Er verlangt immer noch mehr Waffen, noch mehr Munition und noch mehr Geld, aber was hat er selber zu bieten? Obwohl viele westlich orientierte Ukrainer ihre russischsprachigen Mitbürger im Donbass als minderwertige Kreaturen betrachten, ist er nicht bereit, territoriale Abstriche zu machen: Wolodymyr Selenskyj, wegen der von ihm abgesagten Wahlen nicht mehr demokratisch legitimierter ukrainischer Staatspräsident. (Foto TASS)

Kommentar | Pinocchio und die Ukraine

Alle Internet-Nutzer konnten am 26.8.25 im Tagesspiegel bei GMX nachlesen: „Krieg in der Ukraine. Merz wirft Putin Verzögerungstaktik bei der Suche nach Frieden für die Ukraine vor.“ Konkret geht es um das geplante Zweiertreffen zwischen dem russischen Präsidenten und seinem ukrainischen Kollegen Selenskyj. „Putin hält es für richtig, dieses Treffen an Vorbedingungen zu knüpfen, die aus Sicht der Ukraine, auch aus unserer, aus meiner persönlichen Sicht völlig unakzeptabel sind“, sagte Merz in einer Pressekonferenz mit Kanadas Premier Mark Carney in Berlin. – Gedanken eines aufmerksamen Beobachters.

Die Presse im Westen berichtete, dass nach dem Treffen von Putin und Trump in Alaska ein Zweiertreffen von Putin mit Selenskyj innerhalb von zwei Wochen organisiert werden soll. Diese Frist ist mittlerweile ausgelaufen.

Man betonte, nun sei Moskau am Zug. „Bleibt dieser Schritt der russischen Seite aus, dann braucht es noch mehr Druck. Die Europäische Union arbeitet bereits an weiteren Sanktionen. Carney: „Das geht nur über Stärke, Sanktionen gegenüber Russland und der Stärkung der ukrainischen Streitkräfte.“

Dass es sich hierbei um ein Produkt „kognitiver Kriegsführung“, also Propaganda bzw. rhetorisch veränderte Wahrheiten handelt, merkt der Normalbürger nicht. 

Ich möchte jetzt diese Nachricht analysieren:

Hier geht es in erster Linie um eine angebliche Verzögerungstaktik von Putin. Ich habe nirgendwo gehört, dass Putin einem Treffen von ihm mit Selenskyj ohne Vorbedingungen zugestimmt hat. Er hat es für möglich gehalten, dass es ein Zweiertreffen von ihm mit Selenskyj geben kann, aber nicht zu unrealistischen Bedingungen wie ein von Selenskyj und dem Westen geforderter vorheriger Waffenstillstand (in dem die Ukraine Vorteile hat). 

Welche Chancen würde ein Treffen haben bei zwei grundverschiedenen Standpunkten, wobei Russland ganz klar militärisch den Ton angibt und Selenskyjj nichts anbieten will. Der Ukraine kommt bestenfalls die Position eines Bettlers zu und nicht eines gleichwertigen Partners. Die Ukraine möchte, angeblich aus Verfassungsgründen, keine Gebiete hergeben. Er erwartet also von Russland, dass sich dieses zurückzieht und er tut so, als ob nichts gewesen wäre, um dann mit Hilfe der Europäer sich wieder militärisch so erstarken zu lassen, dass Russland neutralisiert wird. Welchen Nutzen hätte Russland davon, dass die Ausgangs-Situation, die erst zu dem Krieg geführt hat, quasi wieder hergestellt wird? 

Ein dauerhafter Friede wird so nicht erreicht. 

Das ist traumhaftes Wunschdenken in der Hoffnung, durch Druck, Propaganda, permanentes Russland/Putin-Bashing etc. Russland zum Nachgeben zu zwingen. Die Russen werden, egal wer Präsident ist, niemals ihre Sicherheit derart wieder aufgeben und werden eher Gras fressen. Westliche Politiker glauben ihren eigenen vollkommen daneben liegenden Vorstellungen, z.B. dass die NATO ein Friedens-Verein ist und dass Russland sich davon nicht bedroht fühlen darf!

War doch der Ausgangspunkt, dass die NATO direkt in Russlands Vorgarten steht und so direkt Russland bedroht. Man stelle sich im Vergleich vor, dass Mexiko als direkter US-Nachbar ein Militärbündnis mit China schließt und China an der Grenze zu den USA schwere Waffen stationiert und Mexiko so nebenbei hoch aufrüstet. Was würden dann die USA tun? Nun: mittlerweile ist Trump Amerikas Präsident mit seinen täglich wechselnden Marotten und Vorlieben. Aber was alle Präsidenten der USA vertreten, ist „America first“.

