Dick Marty ist gestorben. Seinem Geist und seinem Engagement halten wir die Treue!
Dick Marty war ein außergewöhnlicher Mensch. Er hat sein Leben dem Kampf gegen die Ungerechtigkeit auf dieser Welt gewidmet. Am 28. Dezember ist er, kurz vor seinem 78. Geburtstag, gestorben. Er wusste, dass er bald gehen muss, seit er die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erhalten hatte, und er hat die ihm verbleibende Zeit genutzt, um nochmals ein Buch zu schreiben: einen sehr persönlichen Rückblick auf sein aktives Leben. Die Schweizer Zeitungen haben seinen Tod vermeldet – natürlich ohne zu erwähnen, dass es vor allem die heutige Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter war, die ihm den Erfolg seines letzten großen Einsatzes, die Konzernverantwortungsinitiative, vermasselte. Nicht zuletzt deshalb zitieren wir hier das heutige Rundschreiben dieser unterstützenswerten Organisation.
«Dick Marty hat sein Leben dem Kampf für Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit gewidmet. Als Staatsanwalt bekämpfte er die Drogenmafia. Als Ständerat und Mitglied des Europarats enthüllte er die CIA-Geheimgefängnisse auf europäischem Boden und untersuchte Kriegsverbrechen in Kosovo. Und bereits seit ganz am Anfang, als wir 2011 die Petition «Recht ohne Grenzen» starteten, setzte sich Dick Marty dafür ein, Konzerne in die Verantwortung zu nehmen. Ab 2015 war er dann Co-Präsident unseres Initiativkomitees und im Abstimmungskampf mehrmals pro Woche für die Konzernverantwortungsinitiative unterwegs.
Dick Marty war in jeder Hinsicht unbestechlich. Sein Handeln war von seinem Gerechtigkeitssinn, seinem tiefen, analytischen Denken und der stetigen Suche nach Wahrheit geleitet. Nie hat er seine Überzeugungen verleugnet, nie hat er sich gescheut, genau hinzuschauen, kritisch zu hinterfragen und seine Stimme gegen die Ungerechtigkeit zu erheben. Diese Freiheit und Aufrichtigkeit im Denken und Handeln hat ihn ausgezeichnet.
Bis zum letzten Augenblick seines Lebens verkörperte Dick Marty Großzügigkeit, Ehrlichkeit, Mut und Bescheidenheit. Nie beklagte er sich über das, was ihm widerfuhr, auch nicht über seine Krankheit. So lange wie möglich wollte er sein Engagement fortsetzen. So prägte er bis zuletzt unsere Strategie und nahm noch im November an Sitzungen teil.
Dabei hat er immer wieder zum Ausdruck gebracht, wie enorm dankbar und auch berührt er von der grossen Unterstützung so vieler Menschen war, die es möglich machen, dass wir bis heute am Thema Konzernverantwortung dranbleiben.
Im letzten grossen Portrait, das vor einer Woche im Online-Magazin Republik erschien, antwortete Dick Marty auf die Frage, warum er sich immer so stark eingesetzt habe: «Weil ich nicht gleichgültig geworden bin. Antonio Gramsci sagte: ‹Ich hasse die Gleichgültigen.› So geht es mir auch. Aber ich weiss schon, ich kann nicht alle Probleme der Welt lösen. Ich bin nur ein piccolo granello di sabbia – ein kleines Sandkorn.»
Viel zu früh ist Dick Marty von uns gegangen. Er hinterlässt eine grosse Lücke. Doch seine Kraft und Überzeugung begleiten uns weiter. Und seinen Einsatz für Gerechtigkeit wollen wir in unserem gemeinsamen Engagement weitertragen.»
Soweit die treffende Charakterisierung Dick Martys von Chantal Peyer von der Koalition Konzernverantwortung.
Wir selber haben Dick Marty am 14. November 2023 zum letzten Mal gesehen, als im LAC in Lugano die öffentliche Präsentation seines Abschiedsbuches stattfand. Über 300 Menschen kamen zusammen, um ihm nochmals zu begegnen und ihn zu hören. Etliche Male kam es zu einer Standing Ovation. Die Tessiner und Tessinerinnen aller Parteifarben wissen, dass sie mit Dick Marty einen außergewöhnlichen Menschen in ihrem Kanton beherbergten.
Sein Abschiedsbuch «Verità irriverenti» – Respektlose Wahrheiten – im Verlag Casagrande ist im Tessin ein erfreulicher Erfolg; bereits musste eine neue Auflage gedruckt werden. Für die Publikation dieses seines Buches in deutscher Übersetzung wird noch ein Deutschschweizer Buchverlag gesucht. Eine Übersetzung liegt bereits vor.