
Essay | Kriegstüchtiges Land – Eine konkrete Dystopie
Während wir alle weiterhin unserem gewohnten Alltagstrott gemütlich nachgehen, wird hinter unserem Rücken unser Land auf allen Ebenen „kriegstüchtig“, nein: „kampfkräftig“ gemacht. Geht diese Entwicklung ungehindert so weiter, dann werden wir in wenigen Jahren Deutschland – auch ohne Krieg – nicht mehr wiedererkennen. (Die Redaktion empfiehlt das Anklicken der blau markierten Stellen! cm)
„Immer häufiger hört man Stimmen, die einen Krieg und die Anwendung von Gewalt für akzeptabel halten. Wieder wird das Loblied auf Atomwaffen gesungen. Es liegt Krieg in der Luft! Um der Macht willen, sind die Falken zu allem bereit. Wenn die Folge der Politik Krieg ist, dann nieder mit dieser Politik! Kommt endlich zur Vernunft. Hört auf! Jede Aktion ist zu stoppen, die uns einer Katastrophe näher bringt – das ist das Gebot für verantwortungsvolle Politiker.“
(Michail Gorbatschow, März 2020)
Die Zielmarken sind gesetzt: Spätestens 2030, am Besten aber schnellstmöglich – am Allerbesten natürlich ab gestern – soll unser Land „kriegstüchtig“, nein: kampfkräftig sein. Und das wird gravierende Konsequenzen für die gesamte Bevölkerung haben. Für uns alle.
Um sich dies im Einzelnen näher auszumalen, bedarf es keiner Glaskugel. Es reicht völlig, eins und eins zusammenzuzählen. Die ersten Ansätze sind bereits überall sichtbar, der Zug fährt längst schon mit Volldampf in die falsche Richtung. Im schlimmsten Falle in den Abgrund.
Wehrpflicht? – „Freiheitsdienst!“
Fangen wir mit dem Naheliegendsten an, der Wehrpflicht. Und machen wir uns nichts vor: Natürlich wird die Wehrpflicht wieder eingeführt werden! (Die „Teilverpflichtung von Teiljahrgängen“, wie unser Kriegstüchtigkeitsminister – dessen Namen man am Sinnigsten mit chinesischem Akzent aussprechen sollte – kürzlich bei Caren Miosga radebrechte, ist ja nur Teil der berühmten „Salamitaktik“.) Die junge Generation, Männer und Frauen, hat sich trotz einschlägiger Werbekampagnen und Lockvogelangebote vernünftigerweise bislang als nicht besonders kriegsfreudig erwiesen, so dass offiziellerseits noch ein wenig nachgeholfen werden muss. Anders kommt die künftig „woke und wehrhafte“ Truppe nicht auf die nötige Zahlenstärke der angepeilten 460.000 Soldat-Doppelpunkt-innen: 250.000-260.000 Aktive und 200.000 Reservierende. (Die Frage, ob diese Stärke überhaupt noch mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vereinbar ist, der im September 1990 die Modalitäten der deutschen Vereinigung regelte und in dem Deutschland sich verpflichtete, die Zahl von insgesamt 370.000 Soldaten nicht zu überschreiten, scheint hier bezeichnenderweise keinen groß zu interessieren. Man darf jetzt schon auf die argumentative Akrobatik gespannt sein, mit der dieser offensichtliche Vertragsverstoß dann propagandistisch überhöht wird!)
Aber dabei wird es nicht bleiben. Da man schon mal dabei ist und der „Operationsplan Deutschland“ nicht nur eine kampfkräftige Bundeswehr, sondern – „Heimatfront und Frontlinie“ sind ja jetzt ein und dasselbe – auch eine resiliente Bevölkerung einfordert, wird man als eleganteste Lösung gleich den ‚postmodernen Arbeitsdienst für die bunt-diverse Gesellschaft‘ einführen. Die GRÜNEN, avantgardistisch wie immer, haben auch schon längst den passenden Namen dafür: „Freiheitsdienst“! Auf diese Weise werden nicht nur unsere Soldaten, sondern gleich die gesamte Gesellschaft – inclusive, sollte es diese Option noch weiter geben, künftige Kriegsdienstverweigerer – kriegstüchtig gemacht. Mit einem Wort: Alle haben dann ihre Aufgabe, alle ihren Platz, Gesamtdeutschland steht wie ein Mann, ääh: Mensch, stramm gegen den (alten und neuen) Feind!
Kriegsbereite Infrastruktur
Parallel dazu wird, 1,5 Prozent des BIP stehen dafür ab jetzt ja jährlich zur Verfügung, die zivile Infrastruktur kriegstauglich gemacht. Straßen, Schienen, Gewässer, Brücken, Häfen, Flugplätze, Energieversorgung, nicht zu vergessen das gesamte Gesundheitssystem – alles wird erbarmungslos unter das Primat des Militärs gestellt.