Die Europäer unterstützen die Ukraine bedingungslos. Am 27.8.25 war SPD-Finanzminister Klingbeil in Kiew und hat der Ukraine 9 Milliarden Euro Militärhilfe jährlich versprochen. (Zur Vervollständigung: Deutschland hat in 3 Jahren Krieg bis Ende 2024 der Ukraine über 50 Milliarden Euro ohne jegliche Gegenleistung geschenkt.) Pikant hierbei ist, dass zeitgleich die deutsche Regierung verkündet, dass ein Haushaltsloch von 30 Milliarden Euro noch in unbekannter Weise zu stopfen ist. Und dann dies noch bei vorher (16.3.25) stattgefundenen Rekord-Anleihen (Verschuldungen, zur Tarnung „Sondervermögen“ genannt): Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte ein Billionen-Finanzpaket (!) für Sicherheit und Investitionen auf den Weg gebracht. Auf einen Schlag werden neue Schulden in einem Volumen ermöglicht, wie es dies in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Dieser riesige Schuldenberg wird dann der nachfolgenden Generation aufgebürdet. Vielleicht wird  dies durch eine weitere Geld-Entwertung und somit Sparer-Bestrafung geregelt.

Der Begriff „Frist“ soll suggerieren, dass Russland als souveräner, aber Underdog-Staat sich an eine Frist halten soll, die willkürlich vom Westen als neue Erpressungsmasche haltlos in den Raum gestellt wird. Und wenn Russland auf diese „Pseudo-Abmachung“ nicht reagiert, ist es selbstverständlich „böse“.

Die Taktik der ununterbrochenen Vorwürfe gegenüber Putin und Russland, ebenso wie bei allen anderen, sog. „Schurkenstaaten“ wie Nord-Korea, Afghanistan, Syrien, Libyen, Iran, Jemen, China, Somalia, Ungarn, Venezuela, Brasilien etc. ist es, diese ununterbrochen von den westlichen Medien eben durch permanente Anwürfe, Anschuldigungen etc. in ein schlechtes Licht zu stellen, damit jeder weiß, was diese Schlechtes getan haben sollen, um westliche Gegenmaßnahmen zu rechtfertigen, der Opposition keine Angriffsfläche zu ermöglichen sowie ihre Unterstützung für die Ukraine ungestört weiter zu betreiben.

Viele Länder stehen auf der „to do-Liste“ „bekehrungs-notwendiger Länder“, die mit Unterwanderung und Sanktionen auf die westliche Linie gezwungen werden müssen, weil sie nicht einsehen, dass nur das westliche System richtig ist.

Was glauben Sie, wie ein Vertrauensverhältnis hier zu Russland nach diesem Krieg wiederhergestellt werden soll?

Der Westen tritt in überheblicher Weise als „Meister“ auf, der den anderen, noch nicht so „demokratisierten“ Völkern, selbstverständlich gerne seine allein seligmachende Sicht der Dinge als Maßstab anlegt und zur Not korrigierend vermittelt. Er bezieht sich auf eine vom Westen initiierte sog. „regelbasierte internationale Ordnung“. Diese soll als Gegensatz zum „Recht des Stärkeren“ zu sehen sein. Erscheint plausibel und wünschenswert, ist es aber durch zahlreiche Aushöhlungen und Nichtbeachtungen des Westens nicht: Beginnen wir mit dem Krieg der USA gegen Korea und danach gegen Vietnam, die nachweislich durch US-Manipulationen und erfundene gegnerische Aggressionen ausgelöst wurden. So war der Krieg gegen Serbien 1999 mit Beteiligung von Deutschland ein nicht von der UNO legalisierter Krieg. Die Kriege der USA gegen den Irak hatten keinerlei Grundlage, weder durch angebliche Gräueltaten noch durch Besitz von Chemie- oder Nuklearwaffen. Alle diese Bekehrungs-, besser Zerstörungsaktionen haben vielleicht einen Diktator gestürzt, das Land aber in einem maroden Zustand hinterlassen. Ist danach irgendwo eine Demokratie entstanden?

Und auch der von Deutschland und den USA lancierte Umsturz der legal gewählten Regierung der Ukraine mit der Absetzung des Präsidenten Janukowytsch 2014 zugunsten eines westlich orientierten Systems ist nicht mit der regelbasierten Ordnung in Einklang zu bringen. Er war ein Staatsstreich mit Gewaltanwendung. Weiter folgten eine gigantische militärische Aufrüstung der Ukraine durch den Westen und jahrelange Militärmanöver, teils mit scharfen Waffen an der russischen Grenze, die den Russen zeigten, wo’s lang geht. 2018 kündigten die USA den ABM-Vertrag und bauten Abschussrampen Mark 41 in Rumänien und Polen, die Tomahawk Marschflugkörper (mit Atomraketen bestückbar) abschießen können. 2019 stiegen die USA einseitig aus dem Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckenraketen aus. 2022 war für die Russen das Maß voll: Sie starteten Maßnahmen, um diese Bedrohung zu beseitigen – und seit dieser Zeit haben wir den Ukraine-Krieg.

