinter meinem Haus.“ 

1998 wählte Venezuela mit Hugo Chávez von der Bewegung Fünfte Republik (Movimiento V República) einen Präsidenten, der die Mehrheit der Bevölkerung vertrat. Vor der Wahl war Chávez durch das Land getourt, um mit den Menschen über die Ziele seiner Bewegung zu sprechen. Sein Wahlkampf basierte auf dem Versprechen, mit einer Verfassungsreform eine «neue» Republik – die Fünfte Republik – zu schaffen, die alle Venezolaner und Venezolanerinnen unabhängig von ihrem wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Hintergrund einschließen würde. 

Nach seinem Amtsantritt im Januar 1999 lancierte Chávez ein Referendum über die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung. Das Referendum wurde angenommen und die verfassungsgebende Versammlung gewählt. Sie arbeitete eine neue Verfassung für die Bolivarische Republik Venezuela aus, die bis heute eine der fortschrittlichsten Verfassungen überhaupt ist. 

Beispiele: Art. 82 garantiert allen Bürgern und Bürgerinnen das Recht auf ein würdiges, sicheres und sauberes Heim.  

Art. 58 garantiert das Recht auf angemessene, wahrheitsgetreue und unparteiische Information ohne Zensur. 

Die Verfassung garantiert auch das Recht auf Bildung (Art. 102 & 103) und Gesundheitsversorgung. (Art. 83). Sie beinhaltet zudem Elemente einer neuen Regierungsstruktur basierend auf einer partizipativen Demokratie. (Davon weiter unten.)

Seit der Regierungsübernahme verwendet die bolivarische Regierung die Einnahmen aus dem Erdölverkauf für zahlreiche Sozialprogramme im Bereich der Lebensmittelversorgung, Bildung, Wohnen und Gesundheit zugunsten der einkommensschwachen Bevölkerung:

Plan Bolivar 2000 (lanciert Februar 1999): Soldaten im Dienst der Bevölkerung: 

Verteilung von Lebensmitteln in Tür-zu-Tür-Kampagnen, Instandsetzung von Infrastruktur, Straßen, Gebäuden in den Slums.

2003: Mission Barrio Adentro für eine kostenlose Gesundheitsversorgung in Zusammenarbeit mit kubanischen Ärzten in den armutsbetroffenen Quartieren, wo die Ärzte der Oberschicht nicht arbeiten wollten. Vor Chávez war die Gesundheitsversorgung in Venezuela prekär. Öffentliche Spitäler verfielen, private Ärzte und Spitäler waren für die Reichen. Kubanische und venezolanische Ärzte und Ärztinnen richteten in Arbeitervierteln Praxen ein, manchmal bei Leuten zuhause, um die Bevölkerung rundum zu versorgen. Sie arbeiten mit den Gemeinderäten (consejos comunales) zusammen, die die Bedürfnisse der Menschen kennen.

2. Wirtschafts- und Medienkrieg gegen Venezuela

Seit der Wahl von Hugo Chávez zum Präsidenten im Jahr 1998 ist Venezuela ständigen Angriffen und Putschversuchen durch die USA und ihre Verbündeten in Amerika, Europa und der venezolanischen Opposition ausgesetzt. Diese können nicht akzeptieren, dass sie die Kontrolle über die venezolanische Erdölindustrie verloren haben und die Einkünfte aus dem Erdöl zugunsten der Menschen in Venezuela und im Globalen Süden eingesetzt werden.

2015 erklärte der damalige US-Präsident Barack Obama Venezuela zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA und verhängte mit dieser Erklärung einseitige Zwangsmaßnahmen – so genannten Sanktionen – gegen Venezuela. Bis zum heutigen Tag wurden von der US-Regierung und ihren Verbündeten in Europa über 1000 einseitige Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela verhängt. Mehr als 100 Maßnahmen richten sich gegen das staatliche Erdöl- und Gasunternehmen PDVSA, Venezuelas wichtigste Einnahmequelle. PDVSA-Konten bei internationalen Banken wurden blockiert, Raffinerien im Ausland konfisziert und Ölfrachter daran gehindert, um die Welt zu fahren. Venezolanische Vermögenswerte in der Höhe von 22 Milliarden USD in 29 ausländischen Banken wie der Bank of England, beim Internationalen Währungsfonds IWF und bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank sind gesperrt.