Denn wenn, wie uns von den Leitmedien im täglichen Dauerstaccato eingehämmert, Putin spätestens 2030 Polen und/oder das Baltikum angreift, wird unser Land als „logistische Drehscheibe für die NATO“ fungieren. Auf Deutsch: Nicht nur die Bundeswehr, sondern auch andere NATO-Soldaten, nicht zuletzt die in Bremerhaven anlandenden GIs, werden samt Gerät quer durch Deutschland gen Osten ziehen, weshalb im Rahmen des Host Nation Support (HNS) zusätzlich zu den obigen Maßnahmen auch sogenannte Convoy Support Center (CSC) – Unterkünfte, Betankungsmöglichkeiten in Bundeswehrkasernen, Helikopterlandeplätze, die Nutzung von Übungsplätzen etc. – garantiert sein müssen.
„Dabei ist die Logistik in zwei Richtungen bedeutsam: Nicht nur, um Truppen und Nachschub wie Munition und Kraftstoffe in einen etwaigen Einsatzraum zu bringen, sondern auch, um etwa Verwundete zu transportieren.“ Für deren Versorgung – man rechnet mit täglich Tausenden – wäre Deutschland aufgrund seiner Lage ebenfalls von zentraler Bedeutung, so Oberstarzt Kai Schmidt. Und dafür wiederum muss, laut „Operationsplan Deutschland“, auch das gesamte Gesundheitssystem auf „Kriegstüchtigkeit“, will sagen: Kriegsmedizin umgekrempelt werden. Zivilpersonen werden dann, wenn überhaupt, nur noch „nachrangig“ behandelt. (Für die zu erwartenden toten Soldaten will die Bundeswehr schon mal 8.400 Body Bags bestellen: Leichensäcke, luft-, wasser- und gasdicht, aus Kunststoff, zum einmaligen Gebrauch. Nach dem besten Anbieter wird noch gesucht.)
Zivil-Militärische Zusammenarbeit
Wer sich ein Bild davon machen will, wie dies alles im Einzelnen aussehen könnte, darf als mündiger Bürger zwar nicht den geheimen „Operationsplan Deutschland“ einsehen, er sollte dafür aber unbedingt mal einen Blick in das „Grünbuch Zivil-Militärische Zusammenarbeit 4.0“ werfen, das dankenswerterweise als pdf-File im Netz jederzeit abrufbar ist. Hier wird für das berühmte Frühjahr 2030 in einem Szenario, das, wie es heißt, „sich nach Ablauf und Umfang bewusst nicht am oberen Ende des Möglichen bewegt, sondern einen eher geringen Truppenumfang von unter 100.000 Soldatinnen und Soldaten mit dem entsprechenden Großgerät und Material beschreibt“, alles akribisch und detailgenau durchgespielt: Vom russischen Säbelrasseln in Belarus und Kaliningrad, dem Anheben der nationalen Alarmstufen in Polen, Baltikum und Skandinavien über die Entsendung der 10. deutschen Panzerdivision nach Litauen bis zu Truppenverlegungen von Großbritannien, Frankreich, Kanada und USA in die übrigen baltischen Staaten und Polen – beim Szenario des NATO-Aufmarschs an der Ostflanke mit insgesamt etwa 60.000 Soldaten wird nichts vergessen!
Auch nicht eventuelle Sabotageaktionen von Kriegsgegnern. Konkret: Am 27. Mai 2030 rufen „nach massiven Kampagnen in den Sozialen Medien linke und rechte Gruppierungen zu Demonstrationen und Blockade von Brücken und Grenzübergängen auf, um einen Krieg mit Russland zu verhindern.“ Einen Tag später führen „Brandanschläge von Linksautonomen auf Stromverteilerkästen der Deutschen Bahn zu Unterbrechungen des Güterverkehrs, vor allem um Köln, Berlin und Oldenburg.“ (Eine Typologie möglicher Täter, von „Anfängern“ bis zu „Profis“, hat das Grünbuch bereits erstellt.)
Die für den reibungslosen Ablauf – Soldaten plus Equipment von West nach Ost, Verwundete und Tote retour – anvisierte enge Kooperation der Streitkräfte mit Verfassungsschutz, Polizei, Behörden, Zivil- und Katastrophenschutz, Rettungsdiensten, Gesundheitssystem und Freiwilligendiensten einer „resilienten Gesellschaft“ nennt sich (groß geschrieben): Zivil-Militärische Zusammenarbeit. Und man braucht kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass sich hier bei den Militärs à la longue mächtige und einflussreiche graue Eminenzen etablieren werden. Wetten, den künftigen „Ludendorf“ betreffend, werden noch angenommen.