Kenntnisreiche genaue Darstellungen dieses westlichen „Aufmarsches“ gegen Russland findet man in zahlreichen Schriften, z.B. Verheugen, G. (Ex EU-Kommissar) u. P. Erler (2024). Der lange Weg zum Krieg. Heyne (Spiegel Bestseller). Z. Brzezinski (1997). Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft.

Verfolgen wir obige Überlegungen  weiter: Der Westen tut so, als ob er wesentlich mitbestimmen könnte, dass und wie ein dauerhafter Friede nicht nur zwischen der Ukraine und Russland, sondern als dauerhafte europäische Ordnung aussehen könnte. Dies ist sicherlich notwendig und gut. Nur kann so etwas nicht per Erpressung oder Zwang konstruiert werden. Und vor allen Dingen geht das nicht ohne Russland. Und Russland permanent durch Waffenlieferungen, Sanktionen, Erpressungen  und gigantische Unterstützungen der Ukraine zu einem Frieden „zwingen“ zu wollen, zeigt die Unfähigkeit zu normalem Denken, denn ein irgendwie gearteter Zwangsfriede  kann nie dauerhaft sein. Vor allem ist es dringend notwendig, dass westliche uneinsichtige Politiker sich von einem „Herdenzwang“, der Fiktion „Russland ist schlecht“ und es hat einen mörderischen Angriffskrieg gestartet – die Ukraine dagegen ist „gut“ und ist das „Opfer“, lösen. 

„Opfer“ stimmt, aber im Sinne westlicher permanenter Beeinflussungs- und Okkupations-Maßnahmen. Ich erinnere daran, dass wenige Wochen nach Kriegsbeginn ein fertiger Vertrag ausgehandelt wurde, der auch von Selenskyj und Russland akzeptiert wurde! Nur: Der Westen war dagegen! Jetzt ist die Situation eine andere: Russland hat die Zerstörung wesentlicher NATO-Basen erreicht, andere dagegen wurden neu errichtet. Russland hat zum Erreichen seiner Ziele hinsichtlich eigener Sicherheit einiges erreicht, aber der Westen unterstützt ohne jeglichen Verstand hartnäckig die Ukraine und will nicht einsehen, dass auch Russland Sicherheitsinteressen hat! 

Trotz aussichtsloser Situation, einen Krieg ohne Zugeständnisse weiterzuführen, ist nicht nur verantwortungslos, sondern hoch kriminell! Denn das Leben von Millionen eigener Bürger wird von Selenskyj mit voller selbstmörderischer Unterstützung durch die Europäer als „Dispositionsmasse“ aufs Spiel gesetzt. Wer kann danach in einem solchen Staat noch leben? 

Selenskyj setzt den Staat als solches aufs Spiel!

Und dann noch zu behaupten, Putin sei es, der den Frieden nicht will. Es ist wieder einmal umgekehrt: Die Europäer wollen den Frieden nicht und bestärken Selenskyj in der Annahme, dass durch weitere ununterbrochene westliche Unterstützung „irgendwie“ die Sache zu ihren Gunsten ausgeht. 

Es muss doch jedem denkenden Menschen einleuchten, dass an der Sache mehr als nur etwas faul ist! Warum die USA diesen Krieg losgetreten haben, ist eigentlich klar: Sie wollten damit mehrere Staaten (Russland, Ukraine, EU) dauerhaft schädigen – und daraus schlossen sie in alter Tradition, dass sie davon profitieren würden! (Studien Rand-Corporation sowie Brzezinsky-Buch von 1997). 

Warum jetzt die Europäer nach dem Aussteigen der USA immer noch hartnäckig diese Ziele weiterverfolgen, ist ein Rätsel! Was sind die Kriegsziele der Europäer?

Die USA sind seit dem 2. WK nie angegriffen worden, haben aber in 80 grundlosen Kriegen (!) mit mehr Toten als im 2. Weltkrieg immer provoziert, um dann den Gegner als Verursacher darzustellen. Der Aggressor waren immer die USA! Und die ganze Welt hat ihnen das auch noch abgenommen! Im Ukraine-Krieg war das nicht anders.

Russland soll der Aggressor sein!