Die Auswirkungen auf die Wirtschaft Venezuelas sind verheerend: Keinen Zugang zu internationalen Märkten und Finanzsystemen zu haben bedeutet, keine Lebensmittel, Medikamente und Ersatzteile einkaufen zu können, die die Bevölkerung braucht, um leben zu können. Kein Material und keine Maschinen kaufen zu können, die es zum Aufbau der Industrie braucht. Es bedeutet auch, die Infrastruktur des Landes nicht instand halten zu können, was z. B. zu Stromausfällen führt – mit weitreichenden Folgen auf das ganze Leben.

Die Zwangsmaßnahmen, die Sanktionen zielen darauf ab, die Wirtschaft des Landes zu strangulieren und die Bevölkerung ins Elend zu stürzen, um sie gegen die Regierung aufzubringen.

Als Folge der illegalen einseitigen Zwangsmaßnahmen gingen die Einnahmen aus der Erdölproduktion zwischen 2014 und 2020 um 99 % zurück. Der Ökonom und Oppositionsanhänger Francisco Rodriguez verglich die Auswirkungen auf Venezuelas Wirtschaft mit der Sprengung von Ölfeldern durch feindliche Armeen. In einem Artikel der Financial Timesvom 7. Juli 2019 erklärte der ehemalige US-Diplomat Thomas Shannon, die Auswirkungen des Wirtschaftskriegs gegen Venezuela seien mit der Bombardierung von Dresden und Tokio im Zweiten Weltkrieg vergleichbar. 

Laut Jeffrey Sachs von der Columbia University und Mark Weisbrot vom Centre for Economic and Political Researchin Washington entzogen die einseitigen Zwangsmaßnahmen Venezuela Milliarden von Dollar für den Kauf von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Gütern. Allein zwischen 2017 und 2018 stieg die Sterblichkeit in Venezuela um 31 %, was 40.000 zusätzlichen Todesfällen entspricht. 

Dazu kommt eine massive Medienpropaganda, die Maduro als Diktator bezeichnet, der das Volk aushungert und Oppositionelle foltert. Vor den Präsidentschaftswahlen am 28. Juli 2024 sprachen Zeitungen prophetisch von einem unwahrscheinlichen Wahlsieg für Maduro. Am 26. Juli, zwei Tage vor dem Wahltag, titelte die Los Angeles Times: «Maduro liegt in Umfragen weit zurück. Wird er seine Niederlage bei den Wahlen am Sonntag akzeptieren?» Die deutsche Zeitung Zeit Online titelte am Wahltag: «Ist die Wahl in Venezuela bereits entschieden?» Und weiter: «Venezuela wird seit mehr als zehn Jahren von Präsident Nicolás Maduro regiert. Die Opposition könnte ihn nun zum ersten Mal besiegen. Wird das Regime einen Machtwechsel zulassen?» Das Schweizer Fernsehen SRF und andere Medien behaupteten, Venezuela lasse keine Wahlbeobachter ins Land.

Ich war sowohl bei den Präsidentschaftswahlen im Juli 2024 als auch bei den Regionalwahlen im Mai 2025 als Wahlbeobachterin in Venezuela vor Ort.  

3. Wahlen in Venezuela: So wird in Venezuela gewählt

1999 konnten 43 % der Personen im Stimmrechtsalter nicht wählen. Sie gehörten zu den wirtschaftlich, sozial und politisch entrechteten Menschen, die nicht lesen und schreiben konnten und keinen Personalausweis besassen. 

Mit der «Mission Robinson I» lancierte die Bolivarische Regierung unter Chávez 2003 eine landesweite Alphabetisierungskampagne und ermutigte alle Menschen einschließlich der indigenen Bevölkerung, einen Personalausweis zu beantragen. In der Folge verdreifachte sich die Anzahl der Stimm- und Wahlberechtigten von 7 Millionen (im Jahr 1998) auf heute 21 Millionen. 

In den letzten 25 Jahren – seit die Bolivarische Bewegung in Venezuela die Regierung stellt – hat Venezuela über 30 Wahlen durchgeführt. Am 25. Mai 2025 fanden die Wahlen der 24 Gouverneure der Bundesstaaten und der 285 Abgeordneten der Nationalversammlung statt. Als Wahlbeobachterin erhielt ich eine Einführung in Venezuelas Wahlsystem und ich besuchte verschiedene Wahllokale in Caracas, der Hauptstadt Venezuelas. 