„Kulturelle Umprogrammierung“ …
Aber auch die stärkste konventionelle Armee Europas, auch die perfekteste kriegsbereite Infrastruktur in Kombination mit optimaler Zivil-Militärischer Zusammenarbeit – all dies bleibt freilich nur Stückwerk, solange die „Kriegstüchtigkeit“ nicht auch in den Köpfen (und Seelen) der mündig-resilienten Bürger angekommen und verankert ist. Die Stichworte lauten: „Gedankenwende“, „Mentalitätswechsel“, „Überschreiben der Pazifismus-DNA“, kurz: „kulturelle Umprogrammierung“. Denn anders werden Eltern ihre Töchter und Söhne – nein, nicht fürs Vaterland!, aber – für das Gemeinwesen wohl nicht „opfern“. Da trifft es sich gut, dass die NATO vor fünf Jahren die „Kognitive Kriegsführung“, den Kampf um die Köpfe, zum – nach Land, Wasser, Luft, Weltraum, digitale Sphäre – sechsten offiziellen Kriegsschauplatz erklärt hat! Zahllose NATO-gepamperte Start Ups junger Psychologieabsolvent-Sternchen-innen sind bereits dabei, die modernsten Propaganda- und Manipulationstechniken, pardon: Formen „strategischer Kommunikation“, für die nachhaltige Umprogrammierung der Gehirne im Dienste der „Kriegstüchtigkeit“ zu kreieren. Damit die Bundeswehr endlich in der Gesellschaft ankommt – und die Söhne und Töchter an der Front. (Wo sie „für das Gemeinwesen“ im Worst Case nicht nur sterben, sondern vorher noch im allerhöchsten Auftrag russische Soldaten töten sollen.)
Dazu gehört es zum Beispiel, der von jeglichem Preußentum entrümpelten Armee ein wokes, TikTok-taugliches, popkulturell-veredeltes Image zu verpassen. Und dazu gehören nicht zuletzt auch weibliche Militärexpert:innen, die bei Lanz, Miosga, Maischberger & Co. endlich genauso ungeniert kriegsgeil schwadronieren, wie es ihre männlichen Kollegen bereits seit Urzeiten tun.
… und gleichgeschaltete Medienlandschaft
Und dazu gehört in allererster Linie eine möglichst wasserdicht gleichgeschaltete Medienlandschaft, die nahezu ausschließlich die offiziell gebotene Perspektive als Einbahnstraße kommuniziert. Die Folterinstrumente bei „Verbreitung russischen Narrativs“, „Delegitimierung des Staates“, „Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ und anderen Verbrechen – der EU-Digital Services Act (DSA), das Netzwerkdurchsuchungsgesetz, ein seit Herbst 2022 um die „Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen“ erweiterter § 130 StGB (Volksverhetzung), § 129a StGB (Billigung terroristischer Vereinigungen), § 99 StGB (Geheimdienstliche Agententätigkeit) bis hin zu EU-Sanktionen am Rechtsweg schnurstracks vorbei – all diese Folterinstrumente stehen bereit, erste Exempel wurden bereits statuiert. Kurz: Nachdenkseiten, Overton, Globalbridge, Free21 etc. und deren Autor/inn/en sollten sich jetzt schon mal nach Alternativen im digitalen (und analogen) Exil umsehen!
Denn allerspätestens im Kriegsfalle wird der Staat sich immer mehr von (s)einer repressiven Seite zeigen und die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Zerstörung eben jener Werte – „unsere Freiheit, unsere Sicherheit und unser Wohlstand“ – führen, die sie angeblich verteidigen sollen.
Massenverelendung nie gekannten Ausmaßes
Aber irgendjemand muss ja, selbst wenn es keinen Krieg geben sollte, die billionenschwere waffentechnische, infrastrukturelle und psychologische Aufrüstung – „whatever it takes“ – einmal bezahlen… Zumal die deutsche Wirtschaft aufgrund suizidaler Abstrafungsaktionen in Richtung Kreml so schnell nicht wieder auf die Beine kommen wird.
Auch hier braucht man nicht allzu viel Phantasie: Die Inflation wird früher oder später galoppieren, die Sozialsysteme werden gnadenlos geschleift, alle staatlichen oder staatlich geförderten Institutionen – sofern sie nicht der primären oder sekundären Militarisierung dienen – zu Tode gespart. Die Bevölkerung wird in Form von neuartigen höchst kreativen Steuern oder Zwangsdiensten direkt oder indirekt zur Kasse gebeten. Natürlich werden, wie immer bei solchen „Zeitenwenden“, einige sehr Wenige davon gewaltig profitieren – Superreiche, die noch reicher werden –, aber für das Gros der Bevölkerung, inclusive eines sich heute noch einigermaßen über Wasser haltenden Mittelstands, werden bislang ungekannte Zeiten anbrechen. Und bestimmt keine friedlichen.
Kurz: Wir werden – vorausgesetzt, die aktuelle Entwicklung setzt sich bruchlos fort – in wenigen Jahren unser Land, Deutschland, und große Teile der EU auch ohne Krieg nicht mehr wiedererkennen! Massenverelendung, klammste öffentliche Kassen und eine ramponierte (zivile) Infrastruktur – einschließlich des Gesundheits-, Bildungs- und Rentensystems – die es, sollte es nicht noch schlimmer kommen, gerade noch mit der Großbritanniens und der USA aufzunehmen vermag, werden unseren Alltag künftig bestimmen.
Wer schon mal einen (sanften) Vorgeschmack dessen erleben möchte, was uns allen in sämtlichen Lebensbereichen demnächst in extrem potenzierter Form blühen wird, der sollte öfter mit der Deutschen Bahn AG reisen oder mit offenen Augen und Ohren durch bestimmte Stadtviertel der Hauptstadt schlendern.