
Einen Tee für den Frieden
(Red.) Was nützt eine Website, auf der verschiedene Autoren für den Frieden kämpfen? Es bräuchte eine sogenannte Graswurzelbewegung, ein «Grassroots Movement», eine Bewegung von unten herauf, die langsam, aber stetig wächst. Irmgard Hollnagel und Stefan Nold haben so eine Idee diskutiert und lanciert. Jetzt gilt es, mitzumachen! (cm)
Kürzlich kam ich in Kontakt mit einer Wissenschaftlerin der DDR, Irmgard Hollnagel. Sie schickte mir ihren Appell “Mit Herz und Verstand.” Es entstand eine lebhafte Diskussion und nach einer ganzen Reihe Änderungen steht nun ein Text, der uns beide begeistert. Auch Tradition ist mit drin. Warum das denn? Neulich saßen meine Frau und ich mit unseren Mitbewohnern aus aller Welt auf der Terrasse. Sika aus Togo war gerade aus Bayern zurück. Sie war begeistert, dass die Leute dort oft ihre Trachten tragen. Was bringt uns eigentlich dazu, die Klamotten, die Musik und immer häufiger auch die Sprache aus den USA zu übernehmen? Von dort kommt doch schon lange nicht mehr die Macht der Blumen, die „flower power“, sondern nur noch Krieg und Kommerz.
Das macht die Welt nicht bunt sondern blind. Viel zu viele sitzen in Echokammern und klimpern Beschimpfungen ins Netz. Das Bürgertum ist satt und matt und versucht seine innere Leere zu kaschieren. Politik und Medien sondern pausenlos Floskeln ab, die auch von einer KI stammen könnten. Es gibt Demos, aber keine öffentliche Debatte. Und wehe, es sind die Falschen dabei. Alles dreht sich nur noch um Ausgrenzung, ums „dagegen sein“, nicht mehr um die Zukunft. Wenn jeder, der anders tickt, zum Feind erklärt wird, ist der heiße Krieg nur eine Frage der Zeit.
Frieden mit Herz und Verstand? Ja, wir sind davon überzeugt: Das kann eine Orientierung sein, um konservative und progressive Kräfte gegen alle Widerstände auf eine gemeinsame Basis zu stellen. Dann können die Unterschiede kontrovers, aber konstruktiv diskutiert werden. „Und weil wir dies Land verbessern, lieben und beschirmen wir‘s.“ [1] Ach Bertolt, das könnte schön sein. [2]
Eine Friedensinitiative hat Erfolg, wenn sie dauerhaft flächendeckend die gesamte Bevölkerung erfasst. Die Menschen müssen raus aus der selbstverschuldeten Isolation. Eine Idee: Jeder, der etwas unternehmen möchte, ruft Freunde und Nachbarn am ersten Sonntag im Monat von 16:00 bis 18:00 zu einer Tasse Tee für den Frieden zusammen. Man tauscht sich aus, denkt gemeinsam nach, was man für den Frieden tun könnte, im unmittelbaren Umfeld, in der Gemeinde, im Land, in der Welt. Jeder Anfang ist unscharf, diffus, aber so wird die Sehnsucht nach Frieden konkret, zum Bewusstseinswandel, von niemandem kontrollierbar, an tausenden von Orten im ganzen Land. Hämische Kommentare bezahlter Kriegstreiber und ewiger Nörgler sind vorhersehbar – aber egal. Nichts kann den Frieden aufhalten, als die teuflischen 3F: Faulheit, Feigheit und Fatalismus.
Der Rahmen ist einfach: Die Person, die einlädt, bereitet ein paar Anhaltspunkte für die Diskussion oder geplante Aktionen vor, stellt den Tee und ein bisschen Gebäck auf den Tisch: Fertig ist die Friedenslaube. Es wird Jugendgruppen geben und Rentnertreffs, mal sind die Menschen links angehaucht, mal rechts, mal christlich, mal muslimisch, mal anarchistisch – aber die Grundlage ist für alle gleich: Die 10 Punkte von „Zusammen mit Herz und Verstand.“ Und zum Abschluss wird die Kinderhymne „Anmut sparet nicht noch Mühe“ gesungen. Ach Bertolt, das wird so schön sein.
Anmerkungen:
[1] Brecht, Bertolt ( 1950) Anmut sparet nicht noch Mühe. Zeitschrift Sinn und Form, Heft 6/1950. Vertonung: Hanns Eisler (1950) Siehe: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. Band 1, S. 8-9. VEB Breitkopf & Härtel, Leipzig 1955. Ernst Busch: https://www.youtube.com/watch?v=gTmNoTt7_h4 Textbesprechung: Fetscher, Iring (11.10.1975) Leidenschaftlich aber kontrolliert. FAZ: Frankfurt https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/M%2002.24%20Kinderhymne.pdf
[2] Dehmel Willy (Text) und Frank Grothe (Melodie) gesungen von Neuss, Wolfgang und Wolfgang Müller (1958) Ach, das könnte schön sein. Aus dem Film: Das Wirtshaus im Spessart. Regie: Klaus Hoffmann, Drehbuch: Heinz Pauck und Liselotte Pulver. Produzent: Georg Witt. https://www.youtube.com/watch?v=J7s3z4PzY7o