Schlüsselelemente des Wahlsystems in Venezuela

– die Wahl ist zu 100 % automatisiert

– Insgesamt werden 16 Schritte des Wahlvorgangs in Anwesenheit der an der Wahl beteiligten Parteien einer Prüfung unterzogen. Alle an der Prüfung beteiligten Parteien unterzeichnen die Prüfungsprotokolle für jeden Schritt und bestätigen damit, dass alles ordnungsgemäß eingerichtet ist und regelgerecht funktioniert: Software, Maschinen, etc. Die Wahlsoftware ist passwortgeschützt; jede an der Wahl beteiligte Partei trägt einen Teil des Passworts zur Verschlüsselung der Software bei – niemand kennt das ganze Passwort, niemand kann alleine die Software verändern.

– an den Wahlen im Mai 2025 waren 54 politische Parteien beteiligt – die Mehrheit von der Opposition.

Wahlberechtigte und Wahlhelfer

– Wahlberechtigt sind Personen ab 18 Jahren, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind. 

– Das Wählerverzeichnis ist über die Website des CNE öffentlich zugänglich. Jeder kann dort überprüfen, ob er/sie registriert ist.

– Die Stimmabgabe erfolgt persönlich. Wähler und Wählerinnen müssen ihren Personalausweis mitbringen.

– Die meisten Wahllokale sind in öffentlichen Schulen eingerichtet. Um bestimmten Bevölkerungskategorien die Stimmabgabe zu erleichtern, werden in Altersheimen, Gefängnissen usw. Wahllokale eingerichtet.

– Die Wahlhelferinnen und -helfer werden nach dem Zufallsprinzip aus der Liste der registrierten Wähler im Alter von 18 bis 65 Jahren ausgelost. Für jedes Wahllokal werden 30 Personen ausgelost, darunter ein Vorsitzender, ein Sekretär, zwei Hauptmitglieder und Ersatzmitglieder. 

Um akkreditiert zu werden, müssen die Mitglieder der Wahllokale ein Video ansehen und drei einfache Fragen zum Wahlvorgang richtig beantworten. Wahlkandidaten können nicht Mitglied eines Wahllokals werden.

Die Mitglieder des Wahllokals unterzeichnen die Protokolle über die Eröffnung und Schließung der Wahllokale.

– Alle politischen Parteien schlagen Zeugen vor, die am Wahltag in den Wahllokalen anwesend sein werden. Ihre Aufgabe ist es, den Wahlvorgang zu beobachten und sicherzustellen, dass alles regelkonform abläuft.

Es ist vorgekommen, dass Wähler den Zettel vernichtet haben, anstatt ihn in die Wahlurne zu werfen, um das Wahlergebnis zu fälschen. Dies war zum Beispiel bei den Wahlen 2013 der Fall, als Maduro mit einem knappen Vorsprung von 234.935 Stimmen gewann. Die Opposition forderte, dass 100 % der Wahlmaschinen überprüft und die automatisierten Stimmen mit den in den Wahlurnen abgegebenen Papierstimmen verglichen werden. 99,98 % der automatischen Stimmen wurden durch die Papierstimmen bestätigt. Nur 0,2 % der Papierstimmen fehlten, weil die Stimmzettel vernichtet worden waren.   

Die Vernichtung des Stimmzettels bzw. der Nicht-Einwurf in die Wahlurne ist eine Straftat.

4. Venezuelas Antwort auf den Wirtschaftskrieg: partizipative Demokratie und kollektive Selbstverwaltung

Venezuela antwortet auf den Wirtschaftskrieg mit der Stärkung der lokalen Selbstverwaltungsstrukturen (consejos comunales und Comunas) und der kollektiven Produktion sowie den Einbezug privater Unternehmer in die landwirtschaftliche und industrielle Umstellung. Heute gibt es 49’000 consejos comunales in Venezuela und rund 4’500 Comunas für die selbstverwaltete Produktion von Landwirtschaft, Industrie und/oder Dienstleistung.

13.956.000 Hektar Land wurden an Bauernfamilien übergeben, und 427.000 Familien wurden in die Produktion eingebunden. Durch die Beteiligung privater Unternehmen an der Transformation von Landwirtschaft und Industrie produziert Venezuela nun 97 % seiner Lebensmittel selbst. Eine 100-prozentige Eigenversorgung wurde bei Kaffee, Kochbananen, Weißkäse, Vollmilch, Karotten, Paprika, Kürbis, Süßkürbis, Ananas, Milch-Yamswurzeln, Guaven, Orangen, Melonen, Kartoffeln, Zwiebeln, frischem Fisch, Tomaten, Rindfleisch, Hühner- und Schweinefleisch erreicht.