Zu einem wirklichen und dauerhaften Frieden muss man an die Ursachen gehen und diese im Sinne von Gerechtigkeit für alle neu anschauen. Im Wesentlichen ist der Wille der Bevölkerung zu berücksichtigen. Und da die Ukraine bis heute den nicht unerheblichen russisch-stämmigen Bevölkerungsteil diskriminiert, muss dies zuerst wieder normalisiert werden.

„…bleibt dieser Schritt (Gespräche zwischen Putin und Selenskyj) der russischen Seite aus, braucht es noch mehr Druck, Sanktionen gegen Russland und Stärkung der ukrainischen Streitkräfte.“

Selenskyj hält sich nach wie vor frech, wegen unbegrenzter Unterstützung durch die Europäer, für den Nabel der Welt. Er ist quasi der „Sozialhilfe-Empfänger“ und stellt Ansprüche an die internationale Staatengemeinschaft mit ständigen Nachforderungen. Natürlich liefert er ununterbrochen Erfolgsmeldungen: Wie tüchtig sie doch gewesen sind, aber es muss selbstverständlich nachgelegt werden …

Die völlig korrupte, marode und zerstörte Ukraine mit Millionen Krüppeln und Toten, hat nicht die militärischen und materiellen Möglichkeiten, wirklich Entscheidendes zu erreichen.

Hier ist noch etwas, was man bei uns wohl kaum mehr kennt: Jeder Mensch und auch jedes Land hat eine Selbstachtung und ein Selbstbewusstsein, mit dem man sich nicht von unkompetenter Stelle  etwas vorschreiben oder befehlen lässt. Sanktionen gehören dazu; stören den Weltfrieden, die Weltwirtschaft und das Einkommen des einfachen Menschen. Sinnbildlich äußert sich das im kürzlich stattgefundenen „Deal“ der EU-„Chefin“ von der Leyen (die weder Auftrag noch Kompetenzen oder gar demokratische Legitimation hat) mit US-Präsident Trump zum Schaden Europas und damit als Hauptzahler Deutschland. Nur eigenes Selbstbewusstsein und Stärke beeindrucken Trump.

Zur Frage nach den europäischen Kriegszielen brachte die „Berliner Morgenpost“ am 28.8. einen interessanten Kommentar zum Besuch von Merz am 27.8. in der Republik Moldau:

„Moldau ist eine fragile Demokratie, die unterhöhlt wird von prorussischen Kräften. Putin braucht ein entschiedenes Stoppschild. Wir stehen Ihnen bei, Ihre Freiheit und Ihre Souveränität zu bewahren. Russland arbeite jeden Tag daran, Freiheit, Wohlstand und Frieden zu stören. Deutschland hat Moldau in der Vergangenheit mit rund 200 Mio. Euro unterstützt – für die Verteidigung und die Sicherheit der Energieversorgung, zur Cyberabwehr und im Kampf gegen Desinformationskampagnen. Wir wollen keine Kapitulation der Ukraine. Sie würde Russland Zeit kaufen. Und diese Zeit würde Putin nutzen, um den nächsten Krieg vorzubereiten.“

Ich lese hieraus, dass die westlichen Länder (Merz war begleitet von Macron und vom polnischen Tusk) nach wie vor Russland als Systemfeind betrachten. (Ich habe in meiner Schulzeit gelernt, dass Kommunisten böse sind und damit waren vor allem die russischen gemeint.) Nun gibt’s ja in Russland keinen dominierenden Kommunismus mehr. Also ist direkt Russland gemeint. Aber die oben genannten Argumente der Unterhöhlung, der Beraubung der Freiheit und Souveränität, des Wohlstandes und des Friedens sowie der Einmischung lassen sich im Gegenzug auch für den Westen behaupten. 

Konkret: Russland steht im Gegensatz zum westlichen System, lässt sich nicht manipulieren und unterordnen. Es ist dem westlichen System ein Dorn im Auge. Und alle Bemühungen Russlands, den Westen von seinen Grenzen fernzuhalten, sind „böse“. Moldau steht, wie die Ukraine, in direkter Nachbarschaft zu Russland und kann als „Flugzeugträger“ des Westens direkt Russland gefährlich werden. Wie auch in der Ukraine: Russische Sicherheits-Interessen zählen nicht!

Nichts gelernt! Grundlage eines dauerhaftes europäisches Sicherheits-Systems?

Vielleicht hat Ex-NATO-Generalsekretär Stoltenberg doch recht: „Wir kämpfen bis zum letzten Ukrainer!“

(Red.) Dr. Diether Gräf aus Berg ist ein in mehreren Fächern studierter Akademiker, ohne sich deshalb als Politologe zu verstehen.

Globalbridge unterstützen