Venezuela investiert 70 % seiner Einnahmen in Sozialprogramme. Im Jahr 2024 erhielten 8 Millionen Familien regelmäßig subventionierte Lebensmittel durch das CLAP-Programm. Seit 2011 wurden mehr als 5,1 Millionen Häuser gebaut und an einkommensschwache Familien verteilt.  

Zwei Beispiele kollektiver Selbstverwaltung:

Urbanismo Jorge Rodriguez Padre:

Wohnraum ist in Venezuela keine Ware, sondern ein Recht. Die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela garantiert würdigen Wohnraum für alle (Artikel 82). Das war nicht der Fall, bevor die Bolivarische Bewegung an die Macht kam. 

2011 kam es in Caracas nach heftigen Regenfällen zu Bergstürzen, viele Familien verloren ihre Unterkunft. Die Regierung lancierte darauf das nationale Wohnbauprogramm Gran Mision Vivienda Venezuela GMVV, um den Leuten, die ihre Unterkunft verloren haben, eine Wohnung zu geben.

Die Überbauung Jorge Rodriguez Padre ist Teil der Gran Mision Vivienda Venezuela, mit der Methode der Autoconstrucción

96 Familien bauen ihre eigenen Wohnungen in zwei Überbauungen. Das erste Gebäude mit 48 Wohnungen für rund 150 Personen auf 6 Stockwerken ist fertiggestellt. Jedes Stockwerk hat acht Wohnungen. Die Eckwohnungen sind 2-Zimmerwohnungen mit 66m2, die mittleren Wohnungen sind 3-Zimmerwohnungen mit 76m2.  (Hier zeigte die Referentin mehrere Fotos. Red.)

Ich hatte die Gelegenheit, mich einen Nachmittag lang mit den Ayary und einigen ihrer Mitstreiter zu unterhalten. Hier ein paar Auszüge aus dem Gespräch:

Mit dem Projekt wurden mit vielen Paradigmen gebrochen. Yrcedia: «Wir alle hatten verschiedene Berufe. Wir wussten nichts von Konstruktion/Bau. Wir mussten alles lernen.»

85 % der Autoconstructoras sind Frauen, 15 % sind Männer. Ayary: «Wir sind ein Frauenkollektiv, das mit der traditionellen Frauenrolle gebrochen hat. Wir sind Hausfrauen, die ihre eigenen Wohnungen gebaut haben. Wir haben bewiesen, dass Frauen fähig sind, das zu machen, entgegen dem gängigen Frauenbild.»

«Wir haben es geschafft, zu lernen und voranzukommen.»

José: «Wir bauten die Häuser der Reichen, aber konnten für uns selber keine Häuser bauen.» Von Ayarys Küche aus sieht man die Barrios an den Hängen um Caracas. José: «Von dort kommen wir.»

«In der kapitalistischen Gesellschaft wird der Beitrag der Leute mit kleinem Einkommen nicht gewürdigt.» «Wir haben bewiesen, dass das organisierte und geeinte Volk das schaffen kann.» «Wir haben der Welt und der Gesellschaft bewiesen, dass wir das erreichen können.» «Wir haben das Dank Chavez.»

Ayary: «70 % des Wohnungsbaus ist in den Händen der Volksmacht. Es braucht eine partizipative und politische Arbeit. Wir wissen, was wir brauchen. Niemand weiß das besser als wir. Chavez sagte: Organisiert euch, damit ihr das verfolgen könnt, was ihr bekommen wollt. Der Eigenbau von Wohnraum basiert auf Freiwilligenarbeit. Wir arbeiten alle zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Denn meine Wand ist deine Wand, deine Zimmerdecke ist mein Boden. Aber mehr noch geht es um das Aufbauen einer Gemeinschaft. Mit Individualismus erreichen wir nichts.»

Ayary: «Alles basiert auf einem partizipativen Prozess: wie wollen wir leben? In meinem Kollektiv präsentierten wir unsere Ideen zuerst den Architekten und Ingenieuren, die sie zu etwas Umsetzbaren machten. Damit gingen wir zum Ministerium für Wohnen, das uns 95% des Materials zur Verfügung stellt. «Wir mussten verstehen, dass man nicht jede Wohnung einzeln irgendwie konzipieren kann, sondern alle Bäder/Nasszellen an einem bestimmten Ort sein müssen, das Gleiche mit der Küche, etc.» «Es gab viele Kämpfe mit den Architekten und Ingenieuren, aber wir haben 80 % unserer Ideen durchgebracht.»

Ayary geht von einem Marktwert der Wohnung von rund 45’000 USD aus. Die Bewohner des Urbanismo bezahlen keine Miete, weil sie ihre Wohnungen selber gebaut haben. «Wir haben dem Staat und dem Präsidenten gezeigt, dass das organisierte Volk das kann.» Der Präsident hat das anerkennt und die Familien von einer Abgabe befreit und ihnen Eigentumstitel vergeben. (titulos de propiedad)

b. Urbanismo Carlos Raul Villanueva (Mai 2025)

Stadtentwicklung (Urbanismo) Carlos Raul Villanueva in Fort Tiuna, Caracas. 

Hier leben 998 Familien, viele davon sind Angehörige der Streitkräfte und ihre Familien, andere sind Beamte, die für das Verteidigungsministerium oder andere staatliche Einrichtungen arbeiten. Die Gebäude und die Infrastruktur wurden von Militärs und Beamten errichtet. Jede Familie hat eine Wohnung zugewiesen bekommen. Die Wohnungen wurden im Rahmen der Großen Wohnungsbaumission (Gran Misión Vivienda Venezuela, GMVV) gebaut. Die Familien zahlen Miete entsprechend ihrem Einkommen, der Anzahl der Familienmitglieder usw. Die durchschnittliche Miete beträgt 250 Bolivar pro Monat, etwa 2 USD.

Wir besuchten das neu erbaute Gesundheitszentrum Carlos Raul Villanueva, das kostenlose medizinische Grundversorgung anbietet, einschließlich Pädiatrie, Gynäkologie, Allgemeinmedizin, Physiotherapie und Zahnmedizin. 

Der Bau des Gesundheitszentrums wurde in einer Abstimmung durch die hier lebenden Familien beschlossen. Die venezolanische Regierung hat den „Sonderfonds für eine menschliche Stadt” (Fondo especial „Ciudad Humana”) eingerichtet, um Projekte zu finanzieren, die von der organisierten Bevölkerung vor Ort ausgewählt werden. Im Jahr 2025 sind vier Wahlen geplant, um lokale Projekte auf Comuna-Ebene auszuwählen. Dies ist Teil des Plans der Regierung, die Comunas und die organisierte Bevölkerung zu stärken.

Aufruf, aktiv zu werden

Es ist gut möglich, dass die meisten oder viele von euch Zuhörer und Zuhörerinnen ein anderes Bild von Venezuela hatten, bevor sie an diesen Vortrag kamen. Die Mainstream-Medien berichten nicht über die Realität des Landes. Sie berichten nicht über die tödlichen Auswirkungen des Wirtschafts- und Medienkriegs gegen Venezuela und sie berichten nicht über die positiven Programme und Maßnahmen, mit denen die venezolanische Regierung und die Bevölkerung darauf antworten. Die Berichterstattung der Mainstreammedien über Venezuela im Interesse der US-Regierung und ihrer Verbündeten im Globalen Norden und der wohlhabenden Elite Venezuelas gefährdet nicht nur das Leben der Venezolanerinnen und Venezolaner, sie gefährdet den Frieden in Lateinamerika und das Leben von Millionen von Menschen dort. Dies zeigt die jüngste militärische Bedrohung Venezuelas durch die USA unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Drogenhandel – dies, obwohl es in Venezuela gemäss des Globalen Drogenberichts der UNODC von 2025 keine organisierte Kriminalität und keinen Drogenhandel gibt.   

«Neue Presse» (eine Publikation aus dem Umkreis der Autorin) schafft eine Berichterstattung von Menschen für die Menschen, um aus der Perspektive der direkt Betroffenen über ihre wahren Lebens- und Arbeitsbedingungen zu berichten. Nur mit einer gemeinschaftsbasierten Berichterstattung können wir die Wahrheit über Länder verbreiten, die von den Mainstream-Medien ignoriert oder verzerrt dargestellt werden, und über die erfolgreichen Lösungen dieser Länder für die drängenden Probleme unserer Zeit.

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